Fußball-WM kontra Leichtathletik-EM? Zwei ungleiche Gegner. Fußball ist nun mal des Deutschen liebstes Kind und eine Europameisterschaft ist keine Weltmeisterschaft. Oder interessieren uns etwa Afrikameisterschaften? Als Gastgeber der LA-EM das Optimale anzustreben, über eigene Medaillen hinaus zu denken, das scheint mir dennoch eine gute Idee. Aber Freude und Verzweiflung im Überschwang, dafür ist Sport, noch dazu wenn er nur vom Fernsehsessel aus betrieben wird, doch etwas zu banal, egal ob mit oder ohne Ball, im eigenen Lande oder sonst wo ausgetragen. Markus Heidl denkt zum Beginn der Fußball-WM mit Blick auf Berlin an die Leichtathletik im Pro & Kontra

Walter Wagner, 15.6.2018

Darf ich überhaupt Fußball schauen?

von Markus Heidl

Alle reden über Fußball. Wen interessiert schon das Wetter, wenn derzeit um den Weltmeistertitel gekickt wird? Da gibt es Fußballexperten, die von den Vornamen der Spielerkinder bis hin zur letzten Mahlzeit alles wissen. Die taktische Grundausrichtung und die richtige Besetzung wissen sie sowieso, besser als jeder Bundestrainer. Und diese allgemeine Begeisterung steckt an: da gibt es Tippspiele in der Firma und ständig Einladungen zum sogenannten public viewing - mal im kleineren, mal im größeren Kreis.

Aber darf ich, als eingefleischter Leichtathlet bzw. Langstreckenläufer, dieses Fußball überhaupt dadurch unterstützen, dass ich mitschaue? Dass ich mich für die Ergebnisse interessiere, weil ich wissen will, wie viele Punkte ich beim Tippspiel geholt habe? Darf ich überhaupt mittippen? Denn wie immer gilt doch das Prinzip von Angebot und Nachfrage, und je mehr Leute den Fernseher anstellen, desto weiter wächst der Vorsprung vom Fußball, der alle anderen Sportarten zurückdrängt?

Nun, ich denke wir haben sowieso keine Chance mehr. Zu groß ist der Vorsprung, zu groß schon der Fokus unserer Medien. Und während uns die verschiedensten Dopingpraktiken das geliebte Großereignis Olympia kaputtmachen, werden Bestechung und Doping im Fußball einfach ignoriert. Man kann sich ja einreden, dass man die Spielübersicht und die technische Ballbeherrschung mit medizinischer Hilfe nicht verbessern kann und Doping deshalb im Fußball keine Rolle spielt. Dass das komplette Spiel viel physischer geworden ist und Medikamente großen Einfluss haben (können), bleibt unbeachtet. Und dass Spiele gekauft sind, kommt gar nicht in Frage.

Auch für langweilige Spielabschnitte oder ganze Partien hat der Fußball vorgesorgt. Dafür trifft man sich ja in größerer Runde, um sich nebenher zu unterhalten, zu essen und zu trinken. Da vereint der Fußball, schafft Gemeinsamkeiten. Auch völlig Fremde haben plötzlich ein Gesprächsthema. Da ist es sogar hinderlich, wenn die Spiele durchweg spannend sind!

Und wegen all dessen sollten wir den Fußball nicht verdammen, sondern von ihm lernen!

Die EM ist dieses Jahr im eigenen Land! Ein Grund zum Feiern und Mitfiebern. Wie wäre es denn mit einem public viewing, z. B. beim Sommerfest des Leichtathletikvereins? Mit etwas Kreativität lässt sich auch ein spannendes Tippspiel dazu kreieren. Man könnte das ganze sogar interaktiv gestalten und gleichzeitig die Disziplin nachstellen, in der gerade das Finale stattfindet. Diskuswerfen beispielsweise oder als Staffel zu versuchen, schneller zu sein als der Europameister über 5000. Allerdings darf es auch nicht zu anstrengend werden, denn Zeit zum Unterhalten, zum Essen und Trinken muss auch sein, das wissen wir vom Fußball.

Eine weitere Idee wäre, Stadt- oder Volksläufe um die Highlights herum zu legen. Erst gemeinsam laufen, dann gemeinsam feiern. Das hat den positiven Zusatzeffekt, dass die Kasse durch den zusätzlichen Verzehr von Speisen und Getränken klingelt. Ein wichtiger Faktor in der Vereinskasse.

Auch wünsche ich mir, dass möglichst viele Firmen mitziehen. Von Nutella gibt es eine Sonderedition zur Fußball-WM, das hätte ich auch gerne für die EM. Große Leistungen kurz und kompakt auf einem Glas. Oder Nudelpackungen zum Carboloading, das wäre doch typisch. Noch ein paar Ideen mehr und man kommt gar nicht darum herum wahrzunehmen, was da in Berlin los ist, und dass es Spaß macht, zuzuschauen.

Und Sammelkarten braucht es natürlich auch. Außerdem Autokorsos, wenn Medaillen gewonnen werden und Rabatte im Baumarkt für jede Goldmedaille. Was kann das für eine tolle EM werden!

Nur das Niveau sollten wir in manchen Fällen etwas anheben. Bier bzw. Alkohol allgemein und Sport passen einfach nicht zusammen. Schließlich muss man sich Leichtathlet(inn)en nicht schöndrinken!

Beitrag von Markus Heidl
Foto © LaufReport

leserbriefe@laufreport.de

Aktuelles im LaufReport HIER

© copyright
Die Verwertung von Texten und Fotos, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung auch in elektronischer Form, ist ohne Zustimmung der LaufReport.de Redaktion (Adresse im IMPRESSUM) unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.

Datenschutzerklärung