Die deutsche Marathonszene im Jahr 2012

Stillstand statt Rückschritt
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Halb- kontra Marathon HIER
Teil 5: Die Frauenquote HIER
Teil 6: Die Schnellsten & die Besten HIER

Die große Marathon-Analyse

Teil 1: Die Marathons mit den meisten Finishern

Berlin ist der Dominator und bestimmt im Alleingang das Auf und Ab der Szene

Tradition hat der Beginn der Analyse mit der Betrachtung der Marathonläufe, die am meisten Teilnehmer im Ziel begrüßen konnten. Die Grafik mit allen Marathons mit mehr als 300 Finishern zeigt doch deutlich die Überlegenheit der Topplatzierten. Bereits 44 Marathonläufe schafften die im LaufReport aufgestellte Hürde von 300 Finishern. Das Jahr ist aber noch nicht zu Ende und wir freuen uns über jeden Nachrücker. Über 1000 Teilnehmer im Marathon-Ziel zählten 16 Marathonveranstalter. Erstmals seit den ins Jahr 2005 zurück gehenden Aufzeichnungen sieht es so aus, als sei der kontinuierliche Abwärtstrend gestoppt. Es läuft 2012 absehbar ziemlich genau auf den Vorjahreswert hinaus.

Frankfurt hat den zweiten Platz hinter Berlin verteidigt. Nach dem Rekordmeldeergebnis zum 31. BMW Frankfurt Marathon ging man aufgrund der eisigen Temperaturen am Ende aber doch mit ein paar Zieleinläufen weniger aus dem Ring!

Die Balken geben die Gesamtfinisher wieder. Die roten Punkte deuten den darin enthaltenen Frauenanteil an. Die Plus- bzw. Minuszeichen geben an, welcher Marathon Finisher hinzu gewinnen konnte bzw. mit weniger Teilnehmern im Ziel als 2011 abgeschnitten hat.

Diese Erfassung ist auf dem Stand vom 10. Dezember 2012. Es können sich noch Veränderungen ergeben. Die weiteren Auswertungen werden wir wie gewohnt im Laufe der kommenden Wochen vervollständigen.

"Stillstand bedeutet Rückschritt" heißt die vielleicht wichtigste These von Wachstumsfetischisten. Wenn es nicht mehr, nicht immer weiter vorwärts geht, dann sei man schon auf dem Weg in die Gegenrichtung, lautet ihr einfaches Credo. Doch gibt es durchaus auch Situationen, in denen ein Stillstand sehr wohl eine ziemlich positive Nachricht sein kann. Nämlich dann wenn man sich schon länger im Rückwärtsgang befunden hat und es endlich gelungen ist, den Abwärtstrend zum Stoppen zu bringen.

Schon seit mehr als einem halben Dutzend Jahren wird bei LaufReport eine Nachbetrachtung zur deutschen Marathonszene veröffentlicht. Und bisher war dabei praktisch jedes Mal von insgesamt schwindenden Teilnehmerzahlen die Rede. Seit 2005, dem Startpunkt der ersten Analyse, als hierzulande rund hundertfünfzigtausend Zieleinläufe registriert wurden, ist den Marathonveranstaltungen in Summe jedenfalls rund ein Viertel der Läufer abhanden gekommen.

Vergleicht man jedoch die Daten von 2011 und 2012, sieht es so aus als sei diese langjährige negative Entwicklung - viele werden sagen "endlich" - zum Halten gekommen. Selbst wenn bis zum Jahresende noch einige kleine Rennen ausstehen, lässt sich nämlich schon jetzt abschätzen, dass - rechnet man alle Veranstaltungen zusammen - diesmal ziemlich genau der Vorjahreswert getroffen werden dürfte.

Man sollte sich nun zwar nicht zu dem gerade von Wirtschaftswissenschaftlern gerne gemachten Fehler verleiten lassen, aus zwei oder drei Beobachtungen sofort ein universell gültiges Naturgesetz ableiten zu wollen, und deshalb gleich von einer endgültigen Trendwende sprechen. Doch inzwischen dürfte angesichts bisher stetig wegbrechender Zahlen auch eine bloße Stagnation in der Szene schon als gewaltiger Fortschritt angesehen werden.

Ungefähr hundertfünftausend Teilnehmer kamen sowohl im Vorjahr als auch im laufenden Jahr bei den für die LaufReport-Auswertung genauer betrachteten Veranstaltungen ins Ziel. Dazu gehören grob gesprochen alle Rennen, die den Wert von zweihundert Läufern auf der Marathondistanz aktuell übertreffen oder aber - man könnte es als eine Art "Härtefallregelung" bezeichnen - diesen vor nicht allzu langer Zeit noch übertroffen haben.

Bisher haben zweiundfünfzig Läufe diese Marke übersprungen. Zwei bis drei weitere werden aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit, durch die man die voraussichtlichen Teilnehmerzahlen eigentlich ganz gut abschätzen kann, vielleicht noch dazu kommen. Wobei gerade in den Wintermonaten natürlich das Wetter erhebliche Auswirkungen haben und im Extremfall sogar durchaus auch einmal für einen Komplettausfall sorgen kann.

Zusammen mit dem guten halben Dutzend zum Teil wirklich hauchdünn an dieser Grenze gescheiterten und einigen aufgrund "alter Verdienste" weiterhin in der Liste verbliebenen Marathons ergibt sich auch für 2012 eine einigermaßen solide Auswertebasis von mehr als siebzig Läufen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in den Grafiken allerdings nur die Rennen oberhalb der Dreihunderter-Marke einzeln aufgeführt.

Noch einmal sei ausdrücklich erwähnt, dass sich die statistische Betrachtung wie schon in der Vergangenheit nicht auf Meldezahlen sondern einzig und allein auf die Einträge in den Ergebnislisten bezieht. Denn schließlich sind nur diese für jeden problemlos einzusehen und damit auch objektiv nachprüfbar.

Und wie üblich liegt das Hauptaugenmerk dabei auf der Marathondistanz. Die vielfältigen Rahmenwettbewerbe, mit denen das Programm der Veranstaltungen ausgeweitet und aufgeweicht wird sowie die sich daraus ergebenden - für Sponsoren und lokale Presse oft durchaus wichtigen - Gesamtteilnehmerzahlen spielen bei der Betrachtung nur eine Nebenrolle.

Ebenfalls werden wie immer nur Marathons berücksichtigt, die von einem Ort innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland aus organisiert werden und gleichzeitig auch zum größten Teil auf deren Territorium stattfinden. Damit ist sowohl der Dreiländermarathon am Bodensee, der nur wenige Kilometer über deutsches Gebiet führt und sein Büro im voralbergischen Bregenz hat, ausgeklammert wie der offiziell von einem deutschen Veranstalter ausgerichtete Lauf in Palma de Mallorca.

Auch das in diesem Jahr neu gegründete Rennen von Straßburg, das übrigens wesentlich länger über deutsche Straßen führt als der Lauf am "Schwäbischen Meer", bleibt außen vor. Umgekehrt taucht der in Polen gestartete Usedom Marathon jedes Jahr in der Auswertung genauso auf wie auch der inzwischen nicht mehr existierende und damals nach Dänemark hinüber führende Flensburg Marathon früher Berücksichtigung fand.Natürlich wäre auch eine Analyse über den Rest des deutschen Sprachgebietes durchaus interessant. Doch stößt man dabei ebenfalls sehr schnell auf durchaus vergleichbare Abgrenzungsprobleme. Denn wo endet es überhaupt? Was gehört dazu und was nicht?

Während es im Falle von Österreich - und auch beim Kleinstaat Liechtenstein - noch relativ wenig Diskussionsbedarf geben dürfte, sieht das bei der mehrsprachigen Schweiz nämlich schon ganz anders aus.

Denn wie soll man mit den Rennen von Genf und Lausanne aus dem westlichen Teil des Landes, wo man sich ja bekanntlich auf Französisch verständigt, verfahren? Was ist mit dem Tessiner Marathon am Lago Maggiore?

Denn die Schweizer unterhalten sich dort auf Italienisch. Und wie geht man mit dem Marathon um, der inzwischen den klassischen Bieler Hunderter ergänzt? Immerhin ist die auf französisch "Bienne" heißende Stadt ganz offiziell zweisprachig. Endgültig auf ein in politischer und emotionaler Hinsicht ziemlich dünnes Eis würde man sich begeben, wenn über eine Berücksichtigung des Dolomiten Marathons aus Brixen in Südtirol nachgedacht werden müsste.

Und zumindest aus dem sprachwissenschaftlicher Blickwinkel wäre sogar der Lauf in Luxemburg ein Kandidat für die dann entstehende Liste. Bliebe allerdings die Frage, ob es den "Lëtzebuergern" wirklich gefallen würde, darin aufzutauchen. Völlig unbegründet ist die Beschränkung auf rein deutsche Marathons also keineswegs. Doch auch wenn man über die Grenzen ein wenig hinaus schaut, entdeckt man diesmal kaum wirkliche Veränderungen im Terminkalender. Die Zeiten, in denen jedes Jahr gleich mehrere Großveranstaltungen hinzu kamen, sind ohnehin längst vorbei. Aber selbst im Bereich der Läufe mit einigen hundert Marathonis gibt es 2012 im Gegensatz zu den vergangenen Jahren keinen einzigen Neueinsteiger.

Die beiden größten - eigentlich müsste man das Wort fast schon in Anführungszeichen setzen - Premieren legten noch der Föhr Marathon, wo Anfang April 125 Läufer ins Ziel kamen, und der Himmelswegelauf von Naumburg mit 136 Teilnehmern Mitte Juni hin. Es sind Zahlen, mit denen man sich ungefähr auf Platz einhundert der Größenrangliste einsortiert und die Konkurrenz auf dem eng gewordenen Marathonmarkt nun wahrlich nicht in Angst und Schrecken versetzten kann.

Nur einen "unechten" Zugang bildet dagegen der stets im Zweijahresrhythmus ausgetragene Weinstraßen-Marathon. Mit mehr als siebenhundert Läufern im Ziel kann er nicht nur gegenüber der letzten Auflage leicht wachsen, sondern sich auch erstmals - wenn auch auf dem letzten zur Verfügung stehenden Platz - unter die zwanzig teilnehmerstärksten deutschen Rennen auf dieser Distanz schieben.

Die Tabelle der Marathons ab 300 bis 1000 Finisher

Allein 28 Marathons sind in dieser Gruppierung aufgeführt. Deren Unterschiede, die in der Gesamtgrafik kaum erkennbar werden, zeigt diese Skalierung

Nicht mehr vertreten ist dagegen der traditionsreiche Marathon von Steinfurt. Nachdem die Starterfelder dort immer kleiner wurden, haben sich die Organisatoren entschlossen, den Lauf über die Doppelrunde auf den Straßen und Feldwegen des nördlichen Müsterlandes nach fast drei Jahrzehnten nicht weiter fortzuführen. Nun soll Mitte November ein Geländemarathon die Nachfolge antreten. Doch der bisherige Meldeeingang lässt vermuten, dass man damit noch einmal weit unter den schwachen Werten der letzten Jahre bleiben dürfte.

Auch der Regensburg Marathon - immerhin ebenfalls mit mehr als zwanzigjähriger Geschichte ausgestattet - fand 2012 nicht statt, nachdem man dort binnen eines halben Jahrzehnts rund zwei Drittel der Teilnehmer eingebüßt hatte und zuletzt nur noch zwischen fünf- und sechshundert Marathonis an den Start bekam. Allerdings ist bereits für das kommende Jahr eine neue Auflage angekündigt, bei der man natürlich gerne wieder an alte Erfolge anknüpfen würde.

Zwei andere Veranstaltungen, die 2011 ihren Platz in der Auswertung fanden, sind eigentlich erwartungsgemäß Eintagsfliegen geblieben. So fand weder der anlässlich des Hessentages ausgerichtete Marathon in Oberursel auch ohne das Landesfest eine Fortsetzung am Taunusrand noch gab es in der diesjährigen Ausrichterstadt Wetzlar einen entsprechenden Nachfolger.

Und der ebenfalls jährlich umziehende Marathonlauf für die Mitarbeiter der Sparkassen, der im letzten Jahr in Bielefeld noch offen ausgeschrieben war und deshalb deutlich über dreihundert Zieleinläufe vermelden konnte, mutierte im badischen Freiburg diesmal wieder zu einer rein internen Angelegenheit der Bankangestellten aus dem Verbund mit dem roten S und zählte so gleich wieder weniger als der Hälfte der Teilnehmer.

Der Sparkassenmarathon ist auch ein ideales Beispiel dafür, wie schwer es ist die Frage nach der Zahl der Marathonläufe und der Marathonläufer exakt zu beantworten. Denn selbstverständlich werden auch dort zweiundvierzig Kilometer absolviert, es gibt Zeitnahme, Wertungen und Siegerehrung. Doch handelt es sich eben dennoch um eine geschlossene Gesellschaft und nicht jeder Interessierte kann einfach am Rennen teilnehmen.

Ist das also ein "richtiger" Marathon? Wer die Frage nun mit "ja" und "natürlich" beantwortet, sollte auch einmal darüber nachdenken, wie es denn wäre, wenn nicht die gesamte Sparkassenorganisation sondern ein Unternehmen mit tausend, hundert oder auch nur zehn Beschäftigten zu einer betriebsinternen Meisterschaft einladen würde und statt hundertfünfzig gerade einmal fünfzehn, fünf oder vielleicht zwei Teilnehmer an der Startlinie stünden. Was macht also einen Marathon überhaupt zum Marathon?

Ist es einzig und allein die Distanz? Manche jener Rekordsüchtigen mit Vorgaben wie "sieben Marathons in sieben Tagen auf sieben Kontinenten" legen für ihre werbeträchtigen Aktionen genau diese Definition zu Grunde und spulen irgendwo ihre zweiundvierzig Kilometer herunter. Bei einem solchen Ansatz wäre aber jeder über diese Streckenlänge hinaus gehende Trainingslauf bereits in der Statistik zu berücksichtigen. Von den Veranstaltungen, die nicht als Wettbewerb sondern als Gruppenlauf angeboten werden, sowieso ganz zu schweigen.

Muss ein Marathon eventuell von offizieller Stelle genehmigt sein? Da sei nur an den inzwischen beigelegten Streit zwischen dem Badischen Leichtathletik-Verband und dem Freiburg Marathon um die pro Teilnehmer fällige Verbandsabgabe erinnert, nach dem man den Lauf im Breisgau einmal ohne das Gütesiegel der Leichtathletik-Funktionäre abwickelte.

Und spätestens seitdem der Hamburger Verband einigen jener nur von einer Handvoll - was in diesem Fall nicht im sprichwörtlichen Sinne zu verstehen ist - notorischer Sammler aufgesuchten Kleinmarathons die Anerkennung verweigerte, weil sie nichts als "Privatveranstaltungen" wären, um weitere Striche in die eigene Zählliste machen zu können, werden viele von ihnen ohnehin nicht mehr angemeldet.

Während Großereignisse wie in Berlin, Hamburg oder Frankfurt über jeden Zweifel erhaben sind, lässt sich gerade bei solchen Mini-Läufen sicher trefflich darüber streiten, ob sie überhaupt noch als "echte" Marathonveranstaltung anzusehen sind. Selbst wenn in irgendwelchen Veröffentlichungen gerne einmal Werte über die Anzahl der deutschen Marathons in die Luft geworfen werden, kann man also je nach persönlichem Standpunkt bei deren Ermittlung zu vollkommen unterschiedliche Ergebnissen gelangen.

Doch ganz egal, wie man sich diesbezüglich stellt, was man noch als "Marathon" durchgehen lässt und was nicht mehr, wirkliche Auswirkungen auf die Gesamtzahl der Läufer haben diese Veranstaltungen eigentlich nicht. Selbst bei großzügigster Schätzung kommen zu den Zieleinläufen der für die LaufReport-Analyse berücksichtigten größeren Rennen wohl kaum mehr als zehntausend weitere hinzu, so dass man wie im Vorjahr von hundertzehn- bis hundertfünfzehntausend Marathonis ausgehen kann.

Fast ein Drittel davon geht alleine auf das Konto des Berlin Marathons. Dessen Führungsposition in der Größenrangliste ist alles andere als überraschend. Schließlich muss man sich in den Archiven schon bis in die frühen Achtziger zurück wühlen, um mit dem damals ziemlich genau gleich starken Hoechst-Marathon aus Frankfurt überhaupt einen anderen Spitzenreiter entdecken zu können.

Teil 2: Das Ranking

Platzierung 2012 2011 Ändrg.
Berlin
1
1
0
Frankfurt
2
2
0
Hamburg
3
3
0
München
4
5
+1
Köln
5
4
-1
Rennsteiglauf
6
6
0
Düsseldorf
7
7
0
Münster
8
8
0
Hannover
9
9
0
Karlsruhe
10
12
+2
Essen
11
14
+3
Dresden Stadt
12
10
-2
Freiburg
13
15
+2
Mainz
14
11
-3
Bonn
15
13
-2
Bremen
16
18
+2
Dresden Oberelbe
17
17
0
Duisburg
18
16
-2
Mannheim
19
19
0
Weinstraßen Marathon
20
-
-20*
Brocken-Marathon
21
22
+1
Ulm
22
23
+1
Leipzig
23
20
-3
Würzburg
24
21
-3
Kandel
25
27
+2
Heilbronn
26
28
+2
Füssen
27
24
-3
Monschau
27
31
+4
Kassel
29
29
0
Mittelrhein-Marathon
30
33
+3
Weiltalweg-Marathon
31
25
-6
Magdeburg
32
32
0
Fürth
33
37
+4
Schwarzwald-Marathon
34
35
+1
Spreewald Marathon
35
39
+4
Rursee Marathon
36
40
+4
Bottwartal-Marathon
37
36
-1
Augsburg
38
30
-8
Lübeck
39
38
-1
Obermain-Marathon
40
43
+3
Kyffhäuser
41
52
+11
Siebengebirgsmarathon
42
34
-8
Kevelaer
43
45
+2
Allgäu-Panorama Marathon
44
57
+13

Im Jahr 2012 haben 44 Marathons 300 und mehr Finisher (Stand 10.12.12).
* Der Weinstraßen Marathon hatte 2011 keine Austragung, dieser findet nur alle 2 Jahre statt

Doch erneut ist auch der Anteil, den er für die Gesamtzahl der Marathonis im Land liefert, angestiegen. Lag dies im letzten Jahr eher daran, dass viele andere noch stärkere Einbußen verzeichnen mussten als die Hauptstädter, konnten diese nun selbst wieder deutlich mehr Teilnehmer verzeichnen. Ein Plus von fast fünfzehnhundert Läufern sorgt für 34377 Zieleinläufe und damit den nach 2008 und 2009 dritthöchsten Wert in der Geschichte des Rennens.

Ein echtes Maß für das Interesse stellt dies allerdings nur sehr bedingt dar. Berlin ist schließlich jedes Mal bis auf den letzten Platz ausgebucht. Bereits im Dezember des Vorjahres waren die vierzigtausend zur Verfügung stehenden Startnummern für 2012 restlos vergeben. Und für die vierzigste Auflage im kommenden Jahr ist das Meldeportal sogar schon jetzt wieder geschlossen. Keine vier Stunden hatte es überhaupt geöffnet, dann war das Jubiläumsfeld zusammen.

Noch ist die Position Berlins zwar nicht ganz so dominant wie die der in ähnliche Größenordnungen vorstoßenden Marathons von London und Paris in Großbritannien und Frankreich, die alleine rund die Hälfte bzw. vierzig Prozent der Zieleinläufe ihres Landes liefern. Doch ist es durchaus bezeichnend, dass jene Zahl, die dem Hauptstadtmarathon einen Zuwachs von weniger als fünf Prozent beschert, für sich genommen bereits unter den Top Ten der größten einheimischen Veranstaltungen landen würde.

Der Nachfolger jenes Laufes, der dem Berlin Marathon vor fast drei Jahrzehnten das letzte Mal die Rolle des Platzhirsches streitig machen konnte, hat seinen im Vorjahr erstmals seit langer Zeit wieder erreichten zweiten Platz sicher verteidigt. Auch Frankfurt kratze dieses Mal an dem in der Mainmetropole auf sechszehntausend Läufer festgesetzten Teilnehmerlimit. Nur noch etwas mehr als zweihundert Startnummern waren bis zum Veranstaltungswochenende für Nachmeldungen übrig geblieben.

Schon im Laufe des Jahres waren immer wieder Rekordmeldeeingänge verkündetet worden. Das gestiegene Interesse am Lauf in der Bankenstadt, das man 2011 noch mit einem einmaligen Hoch zur dreißigsten Auflage hätte begründen könne, hielt also auch im Jahr nach dem Jubiläum bei der einunddreißigsten Austragung des ältesten deutschen Stadtmarathons - ein paar Monate, bevor auch in Berlin erstmals durch die Innenstadt gelaufen werden durfte, feierte Frankfurt 1981 Premiere - unvermindert an.

Dennoch musste man - genau umgekehrt zur Situation vor zwei Jahren, als man im Vorfeld einen Melderückgang eingestand und trotzdem mehr Läufer im Ziel hatte - nach fast einem Jahrzehnt kontinuierlichem Wachstums nun beinahe fünfhundert weniger Medaillen in der Festhalle verteilen. Dass der Frankfurt Marathon damit zudem ganz knapp unter die Marke von zwölftausend Teilnehmern rutschte, macht die Sache für die Organisatoren sicher noch ein wenig ärgerlicher.

Allerdings lässt sich das mit nur wenigen Grad oberhalb des Gefrierpunktes nicht unbedingt optimale Wetter als Begründung für den Rückgang durchaus akzeptieren. So mancher leicht angeschlagene Läufer wird angesichts dieser Bedingungen auf einen Start verzichtet haben. Und auch die Aussteigerquote dürfte - noch begünstigt durch die Tatsache, dass man sich auf den vielen Schleifen im ersten Drittel der Distanz nie weiter als zwei oder drei Kilometer vom Ziel entfernt - ein wenig höher als sonst gewesen sein.

Wobei die Frankfurter eigentlich noch Glück hatten. Denn im eisigen Schneeregen, der am Vortag stundenlang über der Finanzmetropole nieder ging, wäre das Ergebnis wohl noch erheblich schlechter ausgefallen. Wenn jedoch ein volles Viertel aller Gemeldeten am Ende nicht ins Ziel kommt, ist dies sicherlich ein Wert an der oberen Grenze des üblichen und auch akzeptablen Rahmens.

Andererseits stößt man beim Frankfurt Marathon inzwischen bezüglich der Logistik sowieso ans absolute Limit des überhaupt noch Machbaren. Wie natürlich auch in Berlin, wo man im Mittelfeld etliche hundert Zieleinläufe pro Minute registriert, wird es trotz der bei beiden Veranstaltungen praktizierten Wellenstarts gerade in der Anfangsphase auf der Strecke manchmal ziemlich eng. Und der Zieleinlauf in der Festhalle ist alleine schon durch die beschränkten Zugangsmöglichkeiten ein weiteres Nadelöhr.

Nur eine Beschneidung des - gerade wegen der im Feld entstehenden Unruhe längst nicht bei allen Marathonläufern wirklich wohl gelittenen - Staffelwettbewerbes böte mit dem aktuellen Konzept für die Teilnehmerzahlen noch etwas Luft nach oben. Doch angesichts des dabei eventuell drohenden Imageverlustes wird man sich kurzfristig wohl kaum dazu entschließen können und erst einmal abwarten, ob die positive Entwicklung in den nächsten Jahren anhält.

Der auch im Jahr 2012 auf Rang drei einkommende Hamburg Marathon, der aufgrund schwindender Teilnehmer gerade erst eine Staffel eingeführt hat, dient da durchaus als warnendes Beispiel. Denn an Elbe und Alster kann man ein Lied davon singen, wie schwer es ist, einen einmal beschädigten Ruf wieder zu reparieren. Seit der Premiere war der Lauf in der Hansestadt - abgesehen von einem einzigen Jahr, in dem Köln mehr Läufer verzeichnete - schließlich praktisch ununterbrochen und unangefochten die Nummer zwei im Land.

Weniger äußere Einflüsse als vielmehr einige selbst getroffene und in der Läuferschar ziemlich umstrittene Entscheidungen - insbesondere das heiß diskutierte Meldeverfahren - brachten die Veranstaltung auf die Verliererstraße. Während es bei der Konkurrenz am Main über die Jahre langsam aber stetig aufwärts ging, verlor Hamburg in der gleichen Zeit volle siebentausend Teilnehmer und damit immerhin vierzig Prozent des Rekordfeldes von 2005.

Die meisten der negativ aufgenommen Veränderungen sind - in der Regel nach einer kleinen Schamfrist - inzwischen wieder zurück genommen. Und ab der nächsten Auflage kehrt man nach einigen Jahren am Heiliggeistfeld auch zum ursprünglichen Standort, dem Messegelände zurück. Doch eine wirkliche Trendwende ist noch immer nicht gelungen. Auch 2012 hat man in der Hansestadt erneut fast neunhundert Läufer verloren, womit man zum zweiten Mal in Folge den ungeliebten Führungsplatz in der Rangliste der größten Verluste einnimmt.

Keine vierhundert Zieleinläufe trennen den Hamburg Marathon nun noch von der psychologisch so wichtigen Zehntausendermarke und damit von jener Vierstelligkeit, die man letztmalig im alten Jahrtausend, lange vor dem Beginn des Marathonbooms in Deutschland nicht überschreiten konnte. Und langsam gehen den Organisatoren endgültig die Argumente aus, warum es zu dieser Entwicklung kommen konnte. Denn eigentlich hat der Lauf in der Hansestadt auch weiterhin ein enormes Potential.

Nur wenige Stadtmarathons im Land bieten gleichzeitig eine so abwechslungsreiche, optisch ansprechende Strecke - im Grundkonzept seit der Premiere übrigens kaum verändert - und ein ähnlich begeisterungsfähiges Publikum am Straßenrand. An der organisatorischen Abwicklung des Rennens selbst gab es - bei aller Kritik an einigen Rahmenbedingungen - ohnehin nie etwas zu mäkeln. Vielleicht kann man ja 2013 das Ruder endlich herum reißen.

Teil 3: Die Gewinner und Verlierer

Absolut

Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die 21 Marathons grafisch aufgeführt, die aus den Marathons ab 300 Finisher eine signifikante Änderung aufweisen. Genauer, auf der Plusseite alle mit einem Zuwachs ab 72. Auf der Minusseite alle ab 104 weniger im Ziel.

In der Grafik fehlen somit: *Weinstraßen Marathon (+33), Dresden (+14), Ulm (+14), Fürth (+12), Spreewald Marathon (+10), Rursee Marathon (+10), Kevelaer (+10), Kandel (+2), Obermain Marathon (+1), Mittelrhein-Marathon (-7), Hannover (-20), Monschau-Marathon (-24), Bottwartal Marathon (-30), Heilbronn (-35), Lübeck (-40), Oberelbe Marathon (-41), Bonn (-49), Schwarzwald-Marathon (-54), Kassel (-59), Leipzig (-62), Magdeburg (-63), Mainz (-65) sowie Würzburg (-81)

*Weinstraßen Marathon = Vergleich mit 2010, da dieser nur alle 2 Jahre stattfindet

Relativ

Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die 23 Marathons grafisch aufgeführt, die aus den Marathons ab 300 Finisher eine signifikante Änderung aufweisen. Genauer, auf der Plusseite alle mit einem Zuwachs ab 11 Prozent. Auf der Minusseite alle ab 10 Prozent weniger im Ziel.

In der Grafik fehlen somit: *Weinstraßen Marathon (+4,71%), Berlin (+4,45%), Kevelaer (+3,40%), Fürth (+3,12%), Rursee Marathon (+2,78%), Spreewald Marathon (+2,70%), Ulm (+2,17%), Dresden (+1,05%), Kandel (+0,35%), Obermain Marathon (+0,30%), Hannover (-1,30%), Mittelrhein-Marathon (-1,46%), Frankfurt (-3,81%), Dresden Oberelbe-Marathon (-3,98%), Bonn (-4,17%), Monschau-Marathon (-4,52%), Mainz (-5,17%), Heilbronn (-6,12%), Bottwartal-Marathon (-7,63%), Lübeck (-1,05%), Hamburg (-7,79%) und Leipzig (-9,01%).

*Weinstraßen Marathon = Vergleich mit 2010, da dieser nur alle 2 Jahre stattfindet

Allerdings steht Hamburg mit seinem heftigen Einbruch keineswegs völlig alleine. Einen anderen Marathon hat es in den letzten Jahren sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen noch heftiger gebeutelt. Denn beim Köln Marathon sind von den 2002 als Rekordwert erreichten über vierzehntausend Läufern inzwischen nicht einmal mehr fünftausend übrig geblieben.

Nach einer kurzen Stabilisierung im letzten Jahr schreibt man 2012 erneut tiefrote Zahlen. Ein weiteres Zehntel ihres Feldes ist den Domstädtern verlustig gegangen. Und erstmals seit dem triumphalen Einstieg vor fünfzehn Jahren, als man von Null gleich auf mehr als elftausend Läufer sprang und damit die bis dahin größte je veranstaltete Marathonpremiere hinlegte, ist man mit dem in absoluten Zahlen hinter Hamburg zweitgrößten Rückgang nun sogar unter die Fünftausendermarke gerutscht.

Der komplette Umbau der Strecke mit der Absicht diese "schneller" zu machen, hat also bezüglich der Teilnehmerzahlen deutlich weniger gebracht als erhofft. Zwar sind die Zeiten tatsächlich besser geworden, wie nicht nur der in diesem Jahr erzielte neue Streckenrekord sondern auch die steigende Zahl der Drei- und Vier-Stunden-Läufer belegt. Doch hat man mit der für Zuschauer nicht gerade attraktiven langen Passage auf der Rheinuferstraße dem Lauf eben auch viel von seinem Charakter genommen.

Vom einstigen "Fingerkurs" durch die Kölner "Veedel" ist dank eines Doppelwendepunkt-Abschnitt auf der ersten Hälfte nicht mehr viel übrig geblieben. Allerdings scheint die Ausrichtung auf eine etwas andere Teilnehmerklientel als zuvor nicht wirklich zu greifen. Die Partyläufer, die Köln einst mit einem "Rosenmontagszug im Oktober" zum mit Anstand "langsamsten" Stadtmarathon Deutschlands gemacht hatten, bleiben nun vermehrt weg. Die erhofften ambitionierteren Sportler finden auch anderswo genug Startmöglichkeiten.

Zum zweiten Mal nach 2010 ist der Köln Marathon, der in den ersten zehn Jahren seines Bestehens stets zu den zwanzig größten Rennen weltweit gehörte, damit sogar wieder auf Rang fünf der nationalen Rangliste zurück gefallen. Erneut hat man - nun schon zum vierten Mal in Folge - mit München die Plätze getauscht.

Während bei den anderen großen Läufen meist klare Tendenzen zu erkennen sind, vollführen die Teilnehmerzahlen in der bayerischen Hauptstadt zuletzt recht heftige Sprünge. Verzeichnete man 2010 bei der mit Nummer fünfundzwanzig versehenen Auflage auch aufgrund des Jubiläumsbonus noch ein Plus von ziemlich genau tausend Läufern, ging es im Jahr darauf mit einem Rückgang von mehr als sechszehnhundert Teilnehmern heftig bergab. Nun ist das Pendel allerdings erneut deutlich in die andere Richtung ausgeschlagen.

Denn zwölf Monaten später sind jetzt wieder über dreizehnhundert Zieleinläufe hinzugekommen. An der Isar konnte man deshalb nicht nur die Fünf- sondern wie im Jubiläumsjahr auch die Sechstausendermarke überbieten. Dass man das Duell um Platz vier sogar in direkter Konkurrenz zum zeitgleich stattfindenden, weil im Kalender eine Woche nach hinten auf den eigenen Termin gewanderten Kölner Marathon klar für sich entscheiden konnte, dürfte die Bayern dazu doppelt gefreut haben.

Der zweite große Gewinner des Jahres neben Berlin heißt also eindeutig München. Doch was für die Hauptstadt ein Wachstum nur um wenige Prozent bedeutet, ist für die Bayern eine gewaltige Verbesserung, die das Feld mit einem Schlag gleich um mehr als ein Viertel vergrößert. Abgesehen von einigen kleineren Marathons, bei denen schon wenige Teilnehmer mehr große Veränderungen bedeuten können, hat auch in relativen Zahlen keine andere Veranstaltung im Land stärker zugelegt.

Alleine die kurzfristig von Hamburg nach München gewanderten Deutschen Meisterschaften für den Aufschwung verantwortlich zu machen, wäre zu kurz gegriffen. Denn bei den nationalen Titelkämpfen zählt man nicht mehr als fünfhundert Starter. Und nicht alle von ihnen sind wohl ausschließlich wegen der Medaillenvergabe dabei, ein gewisser Teil von ihnen wäre vermutlich ohnehin am Olympiastadion dabei gewesen.

Der München Marathon macht es mit seinen sprunghaften Entwicklungen dem Beobachter auf der Suche nach Begründungen wahrlich nicht leicht. Doch als Rennen in einer touristisch interessanten und verkehrstechnisch gut angebundenen Millionenmetropole könnte sich der München Marathon durchaus auch in ganz anderen Regionen bewegen. Den Ruf, dass die Stadt den Lauf einfach nicht annimmt, dass Zuschauerinteresse und Atmosphäre an der Strecke eher bescheiden ausfallen, hat man allerdings bisher nicht ablegen können.

Nimmt man die Marathons auf den Plätzen zwei bis fünf zusammen, kommen sie gemeinsam etwa auf die gleiche Teilnehmerzahl, die Berlin alleine zustande bringt, was die Vormachtstellung des Hauptstadtlaufes ziemlich klar belegt. Noch wesentlich deutlicher wird die völlig ungleiche Verteilung der Starterfelder durch die Tatsache, dass alle anderen Veranstaltungen insgesamt auch nicht viel mehr Zieleinläufe vermelden können.

Läuferbewegung der großen und kleinen Marathon-Veranstalter im Vergleich

Diese Dreiteilung hat sich zuletzt verfestigt und 2012 sogar weiter zu den Großen hin verschoben. Berlin alleine kann schließlich die Rückgänge von Frankfurt und Hamburg sowie zum Teil auch Köln ausgleichen. Das erhebliche Plus von München schlägt also schon vollständig durch. Die Verluste werden im hinteren Teil der Rangliste geschrieben, insbesondere weil die Marathons auf den Positionen sechs und sieben ebenfalls noch spürbar zugelegt haben.

Es handelt sich auch auf diesen Plätzen wieder um die seit Jahren bekannten Namen, nämlich der Rennsteiglauf im Thüringer Wald und der Marathon von Düsseldorf. Und mit etwas über sechshundert und deutlich mehr als vierhundert zusätzlichen Läufern gegenüber dem Vorjahr fügen sich diese beiden direkt hinter Berlin und München in die Liste der am stärksten gewachsenen Rennen ein.

Beide übersprangen dabei zudem die Dreitausendermarke, an der sie in den letzten Jahren zumeist gescheitert waren. Und dass man dem lange Zeit völlig unerreichbar scheinenden Köln Marathon damit außerdem immer dichter auf die Pelle rückt, dürfte angesichts der traditionellen Rivalität beider Städte für die Düsseldorfer ein zusätzliches Bonbon sein.

Zwischen die beiden rheinischen Konkurrenten hat sich aber noch der Rennsteigmarathon geschoben, der als echter Landschaftslauf zwischen all den Großstadtveranstaltungen ziemlich exotisch wirkt, sich jedoch trotzdem konstant in den Top Ten und zuletzt sogar meist auf Rang sechs behaupten kann.

Das Rennen von Neuhaus nach Schmiedefeld konnte diesmal auch noch von einem Jubiläumseffekt profitieren. Denn obwohl die Zählung eigentlich ziemlich willkürlich ist, weil man anfängliche Probeläufe ohne offiziellen Charakter einfach mitrechnet, feierte die Thüringer Traditionsveranstaltung ihre vierzigste Auflage und legte deshalb nicht nur beim - mit dreiundvierzig Kilometern etwas überlangen - Marathon sondern auch auf den übrigen Distanzen ordentlich zu.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Veranstaltungen hierzulande gibt es dabei ja bekanntlich nicht nur kürzere Strecken sondern auch noch ein deutlich längeres Rennen, das eigentlich die größte Aufmerksamkeit erhält. Ein wenig überspitzt ausgedrückt, ist der Marathon am Rennsteig gegenüber dem am anderen Ende des auf dem vielleicht bekanntesten deutschen Wanderweges in Eisenach gestarteten, über zweiundsiebzig Kilometer führenden Ultra jedenfalls kaum mehr als ein Rahmenwettbewerb.

Zwar gibt es zum Beispiel mit dem Allgäuer Panoramalauf in Sonthofen und dem Röntgenlauf im Remscheid durchaus noch andere Veranstaltungen, bei denen man neben dem Marathon auch noch deutlich mehr als zweiundvierzig Kilometer laufen kann. Und selbst der seit mehr als drei Jahrzehnten praktisch unveränderte Lauf im Eifelstädtchen Monschau hat sein Programm nun um einen Ultra erweitert.

Doch nirgendwo kann man auch nur im Ansatz an den Rennsteiglauf heran reichen, der mit fast zweitausendfünfhundert Läufern in diesem Jahr sogar mehr als doppelt so viele Teilnehmer wie der klassische Bieler Hunderter vermelden konnte. Und selbst in der deutschen Marathonrangliste gibt es neben den bereits bisher genannten Läufen keinen einzigen weiteren mit einem höheren Ergebnis.

Denn Münster, das sich einige Jahre in diesen Regionen tummelte und damit zuletzt meist auf Rang acht der relativ fest gefügten Hackordnung landete, ist mit einem rund zehnprozentigen Teilnehmerrückgang etwas abgerutscht. Noch scheint damit die Platzierung vorerst nicht unbedingt gefährdet zu sein, doch nähert man sich inzwischen bedenklich der Marke von zweitausend Zieleinläufen. Und die Konkurrenten aus Thüringen und dem Rheinland, mit denen man vor vier, fünf Jahren noch mithalten konnte, sind längst weit enteilt.

Dahinter stößt man dann langsam aber sicher in den Bereich vor, in dem die Positionen weit weniger fest gefügt sind und es von einer Austragung zur nächsten durchaus auch einmal drei oder vier Ränge auf oder ab gehen kann. Schließlich drängen sich schon seit einigen Jahren gleich rund zwei Hände voll Veranstaltungen mit ungefähr tausend bis fünfzehnhundert Teilnehmern. Da können äußere und eher zufällige Effekte wie Wetterbedingungen oder Ferientermine die Liste schon einmal ordentlich durcheinander wirbeln.

Der trotz ganz leichter Rückgänge während der letzten drei Jahre in seinen Teilnehmerzahlen - und damit auch auf Position neun - ziemlich stabile Marathon von Hannover eröffnet diese stetig kleiner werdende Aufzählung. Denn während vor fünf Jahren vierundzwanzig Rennen die Vierstelligkeit erreichen konnte, sind es inzwischen nur noch sechzehn. Acht Marathons sind also innerhalb gerade einmal eines halben Jahrzehnts unter diese - zum Teil früher weit übertroffene - Marke gerutscht.

In diesem Jahr sind zum einen der Oberelbe-Marathon mit Ziel in Dresden und zum anderen der traditionsreiche Duisburg Marathon - immerhin fand die dortige Premiere im gleichen Jahr statt wie in Frankfurt - knapp aus der Tausender-Kategorie heraus gefallen. Während man beim größtenteils über den Elberadweg führenden Lauf in Sachsen solche Zahlen eventuell noch verschmerzen kann, wird das Eis an der Ruhrmündung damit langsam ziemlich brüchig.

Nur in den ersten beiden Jahren hatte man in der mehr als dreißigjährigen, allerdings nicht ganz lückenlosen Geschichte jedenfalls noch weniger Zieleinläufe. Und ausgerechnet zur anstehenden dreißigsten Auflage drohen nun weitere Wolken am Horizont. Schließlich hat der in der Anfangszeit durchaus mit positiven Kritiken versehene, am Ende jedoch hauptsächlich durch organisatorische Mängel aufgefallene Ruhrmarathon seinen Wiedereinstieg - mit wieder einmal ganz neuem Konzept - nur vier Wochen vor dem Duisburg-Termin angekündigt.

Ein anderer Lauf mit weit zurückgehender, allerdings mit einem noch deutlich größeren Loch von mehr als einem Jahrzehnt ausgestatteter Historie hat sich dagegen eindrucksvoll zurück gemeldet.

Mit einem Plus von fast zweihundert Teilnehmern und beinahe zwanzig Prozent ist der Bremen Marathon zurück in der Eliteliga der Rennen mit mehr als tausend Sportlern im Ziel, wenn auch nur als Sechszehnter und damit Letztplatzierter dieses immer exklusiver werdenden Klubs.

Allerdings ist es für die Bremer gerade einmal ein voll besetzter Kleinbus, der den Unterschied zum davor rangierenden Bonn Marathon ausmacht. Dieser hält sich trotz eines leichten Teilnehmerrückganges gegenüber dem Vorjahr zwar weiterhin zäh oberhalb von tausend Zieleinläufen, doch muss man ihn damit vermutlich noch immer - um in der Sprache der Ballsportarten zu bleiben - zu den größten Abstiegskandidaten aus dieser Klasse rechnen.

Selbst wenn man im auf Platz vierzehn einsortierten Mainz noch über eine halbe Hundertschaft mehr an Marathonis zählt, ist die Entwicklung dort nicht weniger bedrohlich. Bisher ist es nämlich nicht gelungen, die kontinuierliche Abwärtsbewegung zu stoppen, bei der die eigentlich namensgebende Langstrecke immer mehr zum Anhängsel eines der größten Halbmarathons im Land verkommt. Seit 2005 - als man deutlich über dreitausend Läufer auf den zweiundvierzig Kilometern registrieren konnte - sind annähern zwei Drittel des Feldes verloren worden.

Vom noch 2009 belegten neunten Rang ist man immer weiter nach hinten zurück gefallen. Und als wirklich einzige Veranstaltung in der LaufReport-Datensammlung ist in keinem einzigen Jahr auch nur ein leichtes Plus zu verzeichnen.

Nun sind die fünfundsechzig weiteren Läufer, die man 2012 verlor, sicher nicht unbedingt mit dem zum Teil drastischen Schwund der Vergangenheit zu vergleichen. Doch zeigt eben der Blick auf die direkte Konkurrenz, dass Teilnehmerrückgänge inzwischen nicht mehr alleine mit einem insgesamt "schwachen Markt" begründet werden können. Denn die vier anderen Marathons, die sich noch in der Kategorie zwischen tausend und zweitausend Läufern befinden, haben - zum Teil sogar ziemlich deutlich - zugelegt.

Während ungefähr zweihundert weitere Marathonis für Berlin nicht viel mehr als eine "statistische Unschärfe" darstellen würden, bedeuten sie für Läufe wie Freiburg, Karlsruhe oder Essen schließlich einen Zuwachs von bis zu fünfundzwanzig Prozent. In Karlsruhe lässt sich das verstärkte Interesse eventuell mit dem dreißigsten Jubiläum erklären, denn auch die inzwischen unter "Baden-Marathon" firmierende Veranstaltung zählt zu den älteren im Land und hat nicht erst in der Boom-Phase vor einem Jahrzehnt das Licht der Welt erblickt.

Und für Essen lässt sich diese Karte ebenfalls spielen. Wobei für die fünfzigste Auflage des am längsten ausgetragenen deutschen Marathons eigentlich auch noch höhere Zahlen zu erwarten gewesen wären. Doch zum einen kam Köln mit seiner Terminverschiebung nicht nur München sondern eben auch dem traditionsreichen, weit weniger als eine Fahrstunde entfernten Essener Rennen in die Quere und zog damit zumindest viel Aufmerksamkeit vom goldenen Jubiläum an der Ruhr ab.

Zum anderen ist die Doppelrunde um den Baldeneysee eben auch kein Kurs, der große Massen von Eventläufern anziehen könnte. Vielmehr kommt diese zuschauerarme, dafür jedoch meist im Grünen verlaufende Strecke über Seitenstraßen und Uferwege eher den Traditionalisten entgegen, die eine nüchtern und effizient abgewickelte Sportveranstaltung statt großes Brimborium suchen.

Selbst wenn der Zuwachs sich bei der kommenden Auflage tatsächlich als reiner Jubiläumseffekt heraus stellen sollte, würde der auch im fünfzigsten Jahr seines Bestehens noch immer vom Verein TUSEM Essen und nicht von einer Veranstaltungsagentur ausgerichtete Lauf wegen der gegenüber einem echten Innenstadtmarathon natürlich deutlich niedrigeren Organisationsaufwände wohl nicht gleich ins Wackeln kommen.

Nicht mit dem Argument des runden Geburtstages lässt sich jedoch das Plus beim Freiburg Marathon erklären. Denn im Breisgau wird erst im nächsten Jahr die zehnte Austragung gestartet. Und trotzdem verbuchte man 2012 ein klares Wachstum um fast dreihundert Läufer auf der langen Distanz, mit der man die im letzten Jahr schon in wirklich bedrohliche Nähe gerückte Tausendermarke nun doch wieder ziemlich deutlich übertreffen konnte.

Da der Dresdner Herbstmarathon im Oktober - neben dem Oberelbe-Marathon das zweite, inzwischen eindeutig größere Rennen der sächsischen Hauptstadt - ebenfalls, wenn auch eher marginal zugelegt hat, ergibt sich die auf den ersten Blick ungewöhnliche Konstellation, dass obwohl sich in der Größenkategorie zwischen ein- und zweitausend Läufern nun eine Veranstaltung weniger befindet, dort in der Summe dennoch keine vierhundert Teilnehmer fehlen. Im Durchschnitt sind also auch diese Marathons gewachsen.

Wie ungleich sich die Verteilung in der deutschen Szene inzwischen präsentiert, lässt sich daran ablesen, dass die acht gerade aufgezählten Läufe - immerhin ja auf Platz neun bis sechzehn der Größenrangliste positioniert - zusammen weniger Marathonis im Ziel registrieren als Frankfurt alleine. Und auch die drittplatzierte Hansestadt Hamburg kann selbst gemeinsam nur ganz knapp abgehängt werden. Ein weiteres Indiz dafür, dass sich das Gewicht langsam, aber stetig hin zu den wenigen Großen verschiebt.

Läuferverteilung auf große und kleine Marathon-Veranstalter im Vergleich

Obwohl man durch Absteiger aus der nächsthöheren Klasse und den nur alle zwei Jahre in der Statistik auftauchenden Weinstraßen-Marathon eigentlich Zuwachs bekommen hat, ist auch die Zahl der Rennen zwischen fünfhundert und tausend Teilnehmern erneut geringer geworden. Statt vierzehn wie im Vorjahr lassen sich nun nur noch zwölf Veranstaltungen in diese Kategorie einsortieren.

Insgesamt sind es also nur achtundzwanzig Marathons oberhalb dieser nächsten, aus rein statistischer Sicht zwar ziemlich willkürlichen, aber eben dennoch markanten und eingängigen Marke von fünfhundert Teilnehmern. Wie stark dabei der Schwund ist, lässt sich daran erkennen, dass man 2008 noch bei vierzig Rennen diesen Wert übertraf. Im Jahr darauf waren es immerhin achtunddreißig Läufe mit der entsprechenden Zahl an Zieleinläufen.

Nur bedingt überraschend ist, dass der Friedensmarathon von Augsburg zu den diesmal dort nicht mehr vertretenen Veranstaltungen gehört. Schließlich hatte er bei seiner Erstauflage 2011 als einzig wirklich nennenswerter Neueinsteiger des Jahres nur knapp die Hürde übersprungen. Und ohne den immer wieder zu beobachtende Premierenbonus würde es - das war eigentlich schon im Vorfeld klar - bei der zweiten Auflage deutlich schwerer werden.

Doch auch die beiden hessischen Vertreter aus Kassel und dem Weiltal sind jetzt nach unten aus dieser Gruppe heraus gerutscht. Dazu fehlt noch der ausgefallene Marathon aus Regensburg. Einige andere retten sich zudem nur mit Mühe über den Schwellenwert. Und die meisten Läufe schreiben zumindest bezogen auf die Beteiligung rote Zahlen. Tendenziell finden sich unterhalb der Vierstelligkeit jedenfalls eher die Verlierer als die Gewinner des Vorjahresvergleiches.

Obwohl auch einige der "fünf Großen" in dieser Zeit deutlich Federn gelassen haben, ist der Anteil, den die kleinen und mittleren Veranstaltungen dahinter für die Zahl der Marathonis in Deutschland beisteuern, seit der ersten LaufReport-Analyse vor mehr als einem halben Jahrzehnt kontinuierlich gesunken. In der langfristigen Betrachtung ist man drastisch um rund zehn Prozentpunkte von knapp der Hälfte auf nur noch ein gutes Drittel zurück gefallen.

Langzeitentwicklung der Marathonläufe mit mehr als 4000 Finishern

Die Verluste der letzten Jahre sind also alles andere als gleichmäßig verteilt. Sie betreffen stärker das Mittel- und Hinterfeld als die wenigen, zumindest regional bisher auch weitgehend unangefochtenen Platzhirsche. Das lässt sich in der Betrachtung der Größenklassen noch viel besser erkennen, als wenn sich auf die doch eher zufälligen, manchmal sogar durchaus gegenläufigen Einzelergebnisse stützt.

Und der nun erstmals in der jüngeren Vergangenheit festzustellende Stillstand in der Gesamtsumme bedeutet eben noch lange nicht eine Erholung auf der gesamten Bandbreite des Marathonmarktes. Noch immer müssen viele Läufe um ihren Fortbestand kämpfen. Der eine oder andere Veranstalter macht wohl vermutlich eher aus Trotz als aufgrund nüchterner Kosten-Nutzen-Betrachtungen weiter.

Das richtige Rezept, das passenden Konzept, um die Abwärtsbewegung zu stoppen und umzukehren, haben noch lange nicht alle Marathons gefunden. Das ist schon alleine deshalb nicht einfach, weil sich die Interessen und Vorlieben der Läuferschaft ja ebenfalls ständig verändern. Manches was noch vor ein paar Jahren absolut "in" war, kann heute eventuell kaum noch jemanden dazu bringen, die Schuhe zu schnüren.

Und anderseits werden Angebote, die man noch vor Kurzem eher mitleidig belächelt hätte, auf einmal zum absoluten Renner. Wer hätte in den Hochzeiten der Marathonentwicklung Anfang des Jahrtausends schließlich darauf gewettet, dass sich einmal Tausende darum reißen würden, für viel Geld durch eiskalte Schlammlöcher robben zu dürfen - und das sogar ohne jubelnde Menschen am Streckenrand, von denen sich die vermeintlichen Helden bewundern lassen könnten.

Im Marathonbereich scheint das Erschließen neuer Teilnehmerkreise nach dem Abflauen der durch die Medien angeheizten Begeisterung für diese Distanz noch immer weitgehend zum Erliegen gekommen zu sein. Man schmort weiterhin mehr oder weniger größtenteils im eigenen Saft. Und es sind längst hauptsächlich Verteilungskämpfe um vorhandene Läufer, ohne Zuwächse von außen, die das Auf und Ab der einzelnen Rennen bestimmen.

Ein Grundproblem ist sicher auch die zunehmende Überalterung der Szene, die sich in Zukunft noch verstärken wird. Kaum eine Ergebnisliste, in der nicht für jede der jeweils nur fünf Geburtsjahre umfassenden Altersklassen vierzig, fünfundvierzig und sogar fünfzig wesentlich mehr Einträge zu finden sind als für die Hauptklasse mit doppelt so vielen Jahrgängen. Und gerade bei kleinen Rennen ohne eingeladene Eliteläufer geht es längst nicht mehr darum, mit der Klasseneinteilung die Alten vor den Jungen zu schützen. Vielmehr ist es umgekehrt.

Über kurz oder lang wird dieses zur Zeit zumindest in der Breite eindeutig dominierende Klientel allerdings ausdünnen. Und wenn der Nachwuchs weiter ausbleibt, dürfte der Kuchen zum Aufteilen unter den vielen Bewerbern in Zukunft wohl langsam immer kleiner ausfallen. Die aktuelle Stagnation der Gesamtteilnehmerzahlen könnte also vielleicht nicht mehr als eine kurze Atempause und keineswegs der Beginn einer Trendwende sein.

Dennoch ist "Stillstand statt Rückschritt" nach der lang währenden Abwärtsspirale der letzten Jahre eben eine ziemlich erwähnenswerte Neuigkeit. Und wie die beiden Veranstaltungen, die für das nächste Jahr ihre Neuauflage angekündigt haben, scheint die Anziehungskraft des hinter den USA und Japan auch weiterhin drittgrößten Marathonmarktes bei weitem noch nicht gebrochen. Es wäre ja immerhin möglich, dass dort demnächst irgendwann tatsächlich wieder einmal echtes Wachstum und nicht nur Stillstand beobachtet werden könnte.

Teil 4: Halbmarathon kontra Marathon

Die Mehrheit macht halblang

34 Marathonveranstaltungen mit mehr als 300 Finishern haben zudem einen Halbmarathon im Programm. Und wie man sieht, übertrifft das Interesse daran den Marathon. Immerhin zwei Ausnahmen bestätigen die Regel. Die y-Achse zeigt das Verhältnis der Halbmarathonfinisher zu den Marathonfinishern an. Die x-Achse zeigt die Marathons in der Reihenfolge der Abweichungen.

Längst kann man hierzulande den Gedanken, dass dort, wo "Marathon" drauf steht, auch wirklich immer nur "Marathon" drin ist, beinahe dem Reich der Phantasie zuordnen. Abgesehen davon, dass es sogar die eine oder andere Veranstaltung gibt, die sich dieses Etikett anheftet, ohne überhaupt eine so lange Strecke im Angebot zu haben, kommt inzwischen praktisch kaum ein deutscher Lauf über diese Distanz mehr ohne Rahmenprogramm aus.

Von den mehr als siebzig Rennen in der LaufReport-Datensammlung sind es nämlich gerade einmal zwei. Eines davon ist der Berlin Marathon, der mit seinen stets ausgebuchtem Startplatzkontingent nun wahrlich kein Problem damit hat, ausreichend große Teilnehmerzahlen zu erreichen. Das zweite ist der Marathon von Kevelaer am Niederrhein, der jedes Jahr im Januar die Saison eröffnet, mit seinen ungefähr dreihundert Teilnehmern meist gerade so unter den größten Fünfzig landet.

Neben einigen wenigen Veranstaltungen in ähnlicher Größenordnung wie Kevelaer, die aufgrund der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten "krumme Distanzen" als kürzere Strecken anbieten, gibt es eigentlich nur zwei Konzepte zur Ergänzung des Programms. Nämlich zum einen das der Staffel, bei der sich mehrere Läufer den Marathon aufteilen, und zum anderen, viel häufiger den zusätzlichen Halbmarathon.

Auffällig ist außerdem, dass von dem halben Dutzend Veranstaltungen, bei denen es außer der Staffel keine weitere echte Unterdistanz gibt, gleich vier - nämlich Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf und Münster - zu den großen Acht im Land zählen. Nur München, Köln und der Rennsteiglauf setzen unter den führenden Läufen also auf die Halbdistanz. Dahinter ist diese - obwohl in der Anfangszeit der Rennen längst nicht immer vorgesehen - dagegen nahezu zur Pflicht geworden.

Die einzigen anderen beiden Veranstaltungen, die zudem noch einen Teamwettbewerb als unterschwelligere Einstiegsmöglichkeit wählen, sind die Traditionsrennen am Baldeneysee in Essen und rund ums Eifelstädtchen Monschau. Und schon alleine aufgrund ihrer in manchen Abschnitten eher schmalen Strecke tun sie vielleicht auch gut daran, auf den Halbmarathon zu verzichten.

Denn die Erfahrungswerte der jüngeren Vergangenheit in solchen Fällen zeigen, dass dessen Felder dann praktisch überall deutlich größer ausfallen als die des nominellen Hauptlaufes Marathon. Dreifach, vierfach oder fünffach stärker besetzte Halbmarathons sind dabei längst völlig normal. Selbst Verteilungen von eins zu sieben oder eins zu acht lassen sich hier und da entdecken.

Und in den letzten Jahren war bei den meisten Veranstaltungen sogar eine immer weitere Verschiebung des Verhältnisses hin zur kürzeren Distanz zu beobachten. Gleich zwei Aspekte trafen dabei zusammen. Während sich die Teilnehmerzahlen auf den zweiundvierzig Kilometern nämlich abschwächten, stiegen die Werte auf der halb so langen Strecke zumeist beständig weiter an.

Gerade dort, wo man bei schwindenden Läuferfeldern auf der Marathonstrecke versucht hat, diese mit der Einführung eines Halbmarathons auszugleichen, schwächte man die Hauptdistanz meist nur noch weiter. Denn statt neue Interessenten zu gewinnen, wilderte man oft hauptsächlich unter den eigenen Teilnehmern. Der Lauf in Köln ist dafür nur ein Beispiel, aber sicherlich das herausragendste.

Zwar hat man dort bisher "nur" einen etwas mehr als doppelt so großen Halbmarathon. Doch sind auf der namensgebenden Langdistanz eben die einst klar fünfstelligen Werte auf nun weniger als fünftausend Zieleinläufe gefallen, während die kürzere Strecke mit rund zehntausend Teilnehmern inzwischen zur zweitgrößten deutschen Veranstaltung ihrer Art angewachsen ist.

Nur in Berlin kann man beim separat ausgetragenen Halbmarathon im April noch größere Zahlen vermelden. Allerdings sind diese mit ziemlich genau dreiundzwanzigtausend Läufern mehr als zweimal so hoch. Auf dieser Distanz ist also ebenfalls ein Hauptstadtrennen - wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie beim Marathon - der klare Dominator.

Doch dahinter sind die Brüche bei weitem nicht so groß. Noch acht andere Rennen übertreffen den Wert von fünftausend Teilnehmern im Ziel. Bis zur Viertausender-Grenze lassen sich fünf weitere entdecken. Und sogar insgesamt neunundzwanzig Halbmarathons können bisher mehr als zweitausend Einträge in die Ergebnisliste vornehmen. Vermutlich wird mit dem Tübinger Nikolauslauf demnächst auch noch ein dreißigster hinzu kommen.

Die meisten der größten Halbmarathons sind in eine Marathonveranstaltung integriert. Von den 36 Halbmarathons mit über 1500 Finishern, sind 20 an einen Marathon angedockt (rote Balken). In der Top-ten sind nur 3 ohne Marathon ausgerichetete Halbmarathons (blaue Balken). Die y-Achse zeigt die jeweiligen Halbmarathonfinisher an.

Bemerkenswert dabei ist sicherlich, dass mehr als die Hälfte von ihnen - nämlich siebzehn - "Anhängsel" eines Marathons sind. Unter den größten zehn deutschen Halbmarathons finden sich sogar nur drei Rennen - neben Berlin noch der Stuttgart-Lauf mit mehr als siebentausend Teilnehmern auf Rang drei und der Münchner Stadtlauf auf Platz acht - bei denen die einundzwanzig Kilometer tatsächlich die längste Distanz sind.

Ein wenig ketzerisch könnte man behaupten, um einem Halbmarathon erfolgreich zu machen, sollte man ihm einen Marathon zur Seite stellen und die gesamte Veranstaltung natürlich auch unter dieser Bezeichnung vermarkten. Denn ob man auch ohne dieses Aushängeschild einen ähnlich großen Zuspruch auf der kürzeren Strecke hätte, bleibt zumindest dahin gestellt. Und auch bei der Gewinnung von Sponsoren öffnet der Name "Marathon" vermutlich die eine oder andere zusätzliche Tür.

Viele Organisatoren scheinen diesen Zwiespalt jedenfalls durchaus zu kennen. Trotz aller - manchmal fast schon dramatischen - Teilnehmerrückgänge hat man es bisher eigentlich nur in Potsdam vor zwei Jahren gewagt, einen schwächelnden Marathon komplett einzustellen und ganz auf die prosperierende Halbdistanz zu setzen. Zumindest auf ihr hat man dabei keine Läufer verloren und überspringt auch weiterhin die Zweitausendermarke.

Einige hundert Marathonis fehlen den Brandenburgern nun allerdings in der Gesamtabrechnung. Wegen des jetzt auch geringeren Aufwandes könnte sich die Umstellung aus wirtschaftlicher Sicht jedoch trotzdem gelohnt haben. Dennoch bleibt abzuwarten, ob und wann sich weitere Marathon-Halbmarathon-Kombinationen notgedrungen zu diesem Schritt entschließen.

Zur Zeit deutet sich ohnehin erst einmal eine kleine Entschärfung der Situation an. Zwar lässt sich auch in diesem Jahr erneut eine ganz leichte Tendenz zur kürzeren Distanz feststellen, doch - wie bei den Gesamtzahlen im Marathonbereich - ist dies keine drastische Verschiebung mehr sondern verglichen mit dem bisherigen Trend eher eine Stagnation der Entwicklung.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen bleiben die Zuwächse und Verluste der jeweiligen "Rahmenprogramm-Halbmarathons" gegenüber dem Vorjahr nämlich im Bereich von maximal zweihundert Läufern, was angesichts der Größe vieler Rennen meist nur einstellige Änderungsraten bedeutet. Nur Bonn und Karlsruhe legen um über vierhundert Kurzdistanzler zu und landen damit in der Größenrangliste auf den Plätzen sechs und neun.

Diese beiden sind allerdings auch ein sehr schönes Beispiel dafür, dass sich trotz eines fast identisch wachsenden Halbmarathons durchaus ziemlich unterschiedliche Auswirkungen auf die Läufer-Verteilung ergeben können. Während in der früheren Bundeshauptstadt aufgrund fallender Zahlen beim Marathon die Bedeutung der kurzen Distanz zunimmt und diese dem großen Bruder nun um den Faktor fünf überlegen ist, zeigt sich rheinaufwärts nämlich der gegenteilige Effekt.

Die Grafik zeigt die Halbmarathons im Verhältnis zum Marathon in den Jahren 2011 (rote Balken) und 2012 (blaue Balken). Aufgeführt sind 31 am Marathon angedockte Halbmarathons ab 1000 Finishern. Der Jahresvergleich spiegelt die Kurzzeit-Entwicklung wider. Die y-Achse zeigt das Verhältnis der Halbmarathonfinisher zu den Marathonfinishern. Auf der x-Achse sind Veranstaltungen nach der Finisherzahl beim Marathon sortiert.

Denn im Badischen steigert sich - nicht zuletzt wohl aufgrund seines dreißigsten Jubiläums - auch der Marathon. Und das zumindest in relativen Zahlen sogar stärker als die Halbdistanz, so dass die Quote insgesamt leicht sinkt. Dennoch ist man auch dort mit einem Verhältnis von knapp eins zu vier natürlich weit von einer Gleichverteilung der Teilnehmer auf die beiden angebotene Strecken entfernt.

Allerdings befinden sich die Karlsruher damit keineswegs in einer extremen Position sondern irgendwo im Mittelfeld. Wie zuletzt fast immer ist auch im Jahr 2012 der Trollinger-Marathon von Heilbronn diesbezüglich der absolute Spitzenreiter. Ein erneut leicht rückläufiges Marathonfeld von etwas mehr als fünfhundert Läufern steht dort einem weit über viertausend Köpfe zählenden Halbmarathonpulk gegenüber. Erstmals hat man in diesem Jahr damit nun sogar den Faktor acht überboten.

Wirklich nur unwesentlich geringer fällt der Quotient allerdings in Wolfsburg und Niedernhall aus, die mit nicht einmal hundertfünfzig Marathonis den eigentlichen Einstiegswert für eine genauere Betrachtung in der LaufReport-Analyse deutlich unterschreiten, jedoch beide eine vierstellige Zahl von Halbmarathonläufern begrüßen konnten. Und in Ulm schrammt man diesmal hauchdünn unterhalb der Marke von siebenhundert Prozent entlang.

Am anderen Ende der Skala rangieren als echte Exoten die beiden bayerischen Läufe aus Füssen und München. Bei ihnen treten nämlich auf der halben Distanz nur etwa zwei Drittel der Starter des Marathons an. Wobei im Kleinstädtchen im Allgäu allerdings als weitere Besonderheit die unterschiedlichen Strecken auch noch an zwei verschiedenen Tagen des Wochenendes gelaufen werden.

Ein immerhin fast noch ausgeglichenes Verhältnis kann bei den Marathons am Brocken, am Kyffhäuser und auf Usedom registriert werden. Alle drei bleiben jedoch auf beiden Distanzen weit von der Grenze zur Vierstelligkeit entfernt. Die einzige wirklich große Veranstaltung, die neben dem München Marathon noch unter dem Verhältnis von eins zu zwei bleiben kann, ist zudem der Rennsteiglauf, was im ersten Moment ein gewisses West-Ost-Gefälle suggeriert, zu dem sich aber auch einige Gegenbeispiele finden lassen.

Ganz frei können sich die Verhältnisse auf dem Thüringer Höhenweg jedoch nicht entfalten. Denn während man beim diesmal deutlich gewachsenen Marathon in der Auslastung noch Luft nach oben hat, ist der Halbmarathon in seiner Teilnehmerzahl nach oben gedeckelt. Bei den mehr als sechstausend Läufern - was für Platz sieben der nationalen Rangliste reicht - sind die zum Teil alles andere als breiten Waldpfade zwischen Oberhof und Schmiedefeld schließlich längst an ihrer Kapazitätsgrenze.

Auch in Köln und München sind die Startplätze auf der Halbdistanz explizit - und im Gegensatz zu vielen anderen Veranstaltungen, bei denen es maximal ein Gesamtkontingent gibt, auch separat - limitiert. Vermutlich hauptsächlich deshalb fallen die Anteile für die lange Distanz bei beiden im allgemeinen Vergleich dann auch relativ hoch aus.

Und die Tatsache, dass München mit über achthundert Läufern weniger im Ziel den größten Rückgang aller betrachteten Halbmarathons zu verzeichnen hat, dürfte ebenfalls weniger mit fehlendem Interesse als vielmehr mit der auf nun nur noch fünftausend Teilnehmer abgesenkten Obergrenze zu tun haben.

Eventuell konnte man durch diese Maßnahme ja sogar einige Startwillige auf die zweiundvierzig Kilometer hinüber ziehen. Immerhin lag man dort ziemlich deutlich im Plus. Über die Halbmarathondistanz wird man in der eigenen Stadt deshalb jetzt allerdings durch die Konkurrenz vom Münchner Stadtlauf im Juni ziemlich klar ausgestochen.

Ohnehin scheint dieser sechste Monat des Jahres für Veranstaltungen mit einem Einundzwanziger als längstem Angebot ziemlich beliebt zu sein. Denn der Stuttgart-Lauf, das mit siebeneinhalbtausend Teilnehmern nach Berlin und Köln drittgrößte Rennen über diese Strecke findet genauso in diesem Monat statt wie der Hamburger Halbmarathon - insgesamt die Nummer elf im Land und dennoch der viertgrößte Lauf, der nicht an einen Marathon angekoppelt ist.

Die Doppelveranstaltungen mit beiden Streckenangeboten finden dagegen wenig überraschend nahezu ausschließlich in den klassischen Monaten April und Mai sowie September und Oktober statt. Die nach Köln größten Halbmarathons unter ihnen bietet man mit deutlich über sechstausend Läufern dabei in Mainz und Freiburg - also zwei Städte, die man nicht unbedingt zu den echten Metropolen zählen würde.

Während man im Breisgau mit leichtem Wachstum auf beiden Strecken in diesem Jahr relativ gesehen den Marathon etwas gestärkt hat und dabei immerhin - allerdings weiterhin völlig unausgewogen - wieder unter den Faktor fünf gerutscht ist, finden sich in der Bilanz der Mainzer gleich zweimal schwachrote Zahlen, wodurch sich die ohnehin schon gewaltige Übermacht des Halbmarathons noch einmal ein wenig vergrößert.

Durch die für die nächste Auflage angekündigte Wiedereinführung des Zwei-Drittel-Marathons könnte sich das in der Fastnachthochburg zwar eventuell ändern. Doch ob man mit dieser Maßnahme wirklich nur Halbdistanzler auf eine etwas längere Strecke hinüber zieht oder nicht doch auch dem Marathon noch weiter das Wasser abgräbt, wird sich erst zeigen müssen.

Als letzter Einundzwanziger überspringt mit Hannover ein weiterer Lauf aus dem Rahmenprogramm eines Marathons die Marke von fünftausend Läufern. Und auch Ulm als zwölftgrößter Halbmarathon im Land hängt am dortigen Einstein-Marathon. Von eins zu drei zur Premiere hat sich das Verhältnis zwischen den beiden Strecken inzwischen auf die schon erwähnten eins zu sieben hoch geschaukelt.

Wäre die Läuferschaft beim direkt dahinter platzierte Trollinger-Marathon nicht stets noch ein wenig ungleicher verteilt gewesen, würde die auch durch die Schwesterstadt Neu-Ulm führende Veranstaltung in dieser wenig Ruhm bietenden Rangliste jedenfalls schon seit Jahren ganz vorne mitmischen.

Man kann diese Unausgewogenheit sicher bedauern. Und auch den Organisatoren wäre eine etwas andere Relation sicher lieber. Doch Realität ist, dass nicht nur diese beiden Läufe sondern auch viele andere Veranstaltungen ohne den zusätzlichen Halbmarathon wohl kaum lebensfähig wären.

Und bei nüchterner Betrachtung ist es vielleicht wirklich so, dass ausgerechnet jene Halbmarathonläufer, die bereit sind eine Menge Geld für den Start auf einer Strecke zu bezahlen, die sie bei fast jedem Feld-, Wald- und Wiesen-Volkslauf für deutlich geringere Beträge absolvieren könnten, für die auch weiterhin vorhandene und ziemlich große Vielfalt der deutschen Marathonszene sorgen.

Noch hat kein Veranstalter ein passendes Rezept entdeckt, mit dem man die langsame Umschichtung zu kürzeren Distanzen stoppen oder gar eine Entwicklung in die Gegenrichtung einleiten könnte. Allerdings stellt sich das in Zeiten, in denen selbst vermeintliche Fachmagazine das einmalige Überstehen jener einundzwanzig Kilometer, die frühere Läufergenerationen oft mehrfach in der Woche im Training zurück legten, zu einer herausragenden Leistung aufbauschen, auch durchaus als größeres Problem dar.

Will man aber den darbenden Marathons wieder auf die Sprünge helfen, läge in den großen Feldern der Halbdistanz das am einfachsten zu erreichende Reservoir. Programme oder Initiativen wie das vom Rennsteiglauf ins Leben gerufene "Geh aufs Ganze", könnten auf Dauer vielleicht tatsächlich ein wenig Wirkung zeigen. Schließlich muss es kein ungeschriebenes Gesetz bleiben, dass die absolute Mehrheit der Läufer halblang macht.

Teil 5: Frauen

Frauen mögen große Massen

Sicher ist die These, die da in der Überschrift zu lesen ist, ein wenig provokant. Doch lässt sich aus dem nun schon seit mehr als einem halben Dutzend Jahren vorliegenden Zahlenmaterial der LaufReport-Marathonanalyse sehr wohl der Schluss ableiten, dass der Anteil weiblicher Starter tendenziell ansteigt, wenn das Teilnehmerfeld der jeweiligen Veranstaltung ein wenig größer ausfällt.

Und genauso könnte man angesichts der Daten auch eine starke Vorliebe von Läuferinnen für kürzere Distanzen diagnostizieren. Denn überall dort, wo neben einem Marathon auch ein Halbmarathon angeboten wird, fällt die Frauenquote über diese Strecke deutlich - im Schnitt sind es rund zehn Prozentpunkte - höher aus.

Von einem ausgeglichen Verhältnis, das man aufgrund der allseits bekannten Tatsache, dass ziemlich genau die Hälfte der Bevölkerung weiblich ist, eigentlich erwarten könnte, ist man aber auch dort noch weit entfernt. Selbst bei den in dieser Rangliste führenden Läufen übertrifft der Wert nur in wenigen Fällen die Marke von einem Drittel. Allerdings setzte sich der über die Jahre zu beobachtende positive Trend zu einer stärkeren Beteiligung auch 2012 dennoch weiter fort.

Eine höhere Zahl als jene ziemlich exakt siebenunddreißig Prozent Frauen, die dieses Mal bei dem an den München Marathon angehängten Einundzwanziger im Ziel erfasst wurden, lässt sich jedenfalls in den gesamten, bis ins Jahr 2005 zurückreichenden LaufReport-Aufzeichnungen nirgends entdecken. Und auch auf der doppelt so langen Distanz stellen die dreiundzwanzig Prozent des Marktführers aus Berlin einen neuen Rekordwert dar.

Dass ausgerechnet der Hauptstadtmarathon die neue Höchstmarke aufstellt, ist wenig überraschend. Denn wie zur Bestätigung der obigen Aussage lässt sich dort schon seit vielen Jahren unter allen Veranstaltungen die eine statistisch wirklich relevante Größenordnung erreichen - bei Rennen mit wenigen hundert Läufern können einige weibliche Teilnehmer mehr oder weniger natürlich deutliche Verschiebungen bedeuten und dementsprechend manchmal erhebliche Ausreißer produzieren - die jeweils größte Frauenquote beobachten.

Seit mehr als einem halben Dutzend Jahren liegt der Frauenanteil in Berlin konstant über einem Fünftel - einer Grenze, die abgesehen von einigen der gerade erwähnten Zufallsergebnisse bei kleinen Veranstaltungen in der Vergangenheit nur von Hamburg übertroffen werden konnte. Inzwischen ist man an Elbe und Alster jedoch wieder leicht unter zwanzig Prozent gerutscht.

Selbst wenn die Auswertebasis aus rein wissenschaftlich-mathematischer Sicht selbstverständlich für wirklich fundierte Ergebnisse viel zu gering ist, passt diese Beobachtung recht gut zu den zuletzt deutlich rückläufigen Starterfeldern in der Hansestadt. Dass in diesem Jahr auch im ebenfalls bezüglich der Teilnehmerzahlen zuletzt ziemlich gebeutelten Köln die Quote deutlich absackte, fügt sich da nahtlos ins Bild ein.

Gerade in der Domstadt waren bisher schließlich eher überdurchschnittlich viele Läuferinnen dabei, was man eventuell auch auf den bisherigen Ruf als sportlich wenig verbissenen Erlebnismarathon mit Party-Atmosphäre zurück führen könnte. Nach dem letztjährigen Umbau der Strecke - mit dem Hintergedanken sie "schneller" zu machen - hat dieser jedoch ein wenig gelitten. Und statt in der Spitzengruppe finden sich die Kölner auf einmal bezüglich der Frauenquote nur noch im Mittelfeld.

Auch in Frankfurt lässt sich erstmals seit einem halben Jahrzehnt ein leichter Rückgang des Anteils von Ergebnislisteneinträgen mit der Kennung "W" beobachten. Da diese insgesamt ebenfalls kürzer geworden ist, lässt sich erneut ein Zusammenhang vermuten. Jedenfalls haben mit Frankfurt, Hamburg und Köln gleich drei der größten Marathons hierzulande nicht nur weniger Zieleinläufe sondern dabei sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen zudem weniger Frauen im Ziel.

Dass sich die Quote über alle Marathons im Land allerdings trotzdem noch einmal näher an diese Zwanzig-Prozent-Marke heran geschoben hat, zeigt eindrucksvoll, wie groß der Einfluss von Berlin inzwischen ist. Beim mit Abstand bedeutendsten deutschen Rennen wird schließlich inzwischen rund ein Drittel aller Zieleinläufe im Land gezählt. Und so schlägt der dortige extrem hohe Anteil an weiblichen Startern natürlich deutlich spürbar auf den Gesamtwert durch.

Allerdings erhält die Hauptstadt dabei auch noch Unterstützung aus München. An der Isar hat man nämlich in der Frauenquote um rund einen Punkt auf nun neunzehn Prozent zulegt - wohlgemerkt bei einer steigenden Zahl von Zieleinläufen, was ein weiteres Indiz für eine Abhängigkeit der beiden Größen noch zu liefern scheint.

Genauso verhält es sich auch am Rennsteig, wo man wohl unter anderem aufgrund des Jubiläums ein deutliches Wachstum vermelden konnte. Beim Anteil weiblicher Teilnehmer sprang der Marathon über den Höhenweg im Thüringer Wald dabei erstmals in den Bereich oberhalb der markanten Grenze von einem Fünftel. Damit liefert man diesbezüglich neben Berlin von allen größeren Veranstaltungen den mit Abstand höchsten Wert.

Allerdings gibt es dabei noch ein kleines Sternchen für eine Fußnote. Denn es wurde ja oben auch die zweite Regel postuliert, dass es Frauen eher auf die kürzeren Distanzen zieht. Und am Rennsteig ist der Marathon trotz seiner leichten Überlänge von dreiundvierzig Kilometern tatsächlich eine "kurze" Strecke. Daneben existiert schließlich noch der zweiundsiebzig Kilometer lange Ultra, bei dem von fast zweieinhalbtausend Läufern im Ziel keine vierhundert, also deutlich weniger als ein Sechstel weiblich sind.

Selbst wenn die in der Größenrangliste dahinter auf den Rängen sieben und acht liegenden Läufe von Düsseldorf und Münster die direkte Wechselwirkung zwischen der Größe des Feldes und der Zahl der darin enthaltenen Frauen nicht zu bestätigen scheinen, findet man damit unter den wichtigsten acht Marathons des Landes in diesem Jahr immerhin sechs, bei denen die Entwicklung von Teilnehmerzahl und Frauenquote das gleiche Vorzeichen haben.

Noch wesentlich eindrücklicher wird das Ganze beim Blick über das letzte halbe Jahrzehnt. Denn von den sich damit ergebenden vierzig Beobachtungen bei diesen Rennen findet sich bei stolzen dreißig den prognostizierten Zusammenhang. Natürlich ist das noch immer viel zu wenig für eine statistisch wirklich sauber herzuleitende Gesetzmäßigkeit. Aber die Ergebnisse dieser Betrachtung geben dennoch einen ganz guten Fingerzeig.

Ein viel stärkeres Argument zur Bestätigung der These, dass Läuferinnen lieber bei den ganz großen Veranstaltungen starten, liefert allerdings die zweite Reihe der deutschen Marathons. Während nämlich unter den acht größten Rennen hierzulande Düsseldorf mit knapp siebzehn Prozent die deutlich schlechteste Quote liefert, stößt man ansonsten unter den ersten Fünfundzwanzig gerade noch in Karlsruhe und der Weinstraße bis zu diesem Wert vor.

Ansonsten lassen sich viel häufiger Frauenanteile von dreizehn oder vierzehn Prozent berechnen. Und selbst wenn die Streuung dahinter wegen des stärkeren Einflusses jeder einzelnen Starterin auf die kleiner werdenden Felder wieder zunimmt und einige Veranstaltungen für das Verhältnis sogar wieder Zahlen jenseits der zwanzig vermelden, kommen im Durchschnitt weder die Läufe zwischen tausend und zweitausend noch jene ab fünfhundert oder jene mit mehr als zweihundert Teilnehmern in die Nähe von sechzehn Prozent.

Doch muss sich inzwischen eigentlich auch kein Marathon mehr mit einstelligen Werten begnügen, was vor einem Jahrzehnt keineswegs selbstverständlich war. Und noch in den Neunzigern hatten schließlich zehn Prozent Frauenanteil schon als großer Erfolg gegolten. Selbst wenn das alles natürlich auch weiterhin keineswegs einer gleichmäßigen Verteilung entspricht, lässt sich gerade mit solchen weiten Rückblenden doch eindeutig eine enorme Veränderung in der Laufszene erkennen.

Auch 2012 hat sich dieser langsame, aber beständige Prozess weiter fortgesetzt. Man muss zwar schon ein wenig genauer hinsehen, denn wieder einmal verändern sich die Werte hauptsächlich im Nachkommabereich. Doch erneut ist dieses leichte Ansteigen über praktisch alle Größenklassen der Marathonszene zu erkennen. Und in der Summe ergibt sich über die Jahre eben auch durch kleine Schritte in immer die gleiche Richtung ein ziemlicher Raumgewinn.

Dass diese Entwicklung noch lange nicht zu Ende sein muss, lässt sich erkennen, wenn man einmal über die nationalen Grenzen sieht. Denn auf den britischen Inseln bewegen sich auch im Marathon die Frauenquoten oft in Regionen, die man hierzulande nur von der halb so langen Distanz kennt. Ungefähr ein Drittel der Starterfelder sind dort nämlich manchmal weiblich. Wobei auch bei den Briten der Anteil in der Regel mit der Größe der Veranstaltung ansteigt und der Mega-Lauf in London die höchsten Werte produziert.

Und in Nordamerika kann man sogar durchaus öfter Anteile von vierzig oder mehr Prozent beobachten. Noch sind selbst dort Marathons mit einem Frauenüberschuss die absolute Ausnahme. Aber in den letzten Jahren ließen sich immer wieder einmal solche Fälle entdecken. Vielleicht hat es auch etwas mit dieser extrem guten Ausschöpfung des vorhandenen Potentials zu tun, dass in den USA inzwischen bei Marathons in der Summe mehr als eine halbe Million Zieleinläufe registriert werden.

In anderen angelsächsisch geprägten Ländern wie Australien, Neuseeland oder Südafrika findet man bezüglich der Beteiligung von Läuferinnen ebenfalls Werte weit über dem sonst Üblichen. So machen diese in der Liste der Nationen mit dem höchsten Frauenanteil hinter den seit einem Jahrzehnt auf Rang eins und zwei abonnierten Amerikanern und Kanadiern dann auch gemeinsam mit den Briten und Iren die folgenden Platzierungen ganz alleine unter sich aus.

Weshalb das so ist und anscheinend Sprache oder Kultur einen weit größeren Einfluss auf das Ergebnis haben als die Weltregion, in der ein Land zu finden ist, wäre sicher einmal eine sozialwissenschaftliche Doktorarbeit wert. Doch ansonsten findet man weltweit eben nur noch in Skandinavien Frauenquoten, die leicht über den Verhältnissen im deutschsprachigen Raum liegen.

Allerdings gilt es für den vorsichtigen Statistiker zu berücksichtigen, dass der Berlin Marathon mit seiner erheblichen Bedeutung den Wert nicht nur bestimmt sondern gegebenenfalls auch ein wenig verfälscht. Denn nirgendwo sonst ist hierzulande eben auch der Anteil der aus der ganzen Welt angereisten Lauftouristen höher. Während bei anderen Rennen in der Regel neunzig Prozent des Feldes aus Deutschland stammt, ist es in der Hauptstadt nur etwa die Hälfte aller Läufer.

Weit über ein Zehntel des Feldes stellten dagegen zuletzt alleine die Dänen. Nimmt man Schweden, Finnen und Norweger dazu kommen inzwischen sogar rund zwanzig Prozent aller Teilnehmer aus Nordeuropa. Auch zweieihalbtausend Briten, fast tausend US-Amerikaner und rund tausend weitere Angelsachsen ziehen, wenn sie die von zu Hause gewohnten Verhältnisse beisteuern, die Frauenquote wohl deutlich nach oben.

Ob dies durch die ebenfalls vierstelligen Kontingente aus Frankreich und Italien sowie von der iberischen Halbinsel - also Regionen, in denen man diesbezüglich noch etwas hinterher hinkt - ausgeglichen werden kann, ist eher fraglich. Zumal sich auch in ihnen relativ mehr Läuferinnen entdecken lassen als bei den Rennen in ihrer Heimat.

Es wird sicher interessant sein, wie das Verhältnis von männlichen und weiblichen Teilnehmern in Berlin im nächsten Jahr ausfällt. Denn schon jetzt vernimmt man überall Aussagen, dass durch das extrem kurze Zeitfenster bis zum Erreichen des Meldelimits - in weniger als vier Stunden waren alle frei zu vergebenden Plätz weg - der Ausländeranteil bei der Jubiläumsauflage deutlich geringer als in den letzten Jahren ausfallen dürfte.

So wäre es durchaus denkbar, dass erstmals seit langem der Frauenanteil spürbar absackt - und zwar nicht nur beim Hauptstadtmarathon sondern wegen seiner großen Bedeutung für die Szene eventuell auch insgesamt. Umgekehrt könnten natürlich die Rennen der zweiten und dritten Reihe für einen Ausgleich sorgen, wenn dort der stetige Aufwärtstrend es nicht mehr nur bei winzigen Schrittchen belassen würde.

Noch immer sind die laufenden Frauen aber das größte, noch nicht wirklich erschlossene Reservoir an möglichen Marathonstartern. Und Veranstalter, die ihre zuletzt meist schwindenden Teilnehmerzahlen wieder anheben wollen, tun vielleicht gut daran zu versuchen, es in Zukunft einmal anzuzapfen. Es würde sich sicher niemand beschweren, wenn irgendwann einmal bei gründlichen Analysen der deutschen Marathonszene angelsächsische Werte verkündet werden könnten.

Teil 6: Die Schnellsten & die Besten

Schnell und schnell muss nicht das Gleiche sein

Wenn bei einem Marathon wie dem von Berlin nicht nur 2012 der Sieger an der Spitze der Weltrangliste auftaucht sondern innerhalb der letzten Dekade dort gleich sechsmal die schnellste Zeit des Jahres gelaufen und dabei zudem auch noch viermal ein offizieller neuer Weltrekord aufgestellt wird, sollte man - insbesondere wenn während dieses Zeitraumes die jeweils gültige Bestmarke nirgendwo als in der deutschen Hauptstadt sonst geknackt werden kann - davon ausgehen, dass es sich dabei um das schnellste Rennen der Welt handelt.

Aber ganz so leicht ist die Sache eben dann doch nicht. Schon beim Blick auf den Streckenrekord von Boston kommen schließlich erste Bedenken bezüglich der vermeintlichen Vormachtstellung der deutschen Hauptstadt, liegt doch die im Vorjahr beim mit inzwischen hundertsechzehn Austragungen seit seinem Gründungsjahr 1897 mit Abstand ältesten Marathon der Welt erzielte Zeit noch volle sechsunddreißig Sekunden unter dem Berliner Rekord.

Wo wurde in Deutschland absolut am schnellsten gelaufen

Männer

In der Grafik sind alle Marathons mit mehr als 300 Finishern berücksichtigt, mit Männersiegern unter 2:35 Stunden - 26 Stück - (2011 unter 2:31 - 23 Stück). Der Häufung an Leistungen knapp unter der 2:35:00 Marke tragen wir Rechnung.
Berlin Mutai, Geoffrey
2:04:15
Hamburg Dawit, Shami
2:05:58
Frankfurt/M
Makau, Patrick
2:06:08
Köln Kering, Alfred
2:07:37
Düsseldorf Diriba Tola, Seboka
2:08:27
Hannover
Kiptum, Joseph
2:09:56
Karlsruhe Maswai, Samwel
2:11:46
Mainz
Toek, Silas
2:12:17
Münster Ahmed, Nasef
2:12:21
Kassel
Daudi, Joseph
2:14:47
Dresden Stadt Maiyo, Agnesius Kiplagat
2:16:39
Bonn Cheokopol, Stephen
2:16:53
Mannheim Aboye, Werkuneh Seyoun
2:17:35
Würzburg Kirui, John Kipkemoi
2:18:13
München Hamann, Jan Simon
2:19:48
Essen Schmidt, Daniel
2:23:00
Heilbronn Ndusu, David
2:24:34
Freiburg Franz, Bastian
2:24:47
Deutsche Weinstraße Torotich, Charles
2:27:20
Bremen Jäger, René
2:28:38
Magdeburg Schauer, Frank
2:31:10
Dresden Oberelbe Mazerski, Bartosz
2:31:38
Duisburg Kosgei, Samson
2:32:03
Ulm Schumacher, Richard
2:32:40
Leipzig Stiller, Jakob
2:33:30
Lübeck Hollmann, Jens
2:34:11
Marathons mit weniger als 300 TN aber Männerzeiten bis 2:35
St.Wendel Marathon / 265 TN Terer, Dickson
2:14:31
Darß-Marathon / 230 TN Willbrandt, Maik
2:30:05
Fränkische-Schweiz-Marathon / 256 TN
Bartkiewicz, Krzysztof
2:30:29
Hunsrückmarathon / 188 TN
Sauter, Tobias
2:30:58

Das Rennen in Massachusetts ist zwar gleich aus zwei Gründen - nämlich aufgrund des Punkt-zu-Punkt-Kurses vom Vorort Hopkinton ins Stadtzentrum und eines zu großen Höhenunterschiedes zwischen Start und Ziel - nicht bestenlistenfähig. Allerdings hat die dortige Strecke trotz ihres Nettogefälles eine ganze Reihe unangenehmer Gegensteigungen zu bieten und gilt deshalb im Allgemein keineswegs als besonders einfach.

Die einem Laien nun wahrlich nicht leicht verständlich zu machende Konstellation sorgt jedenfalls dafür, dass mit Geoffrey Mutai und Patrick Makau gleich zwei "schnellste Marathonläufer der Welt" existieren, mit denen Rennveranstalter und Athletenmanager die Werbetrommel rühren können. Selbst Olympiasieger oder Weltmeister lassen sich bei den häufig eher auf Rekordjagd ausgerichteten Stadtmarathon inzwischen beinahe schwerer vermarkten.

Sieht man sich die Bestleistungen bei den Frauen an, werden die Zweifel an der Berliner Überlegenheit noch größer. Denn im letzten Jahrzehnt wird die Stadt nur zweimal als Ort angegeben, an dem die schnellste Zeit der Saison erzielt wurde. Sechsmal taucht dagegen London in diesen Auflistungen ganz vorne auf. Auch im vergangenen Jahr war das nicht anders. Und außer in der britischen Metropole wurde noch Rotterdam und Dubai schneller gelaufen. Die Berlin-Siegerin taucht erst auf Platz acht auf.

Wo wurde in Deutschland absolut am schnellsten gelaufen

Frauen

In der Grafik sind alle Marathons mit mehr als 300 Finishern berücksichtigt, die eine Frauensiegerin (24 Stück) hatten, die unter drei Stunden gelaufen war. Die Siegerzeit von Kandel mit 3:00:28 h wurde noch dazu genommen, da diese nur knapp darüber lag.
Berlin Kebede, Aberu
2:20:30
Frankfurt/M Melkamu, Meselech
2:21:01
Hamburg Kiyara, Rael
2:23:47
Köln Kiprop, Helena
2:25:34
Düsseldorf Barsosio Jeruto, Agnes
2:25:49
Hannover Puchkova, Natalya
2:30:17
Mainz Vilisova, Tatiana
2:32:01
München Hahn, Susanne
2:32:13
Karlsruhe Kandie, Joyce
2:34:39
Kassel Biwott, Salome
2:35:23
Münster Rotich, Joan
2:38:12
Würzburg Rutto, Lydia
2:42:37
Essen Optekamp, Silke
2:45:03
Dresden Stadt Kiprono, Prisca
2:45:40
Mannheim Terefa, Simegn Girma
2:46:33
Bonn Jepkosgei Kimutai, Hellen
2:47:03
Deutsche Weinstraße Rauschenberg, Eve
2:51:34
Freiburg Zimmermann, Denise
2:55:29
Bremen Andres, Gaby
2:55:34
Schwarzwald Tefera, Tilahun
2:56:05
Duisburg Frey, Dorothea
2:56:41
Leipzig Schipp, Carina
2:57:35
Ulm Besler, Heidrun
2:59:23
Kandel Veith, Pamela
3:00:28
Marathons mit weniger als 300 TN aber Frauenzeiten bis 3:00 h
St.Wendel Marathon / 265 TN Keck, Julia
2:51:29
Mitteldeutscher Marathon Halle/Saale/ 194 TN Detlefsen, Juliane
2:57:12
Johannesbad Thermen-Marathon Bad Füssing / 241 TN
Kühnlein, Angela
2:59:29

Ganz nebenbei steht natürlich seit nun schon fast zehn Jahren Paula Radcliffes 2:15:24 vom London Marathon 2003 völlig unangefochten in den Rekordbüchern. Zwar liefen die Damen an der Spree ebenfalls bereits Weltrekorde. Allerdings waren es nur zwei im Gegensatz zu den immerhin fünf bei den Herren. Und für den letzten - jene 2:19:46, mit denen die Japanerin Naoko Takahashi als Erste überhaupt die Marke von 2:20 unterbot - muss man in den Annalen bereits bis 2001 zurück blättern.

Die Beispiele zeigen, dass es neben der Zeit des Allerersten - die vermutlich wesentlich mehr mit dem für Athletenverpflichtungen zur Verfügung stehenden und auch eingesetzten Budget als mit Höhenprofil, Wetterbedingungen und Zuschauerzuspruch zu tun haben - jedenfalls noch anderer Parameter gibt, anhand derer man beurteilen könnte, ob ein Marathon und eine Strecke "schnell" sind. Und dabei hat Berlin sogar im nationalen Vergleich längst nicht immer die Nase vorn.

Eine ganze Reihe verschiedener Kriterien sollen in der Folge analysiert werden. Wie in den letzten Jahren üblich schließt diese Betrachtung bezüglich Leistung und Leistungsdichte den Marathon-Saisonrückblick bei LaufReport ab. Hauptsächlich soll es dabei zwar um die heimischen Marathons und Sportler gehen. Doch auch ein Blick über die Grenzen hinaus kann zur internationalen Einordnung selbstverständlich nicht schaden.

Und dabei sehen zumindest die hiesigen Veranstaltungen gar nicht so schlecht aus. Denn immerhin vierzehn der schnellsten einhundert und achtundzwanzig der besten zweihundert Zeiten des Jahres wurden bei den Männern auf deutschem Asphalt erzielt. Nimmt man die später wegen Dopings gesperrte Hamburg-Gewinnerin Nguriatukei Rael Kiyara aus den Ergebnissen heraus, lauten die entsprechenden Werte aus der Frauenrangliste ebenfalls vierzehn sowie sechsundzwanzig.

Schnellste deutsche Marathons - relativ zum Weltrekord

Es gibt verschiedene Möglichkeiten den schnellsten Marathon zu ermitteln. Die schnellste Zeit ohne Rücksicht auf das Geschlecht ist dabei sicher am wirkungsvollsten. Die schnellste Frauenzeit gewinnt dankenswerter Weise an Gewicht. Also nimmt man den schnellsten Mann und die schnellste Frau zusammen als Grundlage der Bewertung. Die reine Addition beider Zeiten wäre denkbar, doch haben wir mit der Verhältnismäßigkeit zum jeweiligen Weltrekord eine Lösung gefunden, einen interessanten Vergleich anzustellen. Bei den Männern ist die Zeit von Patrick Makau 2:03:38 die Messgröße und bei den Frauen ist es die 2:15:25 von Paula Radcliffe. Die Summe beider Abweichungen zum Weltrekord ergibt unseren Wert für den relativ schnellsten deutschen Marathon.

In der Betrachtung sind alle Marathone mit mindestens 300 Teilnehmern. Die Grafik geht bis zum Gesamtfaktor 60,56 (25 Stück) - in der Tabelle aufgelistet sind noch weitere.
Ort Männersieger Zeit
Fakt.
Frauensiegerin Zeit
Fakt.
Su.
Berlin
Mutai, Geoffrey
2:04:15
0,50
Kebede, Aberu 2:20:30
3,75
4,25
Frankfurt/M
Makau, Patrick
2:06:08
2,02
Melkamu, Meselech 2:21:01
4,14
6,16
Hamburg
Dawit, Shami
2:05:58
1,89
Kiyara, Rael 2:23:47
6,18
8,07
Köln
Kering, Alfred
2:07:37
3,22
Kiprop, Helena 2:25:34
7,50
10,72
Düsseldorf
Diriba Tola, Seboka
2:08:27
3,90
Barsosio Jeruto, Agnes
2:25:49
7,68
11,58
Hannover
Kiptum, Joseph
2:09:56
5,10
Puchkova, Natalya
2:30:17
10,98
16,07
Mainz
Toek, Silas
2:12:17
7,00
Vilisova, Tatiana 2:32:01
12,26
19,25
Karlsruhe
Maswai, Samwel
2:11:46
6,58
Kandie, Joyce
2:34:39
14,20
20,78
Kassel
Daudi, Joseph
2:14:47
9,02
Biwott, Salome
2:35:23
14,74
23,76
Münster
Ahmed, Nasef
2:12:21
7,05
Rotich, Joan
2:38:12
16,82
23,88
München
Hamann, Jan Simon
2:19:48
13,08
Hahn, Susanne 2:32:13
12,41
25,48
Würzburg
Kirui, John Kipkemoi
2:18:13
11,80
Rutto, Lydia
2:42:37
20,09
31,88
Dresden Stadt
Maiyo, Agnesius Kiplagat
2:16:39
10,53
Kiprono, Prisca
2:45:40
22,34
32,87
Bonn
Cheokopol, Stephen
2:16:53
10,72
Jepkosgei K., Hellen
2:47:03
23,36
34,08
Mannheim
Aboye, Werkuneh Seyoun
2:17:35
11,28
Terefa, Simegn Girma
2:46:33
22,99
34,27
Essen
Schmidt, Daniel
2:23:00
15,66
Optekamp, Silke 2:45:03
21,88
37,55
Dt. Weinstraße
Torotich, Charles
2:27:20
19,17
Rauschenberg, Eve
2:51:34
26,70
45,86
Freiburg
Franz, Bastian
2:24:47
17,11
Zimmermann, Denise
2:55:29
29,59
46,69
Bremen
Jäger, René
2:28:38
20,22
Andres, Gaby
2:55:34
29,65
49,87
Duisburg
Kosgei, Samson
2:32:03
22,98
Frey, Dorothea
2:56:41
30,47
53,46
Leipzig
Stiller, Jakob
2:33:30
24,16
Schipp, Carina 2:57:35
31,14
55,30
Ulm
Schumacher, Richard
2:32:40
23,48
Besler, Heidrun
2:59:23
32,47
55,95
Heilbronn
Ndusu, David 2:24:34
16,93
Feger, Stephanie
3:10:19
40,54
57,47
Kandel
Sommer, Michael
2:36:04
26,23
Veith, Pamela
3:00:28
33,27
59,50
Schwarzwald
Diehl, Marco
2:41:23
30,53
Tefera, Tilahun 2:56:05
30,03
60,56
Fürth
Höflinger, Daniel
2:38:21
28,08
Schwarzmann D., Tina
3:06:19
37,59
65,67
Mittelrhein
Hegmann, Tobias
2:37:39
27,51
Rech, Sabine
3:08:58
39,54
67,06
Spreewald Siegler, Markus-Kristan
2:39:29
29,00
Gamm-Fuchs, Natalia
3:07:15
38,28
67,27
Bottwartal Kosgei,Titus Kipchumba
2:39:25
28,94
Wenger, Martina 3:07:20
38,34
67,28
Lübeck Hollmann, Jens
2:34:11
24,71
Halbreiter, Marion
3:15:03
44,04
68,75
Magdeburg Schauer, Frank
2:31:10
22,27
Harz, Susanne
3:18:35
46,65
68,92
Rennsteiglauf Bräutigam, Marcel
2:38:08
27,91
Eisenacher, Kristin
3:12:17
41,99
69,90
Dresden Oberelbe Mazerski, Bartosz
2:31:38
22,65
Kusatz, Patricia 3:20:19
47,93
70,57
Weiltalweg Wiegand, Frank
2:48:02
35,91
Holly, Sandra
3:03:47
35,72
71,63
Obermain Stegner, Carsten
2:40:22
29,71
Fischer-Paul, Sandra
3:14:58
43,98
73,69
Augsburg Müller, Kay-Uwe
2:35:05
25,44
Schafnitzl, Christine
3:23:40
50,40
75,84
Füssen Diehl, Marco 2:44:16
32,87
Staubach, Astrid 3:14:03
43,30
76,16
Kevelaer Ocklenburg, Marc-André 2:44:44
33,24
Bokkel-Ammerlaan, M.
3:17:02
45,50
78,75
Monschau Werker, Markus 2:38:58
28,58
Ortmanns, Christina
3:23:56
50,60
79,18
Rursee Werker, Markus 2:39:31
29,02
Geiken, Annette
3:23:26
50,23
79,25
Siebengebirgsm. Skalsky Martin 2:46:00
34,27
Geiken Annette
3:36:48
60,10
94,37
Brocken Schulz, Robert 2:55:12
41,71
Mitkina, Tatiana
3:29:17
54,55
96,26
Kyffhäuser Wesarg, Falko
2:55:43
42,13
Schellöh, Birgit 3:32:55
57,23
99,36
Allgäu-Panorama Müller, Kai Uwe 3:17:46 59,96 Hailer, Nadine 3:53:35 72,49
132,45

Damit gibt es jeweils gegenüber dem Vorjahr noch eine leichte Steigerung, die vor allem darauf zurückzuführen ist, dass nun auch in Hamburg und Köln wieder verstärkt auf die Karte "Spitzenzeit" gesetzt wird. Tauchten 2011 bis Platz hundert in beiden Auflistungen aus deutscher Sicht nur Berlin und Frankfurt auf, sind dort diesmal zudem sowohl die Hanse- wie auch die Domstadt vertreten. Und auch Düsseldorf wo diesmal Agnes Jeruto Barsosio in 2:25:49 siegreich war, kann sich zumindest bei den Frauen einen Eintrag sichern.

So fällt es nicht gar zu sehr ins Gewicht, dass aufgrund der eisigen Witterungsverhältnisse am letzten Oktoberwochenende die Leistungen beim Marathon in der Bankenmetropole nicht ganz so herausragend ausfielen wie zwölf Monate zuvor. Hatte Wilson Kipsang damals den erst wenige Wochen alten Berliner Weltrekord nur um die Winzigkeit von vier Sekunden verfehlt und Frankfurt damit je nach Blickwinkel zum zweit- oder drittschnellsten Marathon aller Zeiten gemacht, taucht diesmal sogar Hamburg ein paar Plätze weiter oben auf.

Doch selbst wenn man damit an der Elbe - nach einer mehrjährigen, wohl hauptsächlich in immer knapper werdenden Athleten-Budgets begründeten Durststrecke -zumindest zeitenmäßig wieder deutlich erstarkt ist, bekam der zuletzt nicht nur bezüglich der Leistungen sondern in den Teilnehmerzahlen eindeutig vorbei gezogene Rivale aus Hessen trotzdem erneut weitaus mehr Schlagzeilen ab.

Denn obwohl Abdullah Dawit Shami mit 2:05:58 sogar eine neue Streckenbestzeit hinlegte, ließ sich ein weitgehend unbekannter Sieger aus dem kaum überschaubaren Reservoir äthiopischer Spitzenläufer, dessen Name zudem auch noch in den unterschiedlichsten Varianten und Kombinationen durch die Veröffentlichungen geistert, eben schwerer vermarkten als ein echter Marathonweltrekordler wie Patrick Makau.

Im Gegensatz zu den Äthiopiern, bei denen die Legende Haile Gebrselassie - noch immer aktiv und mit in Tokio gelaufenen 2:08:17 in der Weltrangliste notiert - auch weiterhin alles überstrahlt und praktisch alle anderen Athleten nur den absoluten Fachleuten bekannt sind, gibt es in Kenia gleich mehrere Läufer, die aufgrund konstanter Erfolge und herausragender Leistungen bei den ganz großen Rennen Star-Potential besitzen.

Wilson Kipsang, der neben zwei Frankfurt-Siegen 2010 und 2011 nun beim noch wesentlich prestigeträchtigeren London Marathon ganz oben stand und sich damit zum großen Olympiafavoriten machte, gehört sicher dazu, selbst wenn er - auch aufgrund taktischer Fehler - bei seinem zweiten Start in der britischen Metropole am Ende nur mit Bronze nach Hause fuhr. Ebenso wäre Abel Kirui zu nennen, der inzwischen mit zwei Weltmeistertiteln und jetzt auch mit olympischem Silber aufwarten kann.

Und dann sind da eben noch Weltrekordler Patrick Makau und Weltbestzeitinhaber Geoffrey Mutai zu nennen, dem 2011 als insgesamt fünften Läufer nach den Amerikanern Bill Rodgers und Alberto Salazar sowie seinen Landsleuten Joseph Chebet und Rodgers Rop der Doppelsieg in Boston und New York gelang. Allerdings schob er dabei zudem auch noch beide Streckenrekorde mit Verbesserungen um über zweieinhalb Minuten in kaum für möglich gehaltene Regionen.

Während Mutai sich in Berlin auch den von der IAAF offiziell anerkannten Rekord holen wollte, am Ende aber für ihn und den Veranstalter "nur" die Weltjahresbestzeit heraus sprang, war es den Frankfurtern gelungen, Makau für einen erneuten Angriff auf seine eigene Marke - ebenso wäre aber auch ein Konter auf eine an der Spree erneut verbesserte Zeit denkbar gewesen - zu verpflichtet.

Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt ließen diese Zielvorgabe schnell hinfällig werden. Aber durch einen Kraftakt auf den letzten Kilometern konnte sich der zwischenzeitlich bereits etwas abgehängte Makau in 2:06:08 zumindest den ersten Platz sichern. Und die Mainmetropole landete dadurch auch in überregionalen Zeitungen wieder mit Foto und Artikel auf der ersten Seite des Sportteils.

Dass diese Zeit von vielen trotzdem mit einer leichten Enttäuschung registriert wurde, hat sicher zum einen mit der im Vorfeld geschürten Erwartungshaltung zu tun, zeigt zum anderen aber auch die Leistungsexplosion der letzten Jahre im Marathonbereich. Denn bis 2007 hätte dieses Ergebnis mit wenigen Ausnahmen meist für die Führungsposition der Weltrangliste ausgereicht. Und schlechter als auf Rang vier wäre man nie einsortiert worden. Im Jahr 2012 bedeutet eine solche Leistung dagegen nur noch Platz siebenundzwanzig.

Um ganz vorne zu landen, musste man dagegen schon jene 2:04:15 laufen, die Geoffrey Mutai in Berlin auf den Asphalt legte. Selbst wenn auch der andere "schnellste Marathonmann der Welt" bei seinem Rekordversuch nicht erfolgreich war, ist dies immerhin die sechstbeste Zeit, die je über die Distanz erzielt wurde. Gleich dahinter folgte - in einem von vielen Beobachtern als "etwas seltsam" eingestuften "Duell" zweier Trainingskameraden - Dennis Kipruto Kimetto mit 2:04:16 als neue Nummer sieben auf der ewigen Rangliste.

Wie dicht es in diesem Zeitenbereich allerdings inzwischen zugeht, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass nicht nur in Berlin sondern auch in Dubai, Chicago, London und Rotterdam die Gewinner im Ziel waren, bevor die Uhr auf 2:05 umspringen konnte. Insgesamt wurde diese Marke im Verlauf des Jahres 2012 sogar elfmal - und damit häufiger als jemals zuvor - unterboten.

Durchaus beachtliche Siegerzeiten wie die 2:07:37 von Alfred Kering aus Kenia in Köln, die 2:08:27 des Äthiopiers Seboka Dibaba in Düsseldorf oder auch die 2:09:56 von Joseph Kiprono Kiptum aus Hannover werden da fast schon zur Dutzendware. Weit über zweihundertmal liefen nämlich - meist afrikanische - Athleten im gerade abgelaufenen Jahr unter 2:10, was ebenfalls eine neue Rekordzahl darstellt. Immerhin dreiunddreißig dieser Zeiten wurden dabei auf deutschen Straßen erzielt.

Unter 2:20 liefen die Ersten zudem in Karlsruhe (Samuel Maswai, 2:11:46), Mainz (Silas Toek, 2:12:17), Münster (Ahmed Nasef, 2:12:21), St. Wendel (Dickson Terer, 2:14:31), Kassel (Joseph Daudi, 2:14:47), Dresden (Agnesius Kiplagat Maiyo, 2:16:39), Bonn (Stephen Chepkopol, 2:16:53), Mannheim (Werkunesh Seyoum Aboye, 2:17:35) und Würzburg (John Kipkemoi Kirui, 2:18:13) sowie in München.

Wobei das Rennen in der bayerischen Landeshauptstadt allerdings in dieser Aufzählung eine gewisse Sonderrolle einnimmt. Denn dort ist der Gewinner keineswegs in Ost- oder Nordafrika geboren und aus einen der inzwischen recht zahlreichen Profirennställe verpflichtet sondern heißt Jan Simon Hamann und läuft für den USC Bochum.

Schon in den letzten Jahren hatte man in München als einziger unter den fünf Großen stärker auf heimische Namen und weniger auf die absoluten Spitzenzeiten gesetzt. Die nach 2006 erneut in den Marathon integrierten deutschen Meisterschaften lenkten das Medieninteresse nun allerdings auch über die reine Fachpresse hinaus wieder einmal stärker in Richtung Isar.

Es entbehrt dabei jedoch nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der noch vor wenigen Jahren wegen der aus seiner Sicht viel zu hohen an den Verband zu zahlenden Abgaben mit dem DLV heftig zerstrittene Organisator Gernot Weigl nach dem kurzfristigen Hamburger Verzicht die Austragung ein weiteres Mal übernahm.

Dank der Titelkämpfe standen am Start jedenfalls noch mehr deutsche Athleten als sonst, die man national zumindest der zweiten Leistungsreihe zuordnen könnte. Den Debütanten Hamann hatten dabei aber die wenigsten als kommenden Meister auf der Rechnung. Mit seinen 2:19:48 ist er zwar nicht der schnellste deutsche Marathonläufer aber immerhin der schnellste deutsche Marathonsieger des Jahres.

Für eine Aufnahme in die offizielle Weltrangliste der IAAF reicht dieses Ergebnis allerdings trotzdem schon nicht mehr. Denn diese endet wie üblich bei der Marke von 2:18. Dennoch ist sie umfangreicher als jemals zuvor und im Jahr 2012 nun auf weit mehr als dreizehnhundert Eintragungen angewachsen.

Dabei lassen sich mit etwas Mühe zudem noch einige weitere Zeiten finden, die von den Datensammlern des Weltverbandes übersehen oder aus welchen Gründen auch immer - denkbar wären zum Bespiel fehlende Anmeldung oder Genehmigung und nicht den exakten Vorgaben entsprechende Vermessung - als nicht relevant angesehen wurden. Der schon aufgrund seiner geringen Teilnehmerzahlen international kaum beachtete Marathon im saarländischen Sankt Wendel ist nun schon zum wiederholten Mal ein solcher Kandidat.

Im ebenfalls bereits einen neuen Rekordwert liefernden Vorjahr war die Aufzählung noch über hundert Namen kürzer. Erst 2008 war die Zahl der Einträge überhaupt zum ersten Mal vierstellig. Und seit Anfang des Jahrtausends hat sich die Länge der Liste sogar beinahe verdoppelt. Nicht nur in der absoluten sondern auch in der erweiterten Spitze wird also zunehmend schneller gelaufen.

Die Zuwächse gehen - auch das ist wenig verwunderlich, wenn man die Entwicklung der letzten Jahre ein wenig beobachtet hat - zu großen Teilen auf das Konto afrikanischer Läufer, bei denen ihrerseits wieder die beiden Großmächte Kenia und Äthiopien dominieren. Wie schon im Vorjahr wird fast die Hälfte aller Zeiten unter 2:18 - nämlich volle sechshundert und damit noch einmal fast fünfzig mehr als 2012 - alleine von Kenianern erzielt.

Deren große Rivalen aus dem nördlichen Nachbarland steuern weitere knapp zweihundertfünfzig Ergebnisse bei. Fügt man außerdem noch die in der Nationenwertung auf den Rängen fünf, sechs und sieben landenden Marokko, Eritrea und Südafrika hinzu, bleibt für Athleten anderer Kontinente weit weniger als ein Drittel aller Einträge in der Weltrangliste übrig.

Wenn man sich nur die besten hundert Zeiten des Jahres als Maßstab nimmt, scheint die Übermacht noch viel erdrückender. Denn nun lautet das Ergebnis sogar fünfundneunzig zu fünf zugunsten Afrikas. Nur der Franzose Patrick Tambwé, der Pole Henryk Szost, der Amerikaner Dathan Ritzenhein, der Japaner Arata Fujiwara sowie der Brasilianer Marilson dos Santos können überhaupt in diese Phalanx eindringen.

Nicht mehr vorhanden ist allerdings die im Vorjahr vorhandenen eindeutige Überlegenheit der Kenianer, die damals siebenundzwanzig der schnellsten dreißig Zeiten liefen. Auch wenn wieder zwei Läufer aus Kenia die Liste anführen, waren die Äthiopier 2012 wieder voll konkurrenzfähig und belegen - unter anderem durch Siege in Dubai, Rotterdam und Chicago - sogar sieben der ersten zehn Ränge. Erst mit Eintrag sechsundzwanzig haben die Kenianer erstmals den Gleichstand erreicht. Doch auch danach liegen beide Nationen meist ziemlich gleichauf.

Bis man allerdings ein anderes Länderkürzel als "KEN" oder "ETH" zu lesen bekommt, muss man sich schon zu Rang sechzig vorarbeiten, wo als erster Nichtafrikaner der - übrigens im Kongo geborenen - Patrick Tambwé mit einer 2:07:30 auftaucht. Ohne die Doppelnennung gleich mehrfach schnellerer Läufer ist er immerhin Fünfzigster. Mit Abstand bester Läufer aus dem deutschsprachigen Raum in der Liste ist der Schweizer Viktor Röthlin, der in Tokio 2:08:32 lief.

Da auch Henryk Szost seine 2:07:39 in Japan beim Lake Biwa Marathon - einem reinen Eliterennen in der Stadt Otsu - erzielte und Tambwés Zeit vom israelischen Tiberias Marathon am See Genezareth kommt, ist somit ausgerechnet der ursprünglich aus Kenia stammende Franzose Abraham Kiprotich mit einer 2:08:35 aus Düsseldorf der schnellste Europäer auf europäischem Asphalt.

Der bestplatzierte Deutsche in der Liste ist Jan Fitschen, dessen 2:13:10 von Berlin von über vierhundert Läufern mit fast sechshundert Ergebnissen unterboten wird. Auch dies verdeutlicht die enorme Leistungsdichte, die sich inzwischen im Marathon ergeben hat. Denn zumindest im Durchschnitt ergibt sich für jede einzelne Sekunde, die den Wattenscheider von der Jahresweltbestzeit trennt, mindestens ein Ranglisteneintrag. Und die 2:13:57 von Sören Kah in Frankfurt wird bereits mehr als einhundert Plätze später einsortiert.

Der Späteinsteiger, den nur eine Fußballverletzung zum Laufsport brachte, taucht mit einer 2:14:25 aus Hamburg ein weiteres Mal auf. Robert Krebs erzielte in Rotterdam 2:16:40, mit der man allerdings schon weit jenseits Platz tausend landet. Ebenfalls noch schneller als der neue deutsche Meister waren Markus Weiß-Latzko mit 2:18:06 in Frankfurt sowie Falk Cierpinski mit 2:18:52 in Köln.

Wirklich vertrackt wird die Situation dann beim Deutsch-Polen Marian Blazinski, den der DLV unter anderem als seinen schnellsten Halbmarathonläufer 2012 führt. Denn für die deutsche Marathon-Bestenliste ist er mit einer 2:17:18 als beste Leistung notiert, die in Düsseldorf für den Verein SG Schramberg erzielt wurde. In der Weltrangliste taucht der gleichen Sportler allerdings als Pole und zudem bereits mit einer 2:15:34 aus Warschau auf.

Dort lief er jedoch für den Klub WKB Meta Lublienec in der Namensvariante "B?azi?ski". Und vom polnischen Verband wird er mit dieser Zeit als Neunter der eigenen Liste geführt. Selbst bei so vermeintlich einfachen Dingen wie Bestenlisten in der doch eigentlich ziemlich simplen Sportart Langstreckenlauf gibt es im Regelwerk wohl genügend juristischen Spitzfindigkeiten, mit denen man sich bei Bedarf auseinander setzen kann und muss.

Die relativ kurze Aufzählung zeigt, dass die deutsche Marathonelite auch 2012 nicht viel breiter als im Vorjahr aufgestellt ist. Doch zumindest Jan Fitschen und Sören Kah haben sich um mehrere Minuten verbessert und in der Rangliste einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht.

Trotzdem ist man damit international noch ein ganzes Stück von Spitzenrängen entfernt. Denn selbst wenn man die leistungsmäßig weit enteilten Ostafrikaner einmal außen vor lässt und den Blick nur auf Europa beschränkt, waren noch sechsundzwanzig Läufer schneller als der DLV-Jahresbeste Jan Fitschen.

Neben den schon Erwähnten schafft es allerdings nur noch der Niederländer Michel Butter mit 2:09:58 knapp unter 2:10 zu kommen. Der Italiener Ruggero Pertile landet in 2:10:06 ebenso knapp darüber wie Marcin Chabowski (2:10:07) aus Polen, das mit gleich drei Läufern unter den besten Zehn und fünf in den ersten Fünfzehn wohl im Augenblick die eindeutig stärkste Mannschaft des Kontinents stellen kann.

Recht gut vertreten sind auch Russland und die Ukraine, die in Aleksey Sokolov (2:10:59) und Ivan Babaryka (2:11:48) ihre jeweils schnellsten Marathonis haben. Doch auch dem hohen Norden rangieren Läufer noch vor den Deutschen, wenn man es auch den wenig skandinavischen Namen Mustafa Mohamed (2:12:28, Schweden) und Urige Buta (2:12:46, Norwegen) nicht auf den ersten Blick ansieht.

Nur noch wenig übrig ist allerdings von der früheren spanischen Herrlichkeit, die insbesondere in den Neunzigern mit einer ganzen Serie von Welt- und Europameistertiteln ihren Höhepunkt fand. Nun ist José Carlos Hernández (2:11:57) der schnellste Iberer. Dass es bei den ebenfalls früher ziemlich starken Italienern kaum besser aussieht und hinter Pertile eine mehrminütige Lücke klafft, kann gerade angesichts einiger auch im Radsport aktiver Ärzte aus diesen beiden Ländern schon zum Grübeln anregen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Während die Weltspitze immer weiter enteilt, ist in Europa jedenfalls seit über einem halben Jahrzehnt eindeutig eine Stagnation zu beobachten. Eine Situation wie im Jahr 2000, als der Portugiese Antonio Pinto mit dem noch immer gültigen Europarekord von 2:06:36 sogar die Rangliste anführte, scheint inzwischen völlig undenkbar. Und selbst vor einem Vierteljahrhundert sah die kontinentale Rangliste kaum anders aus als heute.

Dass man dies nicht als gegeben hinnehmen und sich auf die gerne vorgebrachten Argumente von genetischen Vorteilen der Ostafrikaner oder ihrem Aufwachsen in der Höhe - als ob es anderswo nicht auch Menschen auf fünfzehnhundert oder zweitausend Meter leben würden - zurückziehen muss, zeigt der Blick über den großen Teich. Denn die noch vor wenigen Jahren ebenfalls völlig abgehängten Amerikaner waren 2012 eigentlich die großen Gewinner.

Zwar schaffte es aus den USA auch nur Dathan Ritzenhein unter die besten hundert der Weltrangliste. Doch Meb Keflezighi lief acht Jahre nach seiner Silbermedaille in Athen bei den Spielen von London hinter dem Überraschungsolympiasieger Stephen Kiprotich aus Uganda sowie den Kenianern Abel Kirui und Wilson Kipsang als Vierter ein. Zusammen mit Landsmann Ryan Hall, der im superschnellen Rennen von Boston 2011 sogar eine 2:04:58 gelaufen war, rangiert er zudem immerhin unter den schnellsten Zweihundert.

Vor allen überzeugen die Amerikaner aber durch eine inzwischen wieder enorme Breite. Denn in der Jahresweltrangliste wurde hinter mehr als sechzig Einträgen als Nationalität des Läufers das Kürzel "USA" notiert. Das sind rund doppelt so viele Ergebnisse wie noch ein Jahr zuvor und nun auch wieder deutlich mehr, als die zuletzt wesentlich besseren Marokkaner im Jahr 2012 erzielen konnten.

Alleine bei den Olympia-Ausscheidungen, die in einem separaten Rennen am Tag vor dem Houston Marathon ausgetragen wurden, kamen fünfzig Athleten unter 2:20 ins Ziel. Ob dieses knallharte Verfahren, bei dem ein einziger Lauf über die Nominierung entscheidet, wirklich gerecht ist und die tatsächlich besten ins Team bringt, sei einmal dahin gestellt. Der spätere Jahresbeste Dathan Ritzenhein verpasste als Vierter zum Beispiel das Olympiaticket. Leistungsfördernd scheint es aber offensichtlich irgendwie doch zu sein.

Noch wesentlich stärker als die Amerikaner präsentiert sich allerdings - wie eigentlich in den letzten Jahren absolut üblich - eine Nation, in der Marathonlaufen einen Stellenwert hat wie vielleicht nirgendwo sonst auf der Welt. Wieder einmal ist Japan hinter den beiden ostafrikanischen Großmächten die dritte Kraft. Zehnmal liefen Athleten aus dem Land der aufgehenden Sonne unter 2:10 und weit über hundertmal sind sie in der Weltrangliste notiert.

Nachdem in der Vergangenheit hauptsächlich traditionsreiche Eliterennen wie Lake Biwa oder Fukuoka mit hohen Qualifikationsstandards die japanische Szene dominierten, sind in den letzten Jahren im Inselstaat auch eine ganze Reihe großer Stadtmarathons entstanden, die sich an der international übliche Mischung aus Spitze und Breite orientieren. Diese haben noch einmal einen gewaltigen Aufschwung ausgelöst.

Neben dem Lauf von Tokio, der trotz etwa vierzigtausend zur Verfügung stehender Startplätze schon nach wenigen Austragungen zehnfach überbucht ist und in Zukunft als sechstes Mitglied die bisher aus Boston, London, Berlin, Chicago und New York bestehende Marathon-Majors-Serie erweitern soll, kommen auch die noch jüngeren Rennen in Osaka und Kobe in den Bereich von zwanzigtausend oder mehr Startern. Bei insgesamt mehr als ein halbes Dutzend Veranstaltungen sind die Werte fünfstellig.

Hinter den USA, wo inzwischen über eine halbe Million Zieleinläufe gezählt werden, ist Japan eindeutig der zweitgrößte Marathonmarkt. Und in beiden Ländern gehen mit den steigenden Teilnehmerzahlen anscheinend auch die Leistungen nach oben. Natürlich ist weder das amerikanische noch das japanische Sportsystem mit dem europäischen vergleichbar. Doch zeigen beide Beispiele, dass man sehr wohl auch dann ziemlich schnell laufen kann, wenn man nicht aus Kenia oder Äthiopien stammt.

Nicht ganz so dominant sind diese beiden Nationen bei den Frauen, selbst wenn mit Mary Keitany mit ihrer 2:18:37 vom Stadtmarathon in London eine Kenianerin die Rangliste vor der äthiopischen Olympiasiegerin Tiki Gelana anführt, die vier Monate vor dem Gewinn der Goldmedaille in Rotterdam noch 2:18:58 lief. Zwar werden die ersten zwanzig Zeiten allesamt von Ostafrikanerinnen erzielt, doch immerhin - und dies ist im Vergleich zu den Männern durchaus bemerkenswert - sind es von den besten hundert "nur" zweiundsechzig.

So bleibt für andere Nationen in diesem Fall ein wenig mehr vom Kuchen übrig. Beste Nichtafrikanerinnen sind die Chinesin Jiali Wang mit 2:22:41 auf Rang dreiundzwanzig, die Russin Liliya Shobukhova - zuletzt belegte sie mit ihren Zeiten noch zweimal hintereinander Platz eins in der Welt - mit 2:22:59 direkt dahinter sowie die 2:23:23 laufende Risa Shigetomo aus Japan.

Mit Irina Mikitenko (2:24:53) landet zudem auch eine DLV-Athletin mit der achtundfünftzigsten Zeit des Jahres noch einigermaßen im Vorderfeld. Doch konnte die inzwischen in der W40 startende Läuferin damit nicht ganz an das Vorjahr - da war sie auf Rang neun - und schon gar nicht an die Jahre 2008 und 2009 anknüpfen, in denen sie als Vorgängerin von Shobukhova die Rangliste anführte.

Aber selbst mit der zweieinhalb Minuten schnelleren Zeit von 2011 hätte diesmal nicht zu einem Platz unter den ersten Zwanzig gereicht. Denn auch bei den Frauen wird das Tempo in den letzten Jahren zunehmend höher. Sechsmal - und damit so oft wie nie zuvor - wurde unter 2:20 gelaufen. In Dubai fiel die Marke durch Aselefech Mergia (2:19:31), Lucy Wangui Kabuu (2:19:34) und Mare Dibaba (2:19:52) gleich dreimal. Und auch Edna Kiplagat konnte in London als Zweite eine 2:19:50 erzielen.

Zwölf weitere Zeiten unter 2:22 und insgesamt fünfundvierzig unter 2:24 übertreffen die bisherigen Rekordergebnisse deutlich. Erstmals zeigte die Uhr auch für über zweihundert Läuferinnen beim Queren der Ziellinie weniger als 2:30 an. Irina Mikitenko gelang dies gleich doppelt, und beide Male in London. Denn neben dem Stadtmarathon im April lief sie auf den Straßen der britischen Hauptstadt auch bei Olympia eine 2:26:44, die beim wichtigsten Rennen des Jahres jedoch nur zu einem vierzehnten Platz reichte.

Die genannten Zahlen zeigen allerdings, dass die Leistungsdichte längst nicht so groß ist wie bei den Herren. Ganz grob gesprochen ist sie nicht einmal halb so hoch, darf man doch als Mann nur gute fünf anstelle von elf Minuten länger benötigen als der Jahresschnellste, um eine Platzierung kleiner als zweihundert zu erreichen. Umgekehrt tummeln sich im gerade angesprochenen Elf-Minuten-Fenster hinter der Bestzeit dann schon über sechshundert verschiedene Läufer mit fast neunhundert Resultaten.

So gesehen ist die DLV-Entscheidung Anna Hahner, die in Düsseldorf mit 2:30:14 die Verbandsvorgabe von 2:30 knapp verfehlte, nicht für Olympia zu nominieren, wohl durchaus zu recht kontrovers diskutiert worden. Nimmt man nämlich von all den vor ihr liegenden Läuferinnen pro Nation nur das maximale Meldekontingent von drei in die Zählung auf, kommt schon etwa eine Platzierung im Bereich von fünfzig heraus.

Das ist sicherlich noch ein ganzes Stück entfernt von jener "Endkampfchance", die hierzulande als Richtlinie für einen Olympiastartplatz gilt. Doch wenn alle anderen NOK ähnlich verfahren würden, stünden vermutlich bei einem olympischen Marathon sowohl bei den Männern wie auch bei den Frauen demnächst nur noch Sportler aus ungefähr einem halben Dutzend Teams an der Startlinie.

Wie willkürlich das Limit zudem gewählt war, zeigt das Ergebnis von Susanne Hahn, die den von ihr im Jahr zuvor unterbotenen Zielwert vor dem Buckingham Palast mit überzeugenden 2:30:22 erneut fast auf den Punkt genau traf, ihre Nominierung damit absolut rechtfertigte und trotzdem nicht über Platz zweiunddreißig hinaus kam. Kein Rennen bestimmt die etwas über tausend Einträge umfassende und bei 2:43 endende Weltrangliste der Frauen nämlich so wie der Olympiamarathon.

Volle achtundachtzig Einträge - also ziemlich exakt ein Zwölftel der gesamten Aufzählung - steuerte der Lauf im August bei und ist damit tatsächlich der leistungsmäßige Höhepunkt des Jahres. In ähnliche Regionen dringt ansonsten nur noch die US-Olympiaqualifikation von Houston vor, die immerhin einundsechzigmal genannt wird. Nur zum Vergleich sei gesagt, dass alle deutschen Marathons zusammen mit fünfundsiebzig Ergebnissen kaum häufiger vertreten sind.

Darunter sind alle weiteren Leistungen, mit denen deutsche Läuferinnen genannt werden. Nur wenig hinter ihren jeweils besten Zeiten tauchen dabei Anna Hahner und Susanne Hahn ein weiteres Mal auf. Während Anna Hahner mit 2:30:37 in Berlin jedoch nur Achte wurde, konnte sich Susanne Hahn in München nach 2:32:13 nicht nur ihren zweiten deutschen Marathontitel sichern sondern auch mit großem Abstand Gesamtsiegerin werden.

Zwischen den beiden entdeckt man in der Auflistung zudem auch noch Annas Zwillingschwester Lisa, die bei ihrem Marathondebut in Frankfurt eine 2:31:28 auf den Asphalt legte. Weit weniger im Fokus der Medien als die bereits zu den großen Hoffnungsträgern der Szene erklärten Hahner-Schwestern fiel die Premiere von Veronica Pohl im gleichen Rennen mit 2:34:59 gerade einmal dreieinhalb Minuten langsamer aus.

Mona Stockhecke hatte zwar zuvor schon Marathonerfahrungen gesammelt, doch mit ihrer ebenfalls in Frankfurt erzielten neuen Bestzeit von 2:38:18 taucht die aus Hamburg stammende, aber für den Züricher LAC TV Unterstrass startende Läuferin ebenfalls zum ersten Mal in der Rangliste des Weltverbandes auf.

Bernadette Pichlmaier ist dort dagegen seit einem halben Jahrzehnt Stammgast. In Hannover lief die Bayerin, die sich mit Jahrgang 1969 bereits langsam der Altersklasse W45 nähert, auf die Sekunde genau die gleiche Zeit wie Stockhecke und wurde damit am Maschsee als Zehntplatzierte noch vor der nur ungefähr halb so alten und 2:39:03 benötigenden Katharina Heinig - neben den Hahner-Zwillingen dritte Läuferin des Jahrganges 1989, die sich relativ frühzeitig an den Marathon herangewagt hat - beste Deutsche.

Selbst wenn man mit einer Siegerzeit von 2:30:17 durch die Russin Natalya Puchkova und die nur Sekundenbruchteile dahinter einkommende Äthiopierin Aberu Mekuria in der Spitze natürlich nicht mit Berlin, wo sich Aberu Kebede durch eine 2:20:30 zur achtschnellsten Läuferin des Jahres machte, mithalten kann, war die Breite in Hannover also durchaus vergleichbar. Elf Ergebnissen aus der deutschen Hauptstadt stehen in der Weltrangliste sogar zwölf aus Niedersachsen gegenüber.

Auch Düsseldorf ist insgesamt zehnmal aufgeführt. Am häufigsten taucht mit vierzehn Nennungen allerdings erneut Frankfurt in dieser Aufzählung auf. Der nun bei 2:21:01 stehende neue Streckenrekord der dadurch als Zwölfte in der Weltrangliste geführten Äthiopierin Meselech Melkamu brachte den Marathon in der Bankenmetropole zumindest bei den Frauen dicht an den Platzhirschen aus Berlin heran.

Mit Tirfi Tsegaye (2:21:19, Berlin) und Georgina Rono (2:21:39, Frankfurt) sind beide Städte zudem kurz darauf noch einmal mit der jeweils Zweiten genannt. Ganz egal, ob man die 2:23:47 der später disqualifizierten Nguriatukei Rael Kiyara betrachtet oder die 2:24:12 der nun als Gewinnerin geführten Netsanet Achamo, kann Hamburg dabei nicht ganz mithalten. Selbst wenn bei den Männern dort ein wenig schneller gelaufen wurde als am Main, landet die Hansestadt deshalb in der Gesamtbetrachtung beider Siegerzeiten auf Rang drei.

Durch eine 2:25:34 von Helena Loshanyang Kirop sortiert sich Köln auch mit der Frauensiegerzeit knapp vor den Rivalen aus dem nahen und rund um den Dom ziemlich ungeliebten Düsseldorf ein. Dafür war das Feld einige Kilometer rheinabwärts dann allerdings deutlich dichter besetzt. Denn die ersten acht Läuferinnen kamen dort innerhalb von nur gut fünf Minuten ins Ziel.

In Mainz bewegte sich die Russin Tatyana Vilisova bei ihrem Erfolg mit 2:32:02 genauso im für die Veranstaltung üblichen Zeitbereich wie Nancy Joan Rotich (2:38:13) in Münster. Karlsruhe und Kassel konnten dagegen durch Joyce Kandie (2:34:36) und Salome Jerono Biwott (2:35:23) neue Streckenrekorde registrieren. Klar unter 2:45 blieb Lydia Ruto Jerotich mit ihrer 2:42:37 von Würzburg. Hauchdünn darüber kam dagegen Silke Optekamp (2:45:03) bei der fünfzigsten Austragung des ältesten deutschen Marathons am Essener Baldeneysee ins Ziel.

Leistungsdichte Männer unter 3:00 h

Wo fanden Bestzeitenjäger 2012 in Deutschland starke Gruppen

Der Marathon mit den schnellsten Siegerzeiten muss nicht zwangsläufig zur persönlichen Bestzeit führen. So gelingt es den besten Eliteläufern mit nur wenigen Sekunden Verlust, Streckenschwierigkeiten zu meistern. Für einen Spitzenplatz im Ranking reicht es, einen Mann und eine Frau gut durchzubringen. Dafür wird von Veranstalterseite mitunter auch ein Service geleistet, der weit bessere Bedingungen liefert, als sie "Otto Normalverbraucher" vorfindet.

Leistungsorientierten Läuferinnen und Läufern aus dem Freizeitsportbereich nützt die persönliche Betreuung der Elite an der Spitze gar nichts. Kaum verwunderlich ist es dennoch, dass es die starken Gruppen genau bei den bekannten Großen der Marathonszene gibt. Bei welchem Marathon die Chancen auch für schnellere Teilnehmer gut sind, eine Gruppe zu finden, ist anhand der Grafiken leicht abzulesen.

Unberücksichtigt bleibt hier, dass sich bei Marathons etwa mit zeitgleich startendem Halbmarathonfeld und bei sich auf der Strecke tummelnden frisch eingewechselten Staffelläufern zusätzlich Gruppen bilden, die der Einsamkeit des Langstreckenläufers entgegen wirken.

In der Grafik sind alle Marathons ab 300 TN mit mehr als 20 Männern unter 3:00 h. (22 Stück)

So sind die deutschen Marathons bezogen auf die erzielten Leistungen auch in der Breite im internationalen Vergleich relativ gut aufgestellt. Italien bringt zwar noch zwei Marathons mehr in die Weltrangliste ein, hat dafür aber einige Zeiten weniger zu bieten. Im Falle von Japan ist die Konstellation genau umgekehrt.

Eindeutig führend sind in jeder Hinsicht allerdings die Rennen der USA, in denen alleine ein Sechstel der Weltrangliste gemacht wird. Übrigens sind die amerikanischen Damen darin auch als einzige außer Äthiopien - bei den Frauen stärker als der Nachbar im Süden - und Kenia mit mehr als einhundert Zeiten vertreten.

Die beiden nächststärksten Kontingente werden von Japan und China gestellt. Ein wenig beruhigend ist dabei allerdings, dass die Leistungen der Läuferinnen aus dem Reich der Mitte längst nicht mehr so außergewöhnlich sind wie zur "Schildkrötenblut-Periode" in den Neunzigern durch die Schützlinge des berühmt-berüchtigten Trainers Ma Junren.

Lässt man den Sonderfall Großbritannien einmal außen vor, bei dem wie bereits erwähnt der Olympiamarathon das Bild erheblich verfälscht, ist China jedoch auch das einzige Land, das im Hinblick auf die Zahl der vertretenen Veranstaltungen und der dort erzielten Zeiten einigermaßen mit den Vereinigen Staaten mithalten kann. Noch fehlen dort die Megamarathons mit zwanzig-, dreißig oder vierzigtausend Teilnehmern, wie man auf der anderen Seite des Pazifiks in New York, Chicago oder Boston findet.

Leistungsdichte Frauen unter 3:20 h

Wo fanden Bestzeitenjägerinnen 2012 in Deutschland starke Gruppen

Da es in Deutschland keine reinen Frauenläufe gibt, ist die Aufzeichnung für Marathonläuferinnen unter 3:20 h im Ziel, mehr ein Hinweis, wo es evtl. was zu verdienen gibt. Es kann unterstellt werden, dass bei Marathons mit vielen männlichen Teilnehmern, die unter 3 Stunden bleiben, auch im Bereich bis 3:20 h eine höhere Teilnehmerdichte zu erwarten ist.

Dass wir nicht auch Grafiken für längere Laufzeiten erstellt haben, hat nur den Grund, dass sich die Einsamkeit des Langstreckenläufers erst wieder am Ende des Feldes einstellt. Mitunter wäre im Mittelfeld eine umgedrehte Betrachtung interessant: Wo kann ich z.B. bei einer Laufzeit von 4 Stunden mit ausreichender Bewegungsfreiheit rechnen. Dies ist aber etwa aufgrund zeitversetzer Startgruppen statistisch kaum anhand reiner Zahlen zu ermitteln.

In der Grafik sind alle Marathons ab 300 TN mit mehr als 3 Frauen unter 3:20 h. (22 Stück)

Leistungsdichte Frauen unter 3:00 h

Wo fanden Bestzeitenjägerinnen 2012 in Deutschland starke Gruppen

In der Grafik sind alle Marathons ab 300 TN mit mehr als 2 Frauen unter 3:00 h. (16 Stück) - interessant dass in Frankfurt mit 37 Frauen bei 2180 Teilnehmerinnen fast gleich viele unter 3 h gelaufen sind wie in Berlin mit 42 Frauen bei 7905 Teilnehmerinnen.

Doch der wirtschaftliche Aufschwung bewirkt, dass sich in vielen hierzulande oft völlig unbekannten Millionenmetropolen finanzkräftiger Rennen mit immer besser besetzten Elitefeldern entwickeln. Bei den Männern ist man dabei abgesehen von den noch fehlenden absoluten Spitzenergebnissen sogar praktisch schon auf den Niveau der USA angekommen - im Gegensatz zu den Damen allerdings nicht dank einheimischer Asse sondern wie im Rest der Welt auch weitgehend mit schnellen Ostafrikanern.

Das stellt sich in Japan, das ebenfalls ungefähr in der gleichen Größenordnung vertreten ist, dann allerdings schon etwas anders dar. Mehr als einhundert Mal und damit mit großem Abstand am häufigsten lässt sich die Kombination "japanischer Läufer / japanisches Rennen" in der Weltrangliste entdecken. Fast drei Viertel aller Klassezeiten werden im Inselstaat also von einheimischen Athleten erzielt.

Dahinter werden deutsche Marathons am vierthäufigsten genannt. Bei fast hundertfünfzig Zieleinläufen blieb die Uhr vor 2:20 stehen. Und betrachtet man nur die schnellsten hundert Zeiten sind weder China noch Japan ähnlich oft notiert. Auch bis Platz zweihundert stellt sich das Bild kaum anders dar. Die USA liegen sogar in beiden Fällen noch weiter zurück. Dabei macht sich allerdings bemerkbar, dass mit Boston eines der drei am höchsten dotierten Rennen des Landes unter viel zu warmen Bedingungen litt und mit New York ein anderes komplett ausfiel.

Die größte Konkurrenz bezüglich der Dichte an Weltklassezeiten sitzt im Nordwesten Mitteleuropas. Denn in den Niederlanden organisiert man mit Rotterdam, Amsterdam, Eindhoven und mit einigen Abstrichen auch Enschede gleich vier Rennen mit ziemlich breiten Spitzenfeldern. Bei den ersten drei werden jedenfalls jeweils zwanzig oder mehr Zeiten für die Weltrangliste gelaufen.

Doch während man zumindest von den Veranstaltungen in Rotterdam und Amsterdam schon einmal gehört hat, wenn man sich ein wenig mit dem Marathonlaufen beschäftigt, erwartet man Südkorea nun wahrlich nicht unbedingt besonders weit vorne. Denn von wichtigen Rennen in diesem Land ist in Europa eigentlich nicht viel bekannt. Doch ähnlich wie in China erlebt dort die Szene einen Aufschwung, der nun dafür sorgt, dass diesmal über ein Zehntel aller Top-Zeiten aus Seoul, Daegu, Gyeongju oder Chunchon stammen.

Selbst wenn in Berlin die beiden besten Leistungen des Jahres erzielt werden, stehen Frankfurt, Hamburg und Köln sowie etwas später sogar Düsseldorf dem Hauptstadtmarathon in der Zahl der Nennungen im Vorderfeld eigentlich kaum nach. Bei den schon erwähnten vierzehn Einträgen unter den ersten Hundert sind Berlin und Frankfurt nämlich nur dreimal, Hamburg und Köln dagegen viermal dabei. Siebenmal Frankfurt und Berlin, sechsmal Köln, fünfmal Hamburg und Düsseldorf lauten die Zahlen bis Platz zweihundert.

Insgesamt ist das Spitzenfeld in Frankfurt, wo sechsundzwanzig Zeiten unter 2:20 in der Ergebnisliste stehen, erneut ein am breitesten aufgestellt. In Berlin sind es dagegen nur einundzwanzig. Doch setzt man an der Spree fast schon traditionell eher auf wenige bekannte Namen ganz vorne als auf möglichst viele "junge Wilde" aus der zweiten Leistungsreihe, von denen man dann hoffen muss, dass einige darunter sind, die bei der Jagd auf eine gute Zeit durchkommen.

Aber auch in Hessen, wo man mit diesem Konzept einige Male ziemlich erfolgreich war, konnte man nicht an die im Vorjahr erzielten Rekordwerte mit vierundvierzig Zeiten anknüpfen. Die Vermutung, dass dafür nicht alleine die ungemütlichen Wetterbedingungen sondern auch die nach der Verpflichtung eines Weltrekordlers etwas verschobenen Gewichte verantwortlich waren, liegt durchaus nahe.

Ebenfalls noch zweistellig sind Hamburg, Köln und Düsseldorf in der Weltrangliste vertreten. Hannover und Münster sind dort mit immerhin acht, Karlsruhe mit sechs Ergebnissen gelistet. Selbst wenn solche Zahlen durchaus häufig als Maßstab dafür benutzt werden, ob ein Marathon für eine neue persönliche Bestzeit geeignet ist, und die Veranstalter dies auch manchmal tatsächlich zur Werbung nutzen, zeigen sie aber doch oft viel eher, wie viel Geld für Antritts-, Sieg- und Platzprämien zur Verfügung steht.

Ein Blick etwas weiter nach hinten liefert zu diesem Thema weitere, allerdings oft recht widersprüchliche Indizien. Interessant ist zum Beispiel wie viele Läufer die Drei-Stunden-Barriere unterbieten können, also jene Marke, die - selbst wenn das heute von vielen anders gesehen wird - auch weiterhin als Grenze zwischen Leistungs- und Freizeitsport angesehen werden kann.

Schon alleine aus Gründen der statistischen Wahrscheinlichkeit sind das im Riesenfeld von Berlin mit - nimmt man Männer und Frauen zusammen - fast vierzehnhundert Sportlern natürlich tatsächlich die meisten. Doch Frankfurt, das nur etwa ein Drittel der Teilnehmer zu bieten hat, kann mit knapp neunhundert relativ gesehen deutlich mehr bieten. In Hamburg, wo man kaum weniger Läufer im Ziel hat als in der Bankenstadt, gab es dagegen nicht einmal halb so viele Zeiten in diesem Bereich.

München profitierte bei seinen etwa dreihundert Drei-Stunden-Läufern eindeutig von den Deutschen Meisterschaften. Beim - insgesamt nur zwölfhundert Teilnehmer weniger zählenden - Köln Marathon kamen am gleichen Tag weiter im Nordwesten gerade einmal hunderteinundzwanzig unter dieser markanten Grenze an. Da waren es im Frühjahr beim kleineren Nachbarn in Düsseldorf sogar neunzehn mehr.

Anteil der Finisher unter 3 Stunden

Alle 44 Veranstalter mit mehr als 300 TN - Allgäu Panorama Lauf hat 0 unter 3 h

Betrachtet man statt der absoluten nun die relativen Zahlen stellt sich die Situation völlig anders dar. Denn erneut ist zwar Frankfurt mit einer Drei-Stunden-Quote von 7,5 Prozent auf Rang zwei ziemlich weit vorne dabei. Doch den Spitzenplatz nimmt mit noch einmal drei Zehntelprozentpunkten mehr der bisher noch überhaupt nicht erwähnte Marathon im pfälzischen Kandel ein.

Absolute Spitzenzeiten wie in den Achtzigern und Neunzigern, in denen der Sieg regelmäßig unter 2:20 weg ging und bei einer dort ausgetragenen DM zu einem Streckenrekord von 2:14:15 führten, werden auf der Wendepunktstrecke zwar nicht mehr gelaufen. Doch steht sie eben auch weiterhin im Ruf, für persönliche Rekorde oder zumindest das Setzen einer ersten Duftmarke zum Saisonbeginn ziemlich gute Voraussetzungen zu bieten.

Ebenfalls noch in den Bereich von sieben oder mehr Prozent landen Kassel, Sankt Wendel und der Winterlauf von Bad Füssing. Von den Marathons, bei denen aufgrund einer gewissen Größe Zufallseffekte sich nicht mehr so extrem durchschlagen und ein Läufer mehr oder weniger schon eine deutliche Verschiebung bringen könnte, sind die Sachsen aus Dresden und Leipzig sowie Mainz und Hannover mit 5,6 und dreimal 5,4 Prozent relativ weit vorne.

In München lassen sich fünf Prozent errechnen. Düsseldorf hat dagegen nur noch eine Quote von 4,6 zu bieten. Der vermeintlich so schnelle Berlin Marathon belegt mit vier Prozent kaum mehr als einen Mittelplatz. An Elbe und Alster kamen gerade noch 3,6 Prozent des Feldes in weniger als hundertachtzig Minuten ins Ziel. Und Köln bewegt sich mit zweieinhalb Prozent in Bereichen, in denen sich ansonsten meist nur noch Landschaftsmarathons tummeln.

Doch zeigt gerade dieses Beispiel auch, wie schwierig es ist, wirklich Ursache und Wirkung voneinander zu trennen. Denn natürlich ist der Kurs in der Domstadt keineswegs so anspruchsvoll wie in Bühlertal, in Monschau oder an der Weinstraße, die bezüglich der Drei-Stunden-Quote in ähnlichen Regionen landen. Vermutlich ist die Strecke nicht einmal merklich schwerer als die von Kandel. Doch ist die Zusammensetzung der Starterfelder bei beiden Veranstaltungen halt vollkommen unterschiedlich.

Während es bei Stadtmarathons im mittleren und hinteren Bereich oft ohne Ambitionen auf gute Zeiten hauptsächlich einzig und allein ums Ankommen geht, werden sich auf die langen, zuschauerarmen Geraden im Bienwald wohl kaum jene Freizeitläufer verirren, die von einer möglichst großen Masse am Straßenrand gefeiert werden wollen. Wer in der Zeit zwischen dem Ende des Winters und dem Beginn des wirklichen Frühjahrs in der Pfalz an die Startlinie tritt, hat in der Regel tatsächlich eher die Uhr im Blick.

Anteil der Finisher unter 4 Stunden

Setzt man die Grenze noch eine Stunde langsamer an - eine Marke, an der noch vor einem Vierteljahrhundert die Felder bereits ziemlich ausdünnten, deren Erreichen heutzutage jedoch manchmal schon wie eine "Heldentat" gefeiert wird - lässt sich das noch viel deutlicher zeigen. Denn auch hier ist Kandel mit 68,8 Prozent wieder unangefochtener Spitzenreiter vor dem noch einen Monat vorher stattfindenden Marathon in Bad Füssing mit 64,7 Prozent.

Erneut sind auch die Rennen von Dresden und Leipzig vorne dabei, wo sich Quoten von 63,9 und 63,7 ermitteln lassen. Weitere eher mittelgroße Veranstaltungen wie Ulm ( 62,8%), Essen (62,2%), Freiburg (61,6%), Mainz (61,1%), Bremen und Hannover (jeweils 60,6%) folgen dahinter. Von den Großen schafft es dagegen nur Frankfurt noch über die sechzig Prozent. München (56,1%) und Düsseldorf (55,9%) fallen demgegenüber schon deutlich ab.

In Hamburg schafft es bei einem Vier-Stunden-Läufer-Anteil von 52,2 Prozent kaum mehr als die Hälfte des Feldes die Distanz in weniger als zweihundertvierzig Minuten. Und bei den Kölnern liegt der Wert noch einmal sieben Zehntelpunkte darunter. Doch ist dies im Vergleich zum Vorjahr, als dort nicht einmal zwei Fünftel aller Starter diese Zeitmarke unterbot, eine mehr als deutliche Veränderung.

Zwar konnte man tatsächlich einige hundert Läufer mehr unter vier Stunden im Ziel begrüßen. Doch ist dieser Sprung vermutlich doch viel eher darauf zurück zu führen, dass am früher ziemlich großen Schwanz des Feldes ein erheblicher Schwund festzustellen war, der insgesamt zu einem erneuten Rückgang der Teilnehmerzahlen führte. Der Kölner Lauf hat - wohl auch durch die Umgestaltung der Strecke - in den letzten beiden Jahren seinen Charakter jedenfalls deutlich verändert.

So ist jetzt der schnellste Marathon in Deutschland zugleich auch der langsamste unter den Großen. Denn in Berlin hatte man wie üblich beim Umspringen der Uhr auf eine Vier als erste Ziffer noch weniger als fünfzig Prozent aller Zieleinläufe erreicht. Neben dem hohen Frauenanteil spielen dabei sicher auch die nirgendwo sonst im Land so zahlreich vertretenen Lauftouristen eine Rolle. Insbesondere im angelsächsischen Raum fallen die Zeiten in der Breite schließlich noch deutlich schlechter aus.

Ob diese Begründung wirklich stichhaltig ist, wird sich wohl schon bei der nächsten, der vierzigsten Auflage erkennen lassen. Denn dadurch, dass der Jubiläumslauf innerhalb weniger Stunden komplett ausgebucht war, stehen 2013 vermutlich weit weniger Läufer von jenseits der deutschen Grenzen an die Startlinie. Folgt man der Argumentationslinie, müsste die Vier-Stunden-Quote also ansteigen.

Doch vielleicht wird man dann einfach auch feststellen müssen, dass der angeblich so schnelle Berliner Kurs zwar tatsächlich für Rekorde und Weltbestzeiten extrem gute Voraussetzungen bietet, für das breite Feld aber schon alleine aufgrund der Menschenmassen, die auf ihm unterwegs sind und das Laufen im eigenen Rhythmus enorm erschweren, weit weniger geeignet ist, um eine neue persönliche Marke zu setzen.

Ob man ein Rennen tatsächlich als "schnell" bezeichnet, ist trotz des umfangreichen Zahlenmaterials, das sich aus den Ergebnislisten herausarbeiten lässt und eine Vielzahl verschiedener Betrachtungen - hier ist sogar nur ein kleinen Teil von ihnen vorgestellt - ermöglicht, vermutlich nicht weniger subjektiv wie die Kategorie "schön". "Schnell" und "schnell" muss eben noch lange nicht das Gleiche sein.

Zusammengetragen und vorgestellt von Ralf Klink
Grafik und Foto: Constanze Wagner
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