In der Rubrik "Pro & Kontra" überschlagen sich die Ereignisse, denn entgegen der Ankündigung zum ersten Beitrag, folgt nun doch erst aus aktuellem Anlass der Beitrag "Rio ohne Russland". Wie geht es aber weiter, denn längst liegen 45 neue Positivergebnisse im Dopingkampf vor. Die Nachtest bringen es an den Tag und wenn auch weder Ross noch Reiter genannt wurden, so ist doch von diversen Disziplinen die Rede, denn allein 23 Medaillengewinner sind betroffen, und die sind eben aus verschiedenen Nationen, so viel ist durchgesickert. Wann beginnt die WADA mit der Nachkontrolle aller Dopingproben aus diesem Jahrtausend. Die Proben müssen jetzt nochmals analysiert werden um weitere Betrüger aufzuspüren. Dass die Probenmenge dann für weitere noch spätere Kontrollen nicht mehr ausreichen, kann man vernachlässigen. Es macht doch keinen Sinn, 20 Jahre alte Fälle aufzudröseln - oder gar noch ältere.

Willkommen bei der neuesten LaufReport Rubrik. Diese soll anregen, unterhalten und Erkenntnisse liefern. Über Hinweise und Themenwünsche freuen wir uns.

Walter Wagner, 22. Juli 2016

Rio ohne Russland:

Leichtathleten endgültig gesperrt

von Markus Heidl

Mitte November sperrte der Weltverband IAAF den russischen Leichtathletikverband wegen flächendeckenden Dopings für internationale Wettkämpfe. Im Juni wurde diese Sperre über die Olympischen Spiele hinaus verlängert. Russland hatte zunächst dennoch 387 Sportler für die Wettkämpfe im August nominiert, darunter auch 68 Leichtathleten, die gegen die Sperre Einspruch eingelegt hatten. Nun hat der Internationale Sportgerichtshof den Einspruch gegen den Olympia-Ausschluss abgelehnt.

Im nächsten Schritt muss das Internationale Olympische Komitee bis zum kommenden Dienstag (26.07.16) über den kompletten Ausschluss aller russischen Sportler für Olympia in drei Wochen entscheiden.

Grundlage ist der Bericht des Wada-Ermittlers Richard McLaren, der staatlich gesteuertes Doping festgestellt hat. Das russische Sportministerium habe Manipulationen im Moskauer Dopinglabor geleitet, kontrolliert und überwacht, auch der Inlandsgeheimdienst sei beteiligt. Zwischen 2012 und 2015 seien durch diese Machenschaften 643 positive Dopingproben verschwunden. Betroffen seien vor allem die Winterspiele in Sotschi 2014, die Leichtathletik-WM 2013 in Moskau sowie die Schwimm WM 2015 in Kasan.

Die Sperre erfolge, um einen Kulturwandel zu erzwingen. Fragwürdig ist die Entscheidung dennoch. Denn so hart - mit "null Toleranz" - gegenüber dem individuell gedopten Sportler vorgegangen werden muss, so fragwürdig ist eine Verallgemeinerung. Damit wird jedem rechtsstaatlichen Verfahren Hohn gesprochen, bei welchem jeder Beschuldigte bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig zu gelten hat. Ist das die richtige Balance zwischen kollektiver Verantwortung und individueller Gerechtigkeit, die das IOC erreichen will?

Fraglich ist vor allem die Grundlage des Ganzen. Denn der McLaren-Bericht ist ein Dokument, das bei einem normalen Gericht nicht Bestand haben würde. Zu wenig handfeste Beweise, zu viel Wert auf Verallgemeinerungen.

Wundern muss man sich außerdem über die Rolle des Kronzeugen Grigori Rodschenkow, der das Antidopinglabor in Sotschi leitete und laut eigener Aussage durch Nacht-und-Nebel-Aktionen Proben durch ein Loch in der Wand des Labors austauschte, somit Athleten vor Überführung schützte. Im Beisein der WADA-Fachleute? Müsste staatlich gesteuertes Doping nicht anders aussehen als vermischte und ausgeschüttete Proben, wenn es zudem misslang, die Beweise professionell verschwinden zu lassen?

Wie weit geht an dieser Stelle die Einmischung der Politik in den Sport? Vor allem, wenn es bei der Gründung der Olympischen Spiele ein Hauptanliegen war, die Nationen der Welt zusammenzuführen, sodass sich junge Sportler unabhängig von ihrer Herkunft im fairen Wettkampf messen können. Natürlich, die Betonung liegt auch auf "fair". Doping muss bekämpft werden. Grundlage dafür müssen aber einwandfreie Tests bleiben, die weltweit mit gleicher Genauigkeit und unangekündigter Regelmäßigkeit durchgeführt werden. Können überhaupt gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Sportler geschaffen werden? Wohl eher nicht. So verkommt Olympia immer mehr zum Macht- und Bereicherungsinstrument für Funktionäre.

Nun also ohne Russland. Hoffentlich ein Signal, den bisher nur halbherzig geführten Antidopingkampf in Zukunft konsequent durchzuführen. Und kein politisches Machtspiel. Die Zweifel bleiben dennoch.

Beitrag von Markus Heidl
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