Thomas Göpfert

Der erfolgreiche Gehörlosensportler

Erfolgreich auf der Bahn und in den Bergen

von Winfried Stinn im Dezember 2008

Seit Jahren gehört Thomas Göpfert, der im württembergischen Weil der Stadt lebt, zu den erfolgreichsten Läufern bei den Gehörlosen. Seit seiner Geburt ist der erfolgreiche Sportler gehörlos. „Ich wurde jedoch lautsprachlich erzogen und habe mit Hörenden die Normalschulen, Grundschule Realschule und Technisches Gymnasium besucht“, so Göpfert. „Als Gehörloser muss ich beim Laufen aufmerksamer sein und beobachten was um mich herum geschieht. Für mich herrscht absolute Stille, kein Applaus dringt in meine Ohren, ich merke erst viel später als ein Hörender, wenn einer von hinten schnell herankommt. Daher muss ich öfters nach hinten schauen, um das Feld zu beobachten, damit ich keine böse Überraschung erlebe“, so umschreibt er die Beeinträchtigung als Gehörloser beim Laufen.

Thomas Göpfert 3. bei der baden-württemb. Berglaufmeisterschaft - Foto Stinn Thomas Göpfert im Nationaltrikot bei der Halle-EM in Genua - Foto A. Schneid Thomas Göpfert beim Cross
Foto Anton Schneid

Dennoch erzielte er auch außerhalb der Gehörlosen-Wettbewerbe beachtliche Ergebnisse. Zu Saisonbeginn gewann er bei den baden-württembergischen Berglaufmeisterschaften in Waldkirch die Bronzemedaille und im Laufe der Saison verbesserte er über alle Distanzen seine persönliche Bestleistungen. So lief er über 1500 Meter 4:16,83 Minuten; über 3000 Meter in der Halle 8:44 Minuten. Die übrigen neuen Bestleistungen: 5000 Meter 15:20,73 Minuten; 10.000m: 32:47 min und Halbmarathon 1:11:33 h. Um so erstaunlicher, da sich Göpfert im Laufe der Saison mit Verletzungspech rumplagen musste. Zum Saisonabschluss lief Göpfert beim Jenner Berglauf in Berchtesgaden auf einen hervorragenden zweiten Platz. Nach einem „Kopf an Kopf“ Rennen und spannenden Finale, verpasste er den Sieg nur ganz knapp. „Ich war mit dem Lauf zufrieden. Das soll mir nach langer Verletzungspause und ohne spezielles Berglauftraining für mein Aufbautraining und für meine neue Saison einen Schub geben.“

Schon als Kind begeisterte sich der gebürtige Sindelfinger für Sport und probierte viele Sportarten wie Ballet, Faustball, Volleyball, Fußball und Speedskating aus. Sein älterer Bruder motivierte ihn für die Leichtathletik, wo er zunächst mit dem Mehrkampf begann. Bevor er sich Ende 2002 voll aufs Laufen konzentrierte, war er erfolgreich als Speedskater in ganz Europa unterwegs. So skatete er beim Engadin Marathon (1:07 h), über 111 km in St. Gallen (3:44 h). „Da das Speedskating immer gefährlicher wurde und hier das Hören besonders wichtig ist, beschloss ich mit dem Speedskating aufzuhören. Zudem ist diese Sportart sehr kosten- und zeitaufwendig.“ Als Alternativsportart zum Skaten ging Göpfert regelmäßig Laufen und nahm auch an Laufwettbewerben teil.

Thomas Göpfert beim Cross
Foto Anton Schneid
Thomas Göpfert bei der Hallen EM
Foto Anton Schneid
Thomas Göpfert beim Cross
Foto Anton Schneid

Sein Einstieg in die Laufszene gelang nahtlos und gleich mit einem tollen Erfolg. Bei den deutschen Gehörlosenmeisterschaften im Crosslauf gewann er auf Anhieb den Titel über die Mittelstrecke. Zwei Stunden später wurde er über die Langstrecke vierter. „Ich stellte fest, dass ich mich ausdauermäßig noch verbessern muss.“ Ein Jahr trainierte er nach eigenem Trainingsplan. 2003 schloss er sich dem LT Sulz am Eck an und wird von Hans Sütterlin trainiert. Weitere Erfolge ließen nicht lange auf sich warten und in der Folgezeit gewann er im Crosslauf, auf der Bahn, in der Halle und auf der Straße 19 Deutsche Meistertitel bei den Gehörlosen.

Sein erster internationaler Einsatz war 2006 bei der Gehörlosen- Europameisterschaft im Crosslauf in Oeiras/ Lissabon. Mit Platz 10 gab es ein gutes Debüt im Nationaltrikot. 2007 schrammte er bei den Hallen Europameisterschaften über 5.000 und 10.000 Meter mit den Plätzen vier und fünf nur ganz knapp an den Medaillenplätzen vorbei. Aber auch bei den Hörenden läuft er bei vielen Wettbewerben vorne mit. Dritter Platz bei den baden-württembergischen Berglaufmeisterschaften, oder der zehnte Platz beim international mit Weltklasseläufern besetzten Hochfelln Berglauf, im Vorjahr, oder aktuell Platz zwei beim Jenner-Berglauf.

Thomas Göpfert wird 2. beim Jenner Berglauf
Foto Christian Wechslinger
Thomas Göpfert mit dem Sieger des Jenner Berglaufes Stefan Holzner - Foto Christian Wechslinger

„Für die kommende Saison habe ich mir als Ziel gesetzt, meine persönliche Bestzeiten zu unterbieten. Voraussetzung dafür ist aber zunächst einmal, dass ich verletzungsfrei bleiben muss. Da hatte ich in der zurückliegenden Saison ja nicht soviel Glück. Das wichtigste Ziel ist aber die Qualifikation für die Deaflympics (Anmerkung: vergleichbar mit den Paralympics) die im September in Taipeh stattfinden“, umreißt der 29-Jährige seine Zielvorstellung. „Bei den Hörenden möchte ich versuchen, dass ich im Berglauf weiterhin große Erfolge erzielen kann.“ Für den Berglauf begeistert sich der Modellbaumechaniker besonders. „Beim Berglauf fasziniert mich am meisten die Natur. Man ist klarer im Kopf als auf der Straße, bzw. auf der Bahn. Es ist immer schön, oben am Ziel zu sein und die Aussicht zu genießen. Auf schmalen und unebenen Wegen mit steilem Abgrund ist sehr schön zum Laufen.“ Nicht von ungefähr nennt er den 7-fachen Berglauf Weltmeister Jonathan Wyatt, neben Marathon-As Haile Gebrselassie, als sein sportliches Vorbild.

Als Alternativsport betreibt er noch Schwimmen, Nordic Blading, Speedskating und Mountainbike. Und nebenbei hat er auch noch Zeit für Hobbys wie Chatten, Reisen, Fotografieren und mit seinem Hund spazieren zu gehen.

Das Portrait "Thomas Göpfert" erstellte Winfried Stinn
Fotos © Winfried Stinn - Christian Wechslinger - Anton Schneid

Zu weiteren Portraits bei LaufReport klick HIER

Zu aktuellen LaufReport-Inhalten klick HIER

© copyright
Die Verwertung der Texte und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de Redaktion (Adresse siehe unter IMPRESSUM) unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.