Einleitung

Auf ziemlich genau 10 Jahre Zusammenarbeit mit Markus blicke ich zurück. In dieser Zeit hat er u. a. promoviert und eine Familie gegründet. Und jede Menge Erfahrungen im Laufsport gesammelt. Das Foto zeigt ihn im Einsatz als Brems- und Zugläufer für 2:59 Stunden beim Mainova Frankfurt Marathon 2023. Auf viele weitere spannende, erlebnis- und ereignisreiche Jahre Zusammenarbeit. Vielen Dank lieber Markus.

Walter Wagner, 12.02.2024

Die Macht der Worte
von Markus Heidl 

Es sind Geschichten, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, es waren Erzählungen, die unsere Kulturen entstehen ließen. Starke Worte des Zusammenhalts, der Gemeinsamkeiten, der vereinenden Ziele sorgen und sorgten dafür, dass wir als Spezies Mensch erkannten, wie viele Vorteile es hat, zusammenzuhalten. Weil wir zusammen so viel schlauer und stärker sind, als allein.

Gleichwohl sind Worte schärfer als jedes Schwert, wie schon die Hebräer in der Bibel wussten. Sie können spalten, ausgrenzen und tief verletzen. Worte sind mächtig. Im Zweifel sollten sie mit Bedacht gewählt sein. Schließlich ist es eine Kunst, Worte sinnvoll aneinanderzureihen. Sei es im Großen, wenn es um die Berichterstattung aus Politik und Weltgeschehen geht, oder sei es im Kleinen, wenn auch im Regionalen wichtige Anstöße gegeben werden können.

Es sind Geschichten, die das Leben interessant machen. Frag mich, wer ich bin, und ich erzähle dir (m)eine Geschichte. Wir werden Gemeinsamkeiten finden, die uns einen. Außerdem wird es offene Enden unserer Erzählungen geben, die weitererzählt sein wollen.

So ist es auch beim Laufen. Ohne Geschichten wäre es langweilig. Einen Fuß vor den anderen, immer und immer wieder, bis man meist wieder dort angekommen ist, wo man kurz zuvor losgelaufen ist. Das hört sich langweilig an? Ist es aber nicht! Wenn wir die Hintergründe kennen, wenn wir Schicksale verfolgen, Rivalitäten verstehen und ob der unterschiedlichen Stärken und Schwächen Bescheid wissen, dann ist es packend und emotional.

Das Beispiel Marathon: solch ein langes Rennen mag am Fernseh-Bildschirm langweilig erscheinen, wenn man nicht weiß, um was es geht. Wenn aber ein angehender Arzt ankündigt, den uralten Deutschen Rekord brechen zu wollen, also die 2:10 Stunden - was viele Jahre kein Deutscher geschafft hatte - zu unterbieten, dann ist jeder Kilometersplit interessant! Und hat als Geschichte die Macht, die komplette deutsche Marathonszene nachhaltig auf den Kopf zu stellen. Danke, Arne!

Weil es sich lohnt, zu laufen, schreibe ich darüber. Ich mache es interessant, um mich selbst und andere zu motivieren, dran zu bleiben. Weil Laufen das Leben bereichert, Freundschaften entstehen lässt, gesund hält, Kreativität fördert und Frieden schafft. Laufen hilft, wenn man denn kontinuierlich weitermacht. Dafür schreibe ich, seit zehn Jahren als Laufjournalist, in mittlerweile schon 108 LaufReporten, 69 Kolumnenbeiträgen, unzähligen Blogposts und zwei Büchern. Auch diese Berichte sind mächtig. Also lauft weiter, ich berichte darüber!

Beitrag von Markus Heidl
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SCHRÖDINGERS KASTEN!
Der Laufkrimi von Markus Heidl
Verlag: Ampelpublishing - erschienen im Septemer 2023
306 Seiten, Paperback
Preis: 16,00€ inkl. MwSt.
ISBN: 978-3-98207819-9
Im Internet unter http://ampelpublishing.de

Einleitung

Über den Crosslauf teilen sich die Ansichten. Unstrittig sind die Vorteile für die läuferische Entwicklung und unvergessen bleiben Eindrücke von im Ziel in Ohnmacht fallender Jugendlicher nach völliger Verausgabung im Cross-Parcours. Kurze giftige Steigungen und von Runde zu Runde schwerere Schuhe oder gar den Verlust der Schuhbekleidung im Schlamm. Crosslauf-Erinnerung eben. Die braucht´s gar nicht, meinen manche. Markus Heidl sieht dagegen einen Wandel zum echten Event. Geht der Weg zum Crosslauf durch Filmkulissen mit einem Hauch Spiel ohne Grenzen?

Walter Wagner, 20.12.2023

Brüsseler Schlammpackung
von Markus Heidl 

Was gibt es Besseres als so eine richtig schöne Schlammpackung? Dadurch, dass die warme Schlammsuppe auf den Körper aufgetragen und anschließend mit Folie abgedeckt wird, sollen Wärme und Feuchtigkeit das Gewebe besser durchbluten lassen.

Nun, in Brüssel sah die Schlammpackung etwas anders aus. Die Durchblutung wurde dabei aber definitiv ebenso angeregt. Wie bei den deutschen Meisterschaften in Perl zeichneten sich auch die Cross-Europameisterschaften in der belgischen Hauptstadt durch tiefes Geläuf aus. In Brüssel war es vielleicht nicht ganz so extrem wie im Saarland, aber dennoch sehr einseitig. Einseitig matschig - bzw. zweiseitig: von vorne und hinten.

So war die Qualifikation der Athletinnen und Athleten bei den deutschen Meisterschaften zwar gut gewählt, nach zwei für den Zuschauer sehr ähnlich anmutenden Strecken stellte sich jedoch die Frage, was Crosslauf eigentlich ist? Die Definition in der Wikipedia lautet: "Crosslauf, kurz Cross, auch Querfeldeinlauf oder Geländelauf, ist eine Variante des Laufsports, bei der das schnelle Durchlaufen von profiliertem Gelände abseits befestigter Wege im Vordergrund steht. Crosslauf ist gegenüber dem Straßenlauf oder dem Laufen auf der Bahn koordinativ anspruchsvoller."

Das trifft auf Brüssel wie auch auf Perl zu. Die Strecken durch den tiefen Schlamm verliefen abseits der befestigten Wege und waren koordinativ anspruchsvoll. Dennoch fehlte mir etwas: die Abwechslung. Die Fernseh-Bilder - ein großes Lob an dieser Stelle, dass die Rennen live übertragen wurden! - wirkten recht monoton, wie die Laufenden auf der immer gleichen Wiese nach und nach dreckiger wurden.

Wie war die Außenwirkung dieser Events? Man musste zu dem Schluss kommen, dass Crosslauf anstrengend und dreckig ist. Das mag zutreffen, gleichwohl unsere Leichtathletik damit wirbt, als würde man zwar im Sommer gut aussehen, müsse sich dafür aber im Winter die Lunge aus dem Leib rennen und so richtig einsauen.

Für mich ist Crosslauf mehr als eine schnaufend durchlaufende Schlammpackung. Crosslauf ist Abwechslung im Geläuf, das nicht nur koordinativ fordert, sondern auch taktische Herausforderungen birgt. Schließlich zählt abseits der befestigten Wege nicht die Zeit, sondern nur die Platzierung. Wie wäre es mit verschiedenen Optionen bei der Routenwahl? Links über eine steile Kuppe oder rechts durch tiefes, schlammiges Geläuf. Links durch einen Bach oder rechts über dicke Baumstämme. So würde schlaues Laufen belohnt und der mentale Aspekt mehr in den Vordergrund gestellt. Dem einen liegt die eine Variante besser, der anderen die zweite Wahl. Vielleicht entscheidet man sich je nach Ermüdungsgrad im Verlauf des Rennens gar für unterschiedliche Optionen.

Abgesehen von dieser werbewirksamen Spielerei sehe ich Vorteile in deutlich abwechslungsreicheren Strecken: ein Crosslauf sollte über festgetretene Erde, über Waldboden mit Blättern, die sich in den Spikes verfangen, über gepflegten Rasen, über Rindenmulch, durch Sand und evtl. über Hindernisse verlaufen und dabei mit Spitzkehren und giftigen Anstiegen gespickt sein, die sich mit flachen Passagen abwechseln. Eindrucksvolle Hintergründe, wie wenn der Lauf durch einen Burggraben verläuft, können für die Außenwirkung eingebaut werden. Dadurch haben die unterschiedlichen Läufer*innen-Typen (kraftvoll, leicht, federnd, etc.) Vorteile zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Rennens, was die Taktik noch wichtiger macht.

Doch wer weiß, die Meisterschaften mögen bereits im kommenden Jahr komplett anders sein. Die Frage bleibt, wohin es mit dieser schönen Sparte des Laufsports gehen soll. Schließlich birgt der Crosslauf etwas ganz Besonderes, dass ihn von Stadtläufen und Trails abhebt. Und das ist nicht die kostenlose Schlammpackung!

Beitrag von Markus Heidl
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Einleitung

Holla, na so was. Da fällt doch auch anderen auf, dass die Werbebranche täuscht, wenn sie mit den lachenden, leicht wie eine Feder voraneilenden Models ohne Schwitzflecke kommt. Das passt eben nicht zum richtigen Laufen und sieht ja auch nicht aus wie Runner's High, eher nach "Deutschland sucht den…" Doch geht die Branche damit baden? Dr.-Ing. Markus Heidl findet in seinem 67. Pro & Kontra einen Fehler im System.

Walter Wagner, 12.11.2023

Immer diese Werbung
von Markus Heidl 

Gerade eben ist es schon wieder passiert. Er lief durchs Bild, quer über meinen Bildschirm: ein junger Mann, auf den ersten Blick schlank und gutaussehend. Man sieht sein Lächeln, seine Dynamik, seine Schuhe und seinen Fußaufsatz. Im Grunde würde das gut passen. Der Algorithmus hat mir die richtige, personalisierte Werbung eingespielt. Gleichzeitig hat er mich allerdings nachhaltig vom Kauf abgehalten. Denn da stimmt etwas nicht mit dem Bild.

Gleiches gibt es mit weiblichen Models. Oder in Gruppen. Videos, in denen gelaufen wird, Bilder, auf denen eine Läuferin oder ein Läufer abgelichtet ist. In Posts in den sozialen Medien, als Titelbild auf Zeitschriften, über Zeitungsartikeln. In der U-Bahn oder auf Plakaten. In privaten Profilen sowie von Laufsportmarken. Es ist schön, wenn immer und überall gelaufen wird. Würden alle laufen, wäre die Welt sicher ein ausgeglichenerer und besserer Ort. Dennoch stellen sich mir bei dieser Werbung regelmäßig die Haare auf.

Weil etwas nicht passt: viel zu oft sieht man, dass die Models nicht oder viel zu selten laufen. Der Fußaufsatz ist unnatürlich, der Schritt viel zu lang. Wenn der Fuß vor dem Körperschwerpunkt aufsetzt, kann laufen nicht effizient sein. Energie wird verschwendet und das Verletzungsrisiko steigt enorm. Wie kann es sein, dass mir die Werbung einen solch destruktiven Laufstil suggeriert?

Die Schritte sind das Kernelement des Laufens: der Fußaufsatz darf nicht vor dem Körperschwerpunkt sein, im Idealfall ist er genau darunter. Schließlich ist die Laufgeschwindigkeit das Produkt aus Schrittlänge und -frequenz. Beides ist endlich, weil die Schrittfrequenz das Herzkreislaufsystem fordert und die Schrittlänge vom Fußabdruck abhängt. Die Schrittlänge kann durch kräftigeres Abstoßen verlängert werden. Wer den Schritt aber zu lang und damit vor den Körperschwerpunkt zieht, bremst mit jedem Schritt und steigert das Verletzungsrisiko durch die höheren Stoßkräfte.

Die viel zu langen Schritte, die durch die schlechte Werbung suggeriert werden, können jedoch auch von den kommerziellen Anbietern nicht erwünscht sein. Schließlich kauft ein verletzter Läufer deutlich weniger Schuhe, Kleidung oder sogenannte Gadgets, als wenn gesund am Formaufbau gearbeitet wird. Und natürlich sind solche Bilder abschreckend unattraktiv.

Im Grunde ist dieser Beitrag ein einfacher Appell: Liebe Werbetreibende, die ihr uns die neuesten Laufprodukte verkaufen wollt: achtet bei der Auswahl der Models darauf, dass sie laufen können. Hübsche Läuferinnen und Läufer gibt es wahrlich genug!

Beitrag von Markus Heidl
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SCHRÖDINGERS KASTEN!
Der Laufkrimi von Markus Heidl
Verlag: Ampelpublishing - erschienen im Septemer 2023
306 Seiten, Paperback
Preis: 16,00€ inkl. MwSt.
ISBN: 978-3-98207819-9
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Einleitung

Ungern widerspreche ich, doch erleben wir nicht in ungeahnter Geschwindigkeit Kriege, Katastrophen und Weltrekorde? Dabei ist letzteres ja etwas, das uns freut. Und die Leistungsentwicklung von Tigst Assefa und die von Kelvin Kiptum, sind Beleg, dass eine neue Generation im Marathon heranreift, die jeweils schon mit dem ersten Lauf über die Königsdistanz aufhorchen ließ. Wie viel mehr auf der Welt noch verrückt wird? Nichts ist in Stein gemeißelt. Und nichts scheint mehr sicher.

Walter Wagner, 10.10.2023

Noch verrückter
geht ja gar nicht
von Markus Heidl 

Was leben wir doch in verrückten Zeiten! Und hier sei sich nur auf die Verrücktheit der Laufsportszene bezogen: Zwei neue Marathonweltrekorde innerhalb von nur zwei Wochen, erst in Berlin durch Tigst Assefa (2:11:53 h), jetzt in Chicago durch Kelvin Kiptum (2:00:35 h). Dazu die zweitschnellste je von einer Frau gelaufenen Zeit von Sifan Hassan, die sechs Wochen nach der WM, wo sie über 1500 und 5000 - sowie ohne Sturz auf der Zielgeraden außerdem über die 10.000 Meter - Medaillen holte, auch über die Königsdistanz abliefert und mit Europarekord (2:13:44 h) gewinnt.

Mindestens genauso verrückt wie die Bandbreite der Alleskönnerin ist nicht nur das Leistungsvermögen des neuen Weltrekordhalters Kiptum, der bisher bei allen seinen drei Marathons (zwei Mal 2h01, jetzt WR) die zweite Hälfte schneller lief - zuletzt in unglaublichen 57:47 Minuten (!) - sondern vor allem auch dessen Aussage, er habe während dieser Marathons keinerlei Schmerzen gehabt. Das Statement klang so außergewöhnlich, dass seitens der Journalisten zwei Mal nachgehakt wurde. Mit etwas Quälerei sollte die zwei-Stunden-Marke also bald fallen.

Aber es wird noch verrückter. Oder auch nicht, denn noch verrückter geht es eigentlich nicht. Es wird anders verrückt: In einer Welt, die dringend nachhaltiger und weniger verschwenderisch werden muss, wird nicht nur um den Globus geflogen, um 42 Kilometer zu laufen, es wird auch ein Wettkampfschuh zum Wegwerfen entwickelt. Für den Kampf um jedes Gramm wird der Weltrekordschuh von Assefa - mit dem auch Amanal Petros neuen deutschen Rekord (2:04:58 h) lief - so ausgelegt, dass er nur für 50 km taugt. Einmal einlaufen, einen Marathon, dann weg damit. Verschwendung auf höchstem Niveau.

An Verrücktheit reicht das für zwei Wochen längst, dennoch wurde es beim München Marathon - mutmaßlich wegen der vielen Baustellen - noch chaotisch verrückt. Während die Männer-Spitze ca. 100 m zu viel lief, was wohl den schnellsten deutschen Sebastian Hendel daran hinderte, die 2:10 h zu knacken, wurde auch die Frauen-Spitze falsch geleitet. Allerdings anders, diese kürzten Strecke ab und mussten ganz am Ende noch eine Ehrenrunde im Stadion drehen. Nun, das ist auch schon in Düsseldorf oder gar in Tokio passiert, es passt aber doch sehr zum Zeitgeist. Was leben wir doch in verrückten Zeiten!

Beitrag von Markus Heidl
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Einleitung
Ohne Worte !!!

Walter Wagner, 31.08.2023

Laufen vereint
von Markus Heidl 

Laufen hat viele Vorteile, wie wir alle wissen. Durch das Laufen trainieren wir unser Herz-Kreislauf-System und reduzieren das Risiko für Herzkrankheiten. Wir stärken Muskulatur und Knochen, haben unser Gewicht im Griff und können durch die Bewegung Stress abbauen. Durch die bessere Kondition haben wir im Alltag mehr Energie.

ber mehr noch, denn Laufen hilft uns nicht nur als Individuum: Vor allem vereint uns das Laufen, der Sport schafft eine große Gemeinsamkeit. Es macht keinen Unterschied, ob jemand weiblich oder männlich ist, welche Hautfarbe man hat, ob man arm oder reich ist oder ob man aus dem Norden, Osten, Süden oder Westen kommt. Laufen schließt nicht aus, Laufen verbindet. Laufen ist perfekt für die Integration. Und schafft als gemeinsames Hobby einen Ausgangspunkt für jede Unterhaltung.

Auch merken wir beim Laufen, wie willkürlich Grenzen festgelegt wurden. Damit sind nicht (nur) die Grenzen sportlicher Leistungsfähigkeit gemeint, sondern vielmehr territoriale Ländergrenzen. Es macht keinen Unterschied, ob man über eine Brücke, eine Straße oder eine Grenze läuft, wenn man das große Glück hat, in einem vereinten Europa zu leben. Diese geniale europäische Idee sollte man noch viel weiter denken, weil die großen Probleme unserer Zeit - wie Kriege, Klimawandel, Hunger - nur dann zu lösen sind, wenn wir als Menschheit an einem Strang ziehen.

Wir brauchen Gemeinsamkeiten statt Spaltung, wir brauchen Lösungen statt Hass.

Umso frustrierender, beängstigender, enttäuschender, lähmender, erschütternder, bitterer sind die aktuellen Tendenzen, sich im rechtsradikalen Gedankengut zu verlieren, statt komplexe Probleme gemeinsam Stück für Stück zu lösen. 20 % sind keine Minderheit mehr. 20 % sind nicht mehr nur peinlich. 20 % sind ein riesengroßes Problem!

Denn "Deutschsein" ist keine Auszeichnung oder Qualifikation und Abschiebung keine Problembewältigung. Je länger wir zögern und keine gemeinsamen Fortschritte erzielen, je stärker sich das Klima wandelt und internationale Konflikte eskalieren, desto mehr Menschen werden gezwungen sein, aus ihrer Heimat zu fliehen. Es gibt genügend Gründe, mit der aktuellen Regierung unzufrieden zu sein, es gibt aber keinen einzigen, der rechtfertigen würde, deswegen eine nationalistische und neonazistische Partei zu wählen.

Dass die Veränderung das einzig Konstante ist, wissen wir seit Jahrtausenden. Dennoch versuchen wir allzu oft, in der Vergangenheit zu verharren statt unsere Zukunft zu gestalten. Bringt euch ein, diskutiert Lösungen - z. B. beim Laufen - aber wählt niemals eine menschenverachtende Partei. Dafür gibt es keine Ausrede, dafür gab es nie eine Ausrede!

Beitrag von Markus Heidl
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Einleitung
Sehen wir einmal davon ab, dass Egoismus Triebfeder des aufgegriffenen Ärgernisses ist. Vermuten wir einfach mal, dass es aus Unachtsamkeit passiert. Denn dann kann dieser Beitrag dazu führen, dass in Zukunft das Nachrücken klappt und nur noch jene Startmöglichkeiten ungenutzt bleiben, die sich etwa durch eine erst beim Einlaufen auftretende Verletzung auftun.

Walter Wagner, 13.07.2023

Melde dich doch einfach ab
von Markus Heidl 

Das waren sie wieder, die Finals. Am letzten Wochenende wurden viele deutsche Meistertitel verliehen, unter anderem auch in der Leichtathletik. Weil das öffentlich-rechtliche Fernsehen live dabei ist, passt dieses noch neue Format perfekt in die Ziele des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV), "die Leichtathletik attraktiv, fair und innovativ zu gestalten". Es macht Spaß, die national Besten zu bewundern und anzufeuern, dabei gleichzeitig auch Einblicke in andere Sportarten zu bekommen. Insbesondere in der Leichtathletik gab es mitunter packende Duelle und Hundertstelentscheidungen, die Werbung für unseren Sport waren. Leichtathletik ist toll, spannend und attraktiv anzusehen!

Während es für manche um den Titel geht, ist es für andere schon eine Ehre und Auszeichnung, bei den deutschen Meisterschaften am Start zu sein. Eine sportliche Herausforderung, schließlich muss man zu Deutschlands besten zählen: nur die schnellsten Läuferinnen und Läufer sowie die Springer*innen und Werfer*innen mit den besten Weiten oder Höhen qualifizieren sich.

Für jede Disziplin sind die Startplätze limitiert. Das ist logisch, schließlich ist die Zeit für die Vorkämpfe begrenzt. Ein Beispiel: für die 1500 m gibt es 30 Startplätze. Wenn 35 Läuferinnen die Norm haben und davon 31 melden, bekommt die langsamste (mit der B-Norm) keinen Startplatz. Starten dürfte sie allerdings, wenn sich eine der gemeldeten Läuferinnen abmeldet, z. B. wenn sie sich verletzt hat oder krank geworden ist.

Es wäre fair, sich rechtzeitig abzumelden, wenn man nicht starten kann. Und Fairness schreibt sich der DLV auf die Fahnen.

Die Praxis zeigt leider das Gegenteil. Bei den Männern liefen beispielsweise in beiden 1500-m-Vorläufen nur jeweils 14 Athleten. Die Erfahrung zeigt, dass nur selten alle antreten. Wie im Flugzeug, das von den Fluggesellschaften standardmäßig überbucht wird. Auch diese Option hätte der Verband, insbesondere für Mittel- und Langstreckenrennen, wo im Zweifel sogar Platz für eine oder einen mehr wäre. Wäre das eine innovative Lösung im Sinne der eigenen Vorgaben? Ähnlich wäre die Idee, mehr Meldungen zuzulassen, sodass automatisch nachgerückt wird, falls jemand nicht erscheint oder kurzfristig abmeldet. Die Athlet*innen auf den Nachrückerplätzen erfahren kurzfristig 90 Minuten vor dem Start, ob sie dabei sind, oder nicht. In diesem Fall wären sie zumindest vor Ort, man könnte sich darauf einstellen. Eine mentale Herausforderung wie als Ersatzläufer*in einer Staffel.

Beide Optionen wären im Sinne der nachrückenden Athlet*innen, zwingt jedoch nicht zur Fairness. An diese zu appellieren, reicht offensichtlich nicht. Daraus folgt eine weitere Option für den Verband: das Fairplay aktiv einzufordern: wer unentschuldigt nicht antritt und damit andere vom Start abhält, wird für die nächsten Meisterschaften gesperrt. Alternativ wäre auch eine Geldstrafe für den Verein denkbar.

Es tut sich etwas, ganz im Sinne der Leichtathletik. Unser Sport ist attraktiv und spannend. Ein wenig Verbesserungspotential bleibt jedoch. Mit Vorfreude warten wir auf die nächsten Finals.

Beitrag von Markus Heidl
Foto © Jens Priedemuth

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Einleitung
Emotional wurde es, als zwei Kinder an einem DLV-genehmigten Lauf über 10 km teilnahmen. Erst im Ziel fiel auf, dass sie wohl deutlich jünger als die geforderten 14 Jahre waren. Das Streichen aus der Ergebnisliste wurde sofort von einem anwesenden DLV-Funktionär veranlasst. Von Veranstalterseite zeigte man sich ob des Regelverstoßes besorgt. Direkt zugelassen hatte man den Start ja nicht, aber eben auch nicht verhindert. Vorausgegangen waren Falschangaben bei der Anmeldung, zu junge Jahrgänge nahm das System nämlich gar nicht an.

Dr. Ernst van Aaken (die längsten Strecken, die 6jährige traben können, liegen bei der Marathondistanz - aus ‚Das van Aaken Lauflehrbuch') oder Dr. George Sheehan (Consider the nine-year-old, he is pound for pound the world´s best endurance athlete - aus ‚Dr. Sheehan on Running') sowie weitere Wegbereiter des gesundheitsorientierten Laufens aus der Medizin hätten nichts einzuwenden, gegen die freiwillige Teilnahme von Kindern an einem 10km-Lauf. Nun gibt es aber vom Verband vorgegebene altersbezogene maximale Streckenlängen. In der U20 ist da zwar die Teilnahme an einem Marathon erlaubt, doch die zulässigen Obergrenzen bei Wald/Cross sind 10 km und im Gelände 15 km. Die Teilnahme am Chandolin-Zinal (siehe folgendes Foto) wäre nach deutschem Regelwerk erst für Haupt- und U23-Klassen möglich.

Walter Wagner, 04.03.2023

Ihr Kinderlein laufet
Foto vom Nachwuchslauf Chandolin-Zinal, der im Rahmen des walliser Berglaufklassikers "Course des cinq 4000" Sierre-Zinal organisiert wird. Der Hinweis des Veranstalters dazu: Die Strecke ist 19 km lang. Um daran teilzunehmen, sollte man also angemessen vorbereitet sein. Der Lauf findet für Jugendliche unter 20 Jahren statt. Chandolin-Zinal wird für Kinder unter 10 Jahren nicht empfohlen. Kinder unter 12 Jahren können auf der Strecke begleitet werden. Ältere Kinder müssen jedoch ohne Begleitung laufen
von Markus Heidl 

"Man kann bei der Auswahl seiner Eltern nie vorsichtig genug sein", schließlich hängt viel davon ab. Nicht zuletzt die Förderung von Talenten liegt maßgeblich an den Erziehungsberechtigten. Dazu zählt nebst akademischer und musikalischer Unterstützung natürlich auch die sportliche. Doch allein im Sport ist die Auswahl mannigfaltig. Für Kinder gibt es viele Möglichkeiten, sich auszutoben.
Einmal angenommen - schließlich bewegen wir uns auf den Seiten eines Laufsportjournals - ein Kind liefe gerne. Man sieht es immer wieder, wenn aus dem Stand ohne ersichtlichen Grund einfach losgerannt wird: Diese kindliche Freude an der Bewegung, an der Geschwindigkeit, am Fliegen der Extremitäten. Im Normalfall ist es selbst für Kleinkinder kein Problem, aus purem Jux eine Runde auf der Tartanbahn zu laufen.

Nehmen wir weiterhin an, das bewusste Kind liefe so gerne, dass es durch gelegentliche Läufe so viel Kondition aufgebaut hat, dass selbst lange Strecken kein Problem sind. Darf dieses Kind, wenn beispielsweise die gesamte Familie zu einem Volkslauf fährt, bei dem kein Bambini-Lauf angeboten wird, spontan am 10-km-Lauf teilnehmen, sofern es von einem Erwachsenen begleitet wird?

Zuletzt sorgte ein solcher Vorfall bei der Jügesheimer Winterlaufserie für regen Diskussionsstoff, als zwei Kinder - beide noch keine zehn Jahre alt - nach knapp einer Stunde Laufzeit ins Ziel kamen. Ihre Zeiten wurden nachträglich aus den Ergebnislisten entfernt, weil Kinder erst ab 14 Jahren an 10-km-Läufen teilnehmen dürfen. Die Begründung liegt im Kindeswohl. Zwar sind moderate körperliche Aktivität und Bewegung für Kinder sehr wichtig und haben positive Auswirkungen auf deren Gesundheit und Entwicklung, gleichwohl soll die körperliche Belastung nicht so hoch sein, dass Muskeln, Gelenke und Knochen geschädigt werden. Besonders werden langfristige Schäden befürchtet. Auch Dehydration und Hitzschlag sollen akut vermieden werden. Entsprechend empfiehlt die deutsche Leichtathletik-Ordnung zur Durchführung von stadionfernen Veranstaltungen in kindgemäßer Form Streckenlängen für die U8 von 0,5 bis 2,0 km, für die U10 1,0 bis 3,0 km und für die U12 1,5 bis 5,0 Kilometer.

Gleichwohl gerade in unserer durch Bewegungsmangel kränker werdenden Gesellschaft Interesse an Ausdauersport geweckt werden sollte, muss dies nicht durch das Langstreckenlaufen geschehen. Mit der Kinderleichtathletik gab es zuletzt eine hervorragende Modernisierung unseres Sports, durch die man die positiven Aspekte der Leichtathletik wunderbar vermitteln kann. Einher geht eine Schulung der Koordination, die vielen Spät- und Quereinsteiger*innen in den Laufsport fehlt.

Nicht zuletzt lernt man dort das vielleicht Wichtigste, das uns der Sport lehrt: das Fair Play. Wenn die Regeln nun einmal festlegen, dass das Mindestalter für die Teilnahme 14 Jahre beträgt, müssen diese aus sportlicher Fairness beachtet werden.

Ob diese Regeln sinnvoll sind, steht auf einem anderen Blatt. Die Mythen aus Kenia erzählen von langen Schulwegen, die zu Fuß zurückgelegt werden und die Grundlage für spätere Weltklasse-Marathons legen. Wer sein Ausdauersport-Talent voll ausschöpfen will, muss definitiv früh damit beginnen. Dennoch könnte es auch dieser Weg sein. Mit dem Breitensport-Gedanken sich nur aus dem Spaß an der sportlichen Betätigung heraus spielerisch bewegen. Sei es auf dem Rad, im Schwimmbecken, in der Turnhalle oder eben in den Laufschuhen. Im Spiel mit anderen oder allein. Denn der Leistungsdruck ist heutzutage schon in der Schule hoch genug, Spitzenleistungen im Sport haben etwas länger Zeit.

Beitrag von Markus Heidl
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Eine fortwährende Diskussion mit durchaus interessanten Aspekten. Bedenkenswert, ob Nationalfahnen, Hymnen und Medaillenspiegel nicht verbannt sein sollten? Nun, Politisches findet im Sport selbstverständlich statt. Sportler müssen boykottieren oder werden ausgeschlossen, sie müssen sich mannschaftsdienlich sogar vorgegebenem Verhalten und Meinungen unterwerfen. Doch sollen sie nicht auch ihre eigene kundtun? Dr.-Ing. Markus Heidl kratzt im 62. Pro & Kontra am vielschichtigen Thema.

Walter Wagner, 26.11.2022

Kann Sport nicht
politisch sein?
von Markus Heidl 

Ich erinnere mich noch gut an die diesjährigen deutschen Hallenmeisterschaften. Der Krieg, den Russland gegen die Ukraine begonnen hatte, schwebte unheilvoll über den Titelkämpfen. Thematisiert wurden die Gräueltaten zunächst aber nicht. Als Begründung heißt es immer, der Sport müsse neutral sein. Diese diplomatische Bescheidenheit will im Grunde aber nur unangenehme Sachverhalte verschweigen. Maximilian Thorwirth sah das genauso. Die mediale Präsenz, die er während seines Laufs hatte, nutzte er, um wortwörtlich Flagge zu zeigen. Er riskierte dabei mehr als nur eine gelbe Karte.

Derzeit geht es auf einem anderen Erdteil um eine andere Art der Verletzung von Menschenrechten. Einmal mehr geht es um die Neutralität des Sports. Diese Frage ist aus meiner Sicht absurd, hat doch jede öffentliche Handlung auch eine politische Interpretation. Natürlich wird sowohl der Profi- als auch der Breitensport durch die Gesellschaft gefördert, er darf sich dadurch nicht politisch instrumentieren lassen. Menschenrechte sind aber nicht verhandelbar. Und Korruption widerspricht jeder Moral, die insbesondere bei Sportlerinnen und Sportlern höher aufgehängt sein sollte als von dem und der Normalbürger*in.

Der Profisport wird ad absurdum geführt, wenn die Vorbildfunktion nicht mehr wahrgenommen wird. Der Sport kann und soll Tugenden vorleben sowie Werte vermitteln. Während der gesunden Bewegung wird Integration, Gleichheit und Gemeinsamkeit gelebt. Der Sport will Menschen und Völker zusammenbringen. Dafür muss die zugrundeliegende Ethik im Mittelpunkt bleiben, nicht der nationale Größenwahn oder die globale Geldmaschinerie. Wenn die Kehrseite des Profisports mit der Geldgier und der Geltungssucht überwiegt, sollten wir ihn abschaffen.

Jeder Sportverband, sei es IOC, FIFA oder Regionalverband, muss Doping, Korruption und andere menschenverachtende Missstände in den Griff bekommen. Neben den Menschenrechten sollte beispielsweise auch der Umweltschutz als Auswahlkriterium für die Vergabe der Austragungsorte von Wettkämpfen ausschlaggebend sein. Skandale können dann umgekehrt zurück in die Politik reichen, wenn die Verbände Unterstützung durch die Staatsgewalten Exekutive, Judikative und Legislative benötigen. Mit einer starken und klar kommunizierten Haltung muss es dazu aber eigentlich nicht kommen.

Nur scheint diese Grenze schon lange überschritten. Es ist höchste Zeit, dass wir als Sportlerinnen und Sportler uns unserer Vorbildfunktion bewusstwerden und Haltung zeigen. Kein Traum kann größer sein als unsere Moral. Und am Ende sind wir diejenigen, die unsere Verbände prägen und ausmachen.

Beitrag von Markus Heidl
Foto © LaufReport

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Die sinkende Teilnahmebereitschaft treibt den von enormen Kostensteigerungen gebeutelten Veranstaltern Sorgenfalten auf die Stirn. Was von der Corona-Pandemie ausgelöst wurde, sich nun im Ukraine-Konflikt fortsetzt, die Klimakrise verschlimmert und Energie- und sonstige Preise explodieren lässt, beschäftigt zunehmend alle Läuferinnen und Läufer - und eben auch Dr.-Ing. Markus Heidl im 61. Pro & Kontra

Walter Wagner, 28.09.2022

Dann laufe ich halt nicht
von Markus Heidl 

Zuletzt häufen sich die Klagen über wenig Publikum. Leere Hallen vor Bühnen aller Art, kleine Felder bei oder gar Absagen von Läufen. Zählt man Laufen als Kulturveranstaltung - schließlich kommen hier Menschen zusammen, Geist und Körper werden gefördert - muss man einmal mehr feststellen, dass sich unsere Welt gewandelt hat, seit sich Ende 2019 ein Virus über den kompletten Globus verteilte.

Denn COVID hat uns nicht nur sehr eingeschränkt, es hat uns ebenfalls gezeigt, was wichtig ist. Zumindest hat es uns gewahr werden lassen, was uns persönlich wichtig ist. Infolgedessen könnte man argumentieren, dass vielen von uns schlicht die Lust vergangen ist, zu x-beliebigen Ereignissen zu pilgern. Darum sollte sich, wer sich über zu wenig Besuch beschwert, zuerst an die eigene Nase greifen: was macht meine Veranstaltung besonders? Warum sollten Menschen - also sowohl Laufende, als auch Fans des Schauspiels oder der Musik - zu mir kommen? Warum lohnt sich der zeitliche Aufwand und warum ist es meine Veranstaltung wert, auch noch Geld dafür zu bezahlen?

So war just an diesem Wochenende der Berlin-Marathon wieder einmal die Ausnahme der vermeintlich aktuellen Regel der sinkenden Teilnehmerzahlen. In diesem Fall können aber vermutlich alle gestellten Fragen kinderleicht beantwortet werden. Mögliche Antworten könnten sein: Hauptstadt, Bombenstimmung, schnelle Strecke, Weltrekord oder einfach nur Eliud.

Darüber hinaus ist es mir persönlich ein starkes Anliegen geworden, klimaneutral anreisen zu können. Am liebsten laufe ich zum Start oder spaziere zur Veranstaltungshalle. Auch das Fahrrad ist eine gute Option. Mit dem ÖPNV kommt es auf die Verbindung an. Wenn ich aber auf das Auto angewiesen bin, gebe ich mittlerweile der besser zu erreichenden Alternative den Vorrang. Oder ich starte eben einfach nicht und laufe daheim.

Schließlich sollte noch ein weiterer Punkt bedacht werden, auch wenn das Thema auf wenig Gegenliebe stößt: nach wie vor schließen wir vulnerable Gruppen von Veranstaltungen aus. Wer es sich nicht erlauben kann, zu erkranken oder die Infektion mit nach Hause zu bringen, wird zum Vergnügen kein Risiko eingehen. Als Freiluftveranstaltung ist die Gefahr einer Ansteckung selbstredend deutlich geringer als bei Kultur in geschlossenen Räumen, dennoch wäre es eine Überlegung wert, nicht sämtliche Maßnahmen von vornherein abzulehnen. Bei Laufveranstaltungen könnten wir es aus gegenseitiger Rücksichtnahme wieder einführen, beispielsweise bei der Startnummernabholung und im dicht gedrängten Startblock Masken zu tragen. Wir würden die Zusammenkünfte damit nicht nur für Gefährdete sicherer machen, sondern auch für uns selbst, schließlich sind auch die Langzeitfolgen einer COVID-Infektion nicht zu verachten: Kurzatmigkeit, Husten und Schlafstörungen sind beim Ausdauersport äußerst hinderlich; kommt es gar zur sogenannten Fatigue (Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit) ist an Wettkampfsport überhaupt nicht mehr zu denken.

Im Grunde können die Gründe für weniger Interesse an Kulturveranstaltungen auch woanders liegen. Dennoch scheint es mir keine schlechte Idee, sich mit Empathie in andere hineinzuversetzen. Und dann lasst uns gemeinsam gesund und glücklich laufen.

Beitrag von Markus Heidl
Foto © Engelbert Franz

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Nach und nach verlässt uns die erste Volkslaufgeneration in die Ewigkeit. Mit ihr gehen die Erzählungen von tagelangen Wartezeiten auf Ergebnisse, von missglückten Computer gestützten Zeiterfassungen. Schnappschüsse auf Zelluloid waren alternativlos. Nun gibt´s Live-Bilder. Digitalisierung und Internet veränderten einiges im Sport. Dr.-Ing. Markus Heidl bedenkt Vorteile und Gefahren im Pro & Kontra.

Walter Wagner, 18.05.2022

Die Zukunft ist jetzt
von Markus Heidl 

Ich erinnere mich noch gut an die alte Zeit - ehrlich gesagt ist das auch noch gar nicht so lange her - da war es schwierig, überhaupt zeitnah an Ergebnisse von Meisterschaften, Straßenläufen oder Stadionfesten zu kommen. Teilweise gab es selbst Stunden später keine Ergebnisliste im Netz. Glück hatte, wer vor Ort jemanden kannte, der oder die eine Statusmeldung abgeben konnte. Manchmal half noch Trick 17, wenn man beispielsweise in der URL ein altes gegen ein neues Datum austauschen musste, um die aktuellen Zeiten und Rangfolgen zu sehen.

Wie gesagt, das ist noch gar nicht so lange her, auch wenn es sich schon so anfühlt. Etwas später auf unserer Zeitreise wurde es besser. Es gab live-Ergebnisse und man durfte gar auf live-Bilder hoffen; die modernsten Ausrichter hatten bereits eine Kamera im Stadion oder im Start-/Zielbereich. Doch allzu oft fehlte der Fokus oder die Internetverbindung. Man war bereits glücklich, wenn die Übertragung etwas länger als ein paar Sekunden flüssig lief.

Entsprechend kamen mir die letzten Meisterschaften - ich denke da beispielsweise an die deutschen Crosslaufmeisterschaften im Dezember oder ganz aktuell an die deutschen Meisterschaften über 10.000 m in Pliezhausen wie eine disruptive Innovation vor: durch gleich mehrere Kameras, zwischen denen gekonnt hin- und hergeschaltet wurde sowie einen absolut flüssigen Stream konnte man sämtliche Rennen live am Bildschirm mitverfolgen. Klasse! Was ein Schritt in die Zukunft! Und dann auch noch kostenlos und ohne Werbung frei verfügbar. Selbst bei den Kommentatoren wurde auf gut informierte, fachliche Kompetenz gesetzt, was viel ausmacht.

Doch wie hoch ist die Hürde für Nichtläufer*innen, einmal hereinzuschnuppern und dann sogar hängenzubleiben? Wenn Expertinnen kommentieren, hat das natürlich den großen Vorteil, dass sie wissen, wovon sie sprechen. Einher geht aber der Nachteil, dass manches als selbstverständlich betrachtet wird, was eventuell einer Erklärung bedurft hätte. Warum genau ist das kommende Rennen so spannend?

Beim Pro & Kontra über die Finals hatte ich mir die Frage gestellt, ob es eine Einblendung braucht, wie die Regeln sind, um beim Wettkampf (z. B. beim Bouldern) besser mitfiebern zu können. Nun, bei einem Lauf sind die Regeln den meisten wohl klar: es gewinnt die oder der, wer zuerst im Ziel ist. Gerade bei unterschiedlichen Altersklassen lohnt es sich aber evtl. aufzuzeigen, wie die Athletinnen und Athleten im Rennen liegen. Wo die Abstände knapp sind, wo überholt wird und sich die Platzierungen verschieben - in einem Rennen gibt es viele denkbar sehr spannende Konstellationen.

Einher geht, dass sich die Übertragungen zwar massiv verbessert haben, es natürlich aber noch weiteres Verbesserungspotential gibt. Sowohl in Sonsbeck als auch in Pliezhausen (insbesondere dort eben 25 an der Zahl) wurden viele Runden gelaufen. Die aktuellen Abstände beispielsweise hätte ich spannend gefunden. Beim Radsport beispielsweise ist der aktuelle Abstand zwischen den Gruppen Normalität. Ebenso müsste es genauso möglich sein auf einem Streckenplan, den live-Standort der wichtigsten Akteurinnen oder Akteure aufzuzeigen, sodass man die Zeitabstände besser einschätzen kann. Und es gibt sicher noch viele andere tolle Ideen, die das Wettkampferlebnis noch spannender machen.

Doch kommen, wenn die live-Übertragungen immer besser werden, immer weniger Menschen ins Stadion? Das wäre schade, doch ich glaube es nicht. Eher wollen mehr, die am Bildschirm erlebt haben, wie spannend Läufe und technische Disziplinen sein können, einmal mit eigenen Augen sehen, wie solche Leistungen möglich sind. Vor Ort dabei zu sein, ist ein echtes Erlebnis. Gerade bei uns Leichtathleten gibt es sehr wenige unnahbare, abgehobene Stars. Meist kann man sich nett unterhalten, ein gemeinsames Foto ist eigentlich nie ein Problem. Inspiration und Motivation inklusive.

Wenn man zukünftig also die Rennen weltweit live mitverfolgen kann, stehen die Athletinnen und Athleten immer mehr in dem Rampenlicht, das sie verdienen. Auch für Sponsoren wird die Leichtathletik dadurch definitiv attraktiver.

Beitrag von Markus Heidl
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