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19. Rom Marathon (17.3.13)Papstwahl macht Änderungen nötig Lange Gesichter in Rom: massiver Teilnehmerrückgang Helena Kirop und Getachew Terfa Negari siegen |
von Michael Schardt
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Die internationale Marathonszene stand am Wochenende vom 15. bis 17. März unter einem unglücklichen Stern. Wegen extremer Hitze, hoher Luftfeuchtigkeit und keinerlei Wind wurde in Tel Aviv wenige Tage vor dem Start der fünfte Marathon zunächst verschoben, denn schon 2011 hatte es hier einen Todesfall gegeben. Trotz medizinischer Warnung wurden aber die flankierenden Läufe über Halbmarathon und zehn Kilometer durchgeführt, an denen die weitaus größte Zahl der 35.000 Läufer zu starten beabsichtigte. Wegen der extremen Bedingungen verlegte man den Start des HM und Zehners auf morgens halb sechs. Dennoch kam es zum Desaster. Ein junger Hobbyläufer kollabierte und konnte nicht mehr reanimiert werden. 24 weitere Läufer mussten in teils lebensbedrohlichen Zuständen ins Krankenhaus gebracht werden. Viele Dutzend andere Läufer beanspruchten auf der Strecke und im Ziel ärztliche Hilfe. In der Folge dieser Ereignisse wurde der verschobene Marathon für 2013 ganz gestrichen.
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Hügelig, verkehrsreich, menschendurchflutet und vieles
mehr, das ist Rom |
Die schönen Plätze sind Besuchermagnet, insbesondere der vielen Asiaten |
In seinem Laufreport zum Barcelona Marathon berichtet Axel Künkeler ebenfalls von einem Todesfall eines 45jährigen Läufers, der wohl nicht auf ungewöhnliche Witterungsbedingungen zurückzuführen ist, da es recht kühl war. Der Läufer hatte noch in gut vier Stunden gefinisht, brach aber kurz später zusammen, ohne wieder aufzuwachen. Glücklicherweise blieb der parallel durchgeführte Marathon di Roma von ähnlichen Ereignissen verschont. Die Arbeit der Rettungskräfte spielte sich im üblichen Rahmen ab. Nachdenklich dürften die Organisatoren in Italiens Hauptstadt aber dennoch geworden sein, denn die Teilnehmerzahlen sanken in erheblichem Maße um fast zwanzig Prozent von 12.880 auf 10.665. Auch Barcelona musste den Verlust von über 1000 Läufer gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Bei 15.000 Finishern fällt das aber nicht so ins Gewicht wie in der ewigen Stadt Rom.
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Der Plaza de Republica ist Einkaufszentrum und Verkehrsknotenpunkt,
direkt an der Via Nazionale ... |
... direkt daneben die äußerlich unscheinbare, innen aber beeindruckende Basilica S. Maria |
Italiens führende Sportzeitung "Corriere dello Sport" kommentierte dies mit der immer schlechter werdenden ökonomischen Situation der einheimischen Läufer, worin sie wohl recht haben mag, denn der Zustrom der ausländischen Läufer war mit über vierzig Prozent ungebrochen. Ob aber auch das Konklave eine gewisse Rolle gespielt haben mag, kann nicht sicher behauptet werden.
Immerhin hatte der Rücktritt von Papst Benedikt hinsichtlich der Marathondurchführung schon im Februar zu Verunsicherungen geführt. Auch eine Absage wurde mit den Behörden der Stadt und dem Vatikan diskutiert. Das sprach sich in in- und ausländischen Läuferkreisen herum, die vielleicht deshalb teilweise von einer Anmeldung absahen. Am Ende setzten sich die Lauforganisatoren dann doch gegenüber der Kirche und den Behörden durch, hielten aber einen Plan B bereit, der eine Verlegung des Starts von morgens neun auf nachmittags sechzehn Uhr und eine Verlegung der Strecke - weg vom Petersplatz - vorsahen. Da aber die Wahl des neuen Papstes Franziskus recht zügig erfolgte, hielten sich die notwendigen Änderungen in Grenzen. Der Start wurde lediglich eine halbe Stunde nach hinten geschoben, während die Strecke nur geringfügig im Bereich um den Vatikan verlegt werden musste. Anmeldungen für den Marathon hatte es etwa 14.500 gegeben, Nichtstarter bzw. Abbrecher lassen sich damit auf fast 4.000 beziffern, also fast ein Drittel, eine ungewöhnlich hohe Zahl für einen Citymarathon.
Neben dem Hauptlauf gibt es nur noch den "La Stracanina di Roma", einen Familien- und Funlauf über knapp fünf Kilometer, der im Ruf steht, der größte Lauf Europas zu sein, wenn man die Teilnehmerzahlen betrachtet. 80.000 Anmeldungen sollen es sein. Nachgewiesen werden kann die tatsächliche Zahl allerdings nicht, da der Lauf ohne Zeitnahme erfolgt. Für diesen Funlauf verzichten die ansonsten sehr genauen und akribischen italienischen Veranstalter auf das umständliche Procedere eines ärztlichen Gesundheitszeugnisses, nicht aber auf den für einen so kurzen Lauf saftigen Teilnehmerbetrag von immerhin acht Euro. Für den allerdings bekommt jeder Teilnehmer eine ordentliche Startnummer, auch jeder Kinderwagen, jedes Fahrrad oder jedes Haustier. Denn mitmachen kann hier jeder, zumal der Lauf mehr als Spaziergang denn als sportliche Betätigung apostrophiert wird, für den man satte anderthalb Stunden Zeit hat. So sah man Opa und Oma auf der Strecke, Großfamilien und Skater, aber auch zahlreiche Hunde, die brav ihre Startnummer um den Bauch geheftet hatten. Eine in Europa wohl einmalige Angelegenheit.
Wie in Italien und auch in Frankreich üblich, ist die Teilnahme an einem längeren Lauf nur mit Gesundheitszeugnis möglich. Die Gesetze beider Länder schreiben das vor, gegen die kein Veranstalter verstoßen darf. Für den Teilnehmer bedeutet dies einen erheblichen organisatorischen Aufwand, vor allem wenn er aus dem Ausland kommt. Eine umfängliche ärztliche Untersuchung ist vonnöten, die entweder kostenpflichtig ist oder merkliche den Bonus der Krankenkasse schmälert. Mancher, so war zu hören, versucht dies zu umgehen bei befreundeten Ärzten, oder solchen, die es mit der Untersuchung nicht so genau nehmen, bzw. mittels einer Vereins- oder Verbandsbescheinigung, die die Mitgliedschaft in einem dem Verband angeschlossenen Sportverein bestätigt. Das wird zwar als Möglichkeit vom Veranstalter in den Raum gestellt, aber mit einer vorab eingesandten ärztlichen Zertifikation (nur im PDF-Format elektronisch oder auf dem Postweg) ist man auf der sicheren Seite.
Das Vorliegen einer Arztbescheinigung wird von italienischer Seite genauesten kontrolliert. Wer dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, bekommt keine Starterlaubnis. Und wer seinen Personalausweis nicht mit zur Startnummerausgabe mitbringt, sieht ebenfalls in die Röhre. Offenbar schüren die Gesetze bei den Organisatoren die Ängste vor Regressansprüchen im Ernstfall. Praktisch unmöglich ist es auch, sich in einen anderen als den auf der Startnummer ausgewiesenen Startblock zu "mogeln". Ein halbes Dutzend Aufpasser je Tor kontrollieren jeden Läufer und weisen ihm den rechten Weg. Das Überklettern der Zäune ist gleichfalls nicht möglich, da sie zwei und mehr Meter hoch sind. Dass allerdings einiges nicht ordnungsgemäß bei der Zuteilung der Startbox zugegangen sein könnte, war vielerorts zu hören. Trotz korrekten Angaben von Bestzeit oder Zielzeit wurden viele Läufer in den schwarzen, den letzten Startblock verwiesen und mussten dann den langen Weg um das Kolosseum nehmen, der verbunden ist mit einem 500 Meter langen Anlauf hin zur Startlinie.
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Das Schöne im Detail: hübsche Postkästen | Recht bescheiden kommt der Sitz der Regierung daher | Gilt vielen Menschen als der schönste Bau Roms: das Pantheon mit offener Kuppel |
Der schnellere Läufer braucht in der Folge viel Kraft und Geduld, bis er sich mühselig an die Stelle im Feld vorgearbeitet hat, an die er leistungsmäßig gehört. Da aber die Resultateliste nicht nur für die Eliteläufer, sondern auch für alle anderen nach Bruttozeit erstellt wird, findet sich so mancher in der Ergebnisliste 1.000 und mehr Plätze weiter hinten wieder, nur weil er eine Viertelstunde gebraucht hat, bis er an der Startlinie war. Fehler bei der Zuweisung des Startplatzes auf der Startnummer sind das eine, das andere ist eine Unregelmäßigkeit bei ihrer Bedruckung. Manche finden ihren Vornamen, der den Zuschauern zur Anrede dient, andere, die im gleichen Sammelpaket gemeldet wurden, dagegen wieder nicht.
Es ist fast müßig, etwas touristisch Fundiertes über die ewige Stadt zu verfassen. Zu viel ist schon über Rom geschrieben worden, zu viele Bildbände stehen in den Regalen der Buchläden, zu groß ist die mediale Präsenz auch im Film, Fernsehen und Netz. Und vor Ort werden auch schon viele Leser, auch des LaufReports, gewesen sein, vielleicht schon in jungen Jahren während einer Klassenfahrt, oder später, bei einer Bildungsreise.
Säulen, abgebrochen oder erhalten, stehen massenweise herum, ebenso Obelisken, Brunnen und Kirchen. Die Zahl der historischen Plätze, Bauten und Straßen ist schier erdrückend, auch die der wirklich herausragenden. Wollte man nur den Spitzensehenswürdigkeiten einen Besuch abstatten, als da sind Kolosseum, Trevi-Brunnen, Spanische Treppe, Via Appia antika, Pantheon, Vatikan und Petersdom, Piazza Navona und Campo de' Fiori, Forum Romanum, Palatin und Kapitol, Palazzo Spada und die vielen hochrangigen Museen, der Park Villa Borghese oder die Engelsburg - ein langwöchiger Urlaub würde kaum ausreichen. Und selbst, wenn man jedes kultur- und kunsthistorische Interesse ablegen würde: das Studium der römischen Lebensart in den Bars und Cafés, in den Gassen und auf den Märkten, in den pulsierenden Stadtvierteln Trasevere, San Lorenzo und Testaccino, in denen die Nacht zum Tage gemacht wird, würde jeden noch so ausdauernden Urlaub füllen. Kurzum: wer nach Rom fährt, weiß, was auf ihn zukommt, oder auch nicht. Denn immer wieder überraschend ist die drei Millionen Metropole auch für denjenigen, der schon oft in Rom war und die Stadt am Tiber zu seinem Lieblingsort erklärt hat, in der er auch dauerhaft zu leben sich vorstellen könnte.
Es ist kaum möglich, von Rom nicht fasziniert zu sein. Für die einen könnte es die zweite oder gar erste Heimat werden, für die anderen aber ist es der ideale Ort für eine (Bildungs-)Reise, die sich öfters wiederholen kann. Noch eine dritte Gruppe, die nicht weniger interessiert durch den römischen Geschichtsraum wandelt, hält aber innerlich Distanz. Denn Hektik und Krach gehört ebenso zu Rom wie eine lange Historie und eine überbordende Architektur, Verkehrslärm und Parkplatzknappheit ebenso wie Gemälde und Skulpturen. Was der eine als römischen Schick, der Frauen wie Männer, loben wird, wird der andere als Snobismus und Exaltiertheit ablehnen. Der eine sieht in der Gestikulation und Sprache der Einwohner eine heitere Gelassenheit und lockere Fröhlichkeit, der andere eine übertriebene Geziertheit und mondäne Weiblichkeit.
Rom und die Römer also haben zwei Seiten. Neben dem historischen Rom gibt es auch weniger schmucke Außenbezirke, in die auch der Marathon führt. Da gibt es kalte Bürogebäude, blockhafte Wohnsiedlungen, breite, hochfrequentierte Ausfallstraßen und andere architektonische Trostlosigkeiten, wie sie in jeder anderen Weltmetropole auch zu finden sind. Ein Musterbeispiel solcher Unschönheit ist auch die Gegend, in der der Palazzo dei Congressi steht, der Ort der Marathonmesse, der Pastaparty und der Startnummerausgabe. Man fährt mit einer der beiden Metrolinien, der Linie B, hinaus aus der Stadt, eine umständliche Angelegenheit, um nach noch einigen Gehminuten dorthin zu kommen, wo die Unterlagen für die Läufer warten.
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Mit einer von nur zwei U-Bahnlinien kommen die ca. 94.000 Läufer zum Start am Kolosseum | Kolossal ist das Kolosseum auch von innen |
Der öffentliche Nahverkehr entpuppt sich als eines der gravierendsten städtischen Probleme. Erst kürzlich ist die zweite U-Bahnlinie fertiggestellt worden, gebraucht würden jedoch zwei Dutzend weitere. Aber immer, wenn man zu graben beginnt, stößt man auf historische Überreste, und ein Ausbau des Netzes ist schon vereitelt, bevor er begonnen hat. Da zu den drei Millionen Einwohnern wöchentlich noch hunderttausende Touristen aus aller Welt in die Stadt einfallen, ist man in der U-Bahn gedrängt wie die Ölsardine in der Dose. An allen wichtigen Plätzen und in allen bekannten Straßen knubbeln sich die Besucher, und das Zusammenhalten und informieren einer Reisegruppe während einer Stadtführung ist ob der Massen und des Lärms eine schwierige bis fast aussichtslose Angelegenheit.
Das Menschenaufkommen am Marathontag war dann noch größer als ohnehin schon und die Metro zum Bersten voll, auch für die Begleiter, die ihre Laufangehörigen an verschiedenen Plätzen sehen wollten. Zu den rund 100.000 Läufern und Begleiter kamen an diesem Tag noch die Zuschauer eines internationalen Sechs-Länder-Rugbyturniers, das vor allem viele irische Landsleute in die Stadt brachte, die hier zudem ihren St.-Patrick's-Day zünftig feierten. Da auch noch hochrangige Kunstausstellungen öffneten (Caravaggio, Tiziano, Newton) und der neue Papst sein "Antrittsgebet" vor 150.000 Pilgern zeitgleich auf dem Petersplatz sprach, standen die Marathonorganisatoren vor besonders großen Herausforderungen, während sich die Läufer in den Massen mittreiben ließen.
Indes war die Organisation des Marathons der besonderen Situation vollkommen gewachsen. Es spricht für ihre Qualität, dass die Mammutveranstaltung nahezu problemlos und ohne nennenswerte Zwischenfälle über die Bühne ging. Das verliehene AIMS Goldlabel hat der Rom Marathon in dieser Hinsicht vollkommen verdient. Die Kriterien wie medizinische Vollversorgung, vollkommene Streckensperrung und mehrstündige Live-Übertragung im Fernsehen wurden gänzlich erfüllt. Auch die Läuferversorgung, die aufgrund der kühlen zehn Grad nicht bis an ihre Grenze beansprucht wurde, klappte wie am Schnürchen.
Rom hat also zwei Seiten, die man unterschiedlich wahrnehmen kann, aber die Bevölkerung auch. Die Römerin, aber auch der Römer, ist stets gut gekleidet. Während der Schick und die Schönheit der römischen Frauen fast sprichwörtlich sind, fällt der Mann keineswegs hinter sie zurück. Feiner Zwirn, ein Markenhemd mit modischem Halsbinder und handgearbeitete italienische Herrenschuhe gehören zum Standard. Dabei wird sorgsam jede Übertreibung vermieden. Dezent muss in Rom der Schick sein, aber durchaus sichtbar für andere.
Der Römer und die Römerin halten sich viel in der Öffentlichkeit auf, auf der Straße, in den Bars und Cafés. So spielt für sie das eigene Äußere gemeinhin eine wichtigere Rolle als beispielsweise für den Mann oder die Frau in Deutschland. Auch das Interieur Zuhause ist sorgfältig ausgesucht und geschmackvoll zusammengestellt. Da macht es rein gar nichts, dass eine Wohnung oder ein Haus von außen etwas angegriffen aussieht. Gleiches gilt fürs Auto. Wenn das ein paar Kratzer hat, erhöht das in den Augen des Besitzers eher seinen Charme, als dass es ein Ärgernis wäre. Kurzum: die Einwohner Roms haben Stil und frönen nur bedingt dem Prinzip des ach so süßen Lebens, der "la dolce vita". Denn die ökonomischen Bedingungen sind auch in der Banken-, Versicherungs- und Dienstleistungsmetropole Rom härter geworden. Das aber will man sich - zumindest äußerlich - nicht ansehen lassen.
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Wenn man einen Fotograf erblickt, geht der Arm zur Siegerpose automatisch in die Höhe |
Wenn schon Rom und der Römer zwei Seiten hat, dann sicher auch der Marathon. Er führt zu einem Drittel durch das Zentrum, drei Kilometer am Anfang und acht Kilometer am Ende, und damit auch 14 Kilometer an den großen Sehenswürdigkeiten vorbei. Zum überwiegenden Teil allerdings übt die Strecke nur einen mittleren Reiz auf den Sportler aus. Man quert zwar mehrfach den Tiber, der zur Marathonzeit klein und tief in seinem Bett lag, aber auch schon vielfach die Hauptstadt überflutete, doch vom Fluss sieht man wenig, obwohl man sich immer in seiner unmittelbaren Nähe befindet. Denn grob gesagt, läuft man einmal an ihm hoch und einmal an ihm herunter, nimmt allerdings viele Schleifen, Kehren und Ecken mit.
Das Drittel durch die Innenstadt verläuft auf Kopfsteinpflaster, das im Laufe der Zeit schon sehr platt gefahren wurde und nicht mehr so sehr hinderlich ist, wie man denken mag. Dennoch rüttelt das Pflaster die Wadenmuskulatur durch, kostet sicher zusätzliche Kraft und vor allem Konzentration, da sich immer mal ein Loch im Stein findet oder eine größere Unebenheit. Schöner und rationeller zu laufen lässt es sich daher auf den Teilstücken außerhalb der Innenstadt. Insgesamt ist der Kurs bis auf einige Wellen flach und schnell. Ausnahmen bilden lediglich zwei nennenswerte Steigungen bei km 27, die schwierigere von beiden, und bei km 41,4, kurz vor dem Ziel.
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Auf den letzten Kilometern ging es über historische Plätze ... | ... und vorbei an prächtigen Gebäuden. Das hier wird von den Einheimischen liebevoll Schreibmaschine genannt |
Das Zuschaueraufkommen und -interesse ist für eine so große und sportbegeisterte Stadt eher dürftig, teilweise sogar gar nicht vorhanden, vor allem zwischen km 15 und 30. Eine Ausnahme in dieser Hinsicht bildet der Streckenabschnitt von km 33 bis km 41, der gleichzeitig auch der schönste Teil des Kurses ist. Er entschädigt für einige langweilige Streckenphasen nicht zuletzt deshalb, weil er die Begeisterungsfähigkeit des Publikums zeigt. Wer drei Stunden brauchte, konnte diese voll genießen, wer sechs und mehr Stunden (Zielzeit, sprich ultimo, ist nach großzügigen sieben Stunden) benötigte, fand natürlich nur noch wenige Klatschwillige. Bedauerlich ist, dass der Zieleinlauf hinter dem Kolosseum überhaupt keine Zuschauer mehr hat. Das ist fast etwas trostlos, wenn der Läufer sich den letzten Anstieg hinaufgekämpft hat und dann ins Ziel hinunter läuft. Dass die Prachtstraße Via dei Fori Imperiali Start- und Zielpunkt und publikumsfrei ist, hat logistische Gründe. Der Läufer wird es gut verschmerzen, denn die Versorgung im Ziel gestaltet sich gut, die Kleiderbeutel liegen griffbereit und der Weg zur Metro ist ein Katzensprung.
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Nur noch ein paar km bis zum Ziel. Erst noch einmal runter, dann wird der letzte km angezeigt ... |
... und nach ein paar Ecken geht es zum finalen Anstieg bei km 41,4 |
Für die ersten zehn Läufer und Läuferinnen des 19. Rom Marathons wurden 88.000 Euro Preisgeld ausgesetzt. Der Sieger und die Siegerin können maximal 40.000 Euro davon einstreichen, wenn sie unter einer Marke von 2:07:30 bzw. 2:23:30 bleiben. In beiden Fällen liegen diese Zeiten noch oberhalb der Streckenrekorde, die Benjamin Kiptoo 2009 mit 2:07:17 bzw. Galina Bogomolova 2008 in 2:22:53 aufstellten. Beide Streckenrekorde wurden 2013 nicht gebrochen, und auch die maximale Preissumme jeweils knapp verfehlt, so dass sich der äthiopische Sieger Getachew Terfa Negari (2:07:56) und die kenianische Siegerin Helena Kirop (2:24:40) mit 20.000 Euro zufrieden geben mussten. Kirop hatte im letzten Oktober den Köln Marathon in 2:25 gewonnen und nun eine neue Bestleistung aufgestellt. Sie wurde hinter 15 Männern 16. in der Gesamtwertung; Negari hatte zu Beginn dieses Jahres schon einen Marathon in China gewonnen und war in Rom ebenfalls auf Bestzeitkurs.
Negari konnte sich um den 40. Kilometer von seinem Landsmann Girmay Birhanu Gebru (2. in 2:08:11) und dem Kenianer Stephen Chemlany (3. in 2:08:30) lösen und die zweitbeste je gelaufene Zeit erreichen. Unter den ersten zehn findet sich kein Läufer, der nicht aus Schwarzafrika kommt. Bei den Frauen schaffte dies immerhin eine Läuferin, nämlich die Russin Nadezdha Leonteva als 7. in 2:32:14. Hinter Kirop wurde Kassa Getnet Salomie aus Äthiopien in 2:25:15 zweite vor der aus Äthiopien stammenden Türkin Sultan Haydar in 2:27:10.
19 von 20 Läufern und Läuferinnen, die unter die ersten 10 kamen, stammen aus Äthiopien oder Kenia. Das ist nichts neues, bedeutet aber in Rom die Fortsetzung einer hier begründeten Tradition, schließlich wurde auf diesem Pflaster nicht nur die erste afrikanische Goldmedaille im Laufen errungen, sondern die erste afrikanische Goldmedaille überhaupt. Bei den olympischen Spielen in Rom gewann bekanntlich der Äthiopier Abebe Bikila hier den Marathon bei seinem legendären Barfußlauf. Vier Jahre später trug er dann bei der Titelwiederholung in Tokio handelsübliche Sportschuhe.
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Kaum noch wegzudenken: die Kostümierten sieht man bei jedem Städtemarathon | Manfred und Kerstin aus Deutschland können das Lachen nicht sein lassen |
Ein aus deutscher Sicht überaus erfreuliches Resultat erreichte als Gesamtachtzehnter und 16. Mann Christian Dirscherl. Der junge Mann kam in Rom sehr gut zurecht und lief in 2:26:34 ein mehr als achtbares Ergebnis heraus. Als 47. in der Gesamtwertung und 36. Mann kam Björn Day als zweiter Deutscher in 2:44:15 ins Ziel, vor Dennis Mehlfeld, dem Nordsee-Etappenlaufgewinner von 2011 und Malta-Marathondritten 2012. Mehlfeld, der eigentlich wesentlich schneller laufen kann als die 2:46:42, die ihm in Rom zu Buche stehen, gewann dafür aber seine Altersklasse M25. Entgegen der Ankündigung der Ausschreibung wurde doch auch für Ausländer eine AK-Wertung durchgeführt, die in Fünferschritten differenzierte.
Schnellste deutsche Frau war Stefanie Queren, die in 3:13:35 die AK W35 gewann. Sie kam als 24. Frau ins Ziel und erreichte in der Gesamtwertung den 624. Rang. Als 37. Frau legte Viola Biberacher die 42 Kilometer in 3:21:03 zurück. Sie sprang auch noch auf ein AK-Treppchen, nämlich als 3. in W25. Das schnelle deutsche Trio vervollständigte Christina Cempbell James in 3:26:01. Sie wurde 49. Frau und Siegerin in W50. Insgesamt war die Läuferschar, insbesondere bei den Frauen, deutlich jünger als in deutschen Landen. Die Frauen machten mit knapp 2000 Teilnehmerinnen 18 Prozent der Gesamtstarter aus.
Im nächsten Jahr findet der Rom Marathon eine Woche später, am 23. März, statt. Es ist die zwanzigste Auflage und damit ein Jubiläum. Zwei Dinge dürften sich die Organisatoren vordringlich wünschen: Erstens: dass sich die Zahl der Finisher wieder erhöhen möge, vielleicht sogar auf Rekordniveau, und zweitens: dass der neue Papst möglichst lange leben und zum Wohle der Menschen wirken möge, wenn ihn aber der liebe Gott doch heim zu rufen beabsichtigen sollte, dann vielleicht nicht ausgerechnet im Vorfrühling, sondern lieber im römischen Sommer oder irgendeiner anderen Jahreszeit, terminlich jedenfalls ganz weit weg vom König aller italienischen Marathons, dem Marathon di Roma.
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Bericht und Fotos von Michael Schardt Info und Ergebnisse unter www.maratonadiroma.it Zu aktuellen Inhalten im LaufReport HIER |
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