Kontrovers dürfte das Thema diskutiert werden. Nicht anzukommen bei einem Lauf, das gibt es nicht, vertreten einige ihre Ansicht, und wer kennt nicht die Leidvollen, denen es dann doch passiert aufgeben zu müssen. Aussteigen gehört eben zum Laufsport, gut finden muss man es nicht. Doch da sind auch jene, die ganz schnell abbrechen, allein weil das sportliche Ziel - Platz oder Zeit - nicht mehr erreichbar scheint. Im Einzelfall wird es unmöglich sein, die verschiedensten Beweggründe zu ermitteln. Dass das Ankommen aber einen hohen Stellenwert hat, davon ist Markus Heidl im Pro & Kontra überzeugt.

Walter Wagner, 7. September 2017

Aussteigen ist keine Option

von Markus Heidl

"DNF is not an option" - ein Spruch, der vor allem bei Triathleten beliebt ist. Ironischerweise steigen zwar meist die, die diesen Spruch am lautesten verbreiten, am häufigsten aus Rennen aus, dennoch ist die Kernaussage lobenswert: insbesondere in harten Wettkämpfen Charakter zeigen und durchbeißen. Den steinigen Weg gehen und ins Ziel kämpfen: lieber langsam, unter allen Erwartungen, als gar nicht ankommen.

Immer vorausgesetzt, die Gesundheit ist nicht gefährdet. Denn sonst wäre es töricht!

Rückblick nach Bad Liebenzell, zu den deutschen Straßenlaufmeisterschaften über 10 km (LaufReport berichtete). Die Strecke ist schnell, die Stimmung toll und das Wetter könnte nicht besser sein. Perfekte Rahmenbedingungen für spannende Rennen. Und Deutschlands Elite spielt mit: die derzeit Schnellsten sind alle am Start.

Als Favorit gilt Arne Gabius, der bei der letzten Austragung vor Ort vor zwei Jahren Petros und Pflieger in seinem Windschatten deutlich unter 29 Minuten gezogen hatte. Heuer ist es anders: das Streckendrittel ist noch nicht erreicht, da hat Gabius das Rennen bereits aufgegeben.

Magen-Darm-Probleme hörte man im Nachhinein als Begründung. Probleme wie diese - das kennt wohl jeder von uns - fordern ab und zu einen Zwangsstopp. Danach geht es in der Regel aber wieder, meist besser als zuvor. Warum also aussteigen? Jan Fitschen lief seinen schnellsten Marathon mit Dixie-Unterbrechung. Und was hätte noch aus Arne werden können! Eine Aufholjagd zurück aufs Podest? Oder trotz Zwischenstopp unter 30 Minuten? Wir wissen es nicht und haben so eine evtl. erinnerungswürdige Laufgeschichte verpasst, weil Arne - zumindest von außen betrachtet, hineinversetzen kann ich mich nicht - den leichten Weg wählte und nicht in Erwägung zog, das Rennen fortzusetzen.

Aber lassen wir diesen Einzelfall und thematisieren im Allgemeinen. Ganz sicher gibt es auch Unterschiede zwischen den Profis und uns Amateuren. Die Erfahrung zeigt aber, dass Durchziehen immer die bessere Wahl ist. Allein schon für den Stolz auf sich selbst, den Umständen getrotzt zu haben.

Auch von außen sind die Rückmeldungen eindeutig. Natürlich sehen wir sie gerne, die strahlenden Sieger und die richtig schnellen Zeiten. Das sind die Rennen, für die wir trainieren, an die wir uns gerne erinnern und die uns durch so manche Krise tragen. Den größten Respekt aber bekommen wir für die vermeintlich schlechten Rennen. Weil sich jeder den inneren Zwist vorstellen kann und den Kampfwillen bewundert. Wahre Heldinnen und Helden sind doch die, die trotz einer Tagesform, die so gar nicht zu den Erwartungen passt, weiterkämpfen und sich nicht unterkriegen lassen. Oder die Pech haben und beispielsweise im größten Finale des Jahres zu Fall gebracht werden. Gesa hat uns trotzdem - oder gerade deswegen - begeistert. Weil sie nicht aufgegeben hat! Tun wir es ihr nach.

Natürlich kann das ein langer Kampf werden. Wenn man beispielsweise bei km 15 eines Marathons schon merkt, dass der Tank leer ist. Dann wird der Leidensweg weit, dennoch ist Aufgeben stets die schlechtere Option. Wer es positiv sieht, nimmt es als Möglichkeit, sich selbst besser kennen zu lernen. Und lernt die richtig guten Rennen, die auch wieder kommen werden, noch mehr zu schätzen.

Der Leistungswillen muss da sein - an guten wie an schlechten Tagen. Aber auch mit einer Toilettenpause kann es noch eine gute Erfahrung werden. Den Versuch ist es wert, denn wenn wir das Rennen verlassen, dann wissen wir nicht, was noch hätte werden können. Lieber eine schlechte Zeit als gar keine.

In Arnes Fall wollen wir aber Kopenhagen abwarten!

Beitrag von Markus Heidl
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