Nun also ist es endlich so weit. Die ersten Athleten sind sogar bereits angereist und klagten über Probleme im Olympiadorf. Baumängel konnten rasch behoben werden, anderes wiegt schwerer. Etwa das Thema Sicherheit, Gesundheit, die aktuelle politische Lage. Sportler vertrauen gern den Funktionären, gehen davon aus, dass man sie nur dorthin schickt, wo es für sie gefahrlos ist. In Rio de Janeiro heißt dies, man wird mehr oder weniger kaserniert, teils werden die Verweildauern sehr knapp bemessen. Also Anreisen, zum Wettkampf und gleich wieder Abreise. Das gemeinsame Feiern der Weltjugend ist eingeschränkt und auf bewachte Areale begrenzt. Doch nicht aussperren kann man Probleme mit der Wasserqualität, das Zika-Virus oder das aktuelle politische Machtspiel in Brasilien. Mögen alle Sportlerinnen und Sportler, die die Reise antreten, gesund zurückkehren.

Walter Wagner, 29.Juli 2016 -
Foto von Ralf Klink aus Reisen+Laufen Maratona da Cidade do Rio de Janeiro

Olympische Sommerspiele
in Rio de Janeiro:

Fahren oder nicht fahren?

von Markus Heidl

Olympia ist das Größte, was man als Sportler erreichen kann. Selbst wenn es "nur" das Dabeisein bedeutet, wenn sich die stärksten, schnellsten und ausdauerndsten Athleten unserer Erde messen. Beim Schwimmen. Im Fechten. Auf dem Fahrrad. Beim Rudern. Natürlich in der Leichtathletik. Und so vielem mehr. Olympia ist ein Fest! Mit zweieinhalb Wochen Spannung, Emotionen und Leistungen auf höchstem Niveau. Olympia ist mehr als nur Sport.

2016 sollen die Olympischen Sommerspiele vom 05.-21. August in Rio de Janeiro ausgetragen werden. Die Paralympics schließen sich direkt an. Doch es gibt Vorbehalte. Zwar würde sich die Cidade Maravilhosa gerne als Traumdestination am Zuckerhut ausgeben, kann aber dennoch nicht über soziale Disparitäten, Gewalt, Korruption, Rassismus, Diskriminierung und Rechtlosigkeit hinwegtäuschen.

Kann man denn, bei all der Begeisterung, darüber hinwegsehen, dass viel Geld für große Sportbauten verschleudert wird, während für die Nöte der Menschen nichts übrigbleibt? Kann die brasilianische ökonomisch-politische Krise einfach ignoriert werden, weil man ein Fest feiern will? Wann muss das Internationale Olympische Komitee (IOK) eingreifen?

Denn eigentlich sollen die Olympischen Spiele unpolitisch sein. Pierre de Coubertin, Gründer der neuzeitlichen Spiele, wollte die Nationen der Welt zusammenführen, sodass sich junge Sportler unabhängig von ihrer Herkunft im fairen Wettkampf messen können. Um dafür die besten Bedingungen schaffen zu können, wird die Gastgeberstadt sieben Jahre vor der Austragung bestimmt. Dafür gibt es einen Auswahlprozess in zwei Phasen, mit detailliertem Fragebogen und Versicherung, dass die olympische Charta eingehalten wird. Insbesondere in der zweiten Phase werden die übriggebliebenen Kandidatenstädte vom IOK besucht. Auch finanzielle Garantien müssen gegeben werden.

Aber dann? Was würde wohl im Ernstfall passieren, wenn das Geld ausgeht oder der Zeitplan nicht eingehalten werden kann? Wohl nichts, weil sich ein Großereignis wie die Olympischen Spiele nicht einfach kurzfristig verlegen lässt. Dass Olympia in Rio stattfindet, scheint gesetzt.

Wollen wir also einfach den Wettkampf genießen und die Favelas vergessen? Das wäre eine Möglichkeit. Radikal hingegen (und mittlerweile natürlich zu spät) wäre es, auf die Sportbauten zu verzichten. Es könnte im Meer geschwommen, am Strand gesprintet und in einem Park geritten werden. Das übriggebliebene Geld könnte dann den Menschen zu Gute kommen - welch wahnwitzige Idee! Alternativ kann weiter auf den besten Sportstätten bestanden werden, in der Hoffnung, dass sich durch die Aufmerksamkeit etwas ändert. Schade ist dann immer, wenn die Stadien - wie in Athen - im Nachhinein einfach verfallen.

Immerhin: die Infrastruktur wird ausgebaut. Linie 4, die das Olympisches Dorf (in Barra da Tijuca) mit dem Zentrum verbindet, wird rechtzeitig fertig. Ist aber dennoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weil nur "edle" Bezirke angeschlossen sind. In anderen Stadtteilen wurden mehrere Buslinien zusammengelegt, teils sogar gestrichen, um Staus zu vermeiden. Neben längeren Wartezeiten kommen so auf die meisten mehrmaliges Umsteigen und längere Wartezeiten zu.

Und für die Sportler? Alle sollen herzlich empfangen werden. Können diese aber wegen eines Traums die Lebensgefahr durch die Kriminalität einfach ignorieren? Wenn sie außerdem auf jeden Moskito achten müssen, weil der Zika-Virus, dessen Auswirkungen immer noch nicht komplett erforscht sind, übertragen werden könnte? Zwar gibt es keine Reisewarnung der WHO, dennoch haben insbesondere die Freiwasserschwimmer ein hartes Los gezogen.

Fahren oder nicht fahren? Etwas oder nichts tun? Schwierige Fragen.

Beitrag von Markus Heidl
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