Mit der Häufigkeit von Anschlägen, egal ob es sich um kalten Terror oder einen Akt aus Verzweiflung, Verwirrung oder Geltungssucht handelt, wächst die Angst, selbst davon betroffen zu werden. Gerade in der Masse entsteht das Unwohlsein, Angst und das Gefühl in Gefahr zu sein. Was heißt das? Kann, soll, ja muss ich nicht sogar gerade als Läuferin oder Läufer diesem unguten Gefühl begegnen und mich in das große Startfeld auch in einer Hauptstadt begeben. Oder sollte man sich besser bzw. darf man sich der Gefahr durch Wegbleiben entziehen?

Walter Wagner, 9. April 2017

Die Gefahr der großen Städte

von Markus Heidl

Montag, 15. April 2013. Patriots' Day in Boston, Massachusetts. Ein Marathonmontag, der in Erinnerung bleiben wird, allerdings in keiner guten. Nicht, weil Lelisa Desisa und Rita Jeptoo den Lauf nach 2:10:22 h bzw. 2:26:25 h gewinnen - zu dieser Zeit ist noch alles in Ordnung. Sondern weil etwa zwei Stunden später auf der Zielgeaden zwei in Rucksäcken versteckte Sprengsätze drei Menschen töten und 264 weitere verletzen. Der Terrorismus ist in der Laufwelt angekommen.

Auch andere Sport-Großveranstaltungen sind betroffen. So beispielsweise am 13. November 2015 in Paris, am Rande des Fußball-Freundschaftsspiels zwischen Deutschland und Frankreich. Attentäter schießen auf Besucher von Bars, Restaurants und des Konzertsaals Bataclan, außerdem gibt es mehrere Explosionen in der Umgebung des Fußballstadions. 130 Menschen werden getötet, mehr als 350 verletzt.

Zwei Beispiele unter vielen. Die Anschlagshistorie ist lang. Allein in diesem Jahr werden bei Wikipedia 24 Terroranschläge gelistet. Das vermutete Ziel ist Aufmerksamkeit. Den politischen, moralischen oder religiösen Anliegen soll durch Gewalt Beachtung erzwungen werden. Terrorismus soll als Kommunikationsstrategie "das Denken besetzen" (Franz Wördemann) und dadurch Veränderungsprozesse erzwingen.

Terrorismus ist weltweit verbreitet und ein aktuelles, aber keineswegs ein neues Phänomen. Die Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Qaida berufen sich beispielsweise auf historische Hintergründe aus der Zeit der Kreuzritter. Insbesondere ab den 1970er Jahren, mit Gruppen wie der RAF, der IRA, der BR und der ETA, stehen beim Terrorismus politische und ideologische Zwecke im Vordergrund, die über die direkt betroffenen Opfer hinausgeht.

Um höchstmögliche Publizität zu erreichen, richtet sich Gewalt sowohl auf Ziele mit hohem Symbolgehalt wie auch auf Plätze des öffentlichen Lebens, die nur schwer geschützt werden können. Große Stadtmarathons, mit den riesigen, dicht versammelten Menschenmassen bieten nüchtern betrachtet ein "lohnendes" Anschlagsziel, auch weil die Medien schon vor Ort und evtl. auch berühmte Persönlichkeiten unter der Masse sind.

Also absagen? Große Veranstaltungen und Menschenmassen meiden?

Nein. Oder besser: bedingt. Natürlich ist eine erhöhte Wachsamkeit ratsam und sind erhöhte Sicherheitsvorkehrungen notwendig. Dadurch konnten geplante Anschläge bereits verhindert werden. Andere sorgten und sorgen für großes Leid.

Jeder Terror hinterlässt Spuren, Angst kann man nicht verbieten. Man kann aber der Gemeinschaft das Gefühl von Sicherheit bieten und Missetäter zur Rechenschaft ziehen. Im Vergleich zur RAF beispielsweise ist die aktuelle Bedrohung wahllos geworden. Wehrlose Zivilisten werden getötet. Und auch der Dialog ist deutlich schwieriger geworden.

Überbordende Sicherheitsmaßnahmen, die die Freiheit einschränken, sind im Rechtsstaat verboten und hoffentlich auch von niemandem gewollt. Denn Angst ist nie ein guter Begleiter. Angst, die von den Medien noch gefördert wird. Denn die mediale Berichterstattung führt zur überproportionalen Hervorhebung der Ereignisse, weshalb die Gefahr eines Terroranschlags im Allgemeinen in der Bevölkerung erheblich überschätzt wird. Rein rechnerisch ist die Gefahr in Deutschland, an einer Grippe zu sterben, etwa 3800-fach höher, als Opfer eines islamistischen Terroranschlags zu werden.

Stets bleibt die Unberechenbarkeit. Bestimmte Gefahren müssen immer und überall hingenommen werden. Und doch können wir Zeichen setzen. Dass Mord nie verklärt werden darf. Und Gewalt keine Lösung ist, wie abgedroschen es klingen mag. Unser Laufen steht dabei für Frieden: da treffen ganz unterschiedliche Kulturen im gegenseitigen Respekt aufeinander, es gibt ein großes Miteinander und die Sache an sich ist überall auf der Welt gleich.

Es gibt sie, die Gefahr. Aber wir glauben an das Gute im Menschen.

Beitrag von Markus Heidl

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