Kasbek-Marathon in Georgien (10.9.11)Marathon in der Diaspora |
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von Stefan Schlett
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Das Geheimnis der Schönheit Georgiens ist in dieser Legende zu suchen: Als Gott alle Menschen der Welt zu sich rief, kamen die Georgier als Letzte. Der Herr fragte nach dem Grund der Verspätung. Die Georgier antworteten, dass sie unterwegs kurz angehalten haben, um zu trinken und ihre Gläser auf Gott zu erheben, um ihn zu preisen. Gott fand diese Erklärung so schön, dass er den Georgiern ein Stück Land schenkte, dass er ursprünglich für sich aufgespart hatte. Der Besuch Georgiens bestätigt, dass der Legende eine wahre Geschichte zugrunde liegt: Georgien ist ein natürliches Paradies.
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Die frühere Grusinische Sozialistische Sowjetrepublik war das reichste Land der ehemaligen Sowjetunion. Die Vielfalt der Natur und Kultur in der kleinen Kaukasusrepublik mit 4,5 Millionen Einwohnern und der Größe Bayerns ist spektakulär: einige der höchsten Berge Europas, Palmen gesäumte Strände am Schwarzen Meer, die ältesten Weinanbaugebiete der Welt, zahlreiche Heilquellen, die reiche Geschichte der Georgier, beeindruckende Monumente und Bauwerke aus 10 Jahrhunderten, eine abwechslungsreiche Küche und vor allem sehr gastfreundliche Menschen.
Der Autor kommt nicht umhin, seine spontane Begeisterung für dieses Land zum Ausdruck zu bringen! Nach der Unabhängigkeit im Jahre 1991 erlebte es den tiefsten Fall von allen 15 ehemaligen Sowjetrepubliken. Doch in den letzten Jahren stabilisierte sich die Situation. Das Land zieht einen jeden in seinen Bann! Welch eine Dynamik nach den Jahren politischer und auch kriegerischer Konflikte!
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Läuferisch gehörte Georgien bis vor kurzem noch zur Diaspora. Aber seit 2010 existiert mit dem Kasbek-Marathon, Halbmarathon und 8 km-Lauf eine internationale Laufveranstaltung. Die Premiere kam auf 28 Teilnehmer, davon knapp 30% ausländische Gäste. Dieses Jahr waren schon beachtliche 160 Teilnehmer aus 14 Ländern am Start, darunter auch die Botschafter von Großbritannien und der Schweiz. Die Laufstrecke mit Start und Ziel in der 1800 Meter hoch gelegenen Ortschaft Kasbegi, 155 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tiflis inmitten des Kaukasus, ist atemberaubend!
Der schnee- und eisbedeckte 5047 Meter hohe Kasbek, dritthöchster Berg Georgiens und der achthöchste im Kaukasus, dominiert die Region. Der erloschene Vulkankegel soll jener Berg der griechischen Mythologie sein, an den Prometheus gekettet wurde, weil er den Göttern das Feuer stahl.
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Ort und Berg sind nach dem hier geborenen georgischen Schriftsteller Alexander Kasbegi (1848 - 93) benannt. Neuerdings trägt die Ortschaft wieder ihren ursprünglichen Namen aus dem 19. Jahrhundert, Stepanzminda (deutsch: Sankt Stefan - nach dem ersten christlichen Märtyrer Stephanus). Dies erklärt sich aus der christlich geprägten Geschichte Georgiens. Schon im Jahre 327 wurde das Christentum zur Staatsreligion erklärt. Der Autor freute sich inbrünstig, dass er in seinem "eigenen" Ort den 658. Marathon und das 88. Wettkampfland zelebrieren darf
Stepanzminda liegt an der Georgischen Heerstraße, die Tiflis mit dem russischen Wladikawkas, der Hauptstadt Nordossetiens, verbindet. Es ist die kürzeste Route zwischen dem nördlichen und südlichen Kaukasus und hat dadurch eine enorme strategische Bedeutung. Während des 5-Tage-Krieges im August 2008 wurde die Straße von den Russen abgeriegelt. Noch heute ist der 10 km nördlich von Stepanzminda gelegene Grenzübergang nach Russland aus politischen Gründen geschlossen.
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Schulz-Aktiv-Reisen in Dresden ist der einzige Reiseveranstalter der den Kasbek-Marathon im Portfolio hat. Als Basislager dient der 2100 Meter hoch gelegene Wintersportort Gudauri, eine ehemalige Portkutschenstation zwischen Tiflis und Wladikawkas. Hier wird die Laufgruppe mit Akklimatisationstouren bis in 3000 Metern Höhe optimal auf den Gebirgslauf vorbereitet. Daneben kommen die kulturellen Highlights dieses faszinierenden Landes nicht zu kurz. Von Gudauri sind es 35 km bis zum Start in Stepanzminda. Dabei muss der 2400 Meter hohe Kreuzpass überquert werden, auf dessen Höhe ein kleiner deutscher Soldatenfriedhof an die Tunnelbauarbeiten deutscher Kriegsgefangener aus dem 2. Weltkrieg erinnert.
Maka Zilikurischwili, unsere aparte deutsch sprechende Reiseführerin, beneidet die Bundesrepublik Deutschland, in der es bereits seit 66 Jahren keinen Krieg mehr gab. Fürwahr, ein Privileg und ein Rekord! Der Kaukasus, in dem auf relativ kleinem Raum etwa 50 verschiedene Völker leben ist ein ethnischer Flickenteppich und seit Jahrhunderten Konfliktherd und Kampfzone.
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Menschen die dem Laufsport frönen sind dagegen ein friedliches Volk. Der 2. Kasbek-Marathon versammelt 29 Marathonis und 42 "Halbe", fast die Hälfte des Starterfeldes wird von ausländischen Teilnehmern belegt. Für den 8 km-Lauf finden sich 89 Läuferinnen und Läufer ein. Die Laufstrecke führt auf Feldwegen durch das Terek-Tal parallel zur Georgischen Heerstraße nach Südwesten bis Sioni. Während die 21 km-Läufer auf Asphalt direkt nach Stepanzminda zurücklaufen, machen die Marathonläufer einen Schwenk in das Sno-Tal, in dem auf einer Wendepunktstrecke zwei kleine Dörfer durchquert werden. Hier erwartet die Läufer pure bäuerliche Idylle: Hühner rennen verschreckt durch die Gassen und Freilandsäue watscheln grunzend durch die Dörfer, die Einheimischen bieten am Gartenzaun Stärkungsgetränke an. Die Laufpiste muss außerdem mit Pferden und Kühen geteilt werden. Bauern bei der Feldarbeit winken den exotischen Zweibeinern. Das ganze umrahmt von einer herrlichen Gebirgsszenerie. Eine geniale Kulisse!
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Der Aufstieg über 480 Höhenmeter zur Zminda-Sameba-Kirche (Dreifaltigkeitskirche) auf den finalen 10 Kilometern bildet an beiden Langstreckenwettbewerben den absoluten Höhepunkt. Die im 14. Jahrhundert erbaute Kuppelkirche steht majestätisch oberhalb der Baumgrenze in 2300 Metern Höhe, vor dem grandiosen Massiv des 5047 Meter hohen Kasbek. Ein Orgasmus für die Sinne, der im Geiste kaum verarbeitet werden kann, da der folgende Abstieg auf steilen Trails noch einmal alle koordinativen Fähigkeiten fordert. Die Schwierigkeit der Strecke schlägt sich auch in den Zeiten nieder: Nur 3 Läufer schaffen den Marathon mit insgesamt 720 Höhenmetern in weniger als vier Stunden.
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Sieger wird der Georgier Anatoli Aleinikovi in 3:54:48 Std. Zeiten sind bei
diesem herrlichen Landschaftslauf sowieso nur zweitrangig. Georgien ist ein
Juwel im Kaukasus und nun auch im Marathonkalender! Datum für 2012 ist
der 8. September. Informationen gibt es bei:
www.schulz-aktiv-reisen.de/GOG80
und www.kazbegi-marathon.com
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Bericht und Fotos von Stefan Schlett Zurück zu REISEN
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