18.11.23 - 50. Neusser Erftlauf

Jubiläumslauf unter Schmuddelwetter

von Jörg Engelhardt 

50 Jahre sind eine lange Zeit. Die heutige Veranstaltung hat es geschafft, diese lange Zeit am Leben zu bleiben. Das ist eine großartige Leistung, auf die der ausrichtende Verein DJK Novesia Neuss mit Fug und Recht sehr stolz sein kann. Einst von dem 1996 verstorbenen Erich Hausner ins Leben gerufen, hat der Erftlauf allen Krisen und Ungewissheiten in diesem halben Jahrhundert getrotzt und musste sich nur im Jahre 2020 der Covid-19-Pandemie beugen, dem einzigen Jahr in der langlebigen Geschichte, in dem die Veranstaltung nicht ausgetragen werden konnte. Organisiert wird er mittlerweile von einem 12köpfigen Organisationsteam, das wieder, trotz des einmal mehr schmuddeligen Novemberwetters, für einen reibungslosen Verlauf der Jubiläumsausgabe gesorgt hat, die ohne nennenswerte zeitliche Verzögerungen über die Bühne ging.

50 Jahre Neusser Erftlauf - begonnen mit einer 12 km Runde beträgt die klassische Distanz seit 1977 15 Kilometer
Ausführliche und einladend präsentierte Laufankündigungen im LaufReport HIER

Dank der einjährigen Unterbrechung feierte man heute also, neben der Jubiläumsauflage auch den 50. Geburtstag des Laufereignisses, das zugleich auch das älteste im Neusser Stadtgebiet ist. Dabei hielten sich die Jubiläumsaktivitäten während der Laufveranstaltung eher noch im kleinen Rahmen. Die Mehrfachgewinner des Hauptlaufs wurden eingeladen und dem anwesenden Publikum vorgestellt. Dass nicht alle Eingeladenen anwesend waren, versteht sich dabei nach so vielen Jahren von selbst. Doch die Nennung einiger Namen machte deutlich, dass der Lauf in früheren Jahren von Protagonisten der nationalen und teilweise auch internationalen Spitzenklasse immer mal wieder unter die Füße genommen wurde. Beispielhaft sind der 800-Meter-Weltmeister Willi Wühlbeck und die mehrfache Weltrekordlerin im Marathonlauf, wie auch auf anderen Langstreckendisziplinen, Christa Vahlensieck zu nennen.

Den bis heute gültigen Streckenrekord von 45:38 min hat der ehemalige deutsche Spitzenläufer und heutige Laufsportjournalist sowie Sachbuchautor Martin Grüning (PB 2:13:30 - Houston-Marathon 1990) 1991 aufgestellt, der in Neuss geboren ist und einst für die TG Neuss die Laufschuhe schnürte, bevor nach seinem Wechsel zum LAV Bayer Dormagen seine erfolgreichste Zeit begann. Diese Bestmarke geriet nicht ins Wanken. Norbert Ritterbach, der innerhalb des Organisationsteams den technischen Bereich verantwortet, kommentierte den feierlichen Anlass mit ein bisschen Wehmut. "Eigentlich müssten wir sehr zufrieden sein, denn mit 1050 Anmeldungen haben wir einen neuen Melderekord aufgestellt, aber das Wetter... Trotz der erfreulich hohen Meldezahl werden wir kaum mehr Finisher haben als sonst. Ansonsten ist alles gut gelaufen. Wir sind ein eingespieltes und engagiertes Team."

Die Novesia-Runde ist das beliebteste Angebot im Wettbewerbsprogramm. 300 Zieleinläufe werden hier am Ende des Tages registriert

In der Tat hatte der Organisationsstab der DJK Novesia gemeinsam mit seinem großen Helferteam wieder alles bereitgestellt, was eine Laufsportveranstaltung wie diese trotz nasskalter Witterung so anziehend macht. Die Cafeteria war in einem warmen Festzelt auf der Ludwig-Wolker-Sportanlage untergebracht und der Ansturm auf die bereitgehaltenen Speisen und Getränke war bisweilen doch sehr beträchtlich. Dennoch schien das überreichliche Angebot an Suppen, Würsten sowie Kaffee und Kuchen nie zur Neige zu gehen. Eine Lösung fand sich später, die Kuchen und Torten wurden zum Ende hin für 50 Cent feilgeboten und teilweise gar verschenkt, damit am Ende der Veranstaltung nicht allzu viel übrig blieb. Hier hatte das wechselhafte Wetter, das teilweise sehr ergiebige Regenschauer mit sich brachte, schon einen gewichtigen Anteil an der misslichen Situation, denn bei geringerem Teilnahmeschwund wäre der Absatz an Speisen und Getränken sicher deutlich höher gewesen.

Ansonsten ließ es sich Bürgermeister Reiner Breuer nicht nehmen persönlich anwesend zu sein und der Läuferschar, wie auch dem ausharrenden Publikum eine angemessene Grußbotschaft zu übermitteln. Der Erftlauf genießt also auch beim höchsten politisch Verantwortlichen der Stadt einen ausgezeichneten Ruf. Neuss ist trotz seiner mehr als 160.000 Einwohner einer der wenigen deutschen Großstädte, die nur einen Bürgermeister und keinen Oberbürgermeister hat. Letzteres liegt daran, dass die Nachbarstadt von Düsseldorf keine kreisfreie Stadt ist.

Über 200 Kinder und Jugendliche in den Altersklassen U8 bis U14 läuten auf den Distanzen zwischen 800 Meter und 1 Kilometer traditionell in 5 Läufen den Neusser Erftlauf an

Darüber hinaus wies die diesjährige Jubiläumsauflage allerdings kaum Unterschiede zu sonstigen Auflagen auf. Erst am Abend nach der Veranstaltung fand noch eine würdige Jubiläumsfeier als Saalveranstaltung statt. Während der Läufe war alles wie immer. Es wurde gelaufen, und dies vor allem auf der 5 Km Novesia-Runde mit sehr ansprechenden Zeiten. Jedenfalls ließen sich 792 Finisher in allen angebotenen Wettbewerben den Spaß am Laufen trotz Regen nicht vermiesen und einige von ihnen kamen mit lächelnden Gesichtern ins Ziel. Die vollständigen Ergebnisse des 800 m Laufs der Altersklassen U8 sowie die Resultate der 1 Km Läufe in den Altersklassen U10 bis U14 lassen sich über den Link zur Ergebnisliste am Ende des Berichts abrufen. Ansonsten konzentriert sich die folgende Reportage ausführlich auf die beiden längsten Läufe im Tagesprogramm. Die Novesia-Runde über 5 Kilometer sowie den 15 Kilometer Hauptlauf der RheinLand-Versicherungen, der traditionell am Ende des gesamten Tagesprogramms zur Austragung kam.

5 Km Novesia-Runde

Cayetano Redondo hat auf der 5 Km Novesia-Runde keine Konkurrenz zu fürchten und führt das übrige Feld mit großem Vorsprung an Sonja Vernikov ergreift von Beginn an im Frauenrennen die Initiative und liegt ebenfalls mit weitem Abstand in Führung. Der neben ihr laufende Richard Wilke, in der Vergangenheit bei dieser Veranstaltung schon ganz vorne zu finden, gewinnt heute die Altersklasse M30 auf Platz 6 im Gesamteinlauf

Die kürzere der beiden längsten Strecken im Wettbewerbsangebot erfuhr wieder die höchste Teilnahmeresonanz. 120 Frauen und 180 Männer konnten diese Strecke erfolgreich zu Ende bringen. Ein spanischer Triathlet, der für das Triathlon-Team Düsseldorf unterwegs ist, drückte diesem Lauf seinen Stempel auf. Cayetano Redondo, der schon einen dritten Platz bei Langdistanz-Weltmeisterschaften vorzuweisen hat. 2021 finishte er bei den Titelkämpfe, die im Rahmen des niederländischen Almere-Amsterdam Langdistanz-Triathlon ausgetragen wurden und als Alternative zu den Ironman Weltmeisterschaften der World Triathlon von der Challenge-Family veranstaltet werden, auf dem Bronzerang seiner Altersklasse 25-29. Damals brachte er die Langdistanz mit einer Zeit von 8:49:35 h zu Ende. Heute ergriff er von Anbeginn die Initiative und absolvierte das Rennen in einer Zeit von 15:23 min. Damit war er noch schneller als Vorjahressieger Dimitri Korneev, der im Vorjahr mit 15:29 min. schon eine der schnellsten Siegerzeiten seit Jahren erzielt hatte.

Cayetano Redondo vom Triathlon Team Düsseldorf erreicht als Erster den Zielstrich nach 15:23 Minuten Mika Adam vom Neusser Schwimmverein Triathlon gewinnt als Zweiter die MJU20 Jan Vernikov (LAZ Rhein-Sieg) beschließt als Sieger der MJU16 das Podium in der Gesamtwertung

Im Ziel hatte Cayetano Redondo einen satten Vorsprung auf Mika Adam, der ebenfalls Triathlet ist, für den Neusser Schwimmverein ins Rennen ging und nach 16:21 min. fast eine volle Minute hinter dem heutigen Dominator den zweiten Platz festmachen konnte. Dabei triumphierte Mika Adam in der Altersklasse U20 in einem phasenweise mitreißenden Duell, über den lange Zeit mit ihm auf gleicher Höhe laufenden Jan Vernikov (LAZ Rhein-Sieg), der erst auf dem letzten Kilometer die Hoffnung auf den zweiten Platz begraben musste und nach 16:25 min. neben dem dritten Platz in der Gesamtwertung auch deutlichen den Sieg in der U16 mit nach Hause nahm.

Sonja Vernikov ( (LAZ Rhein-Sieg)) erreicht als Schnellste des Frauenklassement das Ziel Die schnellste der WJU20 Emelie Paula Jülich vom Pulheimer SC folgt auf Platz 2 Felia Gerdes vom ausrichtenden Verein
DJK Novesia Neuss, sichert sich neben ihrem Altersklassensieg in der U16 den dritten Platz in der Gesamtwertung der Frauen

Seine Schwester Sonja sollte wie beim heutigen Teilnehmerinnenfeld nicht anders zu erwarten, einen neuerlichen ungefährdeten Sieg in der Frauenwertung einfahren. Mit 17:35 min. war sie ebenfalls für die LAZ Rhein-Sieg erfolgreich. Zumindest in der Region hat sie gegenwärtig kaum fordernde Konkurrenz zu fürchten. Ihre Platzierungen an Rhein und Ruhr sind immer top, doch scheint sie ihr absolutes Leistungspotential immer noch nicht ausreizen zu wollen.

Von ihren Konkurrentinnen war sie nicht zu bezwingen. Die Schnellste der Altersklasse U20, Emelie Paula Jülich vom Pulheimer SC, hatte mit einer Endzeit von 20:06 min. schon einen sehr deutlichen Rückstand auf die heutige Dauersiegerin. Allerdings dürfte auch sie in nicht allzu ferner Zeit, die 20-Minuten-Marke unterbieten. Ihre sportliche Entwicklung sollte im Normalfall in den nächsten Jahren zu weiteren Leistungssprüngen führen.

Noch letzte Woche hat Ulrike Wefers-Fritz (Mönchengladbacher LG) die 5,8 Km Seerunde beim Düsseldorfer Martinslauf gewonnen. Heute fehlt ihr zwar ein Platz zum Sprung auf das Podest, dennoch ist sie auch dieses Mal wieder in der W55 nicht zu schlagen Charlotta Hamacher vom TK Grevenbroich gewinnt mit Platz 5 in der Frauenwertung in der Altersklasse WJ U18

Das eigentliche Highlight des Rennens lieferte allerdings Felia Gerdes, das hochtalentierte Eigengewächs des veranstaltenden Vereins DJK Novesia Neuss ab. In 20:37 min. gewann sie nicht nur die Altersklasse U16, sondern ließ sogar noch die lange Zeit vor ihr liegende Ulrike Wefers-Fritz von der Mönchengladbacher LG hinter sich, die erst letzte Woche die 5,8 Km Seerunde beim Düsseldorfer Martinslauf gewann und dort wie diesmal auch in der W55 vorne lag.

15 Km Lauf der RheinLand-Versicherungen

Hagen Bierlich vom FC Straberg, einem Vorstadtverein aus der Neusser Nachbarkommune Dormagen, ging mutig ins Rennen und schien zu Beginn etwas ungestüm zu laufen. Denn sogleich verschaffte sich der 29jährige Läufer einen Vorsprung und lag fast außer Sichtweite seiner Verfolger. Ob das gut gehen würde, war bei einigen Betrachtern die Frage.

Auch im 15 Km Hauptlauf läuft Hagen Bierlich vom FC Straberg ein forsches Rennen und erarbeitet sich gleich einen großen Vorsprung vor dem übrigen Feld Der Sieger der großen Serie im Rahmen der Duisburger Winterlaufserie, Andreas Wundersee, rollt das Feld von hinten auf und verpasst den Tagessieg um lediglich 3 Sekunden. Der hier noch knapp hinter ihm liegende Vorjahressieger Guesh Hagos (TG Neuss) kann den dritten Platz nicht halten und wird noch weit zurückfallen

Denn mit Andreas Wundersee (Bureau Wundersee) war immerhin der Sieger der letzten großen Serie im Rahmen der Duisburger Winterlaufserie am Start. Der Künstler und Galerist aus Düsseldorf ließ sich von der schnellen Führung des späteren Siegers nicht beeindrucken und rollte das Feld von hinten auf. Dabei schüttelte er nach und nach den Rest des Feldes ab und war dann in der Tat der Einzige im Feld, der wenigstens noch auf Sichtweite des für sein Risiko belohnten Gewinners des diesjährigen Hauptlaufs heranlaufen konnte. Hagen Bierlich behielt bis ins Ziel die Nase vorn und machte nach 50:55 min. den Gesamtsieg perfekt. Andreas Wundersee blieb drei Sekunden darauf mit seiner Endzeit von 50:58 min. noch knapp unter der 51-Minuten-Marke und war in seiner Altersklasse M35 nicht zu besiegen. Imad Annaji von der TG Neuss belegte den dritten Platz und gewann damit die M30.

Imad Annaji (TG Neuss) auf dem Weg zum dritten Platz Die Niederlande sind mit einer kleinen Abordnung in Neuss vertreten. Jeffrey van Agtmaal verpasst das Gesamtpodium zwar als Vierter um einen Platz, darf aber als Zweiter in der Altersklasse M35 trotzdem auf das Podium steigen

Lisa Memouna Kerp, für das Team flott e.v. aus Bad Neuenahr-Ahrweiler am Start, lieferte eine beeindruckende Vorstellung ab und siegte in der Frauenwertung mit einem phasenweise frischem Lächeln im Gesicht nach 57:05 min. unangefochten. Die 31jährige Siegerin hat erst etwas mehr als ein Jahr Wettkampferfahrung. Mit ihrem Gesamtsieg, der ihr auch den ersten Platz in der Altersklasse W30 einbrachte, war sie auch die einzige Läuferin, die die Strecke in weniger als einer Stunde absolvieren konnte. Auf ihre sportliche Entwicklung im kommenden Jahr darf man gespannt sein.

Lisa Memouna Kerp vom Team flott e.V. hat sich früh vom Rest des Frauenfeldes abgesetzt ... ... kann ihre Führung sogar noch vergrößern und läuft dem ungefährdeten Sieg entgegen

Luisa Christa von der TG Neuss konnte ihren zweiten Platz aus dem letzten Jahr wiederholen und damit auch Platz 2 in der W30 festmachen. Auch sie steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 42 Sekunden und nach 1:00:53 h ihr Rennen erfolgreich abschließen. Platz 3 ging an Rebecca Bein (Bei Gertrud), die ihren Lauf nach 1:01:42 h zu Ende bringen konnte. Damit lag sie auch in der WHK auf dem ersten Platz.

Vorjahreszweite Luisa Christa (TG Neuss) läuft auch diesmal auf den zweiten Platz Rebecca Bein macht das Podium komplett
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Zum Schluss: Trotz der zeitweilig sehr verregneten Bedingungen hat es der Organisations- und Helferstab der DJK Novesia Neuss geschafft, eine sehr einladende Atmosphäre zu schaffen. Aber irgendwie ist man Regen auch gewohnt, denn diese Ausgabe war in der langen Geschichte des Erftlaufs nicht die einzige, die bei schlechtem Wetter stattfand.
Schließlich haben wir November und damit das eigentlich für diese Jahreszeit übliche Wetter. Einziger Wehrmutstropfen war der Umstand, dass der eigentlich erfreuliche Melderekord, nicht zu einem Finisherrekord führte. Aber das kann ja in den kommenden Jahren noch passieren. Für die kommenden 50 Jahre jedenfalls, scheint der Erftlauf bei jeder Wetterlage gewappnet zu sein.

Bericht und Fotos von Jörg Engelhardt

Ergebnisse my.raceresult.com Info djk-novesia.de/neusser-erftlauf

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