Wahrlich, es war einfach, lebte man vor rund 40 Jahren in West-Berlin. Die Laufszene war zu überschauen, die regionalen Stars allen bekannt und der Marathon, der 25km-Lauf und selbst der Halbmarathon versammelten alle Läuferinnen und Läufern unterm gleichen Startbanner. Suchte man eine Startalternative war diese zumindest verbunden mit einer Fahrt durch die DDR in den Westen. Vor- und Nachteile dieser Insellösung liegen auf der Hand und sind dennoch für die derzeitige Laufszene absolut unvorstellbar. Nun wiederholt sich, was wir gerade in Hannover erlebten. Der Titel lockt, aber gleichzeitig lockt andernorts das Geld. Die Qual der Wahl? - Allemal besser als Einheitsbrei. Was meint Markus Heidl?

Walter Wagner, 27. April 2018

Über die Gleichzeitigkeit

von Markus Heidl

Es ist Frühjahr, und damit endlich wieder Marathonzeit. International haben wir schon einige verrückte Rennen gesehen, von Tokio über Paris, London und Wien: Während sich die einen durch einen nassen und äußerst windigen Gefrierschrank kämpfen mussten, liefen die anderen durch die sengende Hitze. Wie immer gingen dabei die Geschichten der vielen Geschlagenen unter, während die strahlenden Sieger zu inspirieren wussten: Kipchoge ist unser König und alle lieben Yuki!

Inspiration für uns, denen das Frühjahrsabenteuer noch bevorsteht. Die nationale Brille sieht da vor allem einen Konflikt. Denn am Sonntag, den 29. April, werden zeitgleich um 9 Uhr der größte Frühjahrsmarathon in Hamburg sowie die deutschen Meisterschaften in Düsseldorf ausgetragen. Tja, da muss man sich entscheiden, denn zeitgleich an zwei Orten kann bekanntlich niemand sein.

Das hat natürlich einen Nachteil. Läuft man den einen Marathon, bekommt man vom anderen live nichts mit (und meistens ebenso wenig vom Rennausgang dessen, den man selbst gerade unter die Füße nimmt). Auch als Reporter muss man sich entscheiden. Fotografieren, am Streckenrand stehen und die Pressekonferenz besuchen kann man nur hier oder dort. Auf gewisse Weise stehlen sich die Veranstalter also die Show.

Aber die Gleichzeitigkeit hat auch Vorteile. Die Zuschauer, die nicht vor Ort sein können, haben die Möglichkeit, beide Rennen über TV, Stream und Ticker parallel zu verfolgen. Sie können mitfiebern und die Taktiken zeitgleich vergleichen, die Titelkämpfe um die deutschen Meistertitel gar virtuell erweitern. Und sie bekommen die Sehenswürdigkeiten gleich zweier Städte gezeigt. Würde ich nicht laufen, ich würde mir das Spektakel nicht entgehen lassen!

So muss ich mich entscheiden. Auch für uns Läufer hat die Parallelität der Veranstaltungen dadurch aber ein Pro. So kann überhaupt niemand auf die Idee kommen, an beiden Veranstaltungen teilnehmen zu wollen, insbesondere, weil in der Hansestadt erstmalig zusätzlich die halbe Distanz angeboten wird. Die Idee des Doppelstarts wurde praktisch einfach verhindert.

So gesehen ist es nämlich gar kein Dilemma, dass der Düsseldorf und der Hamburg Marathon gleichzeitig ausgetragen werden. Wer ernsthaft einen Frühjahrsmarathon laufen will, musste - und wird auch in Zukunft - sich nicht nur zwischen diesen beiden Veranstaltungen entscheiden, sondern aus dem großen und bunten Strauß der Marathons wählen müssen. Es funktionieren nur zwei Marathons im Jahr. Einer im Frühling, einer im Herbst.

Beitrag von Markus Heidl
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