Ex und hopp. Lieber Markus, bei diesem Pro braucht´s kein Kontra. Und Konsum zur Arbeitsplatzrettung, das geht am Ende doch nicht auf. Also Konsumverzicht? - Das richtige Maß finden. Die Dosis macht das Gift. Reicht nicht meist die Hälfte? Klar, vieles kann man nach Benutzung weitergeben. Bei Büchern hat dies längst Struktur. Der arme Poet bleibt aber arm -, egal. Markus Heidl ärgert und wundert sich über sich selbst im 'mehr Pro als Kontra'.

Walter Wagner, 5. Dezember 2017

Kaufen um zu kaufen?

von Markus Heidl

Gestern kam eine Kurznachricht in einer unserer Gruppen. Ein bekannter wird morgen am Knie operiert und fragt nach Kühlpads. Im ersten Moment wundere ich mich: die kann man doch kaufen? Und günstig noch dazu.

Im Nachhinein ärgere ich mich aber über mich selbst! So sehr bin ich also schon vom Kapitalismus durchdrungen, dass ich sofort ans Kaufen denke. Neuanschaffen, obwohl die Dinge doch eigentlich schon vorhanden sind. Der Gedanke, erst einmal Bekannte, die in der Nähe wohnen, zu fragen, ist doch viel naheliegender. Insbesondere bei Dingen wie Kühlpads, die eigentlich nur irgendwo herumliegen und - glücklicherweise - nur sehr selten gebraucht werden.

Warum sollte jemand etwas in zweifacher Ausführung kaufen, um es nach der akuten Benutzung in den Schrank zu legen, wo es bei vielen anderen auch schon - genauso ungenutzt - liegt?

Eine Frage, die sich übertragen lässt. Auf so viele andere Beispiele. Und die gerade jetzt, in der Vorweihnachtszeit, noch viel öfter gestellt werden müsste.

Versetzen wir uns einmal auf die andere Seite. In die Rolle des Fabrikarbeiters, der eines dieser zahllosen Beispiele herstellt. Oder besser gesagt: der die Maschine bedient, welche eine immense Anzahl unseres Beispiels fertigt. Um beim Thema Laufen zu bleiben: Handyhalterungen für den Oberarm. Eine Woche mit Herzchen-Muster, eine Woche mit Katzen, eine Woche in grün und eine Woche in pink. Oder Armbänder für unsere GPS-Uhr. Auch eine Woche mit Herzchen-Muster, eine Woche mit Katzen, eine Woche in grün und eine Woche in pink.

Nennen wir ihn Lin. Er ist 25 Jahre alt, hat eine Frau und einen kleinen Sohn, für die er täglich 16 Stunden lang in einer Maschinenhalle arbeitet. Um Sachen herzustellen, die er nicht braucht, nie brauchen wird und sich auch nicht vorstellen kann, warum man so etwas in dieser Masse in Auftrag geben kann. Was würden wir ihm antworten, könnte er uns fragen?

Auch, wenn es um andere "Gadgets" geht. Getränkehalter für das Auto, Lippenformer, Selfiesticks, leuchtende Schnürsenkel oder Handventilatoren. Alles in einer Qualität, dass die Sachen schnell kaputt gehen, sodass wir schnell wieder Nachschub kaufen können. Kaufen wir also nur des Kaufens Willen?

Denn alles was gekauft wird, muss irgendwann wieder entsorgt werden.
Und Laufen ist doch eigentlich so ein simpler Sport. Etwas Kleidung, ein Paar Schuhe und ab in den Wald. Mehr Sport, weniger Konsum.

Viel Kontra gab es in diesem Beitrag nicht. Dafür mehr Pro. Pro es meinem Bekannten gleichzutun und erst einmal zu fragen, bevor man kauft. Denn noch frustrierter als Lin ist sicher nur Amaniel, der aus den Konsumgütern, die Lin hergestellt und wir verbraucht haben, die wertvollen Rohstoffe wieder entnimmt. Und sich dabei an den ganzen Chemikalien vergiftet.

Beitrag von Markus Heidl
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