Man mag es verteufeln, aber der Anteil, den die Medien am Erfolg eines Sportlers, ja einer ganzen Sportart haben, ist immens. Es gibt Disziplinen, die bedürfen gewaltiger Bilder und spannender Moderation, dann finden auch diese ihr Publikum. Gern wandeln Medienmitarbeiter bequem in bereits ausgetretenen Pfaden, das führt mitunter zu seltsamer Berühmtheit. Nur, ohne Medienpräsenz geht gar nichts und die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Mit diesem Wissen üben wir Toleranz und Stillschweigen. Nicht so Markus Heidl im Pro & Kontra.

Walter Wagner, 17. August 2017

Mach's gut, Usain!

von Markus Heidl

Sonntag, der 13. August 2017. Die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in London sind gerade mit einer spannenden 4x400 m Staffel zu Ende gegangen, in der Trinidad und Tobago die Vereinigten Staaten niederrangen. Viel Zeit zu feiern bleibt den neuen Helden allerdings nicht, denn es steht ein weiterer Programmpunkt an, auch wenn dieser weniger mit Sport und mehr mit Sentimentalität zu tun hat.

Usain Bolt, der schnellste Mann der Welt, der begnadete Entertainer, die lebende Legende, muss verabschiedet werden. Warum, weiß niemand so recht. Aber natürlich erinnern wir uns einmal mehr gerne an seine einst so spielerisch leichte Schnelligkeit, an seinen Laufstil, der der Perfektion sehr nahe kam, zurück. Er selbst weiß aber am besten, dass diese Zeiten vorbei sind. Seine Karriere hat er deshalb mit diesen Weltmeisterschaften beendet. Es war ein Abschied, den sich die allermeisten anders gewünscht hätten.

Aber die Leichtigkeit ist dahin. Mit der Zeit wurde aus dem überragenden Sprinter, der für eine tolle Show sorgen konnte, nur noch der, der vor allem für die Inszenierung sorgte, der aber trotz hartem Training seinen eigenen Leistungen und irgendwann auch vereinzelten Konkurrenten hinterher lief. Auch seine letzte Ehrenrunde, nach beschriebener Verabschiedung, sah eher traurig aus.

Und deshalb - so hart es auch klingen mag - braucht die Leichtathletik einen Usain Bolt nicht (mehr). Nicht nur, weil wir die Show vor allem während der Wettbewerbe und nicht davor und danach brauchen, sondern vor allem, weil die Leichtathletik sehr viel mehr ist als nur der männliche Sprint. Leichtathletik, das steht für Höchstleistung, Emotionen und eine Vielseitigkeit, bei der für jeden etwas dabei ist.

London hat es einmal mehr vorgemacht: was hatten wir für ein tolles Publikum, mit an jedem Abend ausverkauften 60.000 Plätzen, was hatten wir für Dramen auf den Zielgeraden, was für ausgebuffte Taktiken, welch tolle Höhenflüge, spannende Platzierungswechsel und vor allem welch Spektrum an Emotionen im Ziel.

Leichtathletik, das ist Vielseitigkeit. Natürlich mit auch viel "Schneller", aber eben auch mit viel "Höher" und "Weiter"! Selbst die Schnelligkeit beschränkt sich keineswegs auf den Sprint. Wie hart können die letzten 200 m bei den Mittelstrecken und wie selektiv die letzte Runde auf den Langstrecken sein. Selbst beim Marathon werden Zwischenspurts eingelegt, dass dem ambitionierten Hobbyläufer die Ohren schlackern. Natürlich ist das nicht immer offensichtlich. Experten in der Regie und vor allem auch in der Moderation machen den Unterschied, dass aus einem langweiligen Lauf ein spannendes Highlight wird. Manche ärgern sich über die aktuelle Besetzung, andere ergreifen selbst die Initiative und machen einen klasse Job.

Bleibt noch die schillernde Persönlichkeit. Aber auch dort gibt es so viele, die wir bewundern können. Wieder sind es die Geschichten und Hintergründe, die unseren Sport so spannend machen. Manche, wie Usain Bolt, können und konnten sich so inszenieren, dass beispielsweise aus 100 geraden Metern eine explosive Mischung wurde. Andere können das weniger, dort sind die Medien gefragt. Und jeder von uns selbst. Fakt ist: jeder Bewerb war spannend. Es kommt nur darauf an, was wir daraus machen!

Er war ein Meister, aber einer unter vielen. Also mach's gut Usain! Wir werden dich vermissen, aber wir brauchen dich nicht. Die Leichtathletik hat so viel mehr zu bieten als nur den schnellsten Mann der Welt.

Beitrag von Markus Heidl
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