Die deutsche Marathonszene im Jahr 2016

Marathon bleibt das große Ziel
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Halb- kontra Marathon HIER Teil 5: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 6: Die Frauenquote HIER
Statistiken & Auswertungen von Ralf Klink & Walter Wagner
Grafiken & Foto: Constanze Wagner

Die große Marathon-Analyse

Teil 1: Die Marathons mit den meisten Finishern

Die Balken geben die Gesamtfinisher wieder. Die roten Punkte deuten den darin enthaltenen Frauenanteil an. Die Plus- bzw. Minuszeichen geben an, welcher Marathon Finisher hinzu gewinnen konnte bzw. mit weniger Teilnehmern im Ziel als 2015 abgeschnitten hat. Marathons, die 2015 nicht stattfanden, haben kein Zeichen.
 
Die Grafik umfasst die 44 Marathons mit 300 Finishern und mehr.

Marathon bleibt das große Ziel

Unsere Analysedaten vermitteln einen Überblick auf 12 Jahre. Daraus ergeben sich Belege auf Entwicklungen, die wir anhand der erfassten Zieleinläufe nachvollziehbar und messbar darlegen. Anmeldezahlen oder auch die Gesamtfinisher aller angebotenen Wettbewerbe mögen für Veranstalter mehr von Interesse sein, doch geht es uns nicht um eine betriebswirtschaftliche Bewertung einzelner Veranstaltungen, sondern um die reine Betrachtung des Marathons, und dies auf der Grundlage von uns weitgehend und leicht nachprüfbaren Fakten. ‚Die Abstimmung mit den Füßen' gilt uns nach wie vor als entscheidende Messgröße. Kein Marathon, bei dem das Angebot nicht stimmt, wird dauerhaft seine Teilnehmerzahlen halten oder diese gar erhöhen können.

Nicht ausgeschlossen werden kann, dass Vorteilhaftes über die Jahre an Anziehungskraft einbüßt. So folgen zunehmend Organisationen dem Beispiel, kein Geld für die Elite zu investieren und selbst für die erbrachten Spitzenleistungen lediglich Pokale oder Sachpreise auszuloben. Erfolgsgarant an sich, scheint ein schneller Parcours nicht zu sein. Andererseits rangieren die schnellsten Kurse an der Spitze der Marathonstatistik. Teils sind auch die für einen ‚Blumentopf' erbrachten Leistungen sehr gut. Noch immer hat sich der Kniff nicht gezeigt, der einen Marathon zum Erfolg werden lässt. Es scheint viele Stellschrauben zu geben, die wiederum nur mit außerordentlichem Fleiß zu bewegen sind.

Unsere Untersuchungen und Auswertungen bringen etwas Licht ins Dunkel, leuchten aber nicht jeden Graubereich aus. Vorweg genommen werden kann, dass ganz allgemein dem Marathon weiterhin eine große Verlockung anhaftet. Nur unwesentlich schwankt die Gesamtanzahl aller Finisher, aus den von uns erhobenen Marathonveranstaltungen, die auf deutschem Boden mindestens 300 Zieleinläufe verzeichnen konnten. Nur wenige Marathonveranstaltungen sind marktbestimmend. Im Mittelfeld sind teils erhebliche Verluste hinzunehmen. Die 300er-Schwelle hat sich diesmal für einige als zu hohe Hürde dargestellt, die diese sonst immer genommen hatten.

Kosmetische Verschiebungen müssen abgewartet werden. Des Weiteren werden die noch folgenden Auswertungen Aufschluss geben, über so manche Entwicklung in der deutschen Marathonszene oder über das Ausbleiben von Veränderungen. Unverändert bleiben jedenfalls einmal mehr die Rahmenbedingungen der Jahresanalyse im LaufReport. Berücksichtigt werden nur Marathons, die sowohl größtenteils auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, als auch von einem deutschen Ausrichter organisiert werden. Bewährt hat sich zudem, eine Mindestgröße von 300 Finishern vorauszusetzen. Alleine die Eingangsgrafik macht bewusst, dass sich im hinteren Drittel der analysierten Marathons kaum mehr signifikante Unterscheidungsmerkmale ergeben.

Alle Marathons, die bis zum Jahresende noch mindestens 300 Finisher erreichen, tragen wir nach. Der Mitteldeutsche Marathon Halle/Saale schaffte diese Hürde 2016 mit 356 Finishern gegenüber 168 im Vorjahr. Die im 2-Jahresrhythmus ausgerichteten Marathone im Remstal und an der Deutschen Weinstraße sind 2016 wieder dabei. Der jährlich den Austragungsort wechselnde Sparkassenmarathon schaffte es 2015 in Coesfeld noch, konnte in diesem Jahr in Plauen aber die von uns aufgestellte Hürde mit 182 Finishern nicht nehmen.

Text: Walter Wagner

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2016

Teil 2: Das Ranking
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Platzierung 2016 2015 Änderung
Berlin
1
1
0
Hamburg
2
2
0
Frankfurt
3
3
0
Köln
4
5
+1
München
5
4
-1
Rennsteiglauf
6
6
0
Düsseldorf
7
7
0
Münster
8
8
0
Hannover
9
9
0
Dresden Stadt
10
10
0
Bremen
11
12
+1
Dresden Oberelbe
12
16
+4
Deutsche Weinstraße Marathon *
13
-
-
Bonn
14
15
+1
Mainz
15
13
-2
Karlsruhe
16
14
-2
Freiburg
17
11
-6
Leipzig
18
23
+5
Duisburg
19
17
-2
Brocken
20
21
+1
Gelsenkirchen
21
19
-2
Essen
22
18
-4
Mannheim
23
20
-3
Regensburg
24
27
+3
Heilbronn
25
25
0
Ulm
26
22
-4
Kandel
27
24
-3
Monschau
28
26
-2
Füssen
29
28
-1
Mitteldeutscher Halle/Saale
30
62
+32
Kassel
31
30
-1
Fürth
32
34
+2
Siebengebirgsmarathon
33
29
-4
Kevelaer
34
39
+5
Würzburg
35
31
-4
Allgäu-Panorama
36
33
-3
Weiltalweg
37
41
+4
Remstal Marathon
38
-
-
Magdeburg
39
43
+4
Lübeck
40
34
-6
Bad Füssing
41
40
-1
Heidelberg
42
36
-6
Rursee
43
32
-11
Bottwartal
44
38
-6
 
Der Marathon Deutsche Weinstraße findet nur alle 2 Jahre statt,
2014 lag er auf Rang 21

Auch der Remstal Marathon findet im 2-Jahresrhythmus statt,
2014 lag er auf Rang 26

Dieses Ranking ist noch vorläufig. Wir gehen davon aus, dass es noch mindestens einer Veranstaltung gelingen wird, sich zu den 43 bereits aufgeführten Marathons zu gesellen. Der Marathon Deutsche Weinstraße und der Remstalmarathon finden im 2-Jahres-Rhythmus statt. Beide legten bei ihrer Austragung 2016 zu und der Marathon Deutsche Weinstraße profitierte zudem von der Schwäche anderer Mitbewerber, machte einiges an Boden gut, landete auf Rang 13 und wird gar zum Leader in seiner Region. Der Mitteldeutsche Marathon in Halle gelang im hinteren Feld unglaubliche 32 Positionen vorzurücken. Er schafft es auf Platz 30.

Wir werden uns auch mit der Entwicklung des Halbmarathons befassen, ohne den einige Marathons kaum durchzuführen wären, und die weiteren bekannten Aspekte der Marathonentwicklung wie in den Vorjahren beleuchten.

Und nochmals, eine signifikante Abnahme der Marathonfinisher haben wir mit unserer Herangehensweise wieder nicht zu verkünden. Verschiebungen gab es von A nach B. Den Verlusten von Hamburg, nach dem Jubiläumsjahr, und von Berlin, stehen die Gewinne in Köln und Frankfurt gegenüber. Hamburg behauptete Rang 2 vor Frankfurt, Köln konnte an München vorbei auf den vierten Platz ziehen. Auch hierzu könnte die weitere Analyse noch Aufschlüsse liefern. Die teilnehmerstärksten Marathons haben sich einmal mehr behaupten können, allen voran Berlin. Im Mittelfeld wird die Fahrrinne immer seichter. Im hinteren Feld verpasst man genauso schnell den Anschluss, wie es gelingt auf den rasenden Zug aufzuspringen, ohne Auswirkungen auf die Gesamtbetrachtung. Es bleibt spannend.

Text: Walter Wagner

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2016

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Aufwind für das Vorderfeld und den Osten

- dunkle Wolken über dem Rest

Wenn man sich auch nur ein klein bisschen ernsthafter mit statistischen Auswertungen befasst, wird schnell klar, dass es grob gesprochen zwei klar zu trennende Gruppen von Informationen gibt. Bei der ersten handelt es sich um die zu einem klar definierten Zeitpunkt festgestellten Werte. Fachleute sprechen in diesem Fall meist von den "Bestandsdaten".

Das zweite Untersuchungsfeld sind die Veränderungen, die zwischen zwei dieser Messungen dazu führen, dass es dabei überhaupt immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt. In der Fachterminologie der Statistik spricht man dann in der Regel von "Bewegungen".

Als anschauliches Beispiel für die Trennung der beiden Kategorien betrachtet man sich vielleicht am einfachsten sein eigenes Konto. Denn bei diesem legt der jeweils gültige Saldo den "Bestand" fest, während die Geldeingänge oder -ausgänge, von denen dieser verändert wird, unter den Begriff "Bewegung" fallen.

Auch für die nun schon ein Jahrzehnt lang erstellte LaufReport-Statistiken über die deutsche Marathonszene lassen sich beide Schublaben ohne Probleme füllen. In der ersten landen unter anderem die Zahlen der Zieleinläufe des jeweiligen Jahres - selbst wenn diese in ihrer Entstehung ursprünglich doch weniger etwas mit "Stehen" als vielmehr mit ziemlich viel "Bewegen" zu tun haben.

Die Ergebnisse des Jahres 2016 und die sich daraus ergebende Reihenfolge der größten Marathons wurden ja im ersten Teil der - auch um den geneigten Leser mit dem inzwischen angesammelten Wust von Daten nicht völlig zu überfordern - traditionell zeitlich etwas gestaffelten Veröffentlichung bereits vorgestellt.

In diesem Anschnitt soll es nun um Werte aus der zweiten Gruppe gehen - nämlich um die Veränderungen, die sich hinsichtlich der Läuferzahlen seit der letzten Austragung des Rennens ergeben haben. Schließlich ist es zur Beurteilung der "Beliebtheit" und des "Erfolges" eines Marathons durchaus wichtig, ob er sich in dieser Hinsicht verbessert oder verschlechtert hat.

Dabei ist selbstverständlich sowohl ein Blick in die absoluten Zahlen als auch eine relative Betrachtung bezogen auf die Größe der Veranstaltung sinnvoll. Denn die Auswirkungen können durchaus verschieden sein. Ein Zuwachs um hundert oder zweihundert Teilnehmer stellt für den einen vielleicht die Verdoppelung des Feldes dar, für den anderen dagegen kaum mehr als eine fast unbedeutende Verschiebung in einer hinteren Stelle.

Umgekehrt ist ein Rückgang um die gleiche Zahl für einen großen Lauf eigentlich nicht wirklich der Rede wert. Einen kleinen Ausrichter dürfte er wegen der völlig anderen Ausgangsbasis dagegen bereits in extreme Nöte bringen. Oder um wieder das Beispiel der Finanzen zu bemühen: Eine Zahlung, die für den einen beinahe in die Kategorie "Portokasse" fällt, lässt auf dem Konto eines anderen kaum noch einen positiven Saldo übrig.

Absolut

Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die 26 Marathons grafisch aufgeführt, die aus den Marathons ab 300 Finisher eine signifikante Änderung aufweisen. Genauer, auf der Plusseite alle mit einem Zuwachs ab 51 Finisher. Auf der Minusseite alle ab 48 Finisher weniger im Ziel.

In der Grafik fehlen somit: Brocken (+42), Fürth (+37), Magdeburg (+33), Weiltalweg (+24), Gelsenkirchen (+5), Bad Füssing (-2), Dresden Oberelbe (-7), Duisburg (-22), Mannheim (-24), Kassel (-24), Heidelberg Trail (-32), Bottwartal (-32), Füssen (-34), Allgäu Panorama (-35), Monschau (-36), Dresden Stadt (-39)

*Marathon Deutsche Weinstrasse und Remstal Marathon fehlen in der Grafik, da sie nur alle 2 Jahre ausgetragen werden. Weinstrasse hatte absolut zur letzten Austragung 2014 (+80) und Remstal (-217)

So wurden 2016 in Berlin zwar 757 Zieleinläufe weniger gezählt als im Vorjahr, was in absoluten Zahlen immerhin den drittgrößten Verlust aller betrachteten Veranstaltungen bedeutet und - nach den Teilnehmereinbrüchen des letzten Jahrzehnts - inzwischen dem kompletten Starterfeld eines mittelgroßen Marathons entspricht.

Doch angesichts von immer noch sechsunddreißigtausend ausgegebenen Medaillen beträgt der relative Rückgang gerade einmal zwei Prozent. Er bewegt sich also in einer Größenordnung, die von Datenspezialisten noch in den Bereich "Zufallseffekt" und "statistische Unschärfe" einsortiert wird und die keiner tieferen Analyse bedarf.

In Hamburg lohnt sich dagegen schon ein etwas genaueres Hinsehen. Der Marathon an Alster und Elbe ist wie eigentlich fast immer auch im Jahr 2016 hinsichtlich der Größe die Nummer zwei im Land, kann aber dennoch eben seit Längerem nur etwa ein Drittel der Starter in der Hauptstadt begrüßen. Und über zweieinhalbtausend Teilnehmer weniger als ein Jahr zuvor ergeben unter diesen Voraussetzungen einen Wert, bei dem man dann doch erst einmal ziemlich schlucken muss.

Da es neben Hamburg ohnehin gerade einmal sechs weitere deutsche Marathonläufe gibt, deren Feld überhaupt insgesamt über dieser Zahl liegt, wird dieser Rückgang bei der Absolut-Rangliste natürlich nirgendwo übertroffen. Doch auch bei relativer Betrachtung liegen die Hanseaten mit ihren achtzehn Prozent ziemlich weit "vorne".

Eine Begründung, mit der man diese nackten Ergebnisse ein wenig besser verdauen kann, lässt sich allerdings auch finden. Denn im Vorjahr fand die dreißigste Auflage des Rennens statt. Und viele Beobachtungen aus der Vergangenheit legen nahe, dass solche Jubiläen häufig einen Sondereffekt bewirken, der sich erst als abrupter Anstieg der Meldungen und beim nächsten Mal dann als ähnlich großer Abfall präsentiert.

Und genau dies ist nun auch in Hamburg feststellbar. Nach einem Sprung nach oben ist man jetzt eigentlich nur auf das Ausgangsniveau zurückgekehrt. Allerdings gilt es auch festzuhalten, dass in den letzten Jahren praktisch keine andere Veranstaltung in beide Richtungen stärkere Ausschläge bei den Teilnehmerzahlen zu verzeichnen hat. Es steht zu vermuten, dass den Verantwortlichen wirklich an einem Ende dieser ständigen und wenig Planungssicherheit bietenden Achterbahnfahrt gelegen ist.

Relativ

Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die 27 Marathons grafisch aufgeführt, die aus den Marathons ab 300 Finisher eine signifikante Änderung aufweisen. Genauer, auf der Plusseite alle mit einem Zuwachs ab 10,93 Prozent. Auf der Minusseite alle ab 5,17 Prozent weniger im Ziel.

In der Grafik fehlen somit: Fürth ( +9,81%), Heilbronn (+9,56%), Düsseldorf (+7,73%), Weiltalweg ( +7,48%), Frankfurt (+6,51%), Brocken (+6,10%), Münster (+3,14%), Hannover (+2,82%), Gelsenkirchen (+0,71%), Bad Füssing (-0,62%), Dresden Oberelbe (-0,76%), Berlin (-2,05%), Duisburg (-2,82%), Dresden Stadt (-3,15%), Mannheim (-3,48%)

*Marathon Deutsche Weinstrasse und Remstal Marathon fehlen in der Grafik, da sie nur alle 2 Jahre ausgetragen werden. Weinstrasse hatte realtiv zur letzten Austragung 2014 (+9,77%) und Remstal (-39,03%)

Auch der zweite Lauf, für den in der aktuellen Auswertung ein vierstelliges Minus verzeichnet werden muss, warb im Vorjahr mit seiner dreißigsten Austragung. Wobei München aber eine weit weniger konstante Geschichte als die Hansestadt sondern vielmehr eine fünfjährige Lücke am Ende des letzten Jahrtausends zu verzeichnen hat. Wirklich typisch ist München allerdings auch sonst nicht. Denn es gibt zwar den Abfall nach dem Jubiläumsjahr, der vorherige Ausschlag nach oben fehlt jedoch.

Viel eher könnte man in der bayrischen Hauptstadt von einer weiteren Verstärkung des zuvor zu beobachtenden Trends sprechen. Denn nun schon zum dritten Mal in Folge ist die Änderungsrate rot eingefärbt. Dass man damit unter die Marke von fünftausend Zieleinläufen gerutscht ist, dürfte dabei ähnlich schmerzen wie der Verlust der vierten Ranglistenposition an den langjährigen Konkurrenten aus Köln, mit dem man nun schon zum vierten Mal in acht Jahren die Plätze tauscht.

Die Rheinländer verzeichnen umgekehrt mit 726 Läufern das größte absolute Wachstum des Jahres. Doch könnte hier das Argument "Jubiläum" in genau entgegengesetzter Richtung ziehen. Schließlich hatte man beim Buhlen um potentielle Starter auf dem in diesem Jahr erneut nicht größer gewordenen Markt keineswegs verheimlicht, dass 2016 zum zwanzigsten Mal durch die Karnevalshochburg gelaufen werden würde. Ob die aktuelle Aufwärtstendenz sich tatsächlich bestätigt, bleibt deshalb abzuwarten.

In absoluten Zahlen wirklich auf den Punkt genau gleich mit "Kölle" liegt der Zuwachs beim Lauf in Frankfurt. Relativ sieht das allerdings schon wieder ganz anders aus. Angesichts von fast zwölftausend Teilnehmern am Main gegenüber etwas mehr als fünftausend rheinabwärts sind die Wachstumsraten am Fuße des Kölner Domes um volle zehn Prozentpunkte größer.

Ohnehin bildet die Finanzmetropole zuletzt aber eine Art stille Lagune in einem ansonsten eher von größeren Wellen geprägten deutschen Marathonsee. Seit einem halben Jahrzehnt bewegt man sich nämlich stets im engen Bereich zwischen elf- und zwölftausend Läufern. Man muss nicht allzu viel überlegen, um nachzuvollziehen, dass deshalb auch die Veränderungen immer im einstelligen Bereich bleiben mussten.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 4.500 bis 37.000 Finisher 2016

Und nimmt man die langfristigen Zahlen seit dem Beginn der LaufReport-Aufzeichnungen ist Frankfurt neben dem längst zum Megamarathon mit weltweiter Beachtung aufgestiegenen Berlin der zweite große Gewinner. Denn während in diesen zwölf Jahren fast überall sonst hunderte, häufig auch tausende Läufer verloren gingen, legte man in Hessen um mehr als dreitausend Sportler zu.

Gerade einmal fünf der aktuell dreißig größten deutschen Marathons wuchsen überhaupt in diesem Zeitraum. Und mit einem Plus von etwas mehr als fünfhundert Teilnehmern liegt Hannover diesbezüglich schon auf Rang drei. Damit haben sich die Niedersachsen im Laufe der Zeit von Ranglistenpositionen jenseits der zwanzig auf einen sicheren neunten Platz vorgearbeitet. Auch 2016 zeigte der Pfeil wieder leicht nach oben.

Doch da auch die davor liegenden Rennen in Münster und Düsseldorf sich keine Blöße gaben und ebenfalls ein leichtes Plus vermelden konnten, bleibt hinsichtlich der Reihenfolge alles beim Alten. Sogar fast vierhundert Sportler mehr als im Vorjahr kamen beim Rennsteiglauf ins Ziel, der sich als einziger Landschaftslauf in der Spitzengruppe tummelt und dort mit einem nun wieder auf etwas über dreitausend gestiegenen Wert Platz sechs belegt.

Die zweite Besonderheit - dass nämlich der Marathon auf dem Thüringer Kammweg trotz seiner beachtlichen Größe keineswegs das wichtigste Rennen der Veranstaltung darstellt sondern eigentlich nur einen Teil des Rahmenprogramms für den zweiundsiebzig Kilometer langen und ebenfalls mehr als zweitausend Starter anlockenden Ultra bildet, auf den die wahren Könige des Rennsteiges gekrönt werden - ist geblieben.

Das dritte Sternchen hinter diesem Namen ist allerdings nun entfallen. Denn seit 2016 hat man die Strecke nun wie bei der Konkurrenz tatsächlich auf die klassische Distanz vermessen. Zuvor war sie wegen der örtlichen Gegebenheiten trotz der Bezeichnung als "Marathon" stets einen knappen Kilometer zu lang geraten. Ob sich der Zugewinn alleine damit erklären lässt, sei einmal dahin gestellt. Geschadet scheint der Abschied von der etwas unkonventionellen Tradition aber eindeutig nicht zu haben.

Auch langfristig ist der Rennsteigmarathon trotz leichter Verluste seit der ersten LaufReport-Analyse von den großen Einbrüchen vieler Mitbewerber ziemlich verschont geblieben. Anscheinend. kann man das altersbedingte Wegbrechen von Stammgästen, deren Verbindung zum Lauf häufig bis in die Vorwendezeit zurück reicht, immer wieder durch neu hinzu gewonnene jüngere Teilnehmer ausgleichen. Fast alle vergleichbaren Traditionsveranstaltungen im Westen der Republik tun sich damit deutlich schwerer.

Ohne damit die Mauer in den Köpfen neu errichten zu wollen, fällt sowieso auf, dass sich die Ost-Läufe über die Jahre im Schnitt weit besser verkauft haben. Zwar gibt es auch unter ihnen den einen oder anderen, der seit dem Höhepunkt der - auch von den Medien mit entsprechenden Programmen ordentlich befeuerten - großen Marathonbegeisterung am Anfang des Jahrtausends ein wenig kleiner geworden ist.

Doch während bei vielen westlichen Konkurrenten oft weniger als die Hälfte, nur noch ein Drittel und manchmal nicht einmal mehr ein Viertel des ehemaligen Starterfeldes übrig geblieben sind, verliert keiner von ihnen innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als fünfundzwanzig Prozent seiner Teilnehmer. Der in der Hochzeit des Marathonbooms eher bescheiden wirkende Zuspruch für die Ost-Läufe hat sich damit auf lange Sicht als wesentlich nachhaltiger heraus gestellt.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 1800 bis 3000 Finisher 2016

Und eigentlich alle von ihnen haben sich während dieses Zeitraumes in der Größenrangliste - zum Teil sogar erheblich - nach vorne geschoben. Die großen Abstürze fehlen dagegen völlig. Selbst der Mitteldeutsche Marathon aus Halle, der in der Vergangenheit als einziger wirklich deutliche Einbußen hinnehmen musste, wegen zu geringer Zahlenwerte seit Jahren nicht mehr in den LaufReport-Grafiken auftauchte und eigentlich fast schon abgeschrieben war, hat sich in diesem Jahr wieder berappelt.

Mit einem Plus von 261 Teilnehmern überspringt man erstmals seit einem knappen Jahrzehnt - und zwar deutlich - die Eingangshürde und erreicht zudem den Höchstwert bei der relativen Veränderung. Eine Steigerung von mehr als 150 Prozent dürften jedenfalls nur die wenigsten Veranstaltungen in ihrer Geschichte jemals zustande bekommen haben. Allerdings spielt dabei natürlich auch die ziemlich geringe Ausgangsbasis eine Rolle.

Direkt nebenan - nämlich in Leipzig - findet sich der zweitgrößte Wert der verhältnismäßigen Zuwächse. Knapp dreißig Prozent legt die Messestadt gegenüber dem Vorjahr zu und schiebt sich damit zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder unter die zwanzig teilnehmerstärksten Marathons im Land. Ob es dabei auf Dauer bleibt, wird man abwarten müssen. Denn auch die Sachsen konnten diesmal die Karte "Jubiläum" - in diesem Fall sogar das vierzigste - ziehen.

Der drittgrößte Gewinner der prozentualen Betrachtung stammt zwar nicht aus dieser Region - es handelt sich nämlich um das bekanntlich in Bayern liegende Regensburg. Für die Oberpfälzer bringen 117 Marathonis mehr im Ziel immerhin einen Zuwachs von zweiundzwanzig Prozent. Aber insgesamt landen die Läufe aus dem Osten in dieser Hinsicht trotzdem nahezu alle ziemlich weit im vorderen Bereich der Auflistung.

Und selbst den beiden Dresdner Marathons, die als einzige aus dieser Gruppe minimale Verluste - im der Wirtschaft würde man vielleicht eher von einer "roten Null" sprechen - schreiben müssen, reicht es noch für die erste Hälfte der Tabelle. Der Stadtmarathon im Oktober und der Oberelbe-Marathon im April landen damit fast einträchtig auf den Plätzen zehn und zwölf in der Liste der größten deutschen Rennen. Der Frühjahrslauf immer entlang des noch jungen Stromes bleibt dabei allerdings wie im Vorjahr unterhalb der tausend Teilnehmer hängen.

Langzeitentwicklung der Marathons zwischen 1000 bis 1200 Finisher 2016

Ansonsten schafft es nur noch Bremen - ebenfalls mit einer steigenden Zahl an Zieleinläufen - in den inzwischen recht exklusiv gewordenen Klub oberhalb dieser Marke. Innerhalb der letzten zwölf Jahre hat sich die Zahl seiner Mitglieder nämlich mehr als halbiert. In diesem Jahr aus ihm herausgefallen ist Freiburg, dem gegenüber 2015 ein Viertel seiner Marathonläufer verloren gegangen sind.

Da auch für praktisch alle anderen Rennen im Südwesten die Teilnehmerbilanz erneut in rot geschrieben werden muss, ist von der einstigen Marathon-Herrlichkeit mit vierstelligen Ergebnissen bei einem halben Dutzend Läufen nicht mehr allzu viel übrig geblieben. Keine einzige Veranstaltung aus Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz schafft es diesmal mehr in diese Regionen.

Der Koblenzer Mittelrhein-Marathon hat 2016 nach einer langen Reihe von rückläufigen Werten nach einer quantitativ stark besetzten Premiere sogar endgültig das Handtuch geworfen. Und die Gefahr, dass der eine oder andere Ausrichter in den nächsten Jahren angesichts vergleichbarer Entwicklungen zu ähnlichen Schlüssen kommt, besteht durchaus.

Insbesondere beim Blick auf die längerfristigen Zahlen lässt sich jedenfalls eine eindeutige Konzentration auf wenige ganz große Veranstaltungen beobachten, während die kleinen und mittleren Läufe immer stärker zu kämpfen haben. Immerhin deckt Berlin alleine inzwischen rund ein Drittel der gesamten Zieleinläufe in Deutschland ab. Vor einem Jahrzehnt lag der Wert dagegen bei kaum mehr als einem Fünftel.

Und nimmt man die üblichen Verdächtigen, die schon seit Beginn der LaufReport-Analyse die folgenden vier Plätze der Rangliste unter sich ausmachen, noch als weiteren Maßstab, teilen sich Hamburg, Frankfurt, Köln und München ungefähr ein weiteres Drittel. Obwohl zumindest in der Summe auch die "Big Five" ein wenig Federn lassen mussten, ist ihr - vor einem Jahrzehnt noch deutlich unter der Hälfte liegende - Marktanteil damit um rund zwanzig Prozentpunkte angestiegen.

Alternativen böte die deutsche Marathon-Szene eigentlich genug. Doch wirklich angenommen werden sie in den letzten Jahren immer weniger. Dass sich viele Veranstaltungen gerade in diesen Größenordnungen mit einem - zum finanziellen Überleben bestimmt oft notwendigen Halbmarathon - zusätzlich selbst immer mehr potentielle Teilnehmer entziehen, dürfte eine Tatsache sein. Die richtigen Konzepte, um diesem Trend etwas entgegen setzen zu können, fehlen den meisten allerdings noch immer.

Text: Ralf Klink

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2016

Teil 4: Halbmarathon kontra Marathon
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Halb- kontra Marathon HIER Teil 5: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 6: Die Frauenquote HIER

Halbdistanz mit klaren Verhältnissen

Alleine in Deutschland ist die Zahl der Laufveranstaltungen, die sich bei ihrer Namenswahl das Etikett "Marathon" anheften, dreistellig. Und selbst wenn es einige ganz wenige Ausnahmen gibt, bei denen es die Organisatoren mit dem Begriff nicht ganz so genau nehmen und ihn für eine deutlich kürzere Strecke benutzen, bieten die meisten von ihnen tatsächlich ein Rennen über die in der Szene allseits bekannte, einerseits krumme und ziemlich lange Distanz an.

Allerdings stellt man bei genauerem Hinsehen dann fest, dass es darunter umgekehrt kaum eine gibt, bei der man tatsächlich nichts anderes als etwas mehr als zweiundvierzig Kilometer absolvieren kann. Nach Öffnen des Pakets entdeckt man vielmehr häufig ein ganzes Sammelsurium von Läufen unterschiedlichster Längen.

Und meist ist die namensgebende Strecke dabei auch teilnehmermäßig eher eine Beilage als die wirkliche Hauptspeise. Manchmal sind die Marathonis sogar nur noch "geduldete Exoten", die für den werbewirksamen Aufkleber benötigt werden, während die eigentliche Musik längst ganz woanders spielt. Auch international ist dies zwar keineswegs ungewöhnlich. Fast überall auf der Welt werden gerade kleinere und mittelgroße Marathons häufiger durch weitere Läufe ergänzt.

Viele der größten Halbmarathons sind in eine Marathonveranstaltung integriert. Von den 33 Halbmarathons mit über 2.000 Finishern, sind 19 an einen Marathon angedockt (rote Balken). In die Top-ten kamen 4 Läufe ohne Marathon (blaue Balken). Die y-Achse zeigt die jeweiligen Halbmarathonfinisher an.

Doch zum einen ist man insbesondere im angelsächsischen Raum bei der Benennung in solchen Fällen oft ein klein wenig ehrlicher als hierzulande. So tauchen in den Logos nordamerikanischer Läufe hinter "Marathon" und einem "&" eigentlich fast immer auch die jeweils angebrachten "Halfmarathon", "10k" oder "Relay" auf. Und australische Veranstalter sprechen zum Beispiel häufig sogar gleich ganz allgemein von einem "Running Festival".

Zum anderen sind sich die deutschen Anbieter in dieser Hinsicht doch ziemlich einig. Unter den rund siebzig Marathons, die sich aktuell in der LaufReport-Betrachtung befinden, weil sie in diesem Jahr oder in jüngster Vergangenheit die als Untergrenze definierte Zahl von dreihundert Zieleinläufen überbieten konnten, entdeckt man schließlich gerade noch zwei, die wirklich ohne zusätzliche Wettbewerbe auskommen.

Zum einen ist das der Marktführer aus Berlin, der im Gegensatz zu vielen nationalen Konkurrenten auch gar keine Notwendigkeit hat, aus finanziellen Gründen noch weitere Distanzen zu ergänzen. Das Problem liegt in der Hauptstadt vielmehr darin, dass man trotz weiterhin steigender Nachfrage längst an einer logistischen Grenze des Wachstums angekommen ist. Die zur Verfügung stehenden vierzigtausend Startplätze sind nämlich regelmäßig deutlich überbucht.

Den anderen "reinen Marathon" kennt dagegen kaum jemand. Denn in Kevelaer treffen sich eher notorische Vielstarter, um auf einem Sieben-Runden-Kurs schon im Januar die Saison zu eröffnen. Alle übrigen Veranstaltungen im Land - selbst die übrigen, hinsichtlich der Teilnehmer direkt hinter dem Hauptstadtlauf einsortierten "Großen" - haben ihr Programm um irgendwelche Rahmenwettbewerbe erweitert.

Dabei lassen sich mehrere Gruppen identifizieren. Zum einen gibt es einige Organisatoren, die auf Staffeln setzen, bei denen sich mehrere Läufer die Marathonstrecke teilen. Dass man diese Variante ausgerechnet im Vorderfeld der Rangliste recht häufig antreffen kann, ist durchaus interessant. In Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und Münster bildet sie den einzigen Nebenwettbewerb. Und auch in Köln hat man ein Teamrennen im Programm.

Ganz so ungewöhnlich wie es auf den ersten Blick erscheint, ist diese Häufung allerdings dann auch wieder nicht, wenn man sich mit der dahinter stehenden Idee auseinandersetzt. Schließlich besteht die Strecke bei all diesen Läufe aus einer einzigen großen Stadtrunde, die auf diese Art in ihrer kompletten Länge noch ein wenig zusätzlich belebt werden kann.

Ob dies bei den ohnehin mit fünfstelligen Starterzahlen aufwartenden Marathons in Hamburg und Frankfurt allerdings überhaupt nötig ist oder die Staffeln nicht - gerade zum Ende hin - anstatt Belebung eher Unruhe ins noch immer dichte Feld bringen, darf man sich durchaus fragen. Vielleicht spielt bei dieser Entscheidung für die Organisatoren ja doch auch der Gedanke an zusätzliche Einnahmen und finanzielle Planungssicherheit eine beträchtliche Rolle.

Als relativ neuen Trend lässt sich zudem entdecken, dass einige Veranstalter - hauptsächlich bei Landschaftsläufen - ihren Marathon nicht nur mit kürzeren Rennen unterfüttern sondern ihn auch mit einem Ultrawettbewerb überbauen. Der traditionsreiche Rennsteiglauf, bei dem der "lange Kanten" eigentlich das Original und der Marathon nur die Ergänzung darstellt, gehört zwar nicht unbedingt in diese Kategorie.

Doch mit Monschau, Sonthofen, Bottwartal und Rursee sowie dem Eifel-Marathon von Waxweiler und dem Bilstein-Marathon im nordhessischen Witzenhausen, die es beide mangels ausreichend großer Teilnehmerzahlen nicht in die LaufReport-Grafiken schaffen, lässt sich inzwischen eine ganze Reihe von Beispielen für eine solche Konstellation in den Kalendern finden.

33 Marathonveranstaltungen mit mehr als 300 Finishern haben zudem einen Halbmarathon im Programm. Die y-Achse zeigt das Verhältnis der Halbmarathonfinisher zu den Marathonfinishern an. Die x-Achse zeigt die Marathons in der Reihenfolge der Abweichungen.

Die mit Abstand häufigste Kombination lautet allerdings Marathon und Halbmarathon. Rund vier Fünftel aller betrachteten Veranstaltungen bieten zusätzlich auch einen Lauf über einundzwanzig Kilometer an. Und es kämen sogar noch einige hinzu, wenn man es nicht ganz so genau nehmen und auch jene Rennen mitzählen würde, bei denen die Unterdistanz aufgrund der örtlichen Gegebenheiten einige wenige Kilometer länger oder kürzer als die Norm ist.

Aus statistischer Sicht ist diese Grundmenge jedenfalls groß genug, um sie einer genaueren Betrachtung unterziehen zu können. Insbesondere das Verhältnis, in dem sich die Läufer dabei auf die beiden angebotenen Alternativen verteilen, bietet Raum für interessante Beobachtungen. Schon alleine, dass dabei in gerade einmal zwei Fällen der Marathon das quantitativ stärker besetzte Feld hat, ist ziemlich bemerkenswert.

Fast schon traditionell hat diesbezüglich Füssen die Nase vorn, wo sich zwischen den beiden Distanzen ein Verhältnis von ziemlich genau 65 Prozent errechnen lässt. Wobei man aber gleich wieder eine Einschränkung machen muss. Sogar die Frage, ob der - mit dem doch vielleicht etwas schwülstigen Eigennamen "Königsschlösser Romantik Marathon" ausgestattete - Lauf überhaupt in die Vergleichsliste aufgenommen werden sollte, kann man sich stellen.

Denn im Gegensatz zu fast allen Konkurrenten wird der Halbmarathon im Ostallgäu am Samstagabend gestartet. Dagegen schnüren die Langstreckler am Sonntagmorgen ihre Schuhe. Und auch die beiden Kurse haben wenig miteinander gemein. Während der "Halbe" auf drei kürzeren Runden im Stadtbereich absolviert wird, führt der Marathon auf einer großen Schleife vorbei an den Seen und Wiesen des Alpenvorlandes.

Auch die andere Veranstaltung, bei der sich die Waage 2016 leicht zur längeren Strecke neigt, ist ein Landschaftslauf. Schon in der Vergangenheit brachte man beim Harzgebirgslauf von Wernigerode eigentlich beinahe immer eine etwa ausgeglichene Verteilung zustande. Fast noch stärker als in Füssen, wo man Schloss Neuschwanstein nur aus der Ferne bewundern kann, bleibt dabei die größte Attraktion des Rennens - in diesem Fall die Überquerung des Brockengipfels -aber auch alleine den Marathonis vorbehalten.

Dass auch fast alle Läufe, die Quoten knapp oberhalb von eins zu eins erreichen, hauptsächlich in der Natur abgewickelt werden, scheint nicht unbedingt zufällig zu sein. Einzig der Stadtmarathon in München fällt hierbei ein wenig aus der Reihe. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass die Organisatoren dort neben dem Halbmarathon auch noch einen Zehner und eine Staffel im Programm haben, ihrem Unterdistanzwettbewerb also intern selbst wieder stark Konkurrenz machen.

Als alleinige Begründung für diesen relativ niedrigen Wert lässt sich dies dann aber auch nicht heranziehen. Denn bei einigen anderen Veranstaltungen wie Hannover, Bremen, Leipzig oder Regensburg, die alle ebenfalls mit einem zusätzlichen Wettbewerb unterhalb der einundzwanzig Kilometer aufwarten, ist der Halbe trotzdem drei- bis viermal stärker besetzt als der eigentliche Namensgeber.

Damit hat man jedoch noch längst nicht die "Rekordhalter" gefunden. Am entgegengesetzten Ende der Skala findet sich nämlich inzwischen eine ganze Handvoll - ausschließlich mittelgroßer - Rennen, bei denen die Halbdistanz sogar rund siebenmal so viele Teilnehmer zählt wie der vermeintliche Hauptlauf.

Lange Zeit lieferte eigentlich immer der Trollinger-Marathon aus Heilbronn den Höchstwert. Selbst in "guten" Jahren kam für ihn bei der Berechnung selten eine Quote unter sechshundert Prozent heraus. Bemerkenswert ist dies auch deswegen, weil er eigentlich ebenfalls eher in die Kategorie "Landschaftslauf" einzusortieren ist und damit gleich ein Beispiel gegen die Allgemeingültigkeit der These, dass solche immer eine gleichmäßigere Teilnehmerverteilung als Stadtmarathons bieten.

Ein Halbmarathon mit mehr Frauen als Männer im Ziel haben wir nicht im Portfolio, aber die Annäherung beim Halbmarathon ist erfreulich. Für Stuttgart eröffnet sich aus der Negativrolle ein Wachtumspotenzial.

Dieses Mal ist die "Tabellenführung" allerdings vom Norden Baden-Württembergs ein wenig nach Südosten an die bayrische Grenze gewandert. Denn Ulm, wo man einen Teil des Rennens auch in der schon zum Nachbarbundesland gehörenden Schwesterstadt Neu-Ulm absolviert, überbietet die 727 Prozent Heilbronns mit 741 Prozent noch ein bisschen. In Mainz, Freiburg und Bonn kommt man zudem der Siebenhunderter-Marke bedenklich nahe.

Den vier Letztgenannten haben gemein, dass sie vor einem etwa Jahrzehnt noch ganz andere - nämlich mit einer zwei oder drei beginnenden - Verhältnisse vermelden konnten. Danach sind diese aber Stück für Stück immer weiter abgerutscht. Und der Grund dafür liegt keineswegs in den stark angewachsenen Läuferfeldern beim Halbmarathon. Deren Größe ist in allen Fällen etwa gleichgeblieben und zum Teil sogar ihrerseits ein wenig gesunken.

Der Auslöser für die Veränderung findet sich vielmehr auf der anderen Seite des Bruchstrichs. Was dort an inzwischen Werten eingetragen werden muss, ist nämlich nur noch jeweils ungefähr ein Drittel der ursprünglichen Ausgangsbasis. Die immer weiter sinkende Zahl der Marathonis bildet eigentlich schon seit längerem für die meisten Veranstaltungen der zweiten Reihe ein immer dringlicher werdendes Problem.

Denn zum Beispiel auch Karlsruhe, Duisburg, Mannheim, Fürth, Würzburg oder Regensburg haben - nur eben bei einem aktuell nicht ganz so hohen Endwert - über die Jahre eine durchaus ähnliche Entwicklung genommen. Legt man die grafische Aufbereitung der Zeitreihen über die Zieleinläufe beim Marathon und der Halbmarathon-Quote nebeneinander, haben die beiden Linien für fast alle Rennen dieser Kategorie einen ziemlich ähnlichen Verlauf.

Nicht alle aufgezählten Veranstaltungen hatten von Anfang an die Halbdistanz im Programm. Eine ganze Reihe von ihnen hat ihn erst später eingeführt, als die Marathonzahlen immer stärker zu bröckeln begannen. Diese Entscheidung, die aufgrund des stets großen Zuspruchs aus wirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll und nachvollziehbar war, brachte allerdings überall die lange Strecke nur noch weiter in Bedrängnis.

Selbst bei einem so großen Lauf wie in Köln haben sich die Zieleinläufe beim Marathon seit der erstmaligen Austragung des Einundzwanzigers innerhalb weniger Jahre halbiert. Dass so mancher, der zuvor auf der langen Distanz gestartet war, unter diesen Voraussetzungen auf die kürzere Alternative hinüber wechselte, ist also mehr als wahrscheinlich. Inzwischen ist der Halbe auch in der Domstadt mehr als doppelt so groß wie der vermeintliche Hauptlauf.

Im Rheinland geht es zwar weiterhin über eine große Schleife, doch die meisten der Genannten haben einen Zwei-Runden-Kurs für ihren Marathon abgesteckt was zum einen natürlich den Halbmarathon zur absolut logischen Nebenstrecke macht, zum anderen allerdings die Gefahr der Abwanderung dorthin nur noch vergrößert. Schließlich kann man es als Läufer problemlos bei einer Umrundung belassen, ohne allzu viel zu verpassen.

Noch größer dürfte allerdings der Effekt des gemeinsamen Starts beider Distanzen sein, den man ebenfalls beim größten Teil dieser Veranstaltungen findet. Dieser mag zwar für eindrucksvolle Startfotos optimal sein - aber er birgt eben den großen Nachteil, dass zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Anfangseuphorie der Marathonis längst gelegt und die harte Arbeit für sie begonnen hat, auf einen Schlag achtzig oder mehr Prozent der Mitläufer in Richtung Ziel abbiegen.

Die Langstreckler, die gerade noch im dichten Feld mitschwammen, befinden sich dadurch plötzlich mehr oder weniger alleine auf weiter Flur und können froh sein, wenn sie für die zweite Hälfte überhaupt irgendwie eine kleinere Gruppe zusammen bekommen. Dass es dann auch am Streckenrand oft leerer wird, weil viele Zuschauer ihre persönlichen Favoriten längst im Ziel begrüßt haben, ist ein weiterer psychologischer Nackenschlag. So hat sich fast überall eine Negativspirale entwickelt, die von Jahr zu Jahr die Marathonfelder weiter schrumpfen lässt.

Den Ansatz als Gegenmaßnahme den Halbmarathon mit einer Zeitverzögerung von ungefähr zwei bis zweieinhalb Stunden zu starten, um den Marathonis auf der zweiten Hälfte ein wenig Gesellschaft zu bieten und der sprichwörtlichen Einsamkeit des Langstreckenläufers entgegen zu wirken, wählt dagegen - ganz im Gegensatz zum Ausland, wo man dieses Konzept deutlich häufiger vorfindet - auch weiterhin kaum ein Ausrichter.

Einzig in Leipzig geht man auf einem Zwei-Runden-Kurs diesen Weg - wobei aber bei einem Startverschub von 2:45 wirklich nur Läufer deutlich jenseits einer Endzeit von vier Stunden die Belebung noch wirklich zu spüren bekommen. Und ob es alleine darauf zurück zu führen ist, dass der Quotient der Sachsen seit einem vollen Jahrzehnt mit Werten zwischen eins zu drei und eins zu vier praktisch konstant blieb, während er sich bei vielen Mitbewerbern deutlich zur kürzeren Distanz verschob, dürfte kaum zu belegen sein.

Ohnehin scheint die zweite nennenswerte deutsche Veranstaltung, bei der die Halbdistanzler deutlich nach den Marathonläufern starten, den positiven Effekt eines solchen Zeitplanes gleich wieder zu widerlegen. Denn wieder handelt es sich ausgerechnet um Heilbronn. Doch treffen dort beide Strecken aufgrund der verschiedenen Kurssetzungen erst wenige Kilometer vor dem Ziel wieder aufeinander.

Zudem sorgt ein Startabstand von nur neunzig Minuten zwar dafür, dass die Sieger beider Rennen fast zeitgleich einlaufen, der etwas langsamere Teil der Marathonläufer - und weit mehr als die Hälfte von ihnen ist auf dem welligen Kurs durch die Trollinger-Weinberge über vier Stunden unterwegs - am Treffpunkt auch gerade noch dem Schwanz des Halbmarathonfeldes begegnet. Als echtes Gegenbeispiel zur Widerlegung der These lässt sich Heilbronn also nicht heranziehen.

Und auch Hannover, wo ebenfalls mit eineinhalb Stunden Verzug gestartet wird, taugt wirklich nur sehr bedingt als Beispiel. Denn in der niedersächsischen Hauptstadt wird der Halbmarathonkurs durch insgesamt fünf zusätzliche, weiter in die Außenbezirke ausholende Schlenker auf die doppelte Distanz verlängert. Dazwischen kommen beide Strecken jeweils nur für wenige Kilometer zusammen, bevor sich ihre Wege wieder trennen und die Marathonis erneut zu einem ihnen alleine vorbehaltenen Bogen ausholen müssen.

Einen stetig steigenden Frauenanteil offenbaren die jährlichen Analysen. Nehmen wir die Jahre mit Olympischen Spielen zum Vergleich, ergibt sich ein Anstieg um vier Prozentpunkte seit London (2012 - 29%) und um 5 Punkte seit Peking (2008 - 28%). Der Weg vom Drittelanteil zur Parität scheint geebnet. Veranstaltern kann man nur raten diese stille Reserve abzuschöpfen.

Völlig unabhängig von Strecken- und Startzeitkonzepten präsentieren sich die Halbmarathons sowohl in der Langzeit- wie auch in der Kurzzeitbetrachtung insgesamt deutlich stabiler als ihre "großen" Brüder. Selbst wenn es natürlich bei dem einen oder anderen leichte Verluste gibt, sind diese in den seltensten Fällen so schmerzhaft wie auf der Marathondistanz.

Im Vorderfeld trifft es einzig München und Freiburg, die gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 860 bzw. 712 Halbmarathonläufern verzeichnen müssen, relativ hart. Damit kommt ihnen jeweils mehr als ein Zehntel des Feldes abhanden. Da beide auch beim Marathon spürbare Verluste quittieren müssen, leuchten die Teilnehmerbilanzen für 2016 ziemlich rot.

In der Rangliste der größten deutschen Halbmarathons geht es dadurch für die zwei Veranstaltungen - die übrigens von der gleichen Agenturgruppe ausgerichtet werden -einige Plätze bergab. Statt drei (München) und acht (Freiburg) lauten die Ordnungszahlen nun sechs und elf. Doch obwohl die Südbadener damit aus den "Top Ten" herausgefallen sind, findet man dort wie im Vorjahr nur vier reine Halbmarathons und sechs Veranstaltungen, bei denen der Halbe zusammen mit einem Marathon veranstaltet wird.

Auch auf den Rängen dahinter bietet sich ein ziemlich ähnliches Bild. Ganz egal, ob man die Grenze bei zwanzig, dreißig oder fünfzig Läufen zieht. Bei rund zwei Dritteln aller bis dahin eingetragenen Wettbewerbe handelt es sich um "Anhängsel" eines Marathons. Zumindest auf dem Papier ist das so. In Wahrheit sehen die Verhältnisse wie oben schon erläutert natürlich genau anders herum aus.

Die absolute Nummer eins ist allerdings dann doch wieder ein Rennen, bei dem es einzig und allein über einundzwanzig Kilometer geht. Und wie der teilnehmerstärkste Marathon Deutschlands wird auch es in der Hauptstadt Berlin ausgetragen. Sogar in seiner Dominanz ist es mit diesem beinahe vergleichbar. Denn den fast vierundzwanzigtausend Zieleinläufen an der Spree kann der nächste Verfolger nicht einmal die Hälfte entgegen setzen.

Bei diesem handelt es sich um den "Rahmenwettbewerb" des Marathons in Köln, der aber immerhin auch fast zwölftausend Menschen auf die Beine bringt. Knapp achttausend sind es beim Hamburger Halbmarathon, der ebenfalls separat im Juni gelaufen wird. Trotz eines anderen Veranstalters lehnte sich dessen Strecke bisher aber dennoch erkennbar an jene des stets etwa zwei Monate zuvor gestarteten Marathons an.

Durchaus bemerkenswert ist, dass die drei größten Halbmarathons sowohl jeweils einzeln betrachtet als auch zusammen genommen erheblich weniger Teilnehmer zählen als die drei größten Marathons. Erst auf Rang vier wird mit Hannover, wo man - auch wieder eingebunden in den Marathon - knapp siebentausend Einträge in die Ergebnisliste schreiben kann, diese Regel erstmals durchbrochen.

Auch München und der Rennsteiglauf zählen hinsichtlich ihrer Starterfelder sowohl beim Marathon als auch beim Halbmarathon zu den Großen im Land. Danach reihen sich dann genau jene fünf Veranstaltungen ein, bei denen der Quotient im Bereich von eins zu sieben angekommen ist. Ergänzt werden sie von den Halbmarathons in Stuttgart - mit einem Minus von mehr als achthundert Teilnehmern ein weiterer großer Verlierer des Jahres - und Frankfurt sowie einem zweiten Lauf aus München.

Schon in diesem Bereich der Liste sind die Abstände eher gering. Dahinter wird es sogar noch enger. Insgesamt schaffen es dreiunddreißig Rennen über die Marke von zweitausend Zieleinläufen. Vierstellig sind die Zahlen sogar bei mehr als fünfzig Halbmarathons. Dass die beiden Vergleichswerte bei den Marathons dazu acht und elf heißen, spricht doch schon eine recht deutliche Sprache.

Fast ist man geneigt zu sagen, dass ein Veranstalter mit der Ausrichtung eines Halbmarathons recht wenig falsch machen kann. Doch sollte ihm dabei auch klar sein, dass ein gleichzeitig ausgetragener Marathon damit eher geschwächt als gestärkt wird. Einige Läufe - das beste Beispiel ist Potsdam - haben sich inzwischen ganz vom Marathon verabschiedet und beschränken sich auf die einundzwanzig Kilometer als längste Distanz. Es steht angesichts der Entwicklung beinahe zu vermuten, dass demnächst noch der eine oder andere hinzukommt.

Text: Ralf Klink

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2016

Teil 5: Die Schnellsten & die Besten
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Halb- kontra Marathon HIER Teil 5: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 6: Die Frauenquote HIER

Schnell ist nicht immer gleich schnell

Ohne langes Zögern würde die Frage nach dem "schnellsten Marathon" wohl praktisch von allen mit "Berlin" beantwortet. Schließlich sprechen neun auf dem Asphalt der Hauptstadt aufgestellte Weltrekorde eine ziemlich deutliche Sprache. Und seit nun immerhin schon dreizehn Jahren wurde nirgendwo sonst als an der Spree eine neue Bestmarke aufgestellt - dort fiel sie in dieser Zeit allerdings stolze sechs Mal.

Und selbst wenn in dieser Periode einmal kein "WR" hinter dem Ergebnis notiert werden konnte, stand - zumindest bei den Herren - die Berliner Siegerzeit in der Weltrangliste meist ganz oben. Auch 2016 ist dies nicht viel anders. Die 2:03:03 von Kenenisa Bekele wurde nirgendwo unterboten. Und die schnellste Frau Aberu Kebede landet durch ihre 2:20:45 weltweit auf Platz zwei. Und wenn man ganz böse sein wollte, ließe sich dies sogar als Rückschritt bezeichnen. Denn ein Jahr zuvor wurden noch beide Weltbestzeiten auf deutschem Boden gelaufen.

Allerdings darf man durchaus auch die Frage stellen, ob die Ergebnisse der Spitze als alleiniger Maßstab für eine solche Beurteilung heran gezogen werden sollte. Schließlich spielen bei der Rekordjagd bekanntermaßen neben der möglichst flachen und windgeschützten Streckenführung die von den Veranstaltern für Start- und Siegprämien eingesetzten Beträge eine mindestens genauso wichtige Rolle. Die absolute Weltelite tritt längst nicht mehr nur für Medaillen und Pokale an.

Für den Mittelfeldläufer, der seine eigene Hausmarke verbessern will, ist es hingegen nicht wirklich von Belang, ob weiter vorne in einem von den sportlichen Leitern mit einer Vielzahl von Tempomachern sorgfältig choreografierten Rennen einige Sekunden schneller oder langsamer gelaufen wird, wenn er entweder auf einer übervollen Strecke im Stau steckenbleibt oder sich - als genauso leistungshemmendes Kontrastprogramm dazu - schon frühzeitig völlig alleine auf weiter Flur unterwegs befindet.

Schnellste deutsche Marathons - relativ zum Weltrekord

Grundlage der Bewertung sind die Siegerzeiten, die zum Männer- bzw. Frauenweltrekord ins Verhältnis gesetzt werden (Dennis Kimetto 2:02:57 und Paula Radcliffe - 2:15:25). Aus der Summe der aus den prozentualen Abweichungen ermittelten Faktoren ergibt sich der Rang. Der relativ schnellste Marathon hat nach dieser Methode dann die niedrigste Summe.

* In der Betrachtung sind zu den Marathons mit mindestens 300 Finishern einige aufgrund der persönlichen Leistungen hinzugekommen.

Die Grafik endet beim Gesamtfaktor 57,66 (27 Stück), weitere in folgender Tabelle:
Ort Männersieger Zeit
Fakt.
Frauensiegerin Zeit
Fakt.
Summe
Berlin Bekele, Kenenisa
2:03:03
0,08
Kebede, Aberu
2:20:45
3,94
4,02
Hamburg Abera, Tesfaye
2:06:58
3.27
Melkamu, Meselech
2:21:54
4,79
8,05
Frankfurt/M Korir, Mark
2:06:48
3,13
Molisa, Mam. Daska
2:25:27
7,41
10,54
Köln Choge, Raymond Kipch.
2:08:39
4,64
Kitur, Bornes Jepkurui
2:32:16
12,44
17,08
Hannover April, Lusapho
2:11:27
6,91
Hahner, Anna
2:30:35
11,20
18,11
Münster Koech, Duncan
2:12:59
8,16
Rumokol, Elizabeth
2:32:56
12,94
21,10
Düsseldorf Kosgei, Japhet
2:10:46
6,36
Erdelyi , Zsofia
2:35:37
14,92
21,27
Dresden Stadt Munywoki, Jos. Kyengo
2:10:21
6,02
Kiprotich, Gladys
2:40:26
18,47
24,49
Kassel Kosgei, Edwin
2:15:46
10,42
Kibebo, Sintayehu
2:42:14
19,80
30,23
Bonn Kosgei, Edwin
2:16:08
10,72
Kiprono, Prisca
2:46:26
22,90
33,63
Mannheim Tuei, Hosea
2:20:50
14,55
Kiprotich, Gladys
2:41:42
19,41
33,95
Mainz Rusyuk, Yuriy
2:20:31
14,29
Karmanenko, Kateryna
2:44:39
21,59
35,88
St. Wendel * Biratu, Gudeta
2:16:57
11,39
Kohler, Heike
2:54:23
28,78
40,16
Essen Sansar, Elias
2:22:08
15,60
Offermann, Eva
2:52:02
27,04
42,64
Deut.Weinstrasse Taiget, Evans
2:20:47
14,50
Jemutai Cher. Emily
2:55:49
29,83
44,34
Gelsenkirchen Sansar, Elias
2:29:00
21,19
Kibebo, Sintayehu
2:46:57
23,29
44,47
Würzburg Arens, Johannes
2:38:49
29,17
Straneo, Valeria
2:39:50
18,03
47,20
Karlsruhe Stützel, Simon
2:26:21
19,03
Raatz, Simone
2:55:39
29,71
48,74
München Herrmann, Oliver
2:27:12
19,72
Schuster, Latifa
2:56:20
30,22
49,94
Freiburg Hoffmann, Benedikt
2:23:04
16,36
Mann, Svenja
3:02:11
34,54
50,90
Dresden Oberelbe Schulze, Marc 2:26:48 19,40 Hempel, Kristin
2:58:54
32,11
51,51
Heilbronn Weiß-Latzko, Markus
2:29:30
21,59
Hähnle-Pohl, Veronica
2:56:17
30,18
51,77
Regensburg Mittag, Thomas
2:37:25
28,03
Heiß, Monika
2:47:37
23,78
51,81
Fränk.-Schweiz *
Tulu Wodajo, Addisu
2:29:37
21,69
Vrajic, Marija
2:56:15
30,15
51,84
Kandel Schumacher, Richard
2:30:49
22,67
Sina, Manishe
2:59:08
32,28
54,95
Bad Füssing Bscheidl, Marco
2:32:53
24,35
Kühnlein, Angela
2:58:52
32,09
56,43
Schwarzwald * Müller, Kay-Uwe
2:34:46
25,88 Doll, Stefanie
2:58:27
31,78
57,66
Leipzig Werner, Marc
2:39:29
29,71
Clart, Laura
2:53:47
28,33
58,05
Duisburg Dietrich, Enrico
2:37:31
28,11
Schank, Karin
2:58:40
31,94
60,05
Bremen Sebrantke, Oliver
2:32:14
23,82
Günther, Martina
3:06:54
38,02
61,84
Fürth Schwab, Marco
2:40:54
30,87
Rolle, Patricia
2:59:16
32,38
63,25
Magdeburg Weinmann, Paul
2:47:25
36,17
Meyer, Juliane
2:53:07
27,84
64,01
Mitteldeutscher Breuer, Max
2:43:29
32,97
Shchensna, Halyna
2:58:29
31,80
64,77
Hasetal * Sansar, Elias
2:34:28
25,63
Kulgemeyer, Christin
3:09:41
40,07
65,71
Ulm Brown, Clive
2:36:03
26,92
Kopp, Caroline
3:08:47
39,41
66,33
Lübeck Bach, Sören
2:35:19
26,33
Kebernik, Julia
3:10:12
40,46
66,78
Rennsteiglauf Krieghoff, Marcel
2:36:44
27,48
Krull, Annika
3:08:55
39,51
66,98
Monschau Werker, Markus
2:40:14
30,32
Offermann, Eva
3:08:25
39,14
69,46
Füssen Merrbach, Frank
2:41:45
31,56
Veliscu, Ma.Magdalena
3:07:02
38,12
69,67
Weiltalweg Metz, Dieter
2:45:25
34,54
Holljesiefken, Anke
3:04:06
35,95
70,49
Bottwartal Striegel, Timo
2:42:28
32,14
Sigg-Sohn, Christine
3:07:22
38,36
70,50
Niedernhall * Müller, Kay-Uwe
2:34:53
25,97
Müller, Eva
3:17:10
45,60
71,57
Kevelaer Diekmann, Bernd
2:53:41
41,26
Offermann, Eva
2:57:59
31,43
72,70
Rursee Probst, Andreas
2:40:45
30,74
Esefeld, Katrin
3:14:41
43,77
74,51
Remstal Schumacher, Richard
2:29:08
21,30
Huber, Sonja
3:28:44
54,14
75,44
Siebengebirge auf der Heide, Moritz
2:37:41
28,25
Schneider, Silke
3:24:26
50,97
79,22
Ottendorf * Kirwa, Edwin
2:17:00
11,43
Rürup, Rita 3:47:49
68,23
79,66
Brocken Neumann, Christian
3:04:14
49,84
Wahl, Marita
3:27:10
52,98
102,83
Heidelberg Trail Neuschwander, Florian
2:55:25
42,67
Quigly, Aoife
3:47:38
68,10
110,77
Allgäu-Panorama Müller, Kay-Uwe
3:11:50
56,03
Oemus, Daniela
3:47:24
67,93
123,95
* In der Betrachtung sind zu den Marathons mit mindestens 300 Finishern einige aufgrund der persönlichen Leistungen hinzugekommen.

Man sollte also nicht nur die ersten Einträge der Ergebnisliste lesen, um eine echte Einschätzung darüber zu bekommen, ob ein Marathon in die Kategorie "schnell" oder "langsam" einzusortieren ist. Und erst in der Kombination vieler unterschiedlicher Blickwinkel ergibt sich ein wirklich vernünftiges Bild. Einige von ihnen werden jedes Jahr in der LaufReport-Analyse vorgestellt. Doch eine Rangliste für "den Schnellsten" gibt es wie üblich nicht. Die Gewichtung der einzelnen Aspekte muss am Ende aber jeder für sich selbst treffen.

Selbst wenn man sich tatsächlich nur um die Spitze kümmert, ist die Bestimmung einer eindeutigen Reihenfolge schon deshalb kaum möglich, weil die Ergebnisse von Männern und Frauen keineswegs immer eine gleiche Tendenz haben. Bestes Beispiel dafür ist im Jahr 2016 der Marathon von Würzburg. Denn Valeria Straneo aus Italien kam dort in 2:39:50 gerade einmal eine Minute und eine Sekunde hinter Herrensieger Johannes Arens als Gesamtzweite ins Ziel.

Wirklich verwunderlich war dies nicht. Schließlich handelt es sich um eine Athletin, die bei der Weltmeisterschaft 2013 und der Europameisterschaft 2014 jeweils eine Silbermedaille erkämpfen konnte. Dass sie überhaupt in Unterfranken am Start war, lag weniger an einem dort prall gefüllten Budget für die Verpflichtung von Topläufern als vielmehr an der bis zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Leistungsbestätigung für ihre Olympianominierung.

Während sie damit immerhin die achtbeste Siegerzeit im Frauenbereich ablieferte, landet der Marathon von Würzburg bei einer Sortierung nach dem besten Herrenergebnis nur auf Rang siebenunddreißig. Und hätte die Italienerin voll durchgezogen, wäre sogar die gesamte Logik einer solchen Reihung ein wenig ins Wanken gekommen. Denn da sie in Rio als Dreizehnte noch einmal volle zehn Minuten schneller als am Main war, ist fast davon auszugehen, dass sie dann auch den Gesamteinlauf gewonnen hätte.

Ganz oben bei den Siegerzeiten - und dabei ist es völlig egal, ob man Männer oder Frauen betrachtet - stehen allerdings die großen Drei im Land. Hinter den völlig unangefochtenen Berlinern liefern nämlich Hamburg mit Tesfaye Abera (2:06:58) und Meselech Melkamu (2:21:54) sowie Frankfurt mit Mark Korir (2:06:48) und Mamitu Daska Molisa (2:25:27) die jeweils nächsten Einträge in der Sortierung.

Wo wurde in Deutschland absolut am schnellsten gelaufen

Männer

In der Grafik sind zu allen Marathons mit mehr als 300 Finishern weitere aufgrund der dort erbrachten persönlichen Leistungen berücksichtigt worden. Alle mit Männersiegern unter 2:35 Stunden - 30 Stück
Berlin Bekele, Kenenisa
2:03:03
Frankfurt/M Korir, Mark
2:06:48
Hamburg
Abera, Tesfaye
2:06:58
Köln Choge, Raymond Kipchumba
2:08:39
Dresden Stadt Munywoki, Joseph Kyengo
2:10:21
Düsseldorf
Kosgei, Japhet
2:10:46
Hannover April, Lusapho
2:11:27
Münster
Koech, Duncan
2:12:59
Kassel Kosgei, Edwin
2:15:46
Bonn
Kosgei, Edwin
2:16:08
Mainz Rusyuk, Yuriy
2:20:31
Deutsche Weinstrasse Taiget, Evans
2:20:47
Mannheim Tuei, Hosea
2:20:50
Essen Sansar, Elias
2:22:08
Freiburg Hoffmann, Benedikt
2:23:04
Karlsruhe Stützel, Simon
2:26:21
Dresden Oberelbe Schulze, Marc
2:26:48
München Herrmann, Oliver
2:27:12
Gelsenkirchen Sansar, Elias
2:29:00
Remstal Schumacher, Richard
2:29:08
Heilbronn Weiß-Latzko, Markus
2:29:30
Kandel Schumacher, Richard
2:30:49
Bremen Sebrantke, Oliver
2:32:14
Bad Füssing Bscheidl, Marco
2:32:53
Marathons mit weniger als 300 TN aber Männerzeiten bis 2:35
St.Wendel / 205 TN Biratu, Gudeta
2:16:57
Ottendorf / 44 TN Kirwa, Edwin
2:17:00
Fränkische-Schweiz / 245 TN Tulu Wodajo, Addisu
2:29:37
Hasetal / 144 TN
Sansar, Elias
2:34:28
Schwarzwald / 297 TN Müller, Kay-Uwe
2:34:46
Niedernhall / 143 TN Müller, Kay-Uwe
2:34:53

Die gerade einmal um zehn Sekunden bessere Männer-Siegerzeit in Hessen wird dabei durch ein deutlich schnelleres Frauenergebnis an Elbe und Alster mehr als kompensiert. Auch ohne komplexe mathematische oder statistische Modelle kann man deswegen zu dem Schluss kommen, dass die Hanseaten in diesem Jahr die Nase vorne haben und auf Rang zwei einzuordnen sind.

Doch auf den Plätzen dahinter wird die Festlegung der Reihenfolge durch bloßes Hinschauen dann endgültig schwierig. Der einfachste Ansatz für eine Kombination der beiden Zeiten ist sicher die reine Addition. Ganz so logisch, wie er im ersten Moment scheint, ist er aber dann doch nicht. Denn das langsamere Ergebnis der Frauen bekommt so statistisch ein etwas zu großes Gewicht, während die zehn bis fünfzehn Prozent besseren und zudem längst nicht so breit streuenden Werte der Herren die Endposition tendenziell zu wenig beeinflussen.

Beiden Geschlechtern gleichmäßiger gerecht wird man, indem die erzielten Zeiten zu den jeweiligen Bestmarken ins Verhältnis gesetzt werden. Allerdings macht es auch hierbei einen kleinen Unterschied, ob man die Weltrekorde oder die Jahresbestzeiten als Basis ansetzt. Paula Radcliffes 2:15:25 ist schließlich deutlich weiter von den Leistungen der Konkurrenz entfernt - die Jahresschnellste Tirfi Tsegaye lief 2016 "nur" 2:19:41 - als die von Kenenisa Bekele nur knapp verfehlten 2:02:57 Dennis Kimettos.

An der groben Tendenz ändern sich natürlich fast nichts, wenn man die Berechnungsmethode variiert. Denn zwei wirklich langsame Zeiten kann auch ein komplexes mathematisches Verfahren nicht schneller machen. Aber je nachdem welche dieser drei Messlatten man anlegt, ergeben sich trotzdem einige kleinere Platzierungsverschiebungen zwischen den einzelnen Veranstaltungen. Diese findet man jedoch hauptsächlich im Mittel- und Hinterfeld.

Auf Platz vier in der Kombinationswertung steht dagegen der Kölner Marathon, der sich nach einem etwas schwächeren Vorjahr nun wieder ziemlich weit vorne platzieren kann. Entscheidend dafür ist hauptsächlich die Leistung von Raymond Kipchumba Choge. Denn seine 2:08:39 bringt den Domstädtern als einzigem Ausrichter abgesehen von den drei Großen noch eine Siegerzeit unter 2:10 ein.

Hannover sichert sich seinen fünften Platz dagegen eher mit den Frauen. Denn selbst wenn der südafrikanische Seriensieger Lusapho April mit 2:11:27 keineswegs enttäuscht, wird seine Leistung in Düsseldorf von Japhet Kosgei (2:10:46) und in Dresden von Joseph Kyengo Munywoki (2:10:21) unterboten. Dagegen bildet die 2:30:35, mit der Anna Hahner am Maschsee gewinnt, den viertbesten Eintrag in der Siegerzeit-Liste.

Anna Hahner ist damit auch die mit Abstand schnellste deutsche Siegerin. Schnellste Deutsche ist sie damit aber keineswegs. Denn in Hamburg lief Anja Scherl in 2:27:50 - also fast drei Minuten schneller - auf Rang drei. Und in den Berliner Ergebnissen wird Katharina Heinig als Fünfte in 2:28:34 geführt. Die beste deutsche Platzierung in der Weltrangliste gehört allerdings der gebürtigen Äthiopierin Fate Tola, die einige Monate nach ihrer Einbürgerung als Zweite von Frankfurt eine 2:25:42 erzielte.

Wo wurde in Deutschland absolut am schnellsten gelaufen

Frauen

In der Grafik sind zu allen Marathons mit mehr als 300 Finishern weitere aufgrund der dort erbrachten persönlichen Leistungen berücksichtigt worden. Alle mit Frauensiegerinnen unter 3 Stunden - 33 Stück
Berlin Kebede, Aberu
2:20:45
Hamburg Melkamu, Meselech
2:21:54
Frankfurt/M Molisa, Mamitu Daska
2:25:27
Hannover Hahner, Anna
2:30:35
Köln Kitur, Bornes Jepkurui
2:32:16
Münster Rumokol, Elizabeth
2:32:56
Düsseldorf Erdelyi , Zsofia
2:35:37
Würzburg Straneo, Valeria
2:39:50
Dresden Stadt Kiprotich, Gladys
2:40:26
Mannheim Kiprotich, Gladys
2:41:42
Kassel Kibebo, Sintayehu
2:42:14
Mainz Karmanenko, Kateryna
2:44:39
Bonn Kiprono, Prisca
2:46:26
Gelsenkirchen Kibebo, Sintayehu
2:46:57
Regensburg Heiß, Monika
2:47:37
Essen Offermann, Eva
2:52:02
Magdeburg Meyer, Juliane
2:53:07
Leipzig Clart, Laura
2:53:47
Karlsruhe Raatz, Simone
2:55:39
Deutsche Weinstrasse Jemutai Cheruiyot, Emily
2:55:49
Heilbronn Hähnle-Pohl, Veronica Clio
2:56:17
München Schuster, Latifa
2:56:20
Kevelaer Offermann, Eva
2:57:59
Mitteldeutscher Shchensna, Halyna
2:58:29
Duisburg Schank, Karin
2:58:40
Bad Füssing Kühnlein, Angela
2:58:52
Dresden Oberelbe Hempel, Kristin
2:58:54
Kandel Sina, Manishe
2:59:08
Fürth Rolle, Patricia
2:59:16
Marathons mit weniger als 300 TN aber Frauenzeiten bis 3:00 h
St.Wendel / 205 TN Kohler, Heike
2:54:23
Fränkische Schweiz / 245TN Vrajic, Marija
2:56:15
Schwarzwald / 297 TN Doll, Stefanie
2:58:27
Usedom / 205 TN Meyer, Juliane
2:58:50

Schnellster einheimischer Herrensieger ist Elias Sansar mit einer beim traditionsreichen Baldeneysee-Marathon in Essen erzielten 2:22:08. Allerdings landet er damit gerade einmal auf Platz dreizehn der deutschen Bestenliste. Diese wird vom Wattenscheider Hendrik Pfeiffer angeführt, der in Düsseldorf als Dritter 2:13:09 lief und damit eigentlich sein Olympiaticket fast schon in der Tasche hatte. Auf den Start in Rio musste er aufgrund einer Verletzung dann aber doch verzichten.

Ihm am nächsten kam 2016 der frühere Hindernisspezialist Steffen Uliczka, der auf Berliner Asphalt eine 2:15:02 hinlegte. Die Zeit, die beim größten Teil der übrigen Marathons locker für den Sieg gereicht hätte, brachte ihm im qualitativ gut besetzten Feld der Hauptstadt gerade einmal Platz sechzehn ein. Julian Flügels 2:17:10 - die drittbeste Leistung eines Deutschen des Jahres - reichte beim Marathon in Hamburg sogar nur zu Platz zweiundzwanzig.

Insgesamt fällt auf, dass sich auf den ersten acht Plätzen der Rangliste nach Siegerzeiten eigentlich nur Marathons finden, die auch bei der Sortierung nach Teilnehmerzahlen ähnliche Positionen einnehmen. Neben den schon erwähnten Rennen gehört auch noch Münster in diese Reihe. Erst danach folgt mit Kassel eine Veranstaltung, die zwar inzwischen nur noch etwas mehr als vierhundert Marathonis zählt, aber dennoch weiterhin auf ostafrikanische Laufprofis setzt.

Den umgekehrten Weg geht man dagegen in München, das größenmäßig immerhin die Nummer fünf im Land ist. Um auf die bayerische Metropole zu stoßen, muss man den Blick nämlich bis auf Position neunzehn hinunter wandern lassen, da die Organisatoren an der Isar traditionell kaum Gelder für die Verpflichtung von Spitzenläufern einsetzen und zudem weder große Platz- noch Zeitprämien ausloben.

Ganz ähnlich verfährt man auch beim Rennsteiglauf, der zweiten größeren Veranstaltung, die sich hinsichtlich der Zeiten nicht in der Spitzengruppe findet. Sie wird sogar noch deutlich weiter hinten als München einsortiert. Denn im Thüringer Wald kommen zu fehlenden finanziellen Anreizen auch noch ein hoher Anteil an Waldwegen und Pfaden sowie etliche Höhenmeter. Obwohl die zuvor etwas zu lange Strecke in diesem Jahr auf die standardisierte Marathondistanz verkürzt wurde, wird dort bei den Frauen sogar die Drei-Stunden-Grenze erneut nicht geknackt.

Insgesamt fiel diese Marke allerdings bei dreiunddreißig Marathons in Deutschland. In den nun immerhin schon zwölf Jahre zurückreichenden LaufReport-Aufzeichnungen gab es bisher noch keinen höheren Wert. Im Vorjahr waren es zum Vergleich gerade einmal zweiundzwanzig Läufe in diesem Bereich. Und auch 2014 wurden nur für vierundzwanzig Veranstaltungen entsprechende Siegerzeiten notiert.

Leistungsdichte Männer unter 3:00 h

Wo fanden Bestzeitenjäger in Deutschland starke Gruppen

Der Marathon mit den schnellsten Siegerzeiten muss nicht zwangsläufig zur persönlichen Bestzeit führen. So gelingt es den besten Eliteläufern mit nur wenigen Sekunden Verlust Streckenschwierigkeiten zu meistern. Für einen Spitzenplatz im Ranking reicht es, einen Mann und eine Frau gut durchzubringen. Dafür wird von Veranstalterseite mitunter auch ein Service geleistet, der weit bessere Bedingungen liefert, etwa mit persönlichen Tempomachern, als sie "Otto Normalverbraucher" vorfindet.

Bei welchem Marathon die Chancen auch für schnellere Teilnehmer gut sind, eine Gruppe zu finden, ist anhand der Grafiken leicht abzulesen.

Unberücksichtigt bleibt hier, dass sich bei Marathons etwa mit zeitgleich startendem Halbmarathonfeld und bei sich auf der Strecke tummelnden frisch eingewechselten Staffelläufern zusätzlich Gruppen bilden, die der Einsamkeit des Langstreckenläufers entgegen wirken.

In der Grafik sind alle 17 Marathons (> 300 TN), die mindestens 25 Männer unter 3:00 h hatten.

Daraus allerdings zu folgern, es würde nun im Frauenbereich auf einmal erheblich schneller gelaufen, ist ein klassischer Trugschluss, wie man ihn bei nicht sauberer oder einseitiger Interpretation von Daten immer wieder - auch und gerade in den Medien - entdecken kann. Denn die Gesamtzahl der Ergebnisse unter drei Stunden ist nahezu konstant geblieben. Die schnellen Damen haben sich einfach nur erheblich weiter auf das große Angebot an Marathons im Land verteilt.

Auch einige Marathons, die eigentlich an der für eine genauere Betrachtung in der LaufReport-Analyse gesetzten Untergrenze von dreihundert Teilnehmern hängen geblieben waren, tauchen bei deren Auflistung auf. Prominentester Vertreter dieser Gruppe ist der Schwarzwaldmarathon mit seiner bis in die späten Sechziger zurück reichenden Historie, dem diesmal genau drei Läufer zum Überspringen der Einstiegshürde fehlten.

Dank Stefanie Doll, die am zweiten Oktoberwochenende auf dem doch recht welligen Kurs eine 2:58:27 lief, sowie der 2:34:46 von Männersieger Kay-Uwe Müller schafft man es aber trotzdem in einige Grafiken. Denn die für die Erwähnung der Siegerzeiten gesetzten Limits werden in diesem Fall jeweils knapp unterboten. Zum fünfzigsten Jubiläum der Traditionsveranstaltung im nächsten Jahr sollte aber die Teilnehmergrenze ebenfalls wieder kein Problem darstellen.

Leistungsdichte Frauen unter 3:20 h

Wo fanden Bestzeitenjägerinnen in Deutschland starke Gruppen

Da es in Deutschland keine reinen Frauenläufe gibt, ist die Aufzeichnung für Marathonläuferinnen unter 3:20 h im Ziel, mehr ein Hinweis, wo es evtl. was zu verdienen gibt. Es kann unterstellt werden, dass bei Marathons mit vielen männlichen Teilnehmern, die unter 3 Stunden bleiben, auch im Bereich bis 3:20 h eine höhere Teilnehmerdichte zu erwarten ist.

Dass wir nicht auch Grafiken für längere Laufzeiten erstellt haben, hat nur den Grund, dass sich die Einsamkeit des Langstreckenläufers erst wieder am Ende des Feldes einstellt. Mitunter wäre im Mittelfeld eine umgedrehte Betrachtung interessant: Wo kann ich z.B. bei einer Laufzeit von 4 Stunden mit ausreichender Bewegungsfreiheit rechnen. Dies ist aber etwa aufgrund zeitversetzer Startgruppen statistisch kaum anhand reiner Zahlen zu ermitteln.

In der Grafik sind alle 16 Marathons (> 300 TN), die mindestens 5 Frauen unter 3:20 h hatten.

In absoluten Zahlen am häufigsten wird die Hundertachtzig-Minuten-Vorgabe, von der man früher sagte, sie trenne die Hobbyläufer von den ernsthaften Athleten, natürlich in Berlin unterboten. Schließlich zählt man dort rund dreimal so viele Zieleinläufe wie bei den nächsten Verfolgern aus Hamburg und Frankfurt. Zu 79 Frauen kommen außerdem noch 1527 männliche Sportler, bei denen die Endzeit mit einer zwei beginnt.

Während in der Hansestadt die entsprechenden Werte mit 37 und 514 auch ziemlich gut zum Größenverhältnis der Felder zu passen scheinen, sieht das am Main völlig anders aus. Bei 1040 Männern und insbesondere bei 69 Frauen im entsprechenden Zeitfenster haben die Hessen in Bezug auf die Zahl der Drei-Stunden-Läufer beinahe schon die Witterung des Megamarathons aus der Hauptstadt aufgenommen.

Nun kann man für das Jahr 2016 argumentieren, dass die im Rahmen des Frankfurter Marathons ausgetragenen nationalen Meisterschaften sicherlich ihren Teil zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Diese im ersten Moment so logisch erscheinende Begründung bekommt jedoch leichte Risse, wenn man entdeckt, dass gerade einmal die Hälfte dieser Leistungen von Deutschen erbracht wird und der Rest auf Sportler aus anderen Ländern zurückgeht.

Alleine auf die Titelkämpfe kann man die weit bessere Quote - mit 9,3% läuft tatsächlich fast ein Zehntel des Frankfurt-Starter unter drei Stunden - also nicht zurückführen. Diese ist zwar mit der Vergabe der Deutschen Meisterschaften in die Bankenstadt noch einmal nach oben gegangen, doch lag man schon zuvor deutlich vor den Berlinern, die dieses Jahr auf gerade einmal 4,5% kommen und damit selbst unter den Stadtmarathons nur im Mittelfeld landen.

Das beste Ergebnis in der Drei-Stunden-Quote lässt sich mit 12,7% für das saarländische St. Wendel errechnen. Doch aufgrund der bei gerade einmal etwas mehr als zweihundert liegenden Teilnehmerzahl, ist dieser Wert aus statistischer Sicht mit ziemlicher Vorsicht zu genießen. Die Berechnungsbasis ist für echte Rückschlüsse eigentlich schon fast zu klein. Ein einziger Läufer mehr oder weniger würde das Resultat schließlich bereits um ein halbes Prozent verändern. Auch deshalb ist eine Betrachtungsgrenze von dreihundert Teilnehmern durchaus sinnvoll.

Nimmt man nur die Marathons über dieser Marke als Grundmenge kommt hinsichtlich des Quotienten allerdings keine andere Veranstaltung auch nur in die Nähe von Frankfurt. Am besten verkauft sich noch der Bienwald-Marathon in Kandel, für den sich 6,7% ermitteln lassen. Zumindest unter den alten Hasen der Szene hat die Veranstaltung in der Südpfalz eigentlich auch schon immer den Ruf, für schnelle Zeiten geeignet zu sein. Stimmung und Publikumsmassen sind auf dem Wendepunktkurs im Wald dagegen nur schwer zu finden.

Dahinter sortiert sich der Stadtmarathon von Dresden mit immerhin noch 6,1% ein. Ansonsten kommen unter den großen deutschen Läufen die Nordlichter Hamburg, Hannover (beide 4,6%) und Bremen (4,2%) auf ähnliche Werte wie Berlin. München quittiert dagegen mit 3,1% einen deutlich schlechteren Wert, der sich nur bedingt mit den fehlenden finanziellen Anreizen erklären lässt. Denn auch mit zehn oder zwanzig zusätzlich verpflichteten Spitzenathleten hätte der Quotient keine vier am Anfang gezeigt.

Dass sich für Köln (2,4%) und Münster (2,2%) trotz der dort deutlich besseren Siegerzeiten in der Drei-Stunden-Quote noch schlechtere Ergebnis errechnen lassen, zeigt anschaulich den schwindenden Einfluss, den einige wenige Laufprofis an der Spitze auf ein solches Kriterium nehmen können, wenn die Veranstaltungen eine gewisse Größe erreicht hat. Viel wichtiger ist es, auch möglichst vielen ambitionierten Freizeitathleten gute Bedingungen zu bieten.

Anteil der Finisher unter 3 Stunden

Von allen 44 Veranstaltungen mit mehr als 300 TN haben nur die schwierigen Landschaftsmarathons (Brocken-Marathon und Allgäuer Panoramamarathon) keine Zeit unter 3 h aufzuweisen. Beim Trail-Marathon in Heidelberg, 2015 ohne eine Zeit unter 3 Stunden, schaffte dies nun Florian Neuschwander

Während die Leistungen in Münster diesmal wohl hauptsächlich aufgrund des weit in den September hinein verlängerten Sommers ein wenig schlechter ausfielen als sonst, gehört Köln diesbezüglich fast schon traditionell zu den Schlusslichtern unter den deutschen Stadtmarathons. Verglichen mit den Vorjahren, in denen man meist nicht einmal zwei Prozent erreichen konnte, hat sich der Wert sogar deutlich verbessert.

Doch gute Stimmung scheint für die Läufer in der Karnevalshochburg am Rhein dennoch auch weiterhin Vorrang vor schnellen Zeiten zu haben. Für den - ebenfalls durchaus karnevalistisch erprobten - rheinischen Rivalen Düsseldorf sieht das angesichts einer mit 5,2% mehr als doppelt so hohen Quote dann allerdings doch ein wenig anders aus.

Am schlechtesten unter den Marathons mit vierstelligen Teilnehmerzahlen ist wenig überraschend der Rennsteiglauf platziert, bei dem nicht einmal ein Prozent der Läufer - darunter wie schon erwähnt keine einzige Frau - die drei Stunden unterbieten. Doch wirklich verwundern kann es sicher nicht, dass sich am Ende einer solchen Auflistung die Landschaftsläufe durch Mittel- und Hochgebirge bündeln. Beim Brockenmarathon von Wernigerode und dem Panoramamarathon von Sonthofen im Allgäu ergibt sich sogar eine nicht mehr zu unterbietende glatte Null.

Zieht man die Line eine Stunde weiter hinten, ändert sich das Bild am unteren Ende der Auflistung natürlich kaum. Höhenmeter bleiben schließlich Höhenmeter. Und im Vier-Stunden-Bereich entfalten sie eventuell sogar noch größere Wirkung, weil für viele neben einem grundsätzlich geringeren Lauftempo in steileren Abschnitten außerdem auch noch die eine oder andere Gehpassage fällig wird.

An der Spitze nimmt jedoch nicht mehr Frankfurt die Führungsposition ein. Die Hessen stehen zwar auch in dieser Tabelle mit 59,7% relativ weit oben, doch von den größeren Stadtmarathons kommen Dresden (62,8%) sowie Leipzig (64,8%) auf höhere Werte. Das Rekordergebnis liefert aber wieder einmal Kandel ab. Stolze 68,1% aller im Ziel registrierten Zeiten beginnen mit einer zwei oder einer drei.

Während im pfälzischen Kleinstädtchen also mehr als zwei Drittel aller Läufer die Marke von vier Stunden knacken, ist es auf dem vermeintlich so schnellen Berliner Asphalt weniger als die Hälfte. Für die große Masse der Teilnehmer sind die Straßen der Metropole eben längst nicht so frei zu belaufen wie für die mit Riesenschritten hinter den Führungsfahrzeugen her eilenden Asse. Bis zum Ziel bleiben die Felder weiter hinten extrem dicht. Zehn oder mehr neue Einträge pro Sekunde in die Ergebnisliste sind völlig normal.

Anteil der Finisher unter 4 Stunden

Alle 44 Veranstalter mit mehr als 300 TN

Auch in Köln schaffen es nicht einmal fünfzig Prozent unter zweihundertvierzig Minuten ins Ziel. Doch dieses Mal hat man immerhin die Berliner bezüglich der Quote wieder hinter sich gelassen. Noch vor zwei Jahren kamen zu Füßen des Doms schließlich im Schnitt gerade einmal etwas mehr als zwei von fünf Startern in diesem Zeitfenster an.

Hamburg und München liegen dagegen bei 53,0% bzw. 53.6% - also ebenfalls deutlich vor dem Platzhirsch aus der Hauptstadt - und damit im für sie üblichen Rahmen. Die Wahrscheinlichkeit unter vier Stunden zu bleiben, ist - zumindest aus statistischer Sicht - sogar bei mehreren Dutzend deutschen Marathons höher als auf der berühmten Weltrekordpiste von Berlin.

Ob diese Läufe und ihre Strecken deswegen wirklich "schneller" sind, steht dann wieder auf einem ganz anderen Blatt. Für ein wirklich gutes persönliches Ergebnis müssen - ganz egal in welchem Leistungsbereich - etliche große und kleine Faktoren zusammen kommen. Der wichtigste unter ihnen ist und bleibt aber weiterhin der Läufer selbst.

Text: Ralf Klink

Die deutsche Marathonszene im Jahr 2016

Teil 6: Die Frauenquote
Teil 1: Die meisten Finisher HIER
Teil 2: Das Ranking HIER
Teil 3: Gewinner & Verlierer HIER
Teil 4: Halb- kontra Marathon HIER Teil 5: Die Schnellsten & die Besten HIER Teil 6: Die Frauenquote HIER

Kleine haben's schwer bei Frauen

Rund die Hälfte - genau genommen sogar etwas mehr - der Menschheit ist weiblich. Und in Deutschland ist das auch nicht anders. Blickt man hingegen in die Ergebnislisten von deutschen Marathonläufen könnte man zu einer völlig anderen Annahme kommen. Denn ordnet man die dortigen Einträge nach dem Geschlechterkürzel, lässt sich auch weiterhin fast viermal so häufig ein "M" wie ein "W" finden. Im Jahr 2016 liegt für alle deutschen Marathons über dreihundert Teilnehmer der Frauenanteil in der Summe bei etwa zweiundzwanzig Prozent.

 

Auf den ersten Blick sieht dieses Verhältnis ziemlich unausgewogen aus. Trotzdem kann man darin sehr wohl einen gewissen Fortschritt entdecken. Denn seit dem Beginn der LaufReport-Analysen ist dieser Durchschnittswert von Jahr zu Jahr praktisch stetig gewachsen und hat sich alleine innerhalb der letzten Dekade um fünf bis sechs Prozentpunkte erhöht.

Noch deutlicher wird die durchaus positive Entwicklung allerdings, wenn man noch ein wenig weiter auf der Zeitachse zurück in die Vergangenheit wandert. Denn während der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts, in denen sich die Läufer mit den ersten Citymarathons langsam die deutschen Städte erschlossen, galt sogar ein Frauenanteil von zehn Prozent schon als gewaltiger Erfolg.

Die Gründe zu finden, die hinter diesem trotzdem noch immer recht eklatanten Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern stecken, wäre vielleicht eher eine Aufgabe für Psychologen, Biologen, Soziologen oder vielleicht auch Sportwissenschaftler. Die Statistik kann die gemachten Beobachtungen hauptsächlich beschreiben und aus dem riesigen Wust der Zahlen die eine oder andere Auffälligkeit heraus befördern, die als Ansatz für eine tiefere Ursachenforschung dienen kann.

So gibt es durchaus eine gewisse Korrelation zwischen der Streckenlänge und der Frauenquote. Denn sowohl in der Summe als auch in der Einzelbetrachtung ist bei Veranstaltungen, die neben der vollen auch die halbe Marathondistanz im Programm haben, im kürzeren Rennen der Anteil weiblicher Teilnehmer deutlich höher. Der Durchschnittswert liegt dort nämlich bei einem Drittel. In Köln werden beim Halbmarathon sogar vierzig Prozent übertroffen. Beim dazu gehörenden Marathon fällt das Ergebnis dagegen nur etwa halb so hoch aus.

Neu sind solche Relationen keineswegs. Unter den vielen hundert Datensätzen, die sich für die LaufReport-Analyse in den letzten Jahren angesammelt haben, lässt sich die Anzahl derjenigen, bei denen in der Marathonspalte eine bessere Quote abgelegt ist, tatsächlich an einer Hand abzählen. Meist liegt die Differenz dabei auch noch deutlich höher als die zehn Prozentpunkte, um die sich die jährlichen Durchschnittswerte unterscheiden.

Was sich wie ein Widerspruch anhört, ist keiner und eigentlich sogar ziemlich logisch. Denn ausgerechnet der Marathon, bei dem eigentlich jedes Mal der höchste Frauenanteil verzeichnet wird, hat keinen angeschlossenen Halben. Und außerdem handelt es sich auch noch um den mit Abstand größten Lauf des Landes. Es geht nämlich um Berlin, das ja alleine ungefähr ein Drittel aller Marathonzieleinläufe in Deutschland beisteuert.

Erstmals besteht 2016 das dortige Starterfeld sogar zu mehr als einem Viertel aus Frauen. Der Gesamtschnitt wird so durch eine einzige Veranstaltung erheblich nach oben gezogen. Denn rechnet man die Zahlen der Hauptstadt aus dem Gesamtergebnis heraus, fällt der Wert erheblich - nämlich um ziemlich genau zwei Prozentpunkte - ab. Dieser Effekt ist ein weiteres schönes Beispiel für den enormen statistischen Einfluss, den der Platzhirsch inzwischen auf die deutsche Marathonszene hat.

Selbst wenn der Lauf mit der zweitbesten Frauenquote - beim Königsschlösser-Marathon in Füssen ist mit 24,7% ebenfalls knapp an ein Viertel des Feldes weilblich - eher in die Kategorie "mittelgroßer Landschaftsmarathon" gehört, fällt trotzdem auf, dass sich alle anderen Rennen aus den "Big Five" diesbezüglich eindeutig im Vorderfeld platzieren, während am anderen Ende der Auflistung hauptsächlich kleinere Veranstaltungen zu finden sind.

Keiner der Großen im Land hat weniger als zwanzig Prozent Frauen in seinen Starterfeldern. Die "schlechtesten" Resultate liefern dabei noch München mit 20,4% und Frankfurt mit 20,8% ab. In Köln errechnen sich immerhin 21,6% als Quote. Und der in den letzten Jahren hinter der seit mehr als einer Dekade unveränderten Fünferspitzengruppe auf Platz sechs der Teilnehmerrangliste geführte Rennsteiglauf schafft es sogar auf 22,3%.

Hamburg liegt als zweitgrößter deutscher Marathon mit 22,4% ebenfalls ein wenig über dem Durchschnitt, trägt also genau wie Berlin dazu bei, diesen in die Höhe zu treiben. Doch auch diese Beobachtung ist eigentlich längst ein alter Hut. Denn die Hanseaten kamen zwar in der Vergangenheit hinsichtlich des Frauenanteils nie ganz an die Hauptstädter heran, liefern aber dennoch Jahr für Jahr einen der besten Werte ab.

Alle acht Marathons mit mehr als zweitausend Zieleinläufen kommen über die Zwanzig-Prozent-Marke. Von jenen über tausend Teilnehmern bleiben Bremen - mit exakten 19,96% allerdings wirklich hauchdünn - sowie Hannover (18,2%) ein Stückchen unterhalb dieser Grenze hängen. Dazu kommt nur noch Dresden, das angesichts von gerade einmal 15,4% Frauenanteil in dieser Kategorie den absoluten Ausreißer darstellt.

Umgekehrt schafft es jedoch kaum ein kleinerer Lauf der teilnehmerstärkeren Konkurrenz in den oberen Regionen Gesellschaft zu leisten. Unter den mehr als siebzig Marathons, die im Jahr 2016 aufgrund ihrer aktuellen oder früheren "Verdienste" in der LaufReport-Datensammlung gelandet sind, gelingt es abgesehen von den bereits Genannten nicht einmal einem Dutzend, den Wert von einem Fünftel Frauen im Feld zu überspringen.

Sicherlich ist es absoluter Zufall, dass diesmal ausgerechnet eine so markante Zahl die ziemlich klar definierte Trennlinie zwischen den beiden Gruppen bildet. Doch die Tendenz, dass Frauen bevorzugt größere Veranstaltungen auswählen, ist seit langer Zeit zu beobachten. Es bleibt allerdings ebenfalls festzuhalten, dass im Laufe der Jahre die Zahlen wirklich überall - eben auch bei den kleineren Rennen und selbst bei Veranstaltungen mit in dieser Zeit massiv geschrumpften Starterfeldern - kontinuierlich angewachsen sind.

Anhand der nackten Zahlen lässt sich über die Ursachen all dieser Beobachtungen nur wild spekulieren. Um wirklich fundierte Thesen aufstellen und diese insbesondere dann auch belegen zu können, wären sowohl umfangreiche wie auch detaillierte Befragungen nötig. Aber vielleicht finden sich ja irgendwann einmal Studenten oder Doktoranten, die sich im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit des durchaus interessanten Themas annehmen.

Eindeutig ist jedoch, dass für die Ausrichter von Laufveranstaltungen hierzulande ein großes, aber noch immer weitgehend ungenutztes Teilnehmer-Reservoir existiert. Der Blick über die Grenze zeigt schließlich, dass es keineswegs ein Naturgesetz namens "Frauen laufen nicht gern Marathon" gibt. Denn im skandinavischen und insbesondere im angelsächsischen Sprachraum lassen sich zuhauf Quoten von dreißig oder vierzig Prozent entdecken. Und bei dem einen oder anderen Rennen in Nordamerika bilden Männer inzwischen sogar die Minderheit.

Dieses Potential auch in Deutschland deutlich besser auszuschöpfen und noch mehr Frauen an die Startlinie eines Marathons zu bringen, ist eine vielleicht schwierige, sicher aber spannende Aufgabe.

Text: Ralf Klink

Statistiken & Auswertungen von Ralf Klink & Walter Wagner
Grafiken/Foto Constanze Wagner
Die deutsche Marathonszene wird seit 2006 mit Akribie ausgewertet. Siehe Inhaltsverzeichnis unter Unterhaltung im LaufReport HIER
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