Noch sind die Kapriolen der letzten Olympischen Spiele nicht vergessen, dreht sich die Preisspirale munter weiter. Nun sind ARD und ZDF hinsichtlich der Olympischen Spiele ausgestiegen. Nicht bei der Fußball-WM, da hofft man wohl auf ein neuerliches Sommermärchen, aber für den Alptraum Olympische Spiele mit Dopingsumpf und Politsatiren sind die Öffentlich-Rechtlichen auf Jahre hinaus kein Sendeplatz mehr. Darin kann man auch eine Chance sehen, Sport mehr aus anderen Blickwinkeln zu beleuchten. Der Ausstieg könnte sich aber auch als Eigentor erweisen, für die Medien, für den Sport.

Markus Heidl macht sich so seine Gedanken im Pro & Kontra

Walter Wagner, 4. Dezember 2016

Olympia ohne ARD und ZDF:

Fluch oder Segen?

von Markus Heidl

Ende November waren die Verhandlungen abgeschlossen, mit einem Ergebnis, das bis dato undenkbar schien: die nächsten Olympischen Spiele in Pyeongchang (2018) und Tokio (2020) werden nicht mehr bei den Öffentlich-Rechtlichen zu sehen sein, sondern im Spartensender Eurosport.

Grund war, wie man hört, das Geld. 100 Millionen Euro wurden geboten, aber 150 Millionen gefordert. Das Gute daran: die Preisspirale hat ein Ende. Ein positives und unmissverständliches Signal an jene Skrupellose, die aus dem im Fernsehen gezeigten Sport mit der Zeit eine Unterhaltungsindustrie gemacht haben. Das Schlechte: Für die Übertragungslizenz der Fußball-WM 2014 in Brasilien haben die Öffentlich-Rechtlichen laut Spiegel 210 Millionen Euro entrichtet, für die nächsten beiden Turniere stehen 218 und 220 Millionen Euro an. Fußball aber nicht zu übertragen ist weiterhin unvorstellbar.

Dabei gilt weiterhin, dass diejenigen, die über die Lizenzen verhandeln, nur das Geld interessiert, der Sport wird immer mehr zum Nebenschauplatz. Sportarten, die im Vierjahresrhythmus ticken, weil sie nur bei den Olympischen Spielen im Fokus des Interesses stehen, könnten noch weiter an den Rand gedrückt werden, womit die spärlichen Sponsorengelder im Zweifel noch geringer werden. Gleichzeitig ist der Ausstieg von ARD und ZDF aber auch eine Chance. Erinnern wir uns, als sich die Öffentlich-Rechtlichen wegen der Dopingereignisse von der Tour de France verabschiedeten. Die Übertragungszeiten wurden länger, die Berichterstattung wurde besser, in Wort wie in Bild. Noch heute schauen viele Radsportfans lieber Eurosport, wenn die Tour ansteht.

Weiterhin kann dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens vielleicht besser nachgekommen werden, wenn nicht zusätzlich noch live berichtet werden muss: die Recherche über Doping kann ausgebaut, die Aufklärung über die Hintergründe, über die Probleme hinter den Kulissen kann ausgeweitet werden. Hintergründe, die eigentlich noch wichtiger sind als der Sport, weil es um Menschlichkeit geht. Für Recherchen, die nur von den besten Journalisten erfolgreich bewältigt werden können, ist nun Raum. Damit könnte ein Ruck durch den kompletten Sport gehen.

Außerdem müssen ARD und ZDF jetzt beweisen, dass sie auch ohne Olympische Spiele sehenswert sind. Ansonsten schaffen sie sich bald selbst ab, wenn sie all jenen Kritikern Recht geben, die nur zu gerne Begriffe wie Zwangsgebühren in den Mund nehmen. Mehr als acht Milliarden Euro zahlen die Deutschen immerhin jedes Jahr an ihre öffentlichen Rundfunkanstalten. Eine Summe, für die es möglich sein sollte, das Programm so sehr aufzubessern, dass es eine Alternative zur Olympia-Liveberichterstattung darstellen kann. Und dann müssen möglicherweise auch endlich die Fußball-Rechtehändler umdenken, weil sich damit die Frage stellt, wie das Programm von ARD und ZDF ohne Sportschau oder Das aktuelle Sportstudio aussähe. Immerhin haben sie einen Bildungsauftrag, zu dem mehr gehört als Fußball.

Und dennoch dürfen sie nie untergehen, die Werte des Sports. Dass nämlich Athleten eine Vorbildfunktion haben. Dass Fairness zählt. Dass Sport soziale Kraft hat. Und einiges mehr. Aber dass sich dies mit den Olympischen Spielen zeigen lässt, muss doch bezweifelt werden.

Beitrag von Markus Heidl
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