29.5.16 - Himalayan Kingdom Marathon in Paro - Bhutan

Erstmals fünf Deutsche am Start

Erfolgreiche Laufreise von interAir als Premiere

von Axel Künkeler 

Am "Himalayan Kingdom Marathon" Ende Mai in Bhutan nahmen erstmals fünf deutsche Läufer teil. Die Sportler aus Deutschland, die eine Woche zuvor noch den "17. Great Wall Marathon" an der chinesischen Mauer nahe Beijing absolvierten, kamen im Rahmen einer Erlebnis-Laufreise mit dem Veranstalter interAir, der den Lauf als Premiere ins Programm 2016 aufgenommen hatte. Erfolgreich waren die deutschen Athleten mit zwei zweiten Plätzen zudem auch noch.

Das Königreich Bhutan liegt etwas versteckt in der östlichen Himalaya-Region, zwischen Nepal und Tibet, Indien und China. Bhutan ist gerademal so groß wie die Schweiz und hat 740.000 Einwohner. Klein und exotisch wie das Land, ist auch der "Himalayan Kingdom Marathon", der seit 2010 im Paro-Hochtal auf einer Höhe von 2.200 bis knapp 2.600 Metern stattfindet. Veranstaltet wird er von der englischen Agentur "2:09 Events", benannt nach der persönlichen Bestzeit ihres Gründers und Inhabers Mike Gratton. Mit dieser Zeit gewann der Engländer nämlich 1984 den dritten London Marathon.

Den Ausblick beim Himalayan Kingdom Marathon auf die 8.000er im Hmimalaya hatte man erst beim Flug von Bhutan nach Nepal

Nach seiner aktiven Zeit ist Gratton ins (Lauf)Reisen- und Veranstalter-Geschäft eingestiegen und vermarktet neben seinen Reisen etwa zwanzig Events, die meisten davon im Vereinigten Königreich Großbritanniens. Auch die ‚Big Five' in Südafrika und eine ‚Four-Days-Challenge' auf Zypern gehören dazu - und natürlich der Himalayan Marathon im Königreich Bhutan. Der aber hat nach wie vor einen schweren Stand in der internationalen Laufszene. Nach seiner Premiere im Jahr 2010 musste die zweite Auflage 2012 bereits mangels Resonanz abgesagt werden. Nach 2014 mit etwa 60 Teilnehmern gab es daher nun erst die dritte Veranstaltung überhaupt.

Der Streckenplan für Marathon und Halbmarathon Das Tahktshang Monastery, eines der wichtigsten Pilgerziele im Buddhismus, das Highlight der gesamten Tour

Und auch die hatte eine sehr überschaubare Größe: 77 Finisher insgesamt, davon 41 beim Halbmarathon und gerade mal 36 Marathon-Finisher. Dabei waren nur 15 internationale Sportler, darunter auch die fünf Deutschen. Nimmt man den interAir-Reiseleiter Uli Sauer und LaufReporter Axel Künkeler aus dieser Rechnung raus, dann bleiben sogar nur noch drei Läufer aus Berlin, die ihre Himalaya-Marathon-Premiere feierten.

Auf der klassischen 42,2-Kilometer-Distanz wurde Hannes Spatzier (Vorspiel SLL Berlin) in 3:45:50 Stunden Zweiter hinter Nima Dorji. Der bhutanische Top-Läufer bewältigte den schwierigen Kurs in 3:36:36 Stunden. Spatzier's Vereinskollege Christian Baumer kam in 4:29:58 h hinter vier weiteren Läufern aus Bhutan auf Rang sieben, während der ebenfalls aus Berlin stammende Jens Hübler als Gesamt-35. eine Zeit von 6:54:18 h benötigte.

Vom Dochula Pass auf 3.000 Meter Höhe hätte man bei klarer Sicht die bis zu 7.500m hohen Berge Bhutans sehen können Der Punakha Dzong, die Winter-Residenz der Bhutan-Könige

Gleich hinter Baumer folgte mit Yolanda Gratton bereits die erste von insgesamt nur vier Frauen. Die Ehefrau von Mike Gratton, die als Mit-Organisatorin, Travel-Guide und eben Läuferin aktiv war, lief eine 4:33:50 h. 2014 war sie Dritte geworden und ihre Marathon-PB von 3:15 h hat sie beim Berlin-Marathon 2015 aufgestellt. Der ‚Himalayan Marathon' war als einer von sechs Marathons in acht Wochen Teil ihrer Vorbereitung auf den 78k Swiss Alpine, den sie im Sommer in Davos laufen will. Mit Roweana Leary (5:49:55h) aus England, Liu Awing (6:05:12) aus Singapur und der Britin Stevie Matthews (6:44:35) folgten die weiteren Frauen mit großem Abstand.

Die deutschen Starter beim Himalayan Marathon - Christian Baumer, Jens Huebler, Hannes Spatzier und Uli Sauer (v. l.) Nur sechs internationale Starter aus den USA, Neuseeland, Holland und Deutschland beim Halbmarathon

Bhutanische Frauen waren beim Marathon nicht am Start, im Gegensatz zu ihren 28 männlichen Landsleuten. Die strikte Geschlechtertrennung setzte sich beim Halbmarathon fort: hier glänzten die Bhutan-Männer mit Abwesenheit, während - ebenfalls zum ersten Mal - 34 Bhutan-Frauen zum Halbmarathon antraten. Der größte Teil von ihnen lief sogar erstmals überhaupt einen Halbmarathon. Etwas unkonventionell war daher teilweise der Laufstil. Nicht nur in den Steigungspassagen, sondern auch auf flacheren Abschnitten war öfters Gehen angesagt, um plötzlich wieder einige hundert Meter förmlich davon zu fliegen. Besonders flink und behände waren die meisten bhutanischen Läuferinnen und Läufer vor allem in den technisch schwierigen Bergab-Passagen unterwegs.

Vor dem Start gab es eine buddhistische Zeremonie

Besonders gut behauptete sich Chhimi Dema, die in 2:24:15h als Gesamt-Zweite das Ziel erreichte. Nur dem Neuseeländer Dave Peel (2:23:02 h) ließ sie den Vortritt. Dann folgte schon interAir-Reiseleiter Ulrich Sauer aus Witten in 2:25:06 Stunden als Gesamt-Dritter und zweiter Mann. Hinter dem Podest waren die Abstände dann schon etwas größer. Als zweite Frau folgte die Bhutanerin Pema Yangzong (2:35:30) vor dem laufenden Reporter/Fotograf Axel Künkeler, der nach 2:48:46 h als Gesamt-Fünfter und dritter Mann ins Ziel lief.

27 der 36 Starter beim Marathon waren Männer aus Bhutan Erstmals gingen 34 bhutanische Frauen beim Halbmarathon an den Start

Als internationale Starter waren die beiden Holländer Niki Kervezee und Floris Poleratta, die ebenso wie der neuseeländische Sieger derzeit in Bhutan leben und dort in einem sozialen Projekt arbeiten, 3:06:22 Stunden beim Halbmarathon unterwegs. Barbara Sullivan (3:31:18) aus Neuseeland und der Amerikaner John Bell (3:57:27) komplettierten die internationale Beteiligung. Trotz der geringen Resonanz ausländischer Starter ist Mike Gratton äußerst zuversichtlich, den "Himalayan Kingdom Marathon" in Bhutan dauerhaft zu etablieren. "Die Abenteuer-Reiselust ist stark im Wachsen begriffen", ist der Engländer überzeugt. Er wolle daher den Marathon im Himalaya künftig sogar jährlich veranstalten.

Ein Großteil der Strecke führte über Trekking Pfade und Trails Unten das Paro-Tal, oben die Trails Strecken-Kontrolle per Arm-Stempel

Ein wenig Abenteuerlust und Bereitschaft zur Improvisation muss man schon mitbringen, wenn man sich zu einer solchen Laufreise entscheidet. Detaillierte Höhenangaben oder gar exaktes Streckenprofil, wie man es von Bergläufen in Europa gewohnt ist: Fehlanzeige! Da wird einen Tag vor dem Event mitgeteilt, dass Startort und Zeitpunkt und damit auch der Streckenverlauf nun doch etwas anders sind als zuvor in der Ausschreibung angegeben. Statt gemeinsamem Start für Marathon und Halbmarathon, der damit verbundenen Möglichkeit, nach 21,1 km zu entscheiden, ob man den Shuttle zurück oder vielleicht doch den Marathon finishen will, muss man sich nun vorher für eine der beiden Distanzen entscheiden.

Bei KM 7 lag Hannes Spatzier noch in der Verfolger-Gruppe Der Franzose Laurent Brighel ist einer der acht internationalen Marathon-Starter Die Holländer Niki Kervezee und Floris Poleratta

Dennoch kommt die geänderte Streckenführung gerade den Halbmarathonis entgegen. Die ersten 21,1 Kilometer auf breiten Wegen entlang des Flüsschens Paro und in ein Seitental sind relativ uninteressant und mit gut 200 Höhenmetern wenig anspruchsvoll. Der zweite Abschnitt, die Halbmarathon-Strecke, ist dagegen landschaftlich reizvoller und mit weiteren 700 Höhenmetern auch anspruchsvoller. Das Streckenprofil weist nun technisch schwierige Passagen über Trekking-Pfade mit Steigungen und Gefälle bis zu zwanzig und mehr Prozent auf. Hier kommt der leidenschaftliche Berg- und Trail-Runner voll auf seine Kosten.

Begegnungen in der bhutanischen Provinz Die Kinder an der Strecke freuten sich über die 'exotischen' Läufer

Auch ansonsten ist der Lauf von ‚2:09 Events' in Kooperation mit der bhutanischen Agentur ‚Blue Poppy Tours and Treks' bestens organisiert. Ausreichend Wasser- und Verpflegungs-Stellen, eine hervorragende Ausschilderung der gesamten Strecke sowie rund 60 Marshalls, die als Streckenposten alles absichern: Verlaufen ausgeschlossen! Die einzige "Gefahr" geht von bissigen Bhutan-Hunden aus, die hier in Massen leben. Beim Vorbeilaufen an Höfen und durch einzelne Dörfer ist Vorsicht geboten, wenn die Hunde im Rudel bellend auf die Läufer zukommen. Passiert ist beim Lauf zwar nichts, aber beim Warm-Up einen Tag zuvor hat es die Britin Stevie Matthews erwischt. Nur dank der Hilfe von Mitläufern und vorbeifahrenden Autos lassen die zehn Hunde von ihr ab, kommt sie mit dem Schrecken und einer leicht blutenden Bisswunde am Schienbein davon. "A bisserl Abenteuer" gehört halt dazu, am nächsten Tag läuft Stevie fröhlich und frohgemut ihren Marathon - allen Bhutan-Hunden zum Trotz!

Die Britin Stevie Matthews finisht als 3. Frau Der Berliner Jens Huebler beendet seinen Erlebnislauf im Begleit-Tross als 35. von 36 Finishern Der Brite Ian Richardson hat Spaß am Zieleinlauf als 13. von 33 Männern

Insgesamt sind auf der Marathon-Strecke zwar "nur" 930 Höhenmeter zu bewältigen, aber vor allem die dünne Luft im Himalaya-Gebirge, macht den Läufern aus Europa zu schaffen. Besonders eben beim Halbmarathon, zumal direkt nach dem Start oberhalb der Stadt Paro neben dem Nationalmuseum von Bhutan gleich auf den ersten 500 Metern ein giftiger Anstieg folgt. Von dort geht es über einen Trail vorbei am Paro Dzong, einem prächtigen Festungspalast runter ins Tal. Auf der gegenüber liegenden Talseite dann wieder der Anstieg auf schmalen Waldwegen Richtung Ziel.

Organisator Mike Grattton vor dem HM-Start Halbmarathon-Siegerin Chhimi Dema aus Bhutan Der deutsche Uli Sauer (2511) als 2. Mann und HM-Sieger Dave Peel aus Neuseeland

Dabei boten sich den Läufern tolle Ausblicke auf das Taktshang Kloster, das auf 2.950 Meter am Fels klebt und eines der wichtigsten Pilgerziele im Buddhismus ist. Natürlich gehörte das als ‚Tigers Nest' bekannte Kloster zu den Ausflugszielen, die von den fünf Laufreisenden aus Deutschland in den Tagen vor dem Marathon besichtigt wurden. Verbunden mit einer Fünf-Kilometer-Wanderung und 800 Höhenmetern - zwar gut für die Höhenakklimatisierung, für Muskulatur und Gelenke aber nicht unbedingt die beste Marathon-Vorbereitung. Trotzdem entschädigt die wunderschöne Wanderung über Stock und Stein mit herrlichen Ausblicken auf das Kloster und zurück ins Tal für die Mühen. Ein echtes Highlight der gesamten Reise.

Yolanda Gratton gewinnt souverän bei den Frauen. Ihre Leistung wird durch den Start von nur drei Britinnen nicht geschmälert Zweite Marathon-Frau wird die Britin Roweana Leary Die Marathon-Sieger: 2. Hannes Spatzier, 1. Nima Dorji, 3. Yeshi Norbu und der 4. Karma (v. l.)
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Auf dem anstrengenden, aber eben auch sehr interessanten Programm standen zudem die Hauptstadt Bhutans Timphu, die Winter-Residenz der Bhutan-Könige, der Punakhar Dzong sowie weitere Klöster und Paläste. Eindrucksvoll auch die Bustour über die Pass-Straße des Dochu La Passes auf über 3.000 Meter. Bei klarer Sicht, die aber meist nur in den Winter-Monaten von Oktober bis Februar gegeben ist, hätte man von hier aus die höchsten Berge Bhutans sehen können: vom 6960 Meter hohen Tsendagang über eine Handvoll 7.000er bis zum Gangkar Punsum - mit 7541 Metern der höchste Berg Bhutans und der höchste, nicht bestiegene der Welt. Doch diesmal bleibt den Laufreisenden die Fernsicht verwehrt. Erst auf dem Rückflug von Bhutan nach Kathmandu/Nepal zeigen sich die 8.000er aus den Wolken herausragend. Nun stellt es sich doch noch ein, das Gefühl, man sei auf dem "Dach der Welt" Marathon gelaufen.

Bericht und Fotos von Axel Künkeler

Informationen und Ergebnisse www.himalayankingdommarathon.com

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