Porträt: Tinka Uphoff

Mit langem Anlauf zum "shooting star" 2011"

erstellt von Reinhold Daab im März 2012

Im vergangenen Jahr hat Tinka Uphoff die südhessische Laufszene ordentlich aufgemischt und auch bundesweit durch ihren 7. Platz bei den Deutschen Straßenlaufmeisterschaften über 10 km in Oelde eine beachtenswerte Duftmarke gesetzt. Ihre Leistung ist 2011 förmlich explodiert. Der lange Weg bis dahin und die Erfolgsgeschichte, die dahintersteckt, wird in diesem Porträt erzählt.

Tinka Uphoff ist 1983 in Wiesbaden geboren und hat ihre Kindheit in Bad Camberg verbracht. "Ich habe mich schon immer sehr gerne und viel bewegt und in meiner Jugend zunächst Handball und Basketball gespielt". Im Alter von 16 Jahren hat sie eine Marathonveranstaltung im Fernsehen verfolgt und war von dieser Sportart auf Anhieb fasziniert.

 

Von da an spukte nur noch eine Idee in ihrem Kopf herum: "Ich will Marathon laufen". Tinka hat angefangen zu trainieren, ist jeden Tag 30-60 Minuten gelaufen und hat nebenbei in Limburg weiter Basketball gespielt. Um sich intensiver mit dem Thema Laufen zu befassen, hat sie ein Buch über Marathon gelesen. "Das hat mich aber eher abgeschreckt, die viele Theorie war nichts für mich".

Nach dem Abi stand Anfang 2002 die Entscheidung an, welchen Berufsweg sie einschlagen sollte. Ein Studium war nicht geplant, denn bereits während ihrer Schulzeit hatte Tinka für sich entschieden: "Ich will mal zur Polizei". Doch daraus wurde nichts, beim ersten Eignungstest ist sie durchgefallen. Sie hielt jedoch an ihrem Plan fest und wollte es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen.

Groß-Gerau Frühjahrslauf 2008

Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, führten sie ihre Überlegungen zu einem Jurastudium, denn dieses Fach war auch Bestandteil einer Polizeiausbildung. Schon bald stellte sich heraus, dass das Studium viel mehr als ein "Notnagel" zur Überbrückung war. Es machte ihr großen Spaß, sie hatte die richtige Wahl getroffen. Tinka zog das Studium sehr zügig durch, nach acht Semestern legte sie das erste und nach zwei Jahren Referendariat, im September 2009, das zweite Staatsexamen ab und ist jetzt Juristin. Auch ihr Eifer wurde belohnt, sie bekam eine Anstellung an der Uni Karlsruhe und hält im Rahmen eines Lehrauftrages Vorlesungen im Zivilrecht. Das gibt ihr auch Gelegenheit zu Promovieren, Ende April will sie ihre Doktorarbeit im Bereich "Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht" abgeben.

Tinka Uphoffs Motto: "Ein juristisches Studium ist wie ein Marathonlauf, am Ende wird es auch noch einmal hart", hat ihr beim Studium über die eine oder andere schwierige Hürde hinweggeholfen.

Pfungstadt Cross 2011 Mengerskirchen Hessische Meisterschaft 2011 Darmstadt Cross 2011

Ach ja, die Polizei hat sich auch noch bei ihr gemeldet - nach 2 Jahren. Ihre Bewerbung war "verlegt" worden. Da war das Thema aber schon längst abgehakt.

Neben dem Studium verlor Tinka auch ihr großes sportliches Ziel "Marathon" nicht aus den Augen. Sie hatte ordentlich trainiert und entschloss sich 2006, am Halbmarathon in Naurod teilzunehmen. Kein einfaches Unterfangen für den ersten Wettkampf, denn die Strecke war sehr profiliert und ziemlich anspruchsvoll. Tinka wurde auf Anhieb Zweite in 1:36 Std.. "Ich war nach dem Lauf völlig platt, lag mit Kreislaufproblemen in der Turnhalle und schaffte es bei der Siegerehrung kaum noch aufs Treppchen", so resümiert sie ihre ersten Erfahrungen bei einem richtigen Rennen. Im nächsten Jahr lief sie wieder mit und holte sich in 1:32 Std. ihren ersten Sieg.

2007 war auch das Jahr, in dem Tinka eher ungewollt als geplant zu ihrem ersten Marathonlauf kam. Ein Bekannter, der von ihrem Vorhaben wusste, hatte sie ohne ihr Wissen beim MLP Marathon Mannheim Rhein-Neckar angemeldet und überraschte sie mit den Worten: "Übrigens, wir laufen zusammen Marathon in Mannheim". Das Training wurde daraufhin um einen langen Lauf über 30 km pro Woche ergänzt. Zwei Tage vor der Veranstaltung musste ihr Laufpartner aus gesundheitlichen Gründen absagen. "Dann laufe ich auch nicht", war Tinkas erster Gedanke, den sie aber dann schnell wieder beiseite schob und sich schließlich alleine auf den Weg nach Mannheim machte. "Die letzten sieben Kilometer waren fürchterlich und ich wollte nie wieder Marathon laufen. Aber als ich dann 3:33 Std. auf der Uhr sah, war plötzlich alles vergessen und ich fand es toll." Es folgte in 2009 ein weiterer Marathon in Frankfurt, den sie bereits in 3:17 Std. absolvierte.

 
Mainz 2010: DM Marathon

Nachdem in 2010 der weitere Berufsweg mit der Anstellung an der Uni Karlsruhe abgesteckt war, folgte der Umzug in die Mainmetropole. Jetzt war es auch an der Zeit, sich einen Verein zu suchen, denn Tinka wurde immer öfter gefragt, ob sie nicht endlich mal "richtig strukturiert" trainieren wolle. "Ich konnte mir darunter zunächst überhaupt nichts vorstellen und dachte, geh' einfach mal zu Spiridon Frankfurt und schaue dir an, wie dort trainiert wird". Tinka ist dann zunächst in der Sonntagsgruppe mitgelaufen, sie fühlte sich sehr wohl und ist bald auch in den Verein eingetreten.

Bevor sie ihre Bestzeit beim Frankfurt Marathon im Herbst 2010 auf 3:03 Std. verbessern konnte, ist Kurt Stenzel auf sie aufmerksam geworden und sie durfte in der Leistungsgruppe trainieren. Jetzt gehörten Intervalltraining, Lauf ABC, Lauftechnik und Krafttraining zu ihrem Trainingsprogramm. "Ich war die Lachnummer der Gruppe und habe mich beim Training regelmäßig hingelegt", blickt sie heute noch amüsiert auf den holprigen Start ins "richtige" Training zurück. "Der Muskelkater war schrecklich, ich konnte teilweise nur rückwärts die Treppen runter gehen". Die Schmerzen ließen nach, aber es dauerte fast ein ganzes Jahr, bis sie sich an das neue Training gewöhnt hatte.

Die Veränderungen zeigten bald Wirkung, früher hatte sie keine Kraft und war nicht stabil. Das war jetzt ganz anders, ihre Körperhaltung verbesserte sich zusehends und sie konnte immer schneller laufen.

"Ich war zu sehr auf Marathon fixiert und hatte viel zu lange einen Tunnelblick. Von der Ausdauer konnte ich problemlos lange Strecken laufen und wollte nicht wahr haben, dass die kurzen, schnellen Einheiten und Abwechselung im Training so wichtig sind. Der Anstoß musste offensichtlich von außen kommen, dann habe ich förmlich den Schalter umgelegt und es verinnerlicht". Heute versteht sie gar nicht mehr, wieso sie so lange dazu gebraucht hat.

So war es nur folgerichtig, dass 2011 zu einem super Jahr mit vielen Erfolgen für Tinka Uphoff wurde, was in einem Bericht im LaufReport zu der absolut zutreffenden Formulierung führte, sie sei der "shooting star 2011". Neben zahlreichen Siegen wurde sie Hessenmeisterin im Crosslauf in Mengerskirchen und beim 10 km Straßenlauf in Villmar.

 

Darmstadt Cross 2011

Auf ihre näheren Ziele angesprochen äußerte sich Tinka Uphoff zurückhaltend: "Eine Zeit unter 35 Minuten bei den Deutschen Meisterschaften über 10 km und eine gute Platzierung bei den Deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Griesheim wären toll. Und irgendwann ein Marathon unter 2:45 Std., aber das ist Zukunftsmusik."

Tinka Uphoff

Bestzeiten
3000 m Halle
9:51,68 min.
3000 m Bahn
9:46 min.
5000 m Bahn
16:47 min.
5 km Straße
16:49 min
10 km Straße
35:04 min.
Halbmarathon
1:16:56 Std.
Marathon
2:42:06 Std.
  * PBs Stand Okt. 2015
Verein: Spiridon Frankfurt

Das Porträt von Tinka Uphoff erstellte: Reinhold Daab
Fotos © LaufReport, Thomas Zöller, Reinhold Daab und privat

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