Benedikt Hoffmann

König der Ultraläufer

"Eine Quälerei, die mir Spaß macht"

erstellt von Reinhold Daab im Februar 2018  

Er kann sich richtig gut quälen und hat ein Faible für Trails, je bergiger desto besser. Das sind die Grundvoraussetzungen, die Benedikt Hoffmann aus Stockach in den letzten Jahren zu einem der erfolgreichsten deutschen Berg-, Marathon- und Ultraläufer gemacht haben.

Das muss wohl auch in den Genen liegen. Bereits im zarten Alter von 8 Jahren hat Benedikt seinen Vater bei 5 km Läufen begleitet. Etwa mit 13 Jahren entdeckte er dann seinen Spaß am Fußball, wobei ihm natürlich seine Ausdauer zugute kam. Trotzdem ist er an trainingsfreien Tagen zusätzlich noch Laufen gegangen. Auch seine Schwester hat sich vom Ausdauerfieber infizieren lassen, wenn auch etwas später und hat im Alter von 28 Jahren mit dem Triathlon begonnen.

Benedikt Hoffmann ist 1985 in Recklinghausen geboren und auch dort zur Schule gegangen. Nach dem Abitur 2004 studierte er zunächst Forstwirtschaft, ab 2006 folgte dann das Studium für Biologie, Geographie und Chemie auf Lehramt in Freiburg. Nach Beendigung des Referendariats war Benedikt von 2014 bis 2017 als Lehrer am beruflichen Gymnasium in Titisee-Neustadt tätig und wechselte im September 2017 zum beruflichen Gymnasium nach Tuttlingen, wo er die Fächer Chemie und Biologie unterrichtet.

"Es ist nicht immer einfach, Beruf und Training in Einklang zu bringen", sagt Benedikt, bei dem pro Woche 9-10 Trainingseinheiten auf dem Plan stehen. Das sind zwischen 120 km und 180 km, in den Ferien auch mal 200 km. Benedikt genießt die Einfachheit des Laufsports, wie er sagt. Aber er ist auch ein Tüftler und experimentiert gerne mit dem Schuhwerk herum und probiert je nach Gelände und Lauftempo sogar unterschiedliche Schnürungen aus. Das kann er besonders gut ausprobieren und testen, wenn er nur mit den notwendigsten Utensilien im Laufrucksack zur Arbeit läuft.

Außergewöhnlich ist seine Aussage, dass es für Benedikt trotz seiner bisher so erfolgreich verlaufenen Karriere nicht den "einen größten sportlichen Erfolg" gibt, obwohl er wahrlich auf eine bemerkenswerte Auswahl an Erfolgen zurückgreifen könnte. Viel wichtiger ist es ihm, dass ihn seine Stärken in unterschiedlichen Disziplinen und die Kontinuität auf diesen Strecken auszeichnen. Gerade dieses Gesamtpaket macht ihn erst zu einem außergewöhnlichen Sportler.

 
Benedikt Hoffmann lief im Januar 2018 in Rodgau beim 50km-Ultramarathon in 2:56:18 Std. Streckenrekord

Ins Rampenlicht trat Benedikt im Herbst 2012 im besten Läuferalter von 27 Jahren, als er zunächst Deutscher Berglauf-Vizemeister und nur eine Woche später Dritter bei den Deutschen Marathonmeisterschaften mit einer Zeit von 2:22:22 Std. wurde. Nur ein Jahr später wurde er ins Team der deutschen Berglauf-Nationalmannschaft berufen und bedankte sich für die Nominierung als bester deutscher Läufer mit Platz 12 bei den Berglauf-Europameisterschaften in Bulgarien.

Begeisterung und Gänsehaut-Feeling löst bei Benedikt die Atmosphäre bei Welt- und Europameisterschaften aus. Besonders zwei Ereignisse haben tiefe, emotionale Spuren hinterlassen und bleiben unvergesslich: Der 8. Platz bei der 50 km WM 2016 in Doha, wo die Hitze das Rennen so unglaublich hart gemacht hat und 2017 der erste deutsche Meistertitel über 100 km, den Benedikt als Königsdisziplin im Ultralauf bezeichnet und der ihn damit zwangsläufig auch zum "König der Ultraläufer" gekürt hat. Dabei ist er in 6:48:14 Std. deutsche Jahresbestzeit und die zehntschnellste Zeit 2017 weltweit über 100 km gelaufen.

 

Was macht Benedikt gerade auf den langen Strecken so erfolgreich? Er trainiert gerne große Umfänge. Das Training, das man für diese extremen Strecken braucht, liegt ihm und er kann sich richtig quälen. Zudem findet es Benedikt spannend auszuloten, zu welchen Ausdauerleistungen ein Mensch fähig ist. "Lange Läufe sind wie die Luft zum Atmen", beschreibt Benedikt seinen Trainingsalltag, meint aber, dass ihm ein langer Lauf alle zwei Wochen genügt und der Wechsel mit Tempoeinheiten viel wichtiger ist, um schneller zu werden. Lange Läufe sollen das Training nicht dominieren.

Bei all der Disziplin, die einen erfolgreichen Langstreckenläufer wie ihn auszeichnet, dürfen aber auch die kleinen Sünden natürlich nicht zu kurz kommen. Benedikt vermeidet zwar jede Art von "Junkfood", dafür liebt er Aufläufe. Eine große Portion Eis bezeichnet er als seine "Lieblingssünde", die er sich gerne mal gönnt.

Natürlich gibt es im Leben von Benedikt auch ein sportliches Vorbild. Wenn er die Möglichkeit hätte, würde Benedikt gerne einmal mit dem Japaner Takahiro Sunada trainieren, und zwar weil der von Marathon (PB 2:10:07 Std.) bis 100 km (6:13:33 Std. Weltrekord) auf allerhöchstem Niveau laufen kann.

Benedikt Hoffmann (TSG Heilbronn) lief 2017 in Frankfurt nahe an seine Marathon-Bestzeit

Von diesen herausragenden Ergebnissen ist Benedikt eigentlich "nur" zehn Minuten bzw. eine halbe Stunde entfernt und gemäß seinem Motto "Lernen kann man von ganz vielen Läufern - nicht nur von denen die schneller sind als man selber ist. Der Umgang mit den Dingen - das ist entscheidend", wird Benedikt sich den außerordentlichen Leistungen des Japaners in den nächsten Jahren mit Sicherheit weiter annähern.

Dazu passt an dieser Stelle ein kleiner Auszug aus Benedikts umfangreicher Erfolgsliste:

Bestzeiten:

100 km

6:48:14 h

2017

Berlin (DM)

50 km

2:54:12 h

2017

Marburg

Marathon

2:20:00 h

2015

Frankfurt

Halbmarathon

1:07:29 h

2015

Köln

Benedikt Hoffmann, der im März 33 Jahre alt wird, hat 2018 viel vor. Er will seine persönlichen Bestzeiten über 100 km, 50 km und insbesondere Marathon, wo er endlich unter 2:20 Std. laufen will, verbessern. Bei der Berglauf-WM über die Langdistanz im Juli in Polen wünscht er sich eine herausragende Platzierung und träumt heute schon von der 100 km Weltmeisterschaft 2019, weil er in diesem Jahr leider aus terminlichen Gründen passen muss.

Quälereien, die ihm Spaß machen, auch wenn ihm bei Läufen über 50 km manchmal Gedanken in den Sinn kommen, "wann der Blödsinn" endlich mal um ist.

Das Porträt von Benedikt Hoffmann erstellte: Reinhold Daab
Fotos © Reinhold Daab + © LaufReport Archiv

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