23.08.2009 - 7. Lecher Höhen-Halbmarathon(Noch) ein Geheimtipp für Individualisten |
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von Axel Künkeler |
Wer traumhafte Berglandschaften und anspruchsvolle Streckenprofile zum Laufen sucht, der ist hier genau richtig. Wer zudem allzu großes Gedränge am Start oder auf schmalen Wegen scheut ebenfalls. Der Lecher Höhen-Halbmarathon feierte heuer zwar bereits seine siebente Auflage, doch mit exakt 100 blieb die Teilnehmerzahl überschaubar. Zwar ist im Programm ein Massen'-Start angekündigt, doch damit war lediglich der gemeinsame Start von Läufern und Walkern beim Halbmarathon und beim Fitness-Lauf gemeint. 76 Läuferinnen und Läufer nehmen die Halbmarathon-Strecke mit 21,7km und 954 Höhenmetern in Angriff. 24 Läufer und Walker sind es auf der kürzeren Distanz von 13,7km und immerhin noch fast 800 Höhen-Metern, die von den österreichischen Gastgebern charmant untertreibend als "Fitness"-Lauf bezeichnet wird.
Der Start findet am Sonntagmorgen punkt 10 Uhr auf dem Rüfi-Platz mitten im Ortszentrum von Lech statt. Am Vortag hatten noch Regen und Nebel die Bergwelt der Lechtaler Alpen in Wolken eingehüllt. Doch rechtzeitig zum Start reißt die Wolkendecke auf und gibt den Blick frei auf die imposante Kulisse von Rüfispitze (2632m), Wösterspitzen (2558m), Mohnenfluh (2544m), Omeshorn (2569m) und Karhorn (2414m). Bei lauffreundlichen Temperaturen von 16 bis 20 Grad und strahlend blauem Himmel nehmen die Läufer das Karhorn ins Visier. Vom 1446m hoch gelegenen Lech, einer im Jahre 1400 gegründeten Walser-Gemeinde, geht es durchs Lechtal hinauf bis auf fast 2000m rund um Karhorn und Saloberkopf.
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Blick vom Rüfikopf auf die Laufstrecke rund ums Karhorn | Eine Laufgruppe vom Münchner RRC und deutsche Journalisten freuen sich auf den Start | Vom Start durch den Ort |
Zunächst führt die Strecke auf Asphalt durch das Zentrum von Lech zum Unteren Flühenweg, dann weiter auf breiten Wiesenwegen und Forststraßen in den Ortsteil Stubenbach. Nun ist der Weg schmäler, die kupierte Strecke mit ersten kleinen Anstiegen führt durch den Wald und einen Holzsteg über den Lech weiter zur Bodenalpe. Hier beim KM 5 ist die erste von insgesamt 7 Labe-Stationen, an denen die Läufer mit ISO-Getränken, Wasser und Obst von freundlichen Helfern versorgt werden. Es ist ratsam, sich gleich an dieser ersten Station zu stärken, denn direkt nach der Bodenalpe geht's richtig nach oben. Man quert nun die Straße nach Warth, die im Winter wegen Schnee und Lawinengefahr meist gesperrt ist, über einen Kuhsteig' geht es auf Almwiesen aufwärts Richtung Bürstegg. Bis vor zwei Jahren wurde die ersten Kilometer komplett auf der Straße von Lech nach Warth gelaufen, nun ist die Strecke schon im ersten Abschnitt reizvoller, aber auch anspruchsvoller geworden.
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Raus aus Lech über Wiesen-Wanderwege auf die ersten Kilometer | Über den Kuhsteig ging es ab km 5 steil nach oben | Über den Lech Richtung Bodenalpe |
Bis KM 8 hat man nun die mit gut zehn Prozent steilsten Anstiege zu bewältigen. Die meisten nehmen "die Oberschenkel in die Hände", an Laufen ist erst wieder auf den Wanderwegen kurz vor Bürstegg zu denken. Wem die Strecke zu anspruchsvoll wird, der kann hier noch auf die kürzere Variante umsteigen. Der kleine Bruder' des Höhen-Halbmarathons, der Fitness-Lauf zweigt hier ab, während das Gros der Läufer sich weiter Richtung Steffisalplift bewegt. Bis zur Hochalphütte wird es zwar etwas gemütlicher, aber noch folgen einige kurze Anstiege und die Trails rund ums Karhorn führen teilweise über Stock und Stein'. Am Saloberkopf ist der mit gut 2000 Metern höchste Punkt der Strecke erreicht.
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Freundliche Helfer mit ISO, Wasser und Obst an den sechs Labe-Stationen | Kühe und Wanderer begegneten den Läufern | Trompeten-Solo als Motivation am Wegesrand |
Von da an geht es bis zur Unteren Auenfeldalpe stets bergab: 400 Höhenmeter zwischen KM 12,5 und 15,5! Während die für München RoadRunners (MRRC) startende Französin Jeanine Draszcz begeistert ist ("Downhill-Laufen ist das Beste"), merken andere die Belastungen der steilen Gefäll-Passagen. Nun kommt es erst recht auf die richtige Lauftechnik an, um die reizvolle Landschaft der Auenfelder genießen zu können. Nicht weit entfernt entspringt die Bregenzer Aare, zunächst ein kleiner Bergbach, der etliche Kilometer weiter den Bodensee mit Wasser speist. Kraft tanken heißt es auch für die Läufer, denn ein letzter Anstieg zum Schlegelkopf muss genommen werden, bevor der Weg über Oberlech mit teils wieder recht steilen Bergab-Passagen (300 HM auf den letzten 3km) zurück ins Ziel führt. Am Rüfiplatz werden die Läufer von Moderator Stefan Jochum einzeln begrüßt, die Zuschauer und eine Musikkapelle sorgen für die richtige Stimmung.
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Peter Hintze wird beim Test für den TransAlpine-Run 6. M-Plus | Die ersten (kleinen) Anstiege hinter Lech | 12. M-Allg. Bernd Jais (rechts) und 13. M-plus Rudi Lehnert |
Mit neuem Streckenrekord von 1:40:25h kommt Hannes Felder (BLT Bludenz) als Erster ins Ziel. Der 25-Jährige aus dem nahen Bregenzer Wald hatte sich etwa bei KM 6 im Anstieg zu Bürstegg von der Führungsgruppe abgesetzt. Von da an lief er ein einsames Rennen, zumal seine beiden Verfolger Dominik Walch und Roland Langenegger Pech hatten: auf der sonst sehr gut ausgeschilderten Strecke übersahen sie ein Schild, mussten noch eine "Ehrenrunde" drehen. Etwa bei KM 15 setzt Walch sich dann ab, kommt mit 45 Sekunden Vorsprung auf Langenegger nach 1:47:03h als Zweiter ins Ziel. Der Ausdauersportler vom Tri Team Telfs hat fast schon "ein Abonnement auf einen Podestplatz" in Lech, so Stefan Jochum, denn Walch hat heuer bereits im Juli den 12. Lecher Gipfeltriathlon gewonnen.
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Walking statt Running hieß jetzt die Devise | Die für den MRRC startende Französin Jeanine Draszcz wird im HM 5. der AK W-Allg | Die Höhen des Karhorns schon im Blick |
Während Felder und Walch damit die AK M Top' (1971 u. jünger) vor Jörg Feßler (1:53:12h) gewinnen, wird der Gesamt-Dritte Langenegger (SC Steinegg) Sieger der AK M-Allg.' (1970-61). Insgesamt 11 Läufer bleiben unter zwei Stunden, darunter der Sieger der AK M-Plus', Stefan Signer in 1:53:00h. Das Dutzend der Unter-zwei-Stunden-Läufer' macht die schnellste Frau voll. Die Schweizerin Astrid Müller gewinnt souverän in 1:57:27h vor zwei Deutschen: Ellen Clemens (2:01:11h) aus Garmisch-Partenkirchen und Verena Söllner (2:13:21h) aus Immenstadt.
Ellen Clemens hielt bis KM 6 mit Müller mit, musste im Anstieg nach Bürstegg aber abreißen lassen. Zwar konnte die Deutsche nochmals kurz zur Schweizerin aufschließen, doch fühlte sie sich an diesem Tag nicht in bester körperlicher Verfassung. Spätestens im letzten Anstieg bei KM 17 fiel die endgültige Entscheidung. Müller war hier mental immer noch gut drauf: "da geht noch was" spürte sie und sicherte sich bei ihrem ersten Start beim Lecher Höhen-Halbmarathon gleich den Sieg. Müller vor Clemens und Söllner, das ist auch der Einlauf in der AK W Top' (1966 u. jünger), während die AK W-Allg.' (1965 u. älter) von Andrea Jäger in 2:24:09h gewonnen wird.
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Maria Hettegger wird 7. der W-All | Heinz Rieger stieg vom Fitness-Lauf auf den HM um | Die 6. W-Allg. Marie Krakau biegt ins Ziel ab |
Bislang kannte Astrid Müller Lech nur vom Skifahren. Als Wintersportort gehört Lech zu den "Best of the Alps", einer seit über 20 Jahren bestehenden Vereinigung 12 renommierter Orte aus allen Alpen-Ländern. Nun will Lech sich noch stärker dem Sommer-Tourismus zuwenden. "Wir setzen auch in Zukunft auf das Thema Laufen", erklärte Direktor Gerhard Walter von der Lech Zürs Tourismus GmbH bei der Siegerehrung. Höhentraining mit Genuß sei auch über den Höhenhalbmarathon hinaus angesagt. Seit diesem Sommer sind in Lech zehn neu konzipierte Laufstrecken angelegt worden. Mit unterschiedlichen Längen und Schwierigkeitsgraden bieten sie für jeden Läufer die angemessene Strecke. Insgesamt steht ein rund 53 Kilometer umfassendes Laufstrecken-Netz von leichten Strecken für Anfänger bis hin zur Herausforderung für den ambitionierten Läufer zur Verfügung.
Aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Finnland, Italien und natürlich Österreich kamen die Teilnehmer des 7. Lecher Höhenhalbmarathons. Obwohl der Lauf mit 100 Finishern noch Entwicklungspotenzial hat, erwies sich Lech am Arlberg wie gewohnt als Get-Together der Nationen. Sofern sie nicht aus der Region kommen, haben die meisten Teilnehmer durch oder in ihrem Lech-Urlaub vom Höhen-Halbmarathon, der sonst in der überregionalen Laufszene noch ein Geheim-Tipp ist, erfahren. So auch die wenigen Deutschen wie der Freiburger Arnold Lay, Joachim Moser vom TV Bad Bergzabern oder Rudi Lehnert aus Bretten, der sich bereits auf den Karlsruhe Marathon am 20. September freut.
Für Peter Hinze aus München, in 2:25:23h Sechster der M-Plus, ist Lech eine willkommene Gelegenheit zur Vorbereitung auf den TransAlpine-Run, der Anfang September eine Woche lang von Oberstdorf nach Latsch in Südtirol führt. Und Maria Hetteggger (ebenfalls MRRC) nutzt den 7. Lecher Höhenhalbmarathon als letzten Wettkampf vor dem Jungfrau-Marathon. Sie kommt in 2:50:36h in der AK W-Allg.' als 7. Frau ins Ziel und freut sich gemeinsam mit Anke Beißer, die nach 3:15:20h ihren ersten richtigen Berglauf beendet. Für die aus Erkner bei Berlin stammende Flachland-Tirolerin', die bislang nur beim Rennsteig-Marathon einige Hundert Höhenmeter gesammelt hat, eine richtig tolle Leistung.
So überwiegt am Ende beim Organisations-Team um Lisa-Maria Beck und Gaby Walser sowie den Teilnehmern echte Freude über einen gelungenen Event bei besten Bedingungen mit wahrem Bilderbuchwetter. Nicht zuletzt die Mund-zu-Mund-Propaganda wird dafür sorgen, dass der Geheim-Tipp sich weiter entwickeln wird und in der Berglaufszene einen guten Ruf bekommt. Verdient hat es sich der Lecher Höhenhalbmarathon allemal!
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Bericht und Fotos von Axel Künkeler Ergebnisse und Infos unter www.lech-zuers.at Zurück zu REISEN + LAUFEN aktuell im LaufReport HIER |
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