1. Yoma Yangon International Marathon in Myanmar (27.1.13)

Hinreißendes Land zwischen Tradition und Moderne

Myanmar überrascht mit professionellem Marathon und starken einheimischen Läufern

Teilnehmer aus vierzig Ländern und allen Kontinenten - Deutsche mit Bestzeiten erfolgreich

von Michael Schardt

Als im vergangenen Jahr die Ankündigung eines Marathons in Myanmar über den Ticker lief, da überraschte dies die Kenner der weltweiten Langlaufszene doch mächtig. Aber Notiz wurde außerhalb Südostasiens kaum davon genommen. Zwar sortierten die länderübergreifenden Laufkalender den exotischen Neuling in ihre Register ein, doch größere Vorberichte oder gar Teilnahmeempfehlungen gab es kaum zu lesen, obwohl die Öffentlichkeitsarbeit der beauftragten Eventagentur sehr beflissen auftrat und eine informative und professionell gespaltete Homepage in Burmesisch und Englisch präsentierte. In Deutschland wies lediglich die Laufzeitschrift "Running" und "Laufreport.de" in kleinen Artikeln auf das bevorstehende Ereignis hin.

Myanmar und seine größte Stadt Yangon (5 Mio. Einwohner) setzt gegensätzliche Akzente: dichtem Verkehr stehen ... ... ruhige Erholungsparks gegenüber

Das Land öffnet sich

Wer von dem ersten Yangon Marathon überhaupt etwas mitbekam, reagierte zunächst abwartend. Zu unbekannt ist dem Amerikaner oder Europäer Myanmar noch immer, das ehemals Burma, aber auch einmal Birma hieß. Zu viele Vorbehalte grassieren in den Köpfen in Bezug auf den größten Festlandstaat Südostasiens, wenig gesicherte Kenntnisse können vorausgesetzt werden bei jenen, die sich bisher noch nicht genauer mit Myanmar beschäftigt haben. Das kommt freilich nicht von ungefähr.

Im Gegensatz zum benachbarten Thailand, das sich schon früh dem Tourismus und der internationalen Wirtschaft öffnete, betrieb die Militärmacht von Myanmar seit der durch einen Putsch herbeigeführten Machtübernahme 1962 eine Politik der absoluten Isolation und trat sogar aus asiatischen Länderverbänden aus. Erst ab ungefähr 1990 wurde diese selbstbetriebene Abschirmung vom Rest der Welt minimal gelockert, kurz später aber wieder zurückgenommen.

Doch seit 2008 gibt es spürbare Lockerung nicht nur der internen Strukturen, sondern auch eine Intensivierung internationaler Beziehungen. Dem Tourismus und den westlichen Investoren hat man in den letzten vier, fünf Jahren verstärkt die Türen geöffnet und die Infrastruktur deutlich verbessert.

Schicke asiatische Villen ...
... wechseln mit schmucken Häuser im Kolonianstil aus der englischen Besatzungszeit Die Vielfalt der Blüten kann man an Verkehrskreiseln (!) beobachten ... ... die der Literatur in einem typischen Buchladen

Obama war da und drängt auf weitere Reformen

Auf politischer Ebene stand Myanmar erst kürzlich mehrfach im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Der markanteste dieser Momente war sicherlich der historische Besuch des gerade erst wiedergewählten US-Präsidenten Barack Obama am 19. November 2012. Bei seiner ersten Amtshandlung in der zweiten Regierungsperiode ging vor allem das Foto seiner Umarmung der burmesischen Oppositionsführerin Suu Kyi um den Erdball, die 1991 den ihr verliehenen Friedensnobelpreis nicht in Empfang nehmen durfte und jahrelang unter Hausarrest gestellt wurde. Dass aber heute allerorten T-Shirts mit dem Abdruck dieses Fotos verkauft werden können und reißenden Absatz finden, verdeutlicht mehr als vieles den vorsichtigen Liberalisierungsprozess von Myanmar und die Bedeutung, die Obamas Besuch und Suu Kyis demokratische Partei für die burmesische Bevölkerung haben.

Als wichtiges Zeichen der Landesöffnung und bedeutende Referenz an den Sport ist auch der überhaupt erste Marathon in Myanmar zu werten, auch wenn die oben beschriebene Skepsis der westlichen Läufer vorherrschte und man mehrheitlich abwarten wollte, was aus der Veranstaltung werden und ob sie eine Wiederholung erfahren würde. Inzwischen kann der Interessierte über Twitter oder Facebook einige Meinungen der Teilnehmer aus Übersee oder in englischsprachigen Medienberichten informieren, die auf der Eventhomepage gesammelt wurden. Um es aber vorwegzunehmen: der Yoma Yangon Marathon genügte absolut internationalen organisatorischen Standards und wird am letzten Sonntag im Januar 2014 seine Fortsetzung finden.

Die Shwedagon-Pagode ist die schönste und größte und eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeit des Landes ... ... aber auch schöne christliche Kirchen kann man bewundern Vier prächtige, entsprechend der Himmelsrichtungen angelegte Aufgänge führen auf die Plattform der Shwedagon-Pagode, dem Wallfahrtsort der Buddhisten

Zwei Dutzend Deutsche beim Lauf dabei

Zu denjenigen Deutschen, die im Vorfeld von dem Lauf erfahren hatten, nicht abwarten und schon bei der Premiere dabei sein wollten, zählte das frisch getraute Ehepaar Rabea und Andy Brittain, die in Sonthofen im Allgäu nebenberuflich einen kleinen Laufladen und eine Trainingsschule (Laufbasis.de) betreiben. Sie hatten bereits einige exotische Marathons, beispielsweise in Costa Rica oder am Kilimandscharo, und einen Spendenlauf durch Deutschland (1150 km) gelaufen und auch zweimal den Swissalpine gefinisht, wollten aber jetzt auf der etwas verspäteten Hochzeitsreise in Yangon nicht fehlen. Sie hatten die Urlaubs- und Laufreise sorgfältig vorbereitet und dem Marathon eine anstrengende Rundreise im Land vor- und eine Badewoche an einem der vielen tollen Strände nachgesetzt.

Das hatte den Vorteil, sich an Land, Leute und Klima vor dem Lauf anzupassen und die Regeneration in der nachgelagerten Relaxphase anzuschließen. Zwischen den Besichtigungen hatten sie je nach Gelegenheit immer mal wieder einen Trainingslauf eingeschoben, um nicht zu viel Substanz zu verlieren. So kamen sie einen Tag vor dem Ereignis fit und akklimatisiert aus dem Landesinneren in der Megametropole Yangon an, die zwar mit fünf Millionen Einwohnern Myanmars kulturelles und wirtschaftliches Zentrum ist, aber seit einigen Jahren nicht mehr als Hauptstadt fungiert, weil die Regierung 2005 ihren Sitz in das 400 km entfernte Nay Pyi Taw verlegte.

Auf der erhöhten Plattform tummeln sich die Touristen und doch herrscht ... ... stille Einkehr der Mönche, u. a. beim kontemplativen Glockenschlag

Neben Rabea und Andy sowie dem LaufReporter finishten nur noch zwei weitere deutsche Läufer männlichen Geschlechts den Marathon. Bei den Rahmenwettbewerben über einen vermessenen Zehner und einen Jedermannslauf über drei Kilometer, der ohne Zeitmessung durchgeführt wurden, waren zwei weitere Dutzend deutsche Läufer dabei, die allerdings nicht alle eigens angereist waren, sondern zufällig von dem Event während des Urlaubs hörten oder in Myanmar dauerhaft wohnen und arbeiten, wie beispielsweise Botschaftsmitarbeiter, die sich einer Teilnahme stellten.

Teilnehmerzahl vierstellig

Wie gut die Premiereveranstaltung besucht sein würde, ob sich die einheimische Bevölkerung zur Teilnahme bewegen ließe und wie ausländische Läufer sich zu dem exotischen Unterfangen zu stellen gedachten, war im Vorfeld kaum einzuschätzen. Dass es aber schwer sein würde, ein größeres Feld zusammenzubekommen, war klar, gilt doch Myanmar nicht gerade als Sportnation und hat die Bevölkerung wahrlich andere Sorgen, als an einem Dauerlauf teilzunehmen.

Prächtiges Kunsthandwerk und Gold und Edelsteine im Überfluss, gespendet von früheren Herrschern und zahllosen Gläubigen Das gemeinschaftliche Besenreinigen gilt als gute Tat, die viele Menschen gerne leisten

Unter diesen besonderen Bedingungen durften die Organisatoren um David Shin sehr zufrieden sein, dass sich am Tag des etwas sehr frühen Anmeldeschlusses 14 Tage vor der Veranstaltung rund 1500 Läufer angemeldet hatten, davon allerdings nur knapp 300 Marathonis. Auf der Homepage war zwar dann zu lesen, dass der Lauf damit ausgebucht sei, jedoch dürfte das nicht ganz stimmen, denn wie zu beobachten war, war man auf deutlich mehr "Participants" vorbereitet. Von den 1500 Anmeldungen kamen schließlich rund 1100 ins Ziel, jedoch war die Ausfallquote beim Marathon mit knapp einem Drittel besonders hoch, weil insbesondere einige einheimische Neulinge eine merkwürdige Lauf und Geh-Lauftaktik an den Tag legten, ihre Kräfte nicht recht einschätzen konnten und schließlich Federn lassen mussten.

Zuschauer sechsstellig

Mit schließlich 207 Finishern ist die Premiere dennoch gelungen, vor allem, weil diese aus über 30 Ländern kamen und davon nicht wenige aus Übersee. Unter ihnen auch exakt 20 Prozent Frauen (43). Luft nach oben allerdings bleibt für die nächsten Jahre sicherlich noch, und man darf gewiss sein, dass vorhandenes Potential abgerufen wird, denn der Yangon Marathon war im Land ein absolutes Medienereignis und wird den Laufsport in Myanmar in der Breite und in der Spitze ankurbeln. Der Lauf wurde flächendeckend medial begleitet. Das staatliche Fernsehen sendete Vor- und Nachberichte und übertrug den Lauf auszugsweise; u. a. waren mehrere Motorradkameras und ein Hubschrauber unterwegs und ein Heer von Fotografen und Reporter vor Ort. Insbesondere ausländische Läufer waren am Morgen des Starts als Interviewpartner und Bildmotiv heiß begehrt.

Dieses Luxushotel war Unterkunft der Spitzenläufer und Ort der Startunterlagenausgabe ... ... gleich daneben das verfallene, denkmalgeschützte Gebäude des alten Bahnhofs, das nun aufwendig restauriert werden soll

Das ganz große Plus des Yangon Marathons allerdings waren die Zuschauer, die sich schon am sehr frühen Morgen einfanden und in großer Zahl die Strecke säumten. Zunächst wurden die Läufer etwas skeptisch beäugt, in dem Sinne, was treiben diese denn hier Verrücktes. Als man aber begriffen hatte, was da vor sich geht, gab es kein Halten mehr. Groß und klein, jung und alt, Uniform und Zivil gerieten regelrecht in Begeisterung. Opas und Omas strahlten um die Wette, Kinder jubelten den Läufern zu und wollten unbedingt abgeklascht werden, liefen oft sogar so manchen Meter mit, Autofahrer hupten, und sogar Streckenpolizisten und Militärhelfer applaudierten und reichten außer der Reihe Getränke. Überall herrschte eine ausgelassene Heiterkeit, die insbesondere bei den Lauftouristen die Strapazen vergessen ließen. An die 200.000 Zuschauer dürften dabei gewesen sein.

Goldenes Myanmar - Land der Pagoden

Freundliche und hilfsbereite Menschen wird der Myanmartraveller überall im Land finden. Obwohl die Bevölkerung jahrzehntelang unter den Generälen und den wirtschaftlichen Sanktionen der Industriestaaten zu leiden hatten und zu den ärmsten im asiatischen Raum zählen, hat sie sich ihre ursprüngliche Art vollkommen bewahrt. Das haben auch Rabea und Andy erfahren, die eine klassische Besichtigungstour hinter sich gebracht haben.

Tierskulpturen finden sich überall. Hier sind Elefanten im Peoplespark zu bewundern Dort bewacht ein Löwe den Eingang zur Wizara-Pagode Sympathisch: Myanmarbesucher sind beschäftigt und achten nicht auf den Verkehr: Deshalb sollen die Autofahrer auf diese gefährdete Spezies besonders acht geben
(Foto Heidi Mezger)

Diese beinhaltet neben der obligaten Erkundung Yangons unbedingt einen mehrtägigen Ausflug in die zentral gelegene Königsstadt Mandalay, der zweitgrößten Metropole des Landes, die mit zahllosen schönen Pagoden und reich verzierten Tempeln besticht und direkt am Ayeryarwady-Fluss liegt, einem von vielen mächtigen, wasserreichen Ströme, die das Land in südlicher Richtung durchfließen. Von hier wird oft der atemberaubende Inlesee angefahren, wo die legendären Einbeinruderer auf Fischfang gehen und durch die schwimmenden Gärten fahren. Häufig steht auch der Besuch der drei liegenden Buddhas von Bago auf dem Programm der Reisenden. Ein unbedingtes "Muss" aber ist der Besuch Bagans, einer unbeschreiblich schönen Pagodenlandschaft, die sich scheint's endlos in pastellfarbenen Tönen ausdehnt und mit Pferdewagen, zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkundet wird.

Die vorherrschende Kennung Myanmars ist indes die Farbe Gold, denn die meisten der vielen tausend kleinen und großen Pagoden und viele andere heilige Gebäude sind vollständig und aufwändig mit Blattgold überzogen, so wie in Yangon die berühmte Shwedagon Pagode, die auf einem 100 Meter hohen Hügel in den blauen Himmel ausstrahlt. Golden glänzt in 1000 Metern Höhe in Kyakithiyo auch ein riesiger Felsen, der kurz vor dem Absturz zu stehen scheint, doch der Legende nach von einem Haar Buddhas gehalten wird.

Bethaus, Wizara-Pagode und das ganze Ensemble im Überblick

Neue Ziele

Der Felsen von Kyakithiyo gehört zu einem von mehreren neuen Touristenzielen des an hochrangigen Sehenswürdigkeiten so überaus reichen Landes. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang auch die alte Kolonialstadt Mawlamyaing, der legendäre Bergort Pyin U Lwin oder die untergegangene ehemalige Hauptstadt des letzten Rakhine-Reichs, Mrauk U. Wer es ganz abgelegen mag, wird vielleicht den Weg in die Hochgebirge im äußersten Norden oder die Regionen am Andamanensee im äußersten Süden nicht scheuen.

Myanmar, doppelt so groß wie Deutschland, hält noch viele Schätze bereit und gilt als äußerst sicheres Urlaubsland, in dem Abzocke und Kriminalität kaum vorkommen. Das berichten auch alleinreisende Frauen und Familien mit kleinen Kindern. Nervige Anmache oder sexuellen Belästigung erfährt hier normalerweise niemand, wenn er keinen Leichtsinn walten lässt.

Myanmars größter Markt, ein echter Hypermarkt, von außen ... ... und von innen

Vorsorge sollte der Tourist natürlich insbesondere im gesundheitlichen Bereich an den Tag legen, d. h. sich vor Mückenstichen schützen, kein Leitungswasser trinken oder auf Eis in den Getränken verzichten. Auffrischungen einiger Standardimpfungen sind ebenso sinnvoll wie eine gut ausgestattete Reiseapotheke. Nur wer in sehr abgelegene Gebiete zu reisen beabsichtigt, sollte weiterführende Schutzmaßnahmen ergreifen.

Reiseerleichterungen

Myanmar ist ein Land mit einer über 2000jährigen, buddhistisch geprägten Historie, einem hohen Geschichtsbewusstsein, das teils noch sehr einfache und ursprüngliche Lebensformen, insbesondere auf dem Land kennt, aber auch über eine wissbegierige und lernfähige jüngere Bevölkerung verfügt, die das Land in eine urbane, wirtschaftlich bessere und moderne Zukunft zu führen gewillt ist. Die Aufbruchstimmung erschließt sich vor allem demjenigen, der das Land vor zehn oder fünfzehn Jahren besuchte, als es für Einreisende nur ein sieben Tage gültiges Visum gab, und der heute wiederkommt. Sichtbares Zeichen dieser Entwicklung sind viele neue Geschäftsgebäude und Hotels in den Großstädten und der nahezu explosionsartig angestiegene Straßenverkehr.

Ausländer erhalten heute ein vier Wochen gültiges Visum und können von Deutschland aus sehr bequem anreisen. Condor bietet für teuer Geld schon einen Direktflug an, und erste Pauschalangebote zieren die Reiseprospekte. Doch ist Myanmar eher noch ein Land für Rucksacktouristen, die für 800 bis 900 Euro über Singapore oder Bangkok einfliegen. Am günstigsten ist der Flug mit der indischen Fluglinie über Delhi; da ist man mit 530 Euro schon dabei.

Kein echtes Gedränge bei der Startunterlagenausgabe, die am Marathontag aufgrund des frühen und 5 km entfernten Starts nicht mehr geöffnet hatte Die Sponsoren wollen auch beachtet werden Schon am Vortag präsent: das staatliche Fernsehen berichtete ausführlich

Nach wie vor ein Problem ist die Reisekasse. Man sollte unbedingt unbenutzte US-Dollar mitführen, denn gebrauchte werden nirgendwo angenommen. Mit Euro kann man nur in Ausnahmefällen zahlen, und die Geldbesorgung im Land steckt noch in den Anfängen, aber gerade jetzt werden Geldautomaten in den Zentren installiert, wo man die einheimische Währung Kyatt gegen Gebühren ziehen kann. Mit Reiseschecks wird man keine Rechnungen begleichen können. Insgesamt arbeiten die Burmesen aber daran, die Voraussetzungen für Touristen ständig zu verbessern. Für das Reisen im Land sollte man aber mehr Zeit einplanen als anderswo, denn die Straßen sind oft noch schlecht und die langen Busfahrten dauern entsprechend länger. Für lange Strecken ist das Flugzeug die bessere Alternative und preislich auch annehmbar.

Der frühe Vogel ...

Mit Repressalien bei Ein- oder Ausreise hat der Myanmarfahrer nicht zu rechnen; im Land kann er aber nicht alle Regionen besuchen. Gesperrt sind u. a. Gebiete, die ein Sicherheitsrisiko für den Touristen darstellen, wenn es beispielsweise sporadisch noch zu Kämpfen zwischen den Militärs und einigen nach Autonomie strebenden Bevölkerungsgruppen kommt. Problemregionen dürften auch die sein, in denen Mohn angebaut wird, schließlich gilt Myanmar als eine der weltweit größten Lieferländer für Opium. Wer im Land mit Drogen erwischt wird, hat mit langen Gefängnisstrafen zu rechnen.

Atemberaubender Zieleinlauf am Tag vor dem Marathon Für die wichtigsten Besucher war diese "Präsidentenloge" vorgesehen

Die Entscheidung der Organisatoren, den Marathon in den südostasiatischen Winter zu verlegen, war eine glückliche, denn im Januar, Februar und März ist das Klima am günstigsten für den Ausdauersport. Nach der Monsunregenzeit, die bis November/Dezember dauert, gelten die Monate danach als die verträglichsten und mildesten. Schon im März, aber spätestens ab April steigen die Temperaturen auf bis zu 45 Grad an und mit ihr erhöht sich auch die ohnehin schon hohe Luftfeuchtigkeit. Aber auch der Januar hat es für europäische Verhältnisse in sich. Tagsüber wird leicht die 30 Grad Marke überschritten, weshalb sich die Veranstalter für einen sehr frühen Start um 5.30 Uhr, noch vor Sonnenaufgang entschieden hatten, wenn das Thermometer sich auf 20 Grad absenkt.

Der frühe Start bedeutet nicht nur gemäßigte Bedingungen und nächtliches Aufstehen für den Athleten, sondern auch die Notwendigkeit, die Formalien an den Vortagen zu erledigen, sprich, die Startunterlagenausgabe wurde am Marathontag gar nicht mehr geöffnet. Für die Bevölkerung, sprich das Publikum, ist der frühe Termin hingegen kein Problem, denn in Myanmar, wo Tag- und Nachtgleiche herrschen, geht man traditionell sehr früh zu Bett und steht überaus früh auf. Schon um sechs Uhr in der Frühe ist reges Treiben auf den Straßen und Märkten zu beobachten, auch an Marathonsonntagen.

Auf den ersten Kilometern ist es noch dunkel ... ... dann dämmert es langsam bevor die aufgehende Sonne den Läufern mächtig einheizt

Streckenänderung

Yangon ist eine weitläufige Stadt mit langen Wegen, aber auch mit einer schier unglaublichen Anzahl von Taxen, die für wenig Geld jeden zu irgendwelcher Tages- und Nachtzeit überall hinkutschieren. So sah man am Marathonmorgen ab vier Uhr die überwiegende Zahl der ausländischen Läufer mit dem Taxi zum Start kommen, der im Peoplespark, der grünen Lunge Yangons, gelegen ist. Die Marathonstrecke beschrieb in ihrer endgültigen Festlegung eine große Nordschleife in Richtung des internationalen Flughafens Mingadalon, wobei die ersten und letzten sieben Kilometer auf der Pyay Road identisch waren und der Mittelteil eine große Runde darstellte.

Ursprünglich hatte die Streckenführung auf der Homepage einen anderen Verlauf gehabt und war wohl recht kurzfristig noch geändert worden. Die ursprüngliche Route sah einen Verlauf mit mehreren Wendepunkten mit entsprechendem Entgegenlaufen vor, welche stets nahe am Zentrum blieb und sich nicht wesentlich vom Start/Ziel-Bereich entfernte. Jedoch könnten Sicherheitsüberlegungen zur Änderung geführt haben, da die vorgesehene Strecke bei zunehmenden Verkehr nicht ausreichend abgesperrt hätte werden können. Denn um sieben Uhr waren viele Straßen schon verstopft.

Fast eine "Massenszene", denn das 207 Finisher zählende Feld zog sich bei leichten Anstiegen mächtig auseinander Zuschauerblocks wie diesen gab es alle paar Meter Selbst das Militär klatschte Beifall und ließ sich gerne fotografieren, was sonst streng verboten ist

Auch die neue Strecke, weitgehend auf autofreien, mehrspurigen Hauptstraßen durchgeführt, hatte insbesondere nach der Halbmarathonmarke auch einige Passagen, wo es eng zuging und die Läufer sich zwischen den Autos, Bussen und Zuschauern bzw. Marktständen durchschlängeln mussten. Das war aber nur auf vielleicht fünf Kilometern der Fall und machte auch von den Abgasen her kaum etwas aus. Dass man hier einige Sekunden verlor, spielte keine Rolle, wie einige vergleichbare Ergebnisse einheimischer und ausländischer Läufer zeigen.

Sieggewohnte Kenianer

Absolut flach war der Yangon Marathon allerdings nicht, man hatte etwas mehr als 180 Höhenmeter zu bewältigen. Die Strecke war insgesamt gut zu laufen und abwechslungsreich mit ruhigen und sehr lauten Passagen. Absoluter Höhepunkt aber war der spektakuläre Zieleinlauf im Volkspark mit direktem Blick auf die Shwedagon Pagode, dem vielbesuchten Nationalheiligtum des Landes und wichtigsten Sehenswürdigkeit der Stadt.

Nach Myanmar waren auch drei kenianische Männer angereist, nicht zuletzt wohl wegen der für burmesische Verhältnisse immensen Preisgelder, die für die Marathonis gestaffelt waren in 2500, 1200, 600, 400 und 300 US-Dollar für die ersten fünf Männer und Frauen, sowie 800, 400, 250, 150 und 100 US-Dollar für die zehn Kilometer. Selbstbewusst gaben sich die drei Kenianer schon im Vorfeld, als sie im Interview ihre Gewinne voraussagten. Dass nicht alle drei den Marathon liefen, dürfte wohl damit zu tun haben, dass dem Sieger des Zehners 800 Dollar, dem dritten des Marathons aber nur 600 Dollar winkten.

Bei der Präsentation selbstbewußt: "Wir werden siegen", sagen die drei Kenianer Onesmus Muindi, Gitau Joseph Kariuki und Charles Kipkorir Kipsang (v.l) Marathonstart von hinten und ... ... von vorne. In der Mitte, ohne überzutreten, der spätere 2. Muindi (Kenia)

Und wie prophezeit, so kam es auch. Gitau Joseph Kariuki, dem man seine Anstrengungen nach dem Zieleinlauf deutlich ansah, siegte in 2:19:13, nachdem er lange mit dem zweiten, Onesmus Muindi (2:19:41), zusammengelaufen war. Letzterer gab zu, er habe auf den letzten fünf Kilometern nicht mehr mithalten können. Sieger Kariuki meinte artig: "Das ist ein großer Tag für mich. Es war ein fantastischer Tag und eine sehr gute Organisation. Ich werde auf jeden Fall nächstes Jahr wiederkommen, um meinen Titel zu verteidigen." Dritter wurde Thaung Aye aus Myanmar in starken 2:27:12 vor zwei weiteren Landsleuten.

Nicht mehr als unbedingt nötig tat der dritte Ostafrikaner Charles Kipkorir Kipsang auf der Kurzstrecke. Er siegte in 31:11 mit ganzen zwei Sekunden Vorsprung vor Thein Hlaing Oo aus Myanmar und drei weiteren Landsleuten, die zwischen 31:46 und 33:06 blieben. Der Zehner war eine halbe Stunde nach den Marathonis um sechs Uhr gestartet worden und verlief als Wendepunktkurs auf den ersten und letzten Kilometern der Marathonstrecke.

Zuweilen wurde es eng für die Marathonläufer, und man musste sich durch Autos und Publikumsreihen schlängeln. 100000 bis 200000 Zuschauer sorgten für eine begeisternde Atmosphäre Pacemaker für seine Frau: Andy Brittain: "Geht doch", und Fotos steuerte er auch noch für diesen Bericht bei Es siegte beim 10 km Lauf mit nur 2 Sekunden Vorsprung Charles Kiporir Kipsang in 31:11 vor dem besten Einheimischen Thein Hlaing Oo

Olympiateilnehmerin mit neuer Bestzeit: die Frauen

Während schon die Myanmar-Männer mit guten Leistungen in beiden Rennen überraschten, setzten die einheimischen Frauen noch eins drauf und belegten im Marathon alle fünf Preisgeldränge. Dabei stellte die Favoritin Nilar San, eine von nur sechs Olympioniken in London, eine neue Bestzeit auf, konnte aber nur Rang drei erreichen. In London noch in 3:04 als 105. ins Ziel gekommen, lief sie in Yangon unter später sehr heißen Witterungen - das Thermometer war auf über 30 Grad gestiegen - eine volle Viertelstunde schneller und finishte in 2:49:53. Schneller als sie waren indes Mi Mi Aye als Siegerin in 2:46:07 und Pa Pa in 2:48:11. Rang 6 und 7 ging an Japan und Singapur. Siegerin Mi Mi Aye kam hinter den beiden Kenianern und zwei weiteren Männern bereits als Gesamtfünfte ins Ziel.

Dass das Preisgeld im Land blieb, ist sehr erfreulich und bedeutet für die Siegerinnen eine mehr als erkleckliche Summe, bedenkt man, dass das durchschnittliche Lehrergehalt zwischen 13 und 25 US-Dollar monatlich betragen soll, und ein Hotelangestellter an einem der schon besseren Strände für einen 14-Stunden Arbeitstag nur einen Dollar bekommt.

Läufern und Zuschauern wurde im Ziel einiges geboten: hier eine Musikparade ... ... dort eine Tierparade

Auch der Zehner sah nur einheimische Läuferinnen auf dem Treppchen. Gewonnen hat Phyu War Thet in 35:11; die Fünftplatzierte lief immerhin noch eine 40:10. Insgesamt gab es im Zehner knapp 400 Finisher; das größte Rennen war aber der Jedermannslauf über 3 km, der nach dem Einlauf aller Zehner und den ersten Marathonmännern um acht Uhr gestartet wurde. Auch einige nördliche, oder besser südliche Walker sollten dabei gewesen sein.

Bestzeiten auch für deutsche Teilnehmer und der Mannschaftssieg

Eine beachtliche Vorstellung lieferte in Yangon der für den PSV GW Kassel startende Florian Deichmann ab, der nach den beiden siegreichen Afrikanern der schnellste Nichtasiate und damit beste Europäer war. Er hatte bereits einige Wochen vor Yangon am Singapore Marathon teilgenommen, seinerzeit noch in 3:05. Nun stellte er in 2:47:11 eine neue persönliche Bestzeit auf und kam auf den achten Gesamtrang. Er meinte: "Das hatte ich eigentlich nicht erwartet! Jetzt werde ich mich auf den E.ON Mitte Kassel Marathon im Mai vorbereiten." Ganz nebenbei gewann Deichmann mit seinem Dreierteam "CBRE", dem der Däne Peter B. Jensen und der Südafrikaner Richard Leech angehörte, auch die Mannschaftswertung im Marathon in 9:28 Stunden.

Ab 8 Uhr wurde es heiß, das merkt auch diese einsame US-amerikanische Läuferin Rabea und Andy Brittain waren zwei von fünf deutschen Finishern. Rabea war schnellste Nichtasiatin und stellte in 3:43 eine neue PB auf. Gesamtplatz 8 für sie Während die Marathonis unterwegs waren, hatten auch die 10 km Läufer ihren Spaß ...

Auch unsere Rabea Brittain war über ihren eigenen Lauf überaus überrascht. Geführt von Partner Andy, legte sie ein starkes Rennen hin und konnte es am Ende kaum glauben, dass sie mit 3:43 drei Minuten unter der bisherigen Bestzeit blieb, die auf wesentlich leichterer Strecke und günstigeren Witterungsbedingungen zustande gekommen war. Die 37jährige Pädagogin wurde wie Deichmann bei den Männern im Frauenfeld achte und beste Nichtasiatin.

Von den 12 deutschen Läufern im Zehnerrennen legte Erwin Michels in 51:11 und als 7. in der Kategorie "40plus" das beste Ergebnis hin. Sein weibliches Pendant heißt Kristina Klein, die 63 Minuten unterwegs war.

Beim Siegerfoto wollte keiner so recht lachen ... ... zu anstrengend war das Rennen, auch für den gezeichneten Sieger Gitau Joseph Kariuki (2:19:13)

Anders als bei europäischen Läufen war das Durchschnittsalter in Yangon deutlich niedriger, ja Läufer mit angegrauten Haaren sah man kaum. Schnelle Leute in der sogenannten Masterclass, eine von nur zwei Altersklassen, war ebenfalls sehr selten. So hätte man den Zehner bei den Männern in knapp 46 Minuten, bei den Frauen in 47 Minuten gewonnen. Im Marathon reichte bei den Frauen sogar eine 4:33 zum Sieg.

Organisatoren zufrieden und Ausklang am Strand

Vollauf zufrieden zeigten sich die Organisatoren des aufwändig veranstalteten Events. David Shin, der Renndirektor von der Agentur "Sporting Republik", die auch in Vietnam und anderen Ländern große Läufe betreut, hob die Bedeutung des Yangon Marathons hervor: "We are extremly proud to bring an international marathon to Myanmar. This is a great opportunity to promote Myanmar and Yangon's international image. It is exiting to be part of a race that focuses on the runner's experience, especially those that help raise funds for charity." Und Serge Pun vom Hauptsponsor Yoma Strategic Holdings ergänzt: "This is the significant event. Bringing an international marathon here is a huge positive step forward, not only for the city of Yangon, but for Myanmar as a whole."

Glücklich beim Zieleinlauf waren alle Alles im Rahmen: auch der LaufReporter

Das sind sicherlich große Worte, aber sie drücken aus, wie stolz man vor Ort auf die gelungene Premiere ist - mit Recht, denn es kann von außen kaum passend gewürdigt werden, welche Kraftanstrengung in jeder Hinsicht die Veranstaltung in einem so besonderen Land wie Myanmar bedeutet, von der man sich nun eine Initialwirkung bei der Bevölkerung hinsichtlich des Ausdauersports erhofft.

Der fernreisende Marathontourist, der nun seine nicht unanstrengende Landtour und die Marathonanstrengungen hinter sich hat, darf sich als Reiseabschluss auf einige Tage Badeurlaub an einem der wunderschönen, kilometerlangen und nahezu menschenleeren Sandstrände freuen, über die das Land in so reichem Maße verfügt, und natürlich auf die immer fröhlichen Menschen und den ungekünstelten Service.

Ob der Marathonsieger auch noch ein paar Tage an Myanmars traumhaften Stränden Urlaub gemacht hat (hier Ngwe Saung Beach), konnte nicht ermittelt werden

Das dachten sich auch Rabea und Andy, die schon am dem Marathon folgenden Tage mit dem Bus nach Ngwe Saung Beach fuhren und eine Woche nichts anderes taten als die Beine und Seele baumeln zu lassen, bevor der kalte deutsche Winter sie wiederhaben würde, wo gleich ein Ausbildungswochenende im Laufpädagogikzentrum Paderborn auf die sympathischen Schwaben wartete. Zuvor, am Abschiedstag des nachhaltig beeindruckenden Lauf- und Reiseabenteuers, genehmigte sich die deutsche Sektion am Strand noch zwei, drei Myanmar-Bierchen und durften in doppelter Weise erfreut feststellen, dass man hierzulande die deutsche Bierbrauweltkunst qualitativ bereits erreicht hatte, aber in quantitativer Hinsicht an den Maßeinheiten der ehemaligen Besatzer aus England festhält, wodurch in der Flasche nicht 0,50 sondern 0,64 Liter Platz finden ...

Bericht und Fotos Michael Schardt
Weitere Fotos von Andy Brittain, David Shin, Heidi Mezger

Info und Ergebnisse unter www.yangonmarathon.com

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