Royal Raid in Mauritius (9.5.09)

Kaiserwetter gewährt traumhafte Weitblicke

von Stefan Schlett

Zum vierten Mal fand auf Mauritius im Indischen Ozean der Royal Raid statt. Ein Traillauf über wahlweise 80 oder 35 km quer über die Insel durch Zuckerrohrfelder, Dschungel, ausgetrocknete Flussbetten, Regenwald und mit etlichen Tausend Höhenmetern. Anders als auf der 200 km westlicher gelegenen französischen Insel La Reunion haben Laufveranstaltungen in Mauritius so gut wie keine Tradition. Vor über 10 Jahren gab es einen Straßenmarathon, der aber wegen mangelndem Interesse wieder eingestellt wurde. Unregelmäßig finden kleinere Multisportevents statt und die einzigen Läufer die regelmäßig durch die Wälder und Schluchten des Black River National Parks hetzen sind die Hash House Harriers.

So ist der Royal Raid nicht nur der erste Berglauf auf der Insel, sondern zugleich die größte Laufveranstaltung in der Republik am 20. südlichen Breitengrad. 411 Teilnehmer aus 13 Ländern fanden sich für die drei Wettbewerbe ein, die sich wie folgt aufteilten: 78 Läufer für den Ultralauf (RR80), 228 Läufer für den anspruchsvollen „Schnupper-Trail“ RR35 und 105 Läufer für den 10 km Lauf (Gecko Raid). Somit war für jeden Schwierigkeitsgrad und für den Profi bis zum Anfänger ein Angebot im Portfolio.

Frederic Robert und Albert d’Unienville von Incentive Partners Ltd., einer mauritianischen Event-Firma, hoben den Royal Raid vor 3 Jahren zusammen mit Spezialisten aus Reunion in die Taufe, um den Sporttourismus anzukurbeln. Punkten wollte man vor allen Dingen mit den bizarren Naturschönheiten und exotischen Landschaften der Insel und einer perfekten, professionellen Organisation. Daneben fand sich auch noch die Möglichkeit, eine Hilfsorganisation zu unterstützen.

Zielgruppe war in erster Linie das hohe Potential an Trailläufern auf der Nachbarinsel La Reunion. Für die ist der Royal Raid ein perfekter Test und – wenn man so will - Trainingslauf für den ein halbes Jahr später stattfindenden Grand Raid, dem größten und schwersten Ultraberglauf der Welt. So stellen die Reunionesen auch den größten Teil des Starterfeldes, die Europäer werden überwiegend von Läufern aus Frankreich vertreten.

Als Partner konnte man die nationale Fluggesellschaft Air Mauritius und die Hotelkette Naiade Resorts, die Häuser der gehobenen Klasse im westlichen Indischen Ozean betreibt, ins Boot holen. Vor einem der Top Resorts, dem vier Sterne Hotel Tamassa, das in Bel Ombre (zu Deutsch: „schöner Schatten“) an einem der schönsten Küstenabschnitte im Süden der Insel direkt am Meer liegt, finden auch die Zieleinläufe von allen drei Wettbewerben statt.

Der 80 km-Lauf wird morgens um 5 Uhr, noch in der Dunkelheit, im Casela Bird Park im Westen der Insel gestartet. In den vergangenen drei Jahren war dies noch ein 100 km-Lauf, der aber nun erstmals modifiziert wurde. Die Strecke ist jetzt interessanter und man verfolgt nicht mehr krampfhaft und mit Hilfe von Umwegen auf die magische Zahl von 100 Kilometern zu kommen. Nun kommen mehr die geografischen Gegebenheiten der Insel zum tragen. Das Zeitlimit beträgt 22 Stunden und an mehreren Kontrollpunkten entlang der Strecke sind Durchgangszeiten einzuhalten, um nicht aus dem Rennen genommen zu werden. Als Pflichtausrüstung sind ein Liter Wasser, Rettungsfolie, Stirnlampe und Signalpfeife vorgeschrieben. Alle 6-7 km gibt es eine Verpflegungsstelle. Große Teile der Laufstrecke führen durch Privatland und Naturschutzgebiete, die nur für das Rennen zugänglich sind. Einige Flussdurchquerungen sind ebenfalls zu meistern.

Die ersten 30 km geht es im ständigen Auf- und Ab durch das Yemen Natur Reservat. Zuckerrohrplantagen bestimmen das Landschaftsbild, welches von den beiden bizarren Basaltgipfeln des Montagne du Rempart/777 m und Trois Mamelles/629 m (zu Deutsch: „Die drei Busen“) überragt wird. Später dominiert eine abwechslungsreiche Landschaft, die der afrikanischen Savanne ähnelt. Mit dem Erreichen des Black River National Parks (so genannt nach dem höchsten Berg der Insel – Black River Peak/828 m) verlassen die Läufer die relativ flache Küstenregion. Ein 6 km langer Aufstieg über 500 Höhenmeter führt auf das Hochplateau im Zentrum von Mauritius. Bei Kilometer 45 wird die Jet Ranch erreicht, der Hauptversorgungspunkt mit warmen Mahlzeiten und Ruhemöglichkeiten. Die Ranch liegt auf einer markanten Anhöhe mit gigantischen Ausblicken auf die bizarren Bergketten im Norden der Insel.

Hier starteten um 7 Uhr die 35 km-Läufer, deren Strecke identisch mit dem Schlussteil des Ultralaufes ist. Zugleich ist dies der landschaftlich schönste Abschnitt und das Zeitlimit ist mit 9 Stunden ebenfalls großzügig bemessen. Auf herrlich zu laufenden Trails geht es durch dichten Regenwald und um das Mare Longue Frischwasser-Reservoir. Sattes Grün und tropische Flora beherrschen das Bild.

Kaiserwetter mit stahlblauem Himmel gewährt traumhafte Weitblicke auf die Schönheiten der Insel. Dies ist im Südwinter (auf der Südhalbkugel sind die Jahreszeiten umgekehrt) nicht unbedingt selbstverständlich. Hier hat es im Hochland oft starken Regen, Wind und Nebel. Nach einem steilen Abstieg in die Black River Schlucht gönne ich mir zusammen mit Christian und Jochen – wir legen den RR35 gemeinsam als Journalistenteam zurück - ein erfrischendes Vollbad im herrlich eiskalten Gebirgsbach. Einige Helfer verfolgen erstaunt und belustigt zugleich das nackte Treiben der drei „crazy Germans“, die sich so gar nicht um die verlorene Zeit scheren und das Rennen einfach nur genießen. Die Abkühlung tat gut, denn sogleich folgt ein steiler, 5 km langer Aufstieg über 600 Höhenmeter auf schmalen Pfaden zur Plaine Champagne, die mit einer Höhe von 720 Metern den höchsten Abschnitt des Zentralplateaus bildet.

Vom höchsten Punkt des Rennens startet die 9 km lange Sturzfahrt durch mehrere Klimazonen bis ins Ziel nach Bel Ombre an der Küste. Dichte Wälder spenden Anfangs noch Schatten, aber der steinige Untergrund erfordert höchste Konzentration. Oberschenkel, Knie und Füße sind nicht gerade erfreut über diese finale „Vergewaltigung“. Hier wird der Muskelkater produziert, der die Finisher in den kommenden Tagen noch als Souvenir an den Royal Raid begleiten wird. Der Schlussteil führt durch offene Zuckerrohrplantagen, wo die Sonne noch einmal so richtig aufheizt. Jetzt kurz vor der Ernte steht das Zuckerrohr mehrere Meter hoch, bietet aber aufgrund der nahen Mittagszeit nur spärlich Schatten. Das große Zielzelt vor dem Hotel Tamassa mit Verpflegung, Massage und allen Annehmlichkeiten die sich ein „Raider“ wünscht ist wie eine Oase nach den vergangenen Strapazen. Das Tamassa-Resort bietet dazu die entsprechende Infrastruktur. Während der Vormittag vom Zieleinlauf der Kurzstrecke dominiert wird, steht der Nachmittag und Abend im Zeichen der Ultras, deren Frontläufer noch das Schlussfeld des RR35 überrollen. Die beiden letzten Läuferinnen erreichen das Ziel nachts um 1.41 Uhr, 1:19 Stunden vor Ende des Zeitlimits.

Die Siegerlisten werden – wie jedes Jahr - von Reunionesen angeführt. Didier Mussard und Yolland Maillot gewinnen zusammen den 80 km-Lauf bei den Männern in 8:23:59 Std. und Ghislaine Ribotte bei den Frauen in 10:14:23 Std. Sieger des 35 km-Laufes wird Gerry Perrault in 2:31:00 Std., wobei nur zwei weitere Läufer eine Zeit unter drei Stunden erreichen. Einzige Ausnahme auf dem Podest ist Laurence Goilot aus Mauritius, die den RR35 bei den Frauen in 3:38:11 Std. gewinnt. Für die beiden letzt genannten gibt es eine Prämie von jeweils 10.000 Mauritius Rupies (= zirka 220 Euro), während die schnellste Frau und der schnellste Mann beim RR80 für Ihre Bemühungen immerhin Flugticket, Unterkunft und freie Teilnahme beim Ultra Trail du Mont Blanc in Frankreich erhalten.

Der Royal Raid mit seinen beiden Strecken ist der ideale Einstieg für Trailläufer und solche, die sich die Königsdisziplinen in der Szene, wie Grand Raid in La Reunion und Ultra Trail du Mont Blanc in Frankreich noch nicht zutrauen, bzw. Erfahrungen in diesem Metier sammeln wollen. Begleitende Kinder und Angehörige sind nicht zum Zuschauen verdammt, sondern können ihre Fähigkeiten beim Gecko Raid über 10 km entfalten.

Für Teilnehmer aus Übersee eignet sich eine Kombination mit einem Ferienaufenthalt. Mauritius ist der Inbegriff für einen gepflegten Strandurlaub, auf 160 km Küstenlinie reiht sich ein Traumstrand neben dem anderen. Neben allen Arten von Wassersport gibt es hier auch ausgezeichnete Möglichkeiten für Tennis, Golf und Reiten. Nicht zuletzt vermittelt die Teilnahme an dem Lauf Eindrücke von der Insel, wie sie selbst die Einheimischen nicht bekommen, da große Teile der Strecke nicht öffentlich zugänglich sind.

FAKTEN

Der 5. Royal Raid findet am 8./9. Mai 2010 statt

Kontaktadresse:
Royal Raid
P.O. Box 66
Curepipe
Mauritius
Website: www.royalraid.com
Email: frederic@incentivepartnersltd.com
            ADUnienville@naiade.com
Telefon: 00230-697-7941

Außerdem gibt es eine neue Marathonpremiere (mit Halbmarathon) am 20.06.2010

Kontakt:  registration@ilemauricemarathon.com
Website: www.ilemauricemarathon.com

ANREISE

Direktflüge mit der nationalen Fluggesellschaft Air Mauritius gibt es einmal wöchentlich von Frankfurt und täglich (Code-Share mit Air France) von Paris Charles De Gaulle.

Kontakt: www.airmauritius.com

UNTERKUNFT

Mitsponsor Naiade Resorts betreibt mehrere Anlagen auf Mauritius, mit allem erdenklichen Komfort und einem vernünftigen Preis- Leistungsverhältnis. Das Hotel Tamassa hat den Vorteil, dass es direkt im Zielbereich liegt und über einen eigenen Shuttleservice zum Start des Rennens mitten in der Nacht verfügt.

Kontakt: www.naiaderesorts.com

INFOS ZU MAURITIUS

Das Inselreich Mauritius besteht aus der Hauptinsel (1865 Quadratkilometer), Rodrigues (104 Quadratkilometer), den Cargados-Carajos-Inseln (1,3 Quadratkilometer) und den Agalega Inseln (73 Quadratkilometer). Die Hauptinsel mit 1,25 Millionen Einwohnern ist eines der am dichtest besiedelten Länder der Erde (598 Einwohner pro Quadratkilometer). Die 65 km lange und 48 km breite Insel ist vulkanischen Ursprungs und fast vollständig von einem Korallenriff umgeben. Das Innere von Mauritius besteht aus einem Hochplateau mit einigen Basaltgipfeln. Geprägt wird die Landschaft vom Zuckerrohr, das ca. 80% der kultivierten Bodenfläche einnimmt.

Die Bevölkerung besteht aus Indern, Kreolen, Frankomauritiern und Chinesen. Mauritius ist nicht nur eine kosmokulturelle, sondern auch eine kosmoreligiöse Insel. Die verschiedenen Ethnien und Religionen leben – so wie auch auf der Nachbarinsel La Reunion - in friedlicher Koexistenz miteinander und könnten ein Modell für den Rest der Welt darstellen.

1507 wurde Mauritius von portugiesischen Seefahrern entdeckt und hat seitdem eine wechselvolle Geschichte durchlebt. 1598 nahmen die Holländer die Insel ein, 1715 folgten die Franzosen, die sie 1810 bei der berühmten Seeschlacht um Cap Malheureux an die Engländer verloren. 1902 wurde Mauritius zur britischen Kronkolonie. 1968 erreichte sie dann die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich und ist seit 1992 eine unabhängige Republik im Commonwealth. Die Amtssprache auf Mauritius ist Englisch. Umgangssprachen sind Französisch und Créole. Auf der Insel gibt es keine gefährlichen Tiere oder Tropenkrankheiten. Der Zeitunterschied beträgt MEZ + 3 Stunden.

Bericht von Stefan Schlett
Fotos "Naiade Resorts"

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