Gustav Schröder ist gestorben

 

Ein Porträt zum 75. Geburtstag von Gustav beendete DLV Ehrenpräsident Theo Rous mit den Worten: "In der Hoffnung, dass der Waldnieler ‚Laufdoktor' Dr. med. Ernst van Aaken mit seiner Meinung recht behält, dass Langstreckler ‚auf 100 Jahre programmiert" sind, sieht der Jubilar dem nächsten Vierteljahrhundert zuversichtlich entgegen.

Am 11. Februar 2013 verstarb Gustav Schröder im 84. Lebensjahr. Seine Fotografien werden noch Jahrzehnte an ihn erinnern, darunter einmalige Zeitzeugen der Straßenlaufentwicklung. Leichtathletik, und vor allem der Laufsport, waren die große Leidenschaft des weit darüber hinaus interessierten Journalisten, dessen Weg von der eigenen Leistungssportkarriere zum Sportjournalismus & zur Fotografie führte.

Für LaufReport war es eine große Freude und machte mir Mut, als Gustav Schröder schon sehr früh seine Hilfe anbot. Unzählige Reportagen und Fotos konnten wir im letzten Jahrzehnt von ihm im LaufReport veröffentlichen. Als er aus gesundheitlichen Gründen keine Sportveranstaltungen mehr besuchen konnte, stellte er aufmerksam weiterhin immer wieder Fotos aus seinem Archiv zur Verfügung, wenn es mal wieder eine "Meldung ohne Foto" im LaufReport gab.

Über diese Mitarbeit hinaus, war mir Gustav ein wertvoller Berater in vielerlei Hinsicht und für unsere tägliche Arbeit. Sehr schnell ist aus der Zusammenarbeit eine Freundschaft entstanden, die leider viel zu kurz währte. Über das ereignisreiche Leben hatte Theo Rous Geburtstagsschrift berichtet (siehe im Folgenden). Gustav Schröder, den Mann mit der Mütze, haben wir in den letzten beiden Jahren bereits an den Laufstrecken vermisst. Nun bleibt uns nur das Gedenken an den Menschen und Fotografen, dessen Wirken viele vom jugendlichen Talent bis zum Leichtathletikstar begleitete. Viele seiner Ratschläge sind mir haften geblieben und ich werde sie weiterhin nutzbringend erinnern. Herzlichen Dank lieber Gustav. Möge es auch uns gelingen nach Deinem Lebensmotto "Höre nie auf anzufangen und fange nie an aufzuhören" bis ins Alter aktiv zu bleiben.

Walter Wagner

Gustav Schröder

Sportjournalist und Sportfotograf im "Unruhestand"

Wer über den LA-Fotografen Gustav Schröder ein Buch schreiben wollte , könnte dies auch tun, ohne den Sport und die Fotografie zu erwähnen. Der „Mann mit der Mütze“ und dem DLV-Dauerlatz 13, ist vor allem ein „homo politicus“ und ein Liebhaber kritischer Literatur.

Von dieser Seite kennen ihn selbst nur wenige seiner Freunde. „Mein Lebenslauf ist ein typisches Nachkriegsschicksal,“ sagt der gebürtige Düsseldorfer vom Jahrgang 1929, dem sogenannten „weißen“ Jahrgang , den Konrad Adenauer als die Generation der Kinderlandverschickten und Flakhelfer bezeichnete. Im KLV-Wehrertüchtigungslager Annaberg-Buchholz war der 15jährige einer von 360 Schülern aus Düsseldorf, Berlin und Bremen, die noch gegen die Rote Armee an die Front geschickt wurden, während die Amerikaner bei Remagen bereits den Rhein überquerten.

Er hatte Glück, dass er zu den „Jungen, die übrigblieben“ gehörte, wie ein Buchtitel des Leipziger Schriftstellers Erich Loest lautet, den er Jahre später persönlich kennenlernen sollte. Seine Kriegs- und Nachkriegserfahrungen versuchte er nach der Rückkehr in die zerbombte Heimatstadt beim Sport in der Fußballjugend des SV Lohausen und beim Feldhandball des ATV 77 Düsseldorf zu vergessen. Erinnert wurde er an das Kriegsende im Erzgebirge als im Jahre 1950 ein ehemaliger Panzergeneral auf einer Wahlkundgebung in der Düsseldorfer Altstadt die „Kriegsgeneration“ für die Wiederbewaffnung mobilisierte. Zusammen mit Gleichgesinnten demonstrierte er gegen die Versammlung und sollte vom Oberlandesgericht Düsseldorf wegen „Landesfriedensbruch“ verurteilt werden.

Pfingstsportfest in Kleve 1957: Schröder in Führung über 1500 m vor Meilen-Weltrekordler Derek Ibbotson und 1500 m Weltrekordler Werner Lueg Krefeld 1957: Gustav Schröder Niederrheinmeister über 10.000 m als es noch ein Zielband gab

Der Verhaftung entzog sich der angehende Industriekaufmann der Elektromedizin bei der Siemens-Reiniger AG durch die Emigration nach Leipzig, wo ihm die Möglichkeit geboten wurde, an der Karl-Marx-Universität das Studium der Philosophie und Germanistik aufzunehmen. Zunächst begeistert vom „anderen Deutschland“ durch die Vorlesungen bei den Professoren Ernst Bloch und Hans Mayer im berühmten Hörsaal 40 neben Uwe Johnson sowie einem Praktikum bei Bert Brecht in Ostberlin folgte schon bald die Ernüchterung, als nach der Re-Militarisierung Westdeutschlands auch im Osten mit dem Aufbau der NVA (Nationalen Volksarmee) begonnen wurde. In einem Gespräch mit dem damaligen stellv. Kultusminister Rudolf Leonhard, schilderte er die Mißstände an der „Karl-Marx-Universität. Die Aufgabe einen kritischen Studentenroman zu schreiben, wurde Erich Loest übertragen, der in seinem Buch „Das Jahr der Prüfung“ die Ansichten des westdeutschen Studenten „Herbert Kowalski“ verbreitete. Der Roman wurde auf den Index gesetzt und Erich Loest, heute bekannt durch seine Romane „Nikolaikirche“ und „Völkerschlachtdenkmal“, wanderte für acht Jahre ins Zuchthaus nach Bautzen.

Seine Begeisterung für eine neue Gesellschaftsordnung, die er vergeblich nach Blochs “ Prinzip Hoffnung“ auf die DDR gesetzt hatte, übertrug er nunmehr auf den Sport. Die Enttäuschung überwand er als Langstreckler beim SC Empor Lindenau und SC Rotation Leipzig. „Die Nachkriegssituation in West- und Ostdeutschland war für meine Begriffe einfach zum Davonlaufen,“ erinnert er sich an seine damaligen Probleme. Den entscheidenden Kick für die Laufbegeisterung, die bald ganz Deutschland erfasste, erhielt er 1952 durch den dreifachen Olympiasieg von Emil Zatopek in Helsinki. Es war für ihn schon ein seltsames Gefühl fünf Jahre später als Niederrheinmeister von Arthur Lambert nach Solingen zu jenem denkwürdigen 10.000-m-Lauf von Herbert Schade gegen Emil Zatopek eingeladen zu werden und zusammen mit den beiden Olympioniken als Dritter auf dem „Treppchen „ zu stehen.

Die Aufnahme der Siegerehrung durch den damals bekanntesten deutschen Sportfotografen Horst Müller zählt nicht nur zu seinen wertvollsten Erinnerungen an die sportliche Karriere auf der Aschenbahn mit Zeiten von 14:50 und 31:38, sondern veranlasste den LVN-Pressewart und freien Mitarbeiter von „Leichtathletik“, Laufzeitungen wie „Condition“ und „Spiridon“, sowie einigen Tageszeitungen, selbst die Kamera in die Hand zu nehmen, um Athleten zu motivieren. Dazu ergab sich vielfältige Gelegenheit nach dem Wechsel vom Personalleiter einer Düsseldorfer Stahlfirma im Jahre 1970 zum Sportredakteur bei der Westdeutschen Zeitung.

Solingen 1957: Gustav Schröder mit Herbert Schade
und Emil Zatopek auf dem "Treppchen"
Und nach dem Lauf ein Interview
mit dem berühmten Gegner

Mit Hilfe seines Verlages und der DJK LG Düsseldorf/Neuss organisierte er zusammen mit Trainer Adi Rosenbaum und der Unterstützung von OB Herbert Karrenberg den ersten Crosslauf auf der Neusser Galopprennbahn, dem 1977 die Cross-WM auf der Rennbahn in Düsseldorf-Grafenberg, 1983 die Cross-DM in Neuss und zahlreiche Titelkämpfe auf anderen deutschen Rennbahnen folgten.

Ein weiteres Betätigungsfeld fand er als Redakteur des DJK-Bundesorgans, das er von Aachen ins Pressehaus Neuss holte und DJK-Sportmagazin nannte. Mit der Gründung der Agentur „Rhein-Ruhr-Foto“ beschäftigte er sich in den 90er Jahren immer mehr mit der Sportfotografie, die auch im „Unruhestand“ sein liebstes Hobby geblieben ist. Als ehemaliger Marathonläufer in einer Zeit als es in Deutschland nur wenige „Verrückte“ gab, die sich auf die 42-km-Strecke wagten, lichtet er mit Vergnügen die heutige Straßenlaufszene ab.

Beim Münchener Medien-Marathon wurde er dafür mit einem Award als „Laufsport-Journalist des Jahres“ ausgezeichnet.

Nach dem Motto seines Lieblingsdichters und Landsmanns Heinrich Heine: „Auf die Berge will ich steigen...“ übersiedelte er zusammen mit seiner Frau von seinem langjährigen Wohnort Ratingen-Lintorf in das kleine Dorf Sassen bei Daun in der Vulkaneifel. Bei der Gerolsteiner LGV fand er eine neue sportliche Heimat und stieg mit Digitalfotografie und Internet in ein neues Zeitalter ein.

In der Hoffnung, dass der Waldnieler „Laufdoktor“ Dr. med. Ernst van Aaken mit seiner Meinung recht behält, dass Langstreckler „auf 100 Jahre programmiert „ sind, sieht der Jubilar dem nächsten Vierteljahrhundert zuversichtlich entgegen. Seinen drei erwachsenen Kindern, einer Sportlehrerin, einem Sportfotografen und einer Sozialpädagogin sowie seinen fünf Enkeln gibt er einen Spruch des Oxford-Professors Sir Dahrendorf mit auf den Weg: „Höre nie auf anzufangen und fange nie an aufzuhören.“

Theo Rous - DLV-Ehrenpräsident

Auf den "Mann mit der Mütze"
warten noch viele Bilder ...

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